'Marion Dönhoff' - Seiten 001 - 110

  • Wie erstaunlich, dass es erst 105 Jahre her ist, dass die erste Frau in Deutschland promoviert hat. Und das mit den Blaustrümpfen: Ich kann mich noch gut daran erinnern, was meine Oma, die Jahrgang 1917 war, gesagt hat, als ich angefangen habe zu studieren. Sie meinte nämlich, ich solle aufpassen, dass ich kein Blaustrumpf werde. Und ich wuste gar nicht, was das sein soll....



    Caia, wenn du möchtest, können wir mit "Um der Ehre Willen" beginnen (bzw. weitermachen! :-)). Wie du möchtest. Und wegen des Termins: Ich bin recht schnell begeistert und möchte dann am liebsten sofort beginnen. Aber ich bin da flexibel und passe mich gerne an. Ob noch in diesem Jahr oder im nächsten, ich freue mich, wenn wir noch mehr von und über Marion Dönhoff (oder andere Ostpreußen) gemeinsam lesen. :freude Denn ich finde auch: Gemeinsam macht es einfach mehr Spaß.

  • @ taki
    Ich gebe mir Mühe, es nicht (zu oft) zu machen, dieses "Werten". Wobei es Artikel gibt, bei denen es nicht ohne geht.


    Die Aussage mit dem gestresst und selber schuld fand ich klasse - und für die Gräfin bezeichnend. Sie war eine sehr umtriebige und engagierte Frau, und sie liebte es schnell. Ich glaube, sie hat sich selbst sehr hohe Ansprüche gesetzt. Aber nicht unbedingt, weil Frauen oft besser sein müssen als Männer in der gleichen beruflichen Position.


    Ich weiss nicht, ob sie nicht irgendwie ein gespaltenes Verhältnis zu Frauen hatte. Einerseits traute sie vielen kaum etwas zu - oder wollte sie "verhindern", dass sie nicht durchmachen mussten, was sie durchmachte? Diese Entbehrungen, die Verantwortung etc.
    Für mich ist es gut vorstellbar, dass sie von Männern eher schubladisiert wurde, aber Frauen sie eher verstanden.
    Es gibt einige Männer, die mit ihr nicht konnten oder sie überhaupt nicht mochten. Vielleicht war sie ihnen zu stark, zu dominant, ihnen zu ähnlich, das kann Angst machen.
    Frauen, und nicht nur solche, die Karriere machen, können ihr wahrscheinlich sehr gut nachfühlen, wie ihr zumute war, wenn sie Entscheidungen treffen musste, die nicht gerade einfach waren.
    Wahrscheinlich ist eines ihrer grössten Plus, dass sie ähnlich denkt wie Männer, und teils auch danach handelt, aber die weibliche Seite nicht ausser acht lässt.


    Der Ritt durch Masuren wird im Buch kurz angerissen, darüber würde ich gerne mehr lesen.
    Auch andere Bücher von ihr und über sie machen - auch dank euren Tipps - neugierig. Ich werde schauen, was noch käuflich ist.


    Gräfin Marion Dönhoff und Alice Schwarzer sind seelenverwandter als auf den ersten Blick erkennbar. So kommt es mir jetzt beim zweiten Lesen vor.

  • Hier im Buch kommt der Ritt durch Masuren übrigens auch vor, also braucht man sich das nun wirklich nicht mehr kaufen - es sei denn, es ist eine Ausgabe, die viele Bilder hat.


    @ Taki, dann mach mal Terminvorschlag, das Buch ist Dienstag hier. Wie wäre es ab 1.12.?

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Melde mich mal kurz. Ich weiß noch nicht, ob ich mitlesen kann, da ich in dieser Woche 3 Tage weg bin und sonst noch viele Termine anstehen.


    Ich habe dieses Buch vor ein paar Monaten gelesen und ich war fasziniert von Frau Dönhoff und das Buch hat mir sehr gut gefallen. Etwas später las ich noch Kindheit in Ostpreußen und es kamen mir einige Stellen sehr bekannt vor (eben aus dem o.g. Buch).


    Ich wünsche Euch noch viel Spaß und hoffe, doch noch mitlesen zu können! :wave

  • Vorleser, Du kannst ja später zu uns stoßen.


    @ BronteSisters und Taki, dann will ich mal einen neuen Fred zu "um der Ehre willen" machen...


    Edit: Hier geht es zu "Um der Ehre willen"

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Caia ()

  • Ihr seid so schnell mit lesen :cry. Gut, lesen kann ich auch schnell, aber bis ich dann meine Gedanken zu Papier bringen kann ...


    Im 1. Teil ist mir noch besonders aufgefallen, dass ihr Vater als Vermittler zwischen Indianern und Weissen aufgetreten ist. Was wieder einmal bewusst werden lässt, dass die Indianer-Ausrottung auch noch nicht so lange her ist.
    M.D. hat das diplomatische und liberale wohl eher von ihrem Vater und Grossvater übernommen, ihre Mutter war da ja wohl sehr konservativ.


    Der Text aus "Im Rhythmus der Jahreszeiten" ist sehr schön zu lesen.


