Das Kindermädchen - Elisabeth Herrmann

  • Kurzbeschreibung
    Joachim Vernau ist ganz oben in der Berliner Gesellschaft angekommen. Er steht kurz davor, in die wohlhabende und einflussreiche Familie der von Zernikows einzuheiraten, nicht ahnend, dass ihre Ehrbarkeit nicht viel mehr als Fassade ist. Als eine ukrainische Frau auftaucht und behauptet, die von Zernikows hätten im Zweiten Weltkrieg eine Zwangsarbeiterin beschäftigt, lässt das Familienoberhaupt sie kurzerhand hinaus werfen. Wenig später wird sie tot aus dem Landwehrkanal geborgen. Vernau beginnt unangenehme Fragen zu stellen und kommt nicht nur der Identität der Frau sondern auch dem lukrativen Geschäft mit enteigneter Kunst auf die Spur ...


    Über den Autor
    Elisabeth Herrmann geboren 1959 in Marburg/Lahn kam erst auf Umwegen zum Schreiben. Nach einer abgebrochenen Lehre als Bauzeichnerin arbeitete sie zunächst als Betonbauerin und Maurerin, ehe sie auf dem Frankfurter Abendgymnasium ihr Abitur nachholte und ein Studium absolvierte. Heute arbeitet sie als Fernsehjournalistin für den RBB und lebt in Berlin.


    Meine Meinung
    Elisabeth Herrmann berührt in ihrem Buch unsere jüngste Geschichte. Zwangsarbeiter und ihr Bemühen, zu ihrer späten Wiedergutmachung zu kommen, Kunstraub, und die aus all diesen Dingen enstehenden Lebenslügen.


    Was sich so tragisch anhöhrt, wird von der Autorin zu einem leichtfüßigen, mäßig spannenden Krimi verwoben. Sie schreibt angenehm, mit Humor und netten Formulierungen. Sie nimmt somit dem ganzen die moralinsaure Spitze. Der Ich-Erzähler Joachim stolpert durch die Fangstricke der Familiengeschichte genaus so wie durch die daraus entstehenden Gefühlsverwirrungen. Zwischendurch hat er noch mit seiner Mutter und deren Mitbewohnerin so seine skurilen Erlebnisse.
    Leider war mir das ganze mittendrin etwas zu chaotisch. Die Protagonisten hetzen durch die Geschehnisse. Ständig sind alle unterwegs von einem Handlungsort zu nächsten, essen, rauchen, und doch passiert lange eigentlich nichts. Ich hatte oft das seltsame Gefühl, etwas überlesen zu haben und das, was die Personen gerade so taten, nicht zu verstehen, weil sie vorher ganz andere Handlungen ankündigten.


    So richtig gut gefallen hat mir das Buch insgesamt leider nicht. Vielleicht liegt es auch daran, das die Thematik so gar nicht mein Ding ist. Ich weiß gar nicht, wie dieses Buch auf meinen Wunschzettel und sogar in meinen SuB gelangen konnte, da es eigentlich nicht in mein Leseschema passt. Das kann ich dem Buch natürlich nicht ankreiden, aber die mangelnde Spannung und die teilweise etwas zu laxe und chaotische Handlungsführung schon.
    Schade, denn die Autorin hat einen interessanten Schreibstil und ein Händchen für skurile Personen.

  • Danke für deine Kritik, Darcy, auf das Buch war ich schon die ganze Zeit sehr neugierig.
    Es hört sich im Klappentext und in den Rezensionen bei amazon so spannend und besonders an... - bei dir jetzt allerdings weniger.


    Eigentlich wollte ich es kaufen, jetzt warte ich lieber noch ein bisschen, wenn ich es denn überhaupt kaufe.


    Birnbaum

  • Birnbaum : wahrscheinlich ist es mir wegen all der guten Rezensionen ins Auge gefallen. Aber lass dich nicht von mir entmutigen, vielleicht gefällt es dir besser als mir :wave. Herrmanns Schreibstil ist schon nett und die Thematik muss einem halt liegen.

