Monsieur Linh und die Gabe der Hoffnung
von: Philippe Claudel
Aus dem Französischen von: Christiane Seiler
OT: La petite fille de Monsieur Linh
ISBN: 3499242044 (broschierte Ausgabe)
Dieses Büchlein lachte mich immer so freundlich an, dass ich es schließlich heute gekauft und sofort ausgelesen habe. Eine wirklich rührende Geschichte.
Schlicht und doch tiefgehend - mir schien es anfangs sogar zu schlicht - wird die Geschichte des Monsieur Linh erzählt, der sein Dorf, seine Familie, seine Heimat durch Bombenanschläge verloren hat. Diese Ereignisse liegen schon zurück und tauchen nur noch in Reflektionen des älteren Mannes auf. Das einzige, was ihm noch geblieben ist, ist Sang diû, seine Enkeltochter, um derentwillen er auf einem Schiff sein Land verlassen hat und in einem ihm fremden Land an Bord geht. Unbeholfen, aber fürsorglich kümmert er sich um das Mädchen, bleibt aber ziemlich passiv, lässt sich herumschubsen, unternimmt keine Bemühungen, seine Situation zu verbessern und zum Beispiel die Sprache zu lernen. Doch eines Tages, bei seinem ersten Spaziergang in der fremden Stadt lernt er Monsieur Bark kennen, einen dicken, kettenrauchenden, aber warmherzigen Herrn, mit dem er sich auf einer Parkbank trifft. Trotz Sprachbarrieren, die allerdings in Bezug auf die Namen meine Nerven etwas überstrapazierten, und Fremdheit freunden sich die beiden ungleichen Menschen an und die regelmäßigen Treffen geben dem völlig passiven Monsieur Linh Halt in der neuen Umgebung. Erst als die beiden getrennt werden, beginnt Monsieur Linh, selbstständig zu handeln.
Mich hat die Geschichte berührt, obwohl sie kurz und schlicht war und trotz gewisser Macken, wie der Betonung des Namensmissverständnisses. Auch scheint mir die Verwendung des französischen Monsieur in diesen kleinen Erzählungen gar nicht so selten...
Aber es überwiegt der schöne, berührende Teil, der mich begeistert hat, die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft. Mir hat zwar das Handeln der Hauptperson manchmal irritiert, aber der fürsorgliche Großvater ist mir durch seine Schrulligkeiten während des Lesens ans Herz gewachsen. Das Ende wirft übrigens noch neue Aspekte auf, die Grund sein könnten, das Buch gleich noch einmal zu lesen. Alles in allem ist es eine zwar nicht grundlegend neue, aber doch wunderschöne Geschichte über Halt und Verlorenheit, fremde Kulturen und Annäherung. Monsieur Linh, seine Enkelin und der Monsieur Bark haben mir zwar nicht sehr viel Lesezeit, aber ein umso größeres Lesevergnügen beschert
Zum Autor: (amazon)
Philippe Claudel geboren 1962 in Dombaslesur- Meurthe, Schriftsteller und Dramatiker, veröffentlichte bislang sechs Romane. Den Durchbruch erlangte er mit seinem Roman «Die grauen Seelen», der 2003 mit dem Prix Renaudot ausgezeichnet und in 23 Länder verkauft wurde.
Fazit:
Dieses Buch ist eine kurze Erzählung, die rührend schlicht die Geschichte einer Freundschaft und zwischenmenschlichen Verständnisses ohne Worte erzählt. Zu empfehlen!
9/10 Punkten
bartimaeus