    Ich habe kürzlich die Wachsflügelfrau von E. Hasler gelesen. Da geht es um die 1. Juristin der Schweiz. Welche Schwierigkeiten da Frauen noch in den Weg gelegt wurden, kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Studieren konnten die Frauen zwar in der Schweiz früher als in anderen Ländern, aber wenn sie etwas anderes anstrebten als Aerztin, dann wurde es schwer.


    Sissi sagt, M.D. war das 1. Mädchen das Abitur machen konnte. Meint sie damit das 1. Mädchen in der Familie oder in Deutschland?


    M.D. geniesst das Leben in Berlin der Zwanziger Jahre, doch schon sind die Nazis in Anmarsch. M.D. sagt, keiner weiss mehr richtig was Demokratie ist. Ketzerische Frage meinerseits: woher weiss M.D. denn was Demokratie ist, sie ist doch eine Adelige (bitte nicht hauen).


    Was ich auch nicht so recht verstanden habe ist, das sie in Afrika zwar die Apartheid sofort erkannt und abgelehnt hat, in Amerika die Unterdrückung der Schwarzen nicht wahrgenommen hat.


    1993 ergreifen die Nationalsozialisten die Macht, deshalb beginnt M.D. mit dem Studium der Volkswirtschaft, denn sie will alles verstehen. Mutig sind auch ihre ersten Widerstände gegen die Nazis.
    Durch ihre Doktorarbeit wird ihr dann bewusst, dass auch im Alltag Geschichte gemacht wird. Dass sollten sich heute manche Politiker auch wieder mal ins Gedächtnis rufen.


    Ein interessanter 1. Teil, was mir aber etwas fehlt, ist die Frau selber. Es wird viel über ihr Umfeld, ihre Familie, ihr Werdegang gesagt. Aber Privates gibt es nicht viel. Es geht mehr um die politische M.D., oder wie seht ihr das?


    Entschuldigt diesen Bandwurm, aber vielleicht könnt ihr mir noch zu diesem oder jenem Punkt weiterhelfen.

  • Zitat

    Original von BronteSisters
    Im 1. Teil ist mir noch besonders aufgefallen, dass ihr Vater als Vermittler zwischen Indianern und Weissen aufgetreten ist.


    Das kommt auch in den anderen Büchern vor, darum hab ich es einfach "überlesen"


    Zitat

    Original von BronteSisters
    M.D. hat das diplomatische und liberale wohl eher von ihrem Vater und Grossvater übernommen, ihre Mutter war da ja wohl sehr konservativ.


    Rein von der Erbmasse her sicher, aber sie hat ihren Vater ja nur 9 Jahre lang gekannt. Von daher denke ich, wie geschrieben wird, daß sie viel in ihrer Erziehung von den Dienstleuten und älteren Geschwistern geprägt war.


    Zitat

    Original von BronteSisters
    Sissi sagt, M.D. war das 1. Mädchen das Abitur machen konnte. Meint sie damit das 1. Mädchen in der Familie oder in Deutschland?


    Ich denke, sie meint, in der Familie Dönhoff, denn Marion hatte sechs ältere Geschwister, davon zwei Schwestern, die beide kein Abitur gemacht haben. Und wenn man liest, wie die Gräfin ihr Abitur gemacht hat, Hut ab vor der Ackerei, denn schließlich hat sie ja bis sie 15 war keine Schule von Innen gesehen.


    Zitat

    Original von BronteSisters
    M.D. geniesst das Leben in Berlin der Zwanziger Jahre, doch schon sind die Nazis in Anmarsch. M.D. sagt, keiner weiss mehr richtig was Demokratie ist. Ketzerische Frage meinerseits: woher weiss M.D. denn was Demokratie ist, sie ist doch eine Adelige (bitte nicht hauen).


    Ich finde die Frage durchaus berechtigt, denke aber, daß die Familie Dönhoff in einer demokratischen Tradition steht, schließlich war ihr Großvater derjenige, der damals in Frankfurt dabei war, als Deutschland quasi aus der Taufe gehoben worden ist.


    Zitat

    Original von BronteSisters
    Ein interessanter 1. Teil, was mir aber etwas fehlt, ist die Frau selber. Es wird viel über ihr Umfeld, ihre Familie, ihr Werdegang gesagt. Aber Privates gibt es nicht viel. Es geht mehr um die politische M.D., oder wie seht ihr das?


    Ich glaube, daß Gräfin Dönhoff in ihrem Leben nicht allzuviel Privatleben gehabt hat - und mit ihrem ganzen Wesen, das sehr hart und verschlossen gewesen ist, auch wenig Aufsehens um sich selbst gemacht hat. Ich denke schon, daß eine Menge über den Menschen Marion Dönhoff im Buch steht, allerdings eher zwischen den Zeilen. Ich habe so den Eindruck, daß sie in ihrem Leben viel erreicht hat, jedoch auch immer sehr einsam gewesen sein muß - gesellschaftliche Kontakte hat sie gescheut, wie der Teufel das Weihwasser (weiter hinten im Buch steht etwas darüber, daß sie abends liest oder arbeitet, weil sie nach so vielen Absagen schon gar nicht mehr zu Veranstaltungen eingeladen worden ist) Und was wäre denn etwas Privates? Daß sie nie schwimmen gelernt hat oder nie wieder ein Pferd bestiegen hat?