  • Meine Meinung:


    Elisabeth Herrmann betritt mit ihrem Erstling aus thematischer Sicht weitgehend Neuland und genau das ist es, was den großen Reiz dieses Romans ausmacht. Hier geht es nicht um Geheimbund-Verschwörungen und auch nicht um kleine Morde unter Freunden, sondern um ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, das nur wenigen bekannt ist: Osteuropäische Kindermädchen, die im Zweiten Weltkrieg als Zwangsarbeiterinnen nach Deutschland verschleppt wurden, um dort den Nachwuchs der wohlhabenden Deutschen zu versorgen. Zusammen mit der ebenfalls in diese düstere Zeit anzusiedelnden Kunstenteignung bilden sie den Rahmen für die Handlung, die sich in der Gegenwart abspielt.


    Sensible Themen, doch der Autorin gelingt es sehr gut, einen Krimiplot in diesen Rahmen zu integrieren, bei dem nicht nur die Spannung, sondern auch eine gute Portion Humor nicht zu kurz kommt. Glaubwürdige und etwas skurrile Personen runden das Bild ab und sorgen so für ein Lesevergnügen, das den neugierigen Leser schnell in seinen Bann zieht, auch wenn es sich hierbei nicht um einen herkömmlichen Krimi handelt. So gibt es keinen Ermittler im klassischen Sinn und die Hauptfigur, Rechtsanwalt Joachim Vernau, hat auch mehr aus privaten Gründen als aus beruflichen Gründen mit den Ereignissen zu tun. Krimileser, die neben Spannung auch nichts gegen ein wenig Nachhilfe in Zeitgeschichte anzuwenden haben, und die einen rundum stimmigen Plot sowie authentische und originelle Figuren schätzen, sind hier gut aufgehoben!


    Von mir gibt es dafür 8 Punkte! :wave


    Mit großer Freude habe ich gesehen, dass es bereits einen 2. Fall mit dem sympathischen Anwalt Joachim Vernau gibt:

  • :winktHuhu Darcy!
    :danke für die Rezi, ich werde mir das Buch zwar nicht kaufen, dafür aber aus der Bücherei ausleihen. Mal sehen, wie es mir gefällt. :rolleyes

  • Huch! ich hatte gedacht, ich hätte hier schon längst was gepostet
    *Gedächtnispillen rauskram*


    Ich habe das Buch schon vor längerer Zeit gelesen und hatte keine Schwierigkeiten mit dem Einstieg in die Handlung.
    Mir hat das von der Autorin gewählte Thema sehr gut gefallen, macht es doch "das Kindermädchen" zu einem etwas außergewöhnlichern Krimi in diesem dicht besiedelten Genre.


    Wie bereits beschrieben, hat die Autorin ein Händchen für Personen und, wie ich finde, vor allem einen guten Blick auf die kleinen Skurillitäten des Alltags und auf deren teilweise tragischen Tragweiten.


    Spannungsknicke habe ich so nicht wahrgenommen, ich hatte die ganze Zeit über Lust weiterzulesen.
    So habe ich den Roman als gut recherchiertes und gut zu lesendes Stück Spannungsliteratur empfunden, die ich gerne weiterempfehle. :-)


