Verlag: vmn (Verlag M. Naumann)
Erscheinungsjahr: 2007
Seiten: 190
Rückentext
Philipp Marlein, ein in Fürth ansässiger Privatdetektiv, erhält von der Mütter eines ermordeten 18-Jährigen den Auftrag, den Täter zu finden. Da der Ehemann den Mord bereits gestanden hat, findet das der Detektiv sinnlos. Dennoch nimmt er den Auftrag wegen des Honorars an und bringt Hinweise ans Licht, die die Skepsis seiner Klientin rechtfertigen könnten.
Stück für Stück kommt er einer Verschwörung auf die Spur, die die Region Nürnberg-Fürth in ihren Grundfesten erschüttern würde. Ein Lokalkrimi mit viel fränkischem Esprit und detailgenauen Beobachtungen von Land und Leuten.
Autor
Josef Rauch, geboren 1968 in Eichstätt, Abitur in Eichstätt, Zivildienst in Ingolstadt, Studium in Nürnberg, Ausbildung in Fürth. Er wohnt mit Frau und Sohn im Landkreis Fürth und arbeitet in Fürth. Sein literarisches Vorbild ist Raymond Chandler, der Schöpfer von Kult-Schnüffler Philip Marlowe und Erfinder und Großmeister des harten Privatdetektivromans. Seit vielen Jahren sammelt und liest er alle verfügbaren Kriminalromane, die in der Tradition Chandlers stehen und in denen ein hartgestottener Privatdetekiv als Ich-Erzähler und Protagonist im Mittelpunkt steht.
Nun hat er mit dem Franken-Ermittler Philipp Marlein seinen eigenen Marlowe-Nachfolger kreiert und ihn in seinem Erstlingswerk "Der Fall Urbas" durch die Straßen seiner fränkischen Walheimat Fürth geschickt. Als Grundlage für die Handlung dieses Krimis hat er die Erzählung "Adam Urbas" des bekannten, in Fürth geborenen Schriftstellers Jakob Wassermann (1873-1934) gewählt
Email: josefrauch@hotmail.com
Meine Meinung
"Es war ein kalter, unfreundlicher Oktobertag. Ich saß in meinem Büro und las die 'Fürther Nachrichten'. Passend zum trübsinnigen Wetter war das Blatt an diesem Tag fast ausschließlich mit Horrorgeschichten gefüllt: Ein Bauer aus Poppenreuth hatte seinem eigenen 18-jährigen Sohn die Kehle durchgeschnitten, die Preise auf der Michaeliskirchweih hatten auch in diesem Jahr wieder angezogen, und die Spielvereinigung hatte das Lokalderby gegen den Club verloren. Grauen Pur."
Mit diesen Sätzen, beginnt Josef Rauchs Regionalkrimi und charakterisiert diesen zugleich auch schon sehr gut. Zum einen erkennt man die typische Detektivroman-Einleitung (Es war ein dunkler, stürmischer etc.), zum anderen wird auch der nicht zur kurz kommende Humor schon treffend angedeutet. Was der Ich-Erzähler, Philipp Marlein, noch nicht ahnt, er hat in diesen Sätzen auch schon von seinem nächsten Fall gelesen. Denn kurze Zeit später steht Frau Urbas, die Mutter des Ermordeten, in seinem Büro und beauftragt ihn, Beweise für die Unschuld ihres Mannes zu finden. Dies erscheint Marlein etwas sinnlos, hat Adam Urbas sich doch selbst freiwillig der Polizei gestellt und gibt, außer einer Beschreibung des Tathergangs, keine weiteren Auskünfte. Aber die Schublade mit den wartenden Rechnungen ist schließlich doch das schlagende Argument, den "Fall Urbas" anzunehmen.
So beginnen die Ermittlungen in der Fürther Innenstadt, die Marlein zum Hauptbahnhof, mitten in die Wirren der Michaeliskirchweih, ins Fürther Rathaus, die Gustavstraße, die Michaeliskirche und schließlich das Polizeipräsidium führen. Dabei geht Marlein manchmal wie der sprichwörtliche Elefant im Porzelanladen mit den Verdächtigen und Zeugen um, dass er nur einmal niedergeschlagen wird ist schon fast ein Wunder, besonderes Feingefühl kann man ihm wirklich nicht zuschreiben (Was mache ich, wenn mir ein Zuhälter mit einem Baseballschläger und eine Nutte mit einer Knarre gegenüberstehen? Richtig! Ich beschuldige sie des Mordes!), aber so sind sie eben, die harten Ermittler: auch hart im Nehmen.
Das Lokalkolorit kommt bei Marleins Rundreise nicht zu kurz, und dabei erfährt der Leser nicht nur etwas über das gegenwärtige Aussehen der Schauplätze sondern auch einiges von der Stadtgeschichte Fürths. Da Marlein nicht gerade mit Fällen überhäuft wird, hat er offensichtlich viel Zeit zu lesen und sich diesbezüglich zu bilden. In den verschiedenen Lokalitäten trifft unser Detektiv auch immer wieder auf Originale, die dann natürlich auch im original Mundartdialekt ihre Weisheiten von sich geben, seien es die mittlerweile sogar überregional bekannten "Waltraud und Mariechen", die verfeindeten Fans des 1. FCN und der Spielvereinigung Greuther Fürth oder die Sandler am Bahnhof.
Mir gefiel die Figur des Philipp Marlein, trotz seiner unsensiblen Unbeholfenheit und dem Drang ständig alles was er beschreibt mit irgendwas vergleichen zu müssen (Wolken wie überdimensionale Krebsgeschwüre, Solariumsbräune wie ein Hühnchen auf der Kirchweih, etc. aber vielleicht ist das bei Phillip Marlowe auch so, ich hab noch keinen Marlowe-Roman gelesen). Er hat einen schönen, manchmal auch etwas übertriebenen Humor der mir einfach sympathisch war. Die ab und zu etwas dick aufgetragene Häufung der Stadtgeschichte lässt sich durch das Nachwort, in dem der Autor sein Buch als einen Beitrag zur 1000-Jahr-Feier der Stadt bezeichnet, erklären und gerne so annehmen. Als ein letzter Kritikpunkt wäre vielleicht noch anzumerken, dass die Klärung des Falles sich innerhalb eines einzigen Tages vollzieht, aber auf der anderen Seite, besser so als künstlich in die Länge gezogen. Schön fand ich noch die Idee, die Erzählung "Adam Urbas" von Jakob Wassermann als Vorlage für den Kriminalfall zu nehmen. Die Klärung führt über die eine oder andere tote Fährte schließlich zum nicht vollkommen unerwarteten Schluß, aber bei den Regiokrimis tritt der Krimianteil ja immer hinter dem eigentlichen Hauptdarsteller, der Stadt, zurück.
FAZIT: Ein schon recht gut gelungenes Erstlingswerk mit viel Humor und, wie ich finde, einer gut eingefangenen Atmosphäre von Stadt und Leuten. Wenn das eine oder andere Defizit noch ausgemerzt wird, kann man sich mit Sicherheit auf einen unterhaltsamen Nachfolger freuen.
Ich gebe 7 von 10 Punkten.