    Soviel meine Gedanken zu den Deinigen.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Für mich kommt im Buch auch die private Gräfin zum Vorschein, teils zwischen den Zeilen, teils im Text selber.
    Das mag auch daran liegen, dass sie immer auch um das Wohl anderer besorgt war, sich um andere zu kümmern hat und Verantwortung übernehmen musste.


    Dass sie nach ihrer Flucht nie mehr auf ein Pferd gestiegen ist, habe ich erst in diesem Buch erfahren. Vorher habe ich sie auch im hohen Alter immer noch mit Pferden in Verbindung gebracht. Für mich ist das ein persönlicher Teil von ihr. Auch wenn die Aussage nicht von ihr direkt gekommen ist.


    Vielleicht erscheint einiges nicht sehr persönlich, weil es erzählt wiedergegeben wird, und nicht in direkter Rede. Das kann eine Aussage unpersönlich machen, oder aber sachlich. Für mich ist es letzteres, da sie selber zwar Erzählungen schrieb, aber nicht in diesem typischen Romanerzählstil.


    Oft ist es auch so, dass man vom Umfeld (Familie, Freunde, Bekannte, Mitarbeiter etc.) ein wenig anders eingeschätzt wird. Und auch solche Aussagen haben im Buch ihren Platz - und lassen es vielleicht ein wenig wie Distanz zur Person M. D. scheinen.


    Das Abitur bezieht sich m. E. auf innerhalb der Familie, da bereits 1896 sechs Frauen in Preussen das Abitur ablegen konnten (Quelle: wikipedia).


    Ich kann mir vorstellen, dass Marion Dönhoff bewusst war, was Demokratie heisst. Einfach, weil sie ein Gefühl für Recht und Gerechtigkeit hattet, weil sie sah (zumindest teilweise), wie sich das Recht verlagerte, wie ein Mensch andere aufhetzen und mobilisieren konnte, dass die Leute einem "sektiererischen Leithammel" nachrannten.
    Dazu kommt sicher auch, dass sie als Landadel und Gutsbesitzer selber zuoberst auf der Hierarchieleiter standen und das Machtgefühl kannten, aber auch die Verantwortung, die daraus entsteht. Ob sie allerdings damals, in den zwanziger Jahren, das Wort Demokratie benutzte oder ob es sich später dazu formte, das wäre interessant zu wissen.

  • Danke für eure Antworten. Ich habe mich noch einmal in verschiedene Passagen des Buchs vertieft und ihr habt schon recht, es wird eigentlich viel gesagt über die private M.D.


    Sie stand einfach mitten in der Politik, der Gesellschaft. Das war ihr Leben.


    Dass sie mit dem Reiten aufgehört hat, kann ich nachvollziehen. Das gehörte sicher zu einem Leben das sie nach der Flucht ganz einfach nie mehr hatte.
    Im Prinzip wurden ihre Kinder- und Jugendjahre mit dem Verlust der Heimat ausgelöscht. Ausgelöscht ist vielleicht hart, aber ihr versteht hoffentlich was ich meine. (Kann mich nicht immer gut ausdrücken, bin keine Schriftstellerin :grin)


    Dass sie einen gesunden Menschenverstand und demokratisches Denken hat wird im Laufe des Buches auch immer klarer. Ich werde noch mehr von ihr und über sie lesen müssen um mir ein besseres Bild vom Mensch M.D. machen zu können. Ganz wird das ja nie gelingen.

  • Hallo,
    ich hab das Buch gerade heute bekommen.
    Bin durch eure Session draufgekommen. Vielen Dank.
    Gestern kam das Buch von Friedrich Dönhoff, das hab ich gleich am Abend verschlungen.


    Ein super Fred.
    Bis bald
    bea

    Die Dichter
    Es soll manchen Dichter geben,
    der muß dichten um zu leben.
    Ist das immer so? Mitnichten,
    manche leben um zu dichten.
    Heinz Erhardt

  • taki32 ich glaube, das möchte ich schon. Obwohl ich mich grade in die Biografie eingelesen habe. Aber dieses Werk interessiert mich auch zutiefst.



    Mich amüsiert übrigens ein "Stilwerk" von Schwarzer. Es gibt AutorInnen, JournalistInnen etc. aber es bleiben einfach: Sekretärinnen.
    Vielleicht liegts auch nur an meiner gebraucht gekauften Ausgabe. Die ist so alt, das war das frühemanzipatorische noch voll in.
    Schön ist die Beschreibung der Kindheit in jedem Fall. Jetzt kommt die Jugend ab 1925. Ich bin gespannt.


    bea

    Die Dichter
    Es soll manchen Dichter geben,
    der muß dichten um zu leben.
    Ist das immer so? Mitnichten,
    manche leben um zu dichten.
    Heinz Erhardt