    angetane Grüße von Elbereth

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Habe das Buch gestern beendet. Bis jetzt mein Krimi-Highlight des Jahres.
    Es gibt mal keine Serienmörder, Psychophathen oder ähnliches und das Thema ist sehr politisch und keineswegs aktuell. Der Hauptdarsteller ist kein wirklicher Held - außer vielleicht, dass er Frauen gefällt - und kriegt ziemlich eins auf die Nase - auch von Frauen und da auch blutig.
    Es fällt mir wirklich schwer zu fassen, warum ich das Buch so toll fand. Der Schreibstil ist leicht, angenehm, manchmal frech und ironisch. Die Charaktäre werden liebevoll und genau herausgearbeitet - es gibt keine Superhelden und keine Superschurken - es menschelt sehr in diesem Buch. Ich fand es sehr spannend- und das von der ersten Seite an - und informativ, zum Nachdenken anregend - aber keineswegs moralinsauer - und zum Diskutieren mit anderen.
    Ich werde das Bücher in meiner Familie gleich weiterreichen und all meinen Krimi-Freundinnen ans Herz legen. Und der zweite Teil liegt schon bereit.
    Für Freunde von Marina Heib und Gisa Klönne absolut zu empfehlen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich bin auf Elisabeth Hermman durch ihren neusten Roman, der der Gattung historischer Roman angehört aufmerksam geworden und habe das Buch im Rahmen einer Leserunde lesen wollen. Aus Runde wurde dann nicht viel, den ich habe das Buch um halb acht Uhr morgens begonnen, gegen 11 Uhr etwas gefrühstückt und war um 17.10 Uhr als ich das Buch jetzt zuschlug überrrascht Hunger zu haben, weil Mittagessen war nicht. Dabei ist das gar kein Action mitreissendes Buch, bei dem auf jeder Seite drei Tote und 15 Verletzte auftauchen, oder ein Buch wo Superhirn beim Kaffeetrinken den Fall des Serienkillers löst, sondern die handelnden Personen sind alle so stinkbanal normal, dass es schon wieder fasziniert. Der Mord der passiert spielt eigentlich eine Nebenrolle, da hat jemand ein Problem dargestellt und das wurde gelöst und niemand hat es weiter gestört. eine alte Frau, aus der Ukraine, die wollte Entschädigung, weil sie im zweiten Weltkreig in Deutschland ausgebeutet wurde- ich bitte sie- selber schuld wäre sie doch zu Hause geblieben, wer stört sich dran? Aber die alte Frau ist Joachim Vernau aufgefallen und es lässt ihm keine Ruhe die Geheimnisse der Familie in die er einheiraten will sollen nicht länger unter dem Teppich gekehrt werden dürfen. Ich finde, daraus entwickelt sich eine spannende, den zeitgenössischen und den zeitgeschichtlichen Hintergrund geschickt verwebende Geschichte.


    Unbedingt Empfehlenswert, auch wenn ich der Autorin natürlich diesen Schlus nie verzeihen kann.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Ich bin ebenfalls sehr angetan von diesem Krimi, der mit einem intelligenten Plot, Zeitgeschichte, Humor, Wortwitz und dem nötigen Tiefgang aufwartet. Wenn es in diesem Buch Helden gibt, dann sind das die vergessenen Kindermädchen, die im zweiten Weltkrieg all das geleistet haben, was Deutsche Mütter nicht konnten oder wollten. Es hat mir sehr gut gefallen, dass Elisabeth Herrmann diesen in ihrem Krimi ein Gesicht und eine Stimme gegeben hat. Der Protagonist in diesem Buch ist hingegen kein Held, sondern eher der normale Durchschnittsmann, dessen bisheriges Weltbild einen erheblichen Knick erhält, der aber nie aufgibt, für das zu kämpfen, an das er glaubt.
    Elisabeth Herrmann hat glaubwürdige und facettenreiche Protagonisten mit liebenswerten, skurrilen, überheblichen, nachdenklichen und hochmütigen Eigenschaften geschaffen, selbst die Nebenfiguren sind gut ausgearbeitet.
    Es ist kein rasanter Krimi oder Thriller, aber ein mit Substanz, dessen Plot den Leser auch nach Beendigung des Buches nicht loslässt. Für mich eine echte Neuentdeckung. Die nächsten beiden Bücher werde ich definitiv in der nächsten Zeit auch lesen.

  • Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen: Sehr gute Geschichte, Wortwitz, facettenreiche Protagonisten... Was will man mehr. Ich werde mir auch die anderen Bücher der Autorin noch zulegen. Will ja nichts verpassen.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Für mich ist diese Autorin eine wirkliche Entdeckung. Der Krimi war spannend, die Bezüge zur Vergangenheit recht neu, sodass ich mich zusätzlich noch im I-Net usw. weiter informiert habe über dieses Thema.


    Eine sehr sympathische Hauptfigur, dessen Leben komplett aus den Fugen gerät, aber nicht aufgibt sondern weiter nach der Wahrheit sucht und weiterkämpft.


    Von mir gibts 9 von 10 Punkten.


    Ich freue mich schon auf die Fortsetzung und die LR dazu.

    Who is Keyser Soze?


    (\__/)
    (o ,o)
    (>_<) <- This is Bunny.


    Copy Bunny into your signature to help him on his way to world domination.

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  • Hätte ich den Klappentext nicht vorher gelesen, wäre es ein weitaus spannenderes Buch geworden, als es so letztendlich für mich war.


    Elisabeth Herrmanns Schreibstil gefällt mir ausgesprochen gut, ich mag den Humor und den leicht sarkastischen Ton. Über ein paar Ungereimtheiten habe ich großzügig hinweggesehen. Der Spannungsbogen ist nicht sehr hoch und im letzten Drittel wird die Geschichte zunehmend schwächer. Und das Ende gefiel mir ganz und gar nicht.
    Die meisten Charaktere, mit Ausnahme der blass bleibenden Sigrun, sind sehr lebendig, teils witzig beschrieben, sodass man der Autorin das Klischéehafte gern verzeiht und auch, daß sie aus ihrem stets Anzug tragenden Yuppi-Anwalt am Ende einen Superhelden macht.


    Alles in allem habe ich das Buch sehr gern gelesen und bin gespannt auf den Nachfolger.

    7 Punkte von mir.

  • Gut, dass ich selten Klappentexte lese. So blieb mir die Spannung bis zum Schluss erhalten.
    Ein eher ruhiger Krimi und dennoch gut gemacht. Auch mir hat der Humor gut gefallen, der mich immer wieder zu einem Schmunzeln verführte.


    Nebenbei vermittelte mir dieses Buch noch einiges an Wissen an die Vergangenheit, was mir vorher gar nicht geläufig war. Dafür und auch für das gute Buch von mir ein Dank an die Autorin.


    Es war mir 8 Punkte wert.

  • Ich habe den Klappentext auch nicht gelesen, das Buch war ein Spontankauf.
    Mit hat das Buch eigentlich ganz gut gefallen. Der Schreibstil ist flüssig, man fliegt nur so über die Seiten, und im Nu hat man schon wieder 100 gelesen.
    Auch die Geschichte hatte was: Es war mal was anderes.
    Ein bisschen verwirrt haben mich aber die vielen verschiedenen Personen, vor allem wenn sie nur mal kurz und Seiten später ein zweites Mal aufgetaucht sind - ich wusste dann manchmal gar nicht mehr, wer zu wem gehört und was es jetzt mit dem eigentlich auf sich hat.


    Alles in allem aber ein gelungenes Buch, von dem ich auch die Folgebände lesen werde.
    7 von 10 Punkten!

  • Ich musste das Buch zwischendurch immer wieder weglegen. Nicht, weil es mir nicht gefiel, sondern weil ich oft nicht die Zeit zum Lesen hatte. Das machte mich ganz kribbelig, denn das Buch ließ mich auch in den Lesepausen nicht los und ich habe ständig gegrübelt, ob es noch gelingt, den Mörder rechtzeitig zu fassen.


    Die Autorin hat es wunderbar verstanden, ihrem Protagonisten einen brillanten Humor und Wortwitz zu verpassen. Und genauso bildhaft ist ihr auch die Zeichnung der Freifrau und ihres Faktotum gelungen. Ich sah diese beiden dauernd bildhaft vor mir.


    Die Geschichte hinter der Geschichte fand ich - soweit es beurteilbar ist - gut recherchiert und spannend dargestellt. Sehr wahrscheinlich werde ich das nächste Buch mit Joachim Vernau auch noch lesen.


    Ein tolles Buch, dass mir ohne die Wanderbücher sicher nicht so leicht über den Weg gelaufen wäre. :wave

  • Ich habe das Buch heute zuende gelesen.
    Den Täter hatte ich in der Mitte des Buches schon entlarvt doch musste ich sichergehen dass ich auch richtig liege :grin


    An sich ist es recht spannend geschrieben bis auf ein paar Passagen.


    Von mit würde das Buch 7 von 10 Punkten bekommen