Hier kann zu den Seiten 111 - 228 geschrieben werden.
'Marion Dönhoff' - Seiten 111 - 228
-
-
Zwei Dinge fallen im Laufe der Kriegszeit auf:
Erstens, der Familie Dönhoff war durchaus bewußt, was Hitler mit Deutschland machen würde. Alleine die Bemerkung, daß sich die Russen über jede (in den Dreißiger Jahren) neu angeschaffte Maschine freuen würden, läßt ahnen, daß es doch Menschen gab, die zumindest eine Vorstellung davon hatten, was passieren könnte - ich bin nicht sicher, ob man es zur damaligen Zeit schon wissen konnte, daß es unvermeidbar war, aber es widerspricht jedenfalls der oft zitierten Aussage, daß niemand von etwas gewußt habe (Wobei die Dönhoff aber auch ausdrücklich sagt, daß sie von der Judenvernichtung erst nach dem Krieg erfahren hat!)
Zweitens, die Dönhoff war mehr in das Attentat vom 20. Juli verwickelt als bloße Mitwisserschaft - sie hat viele Nachrichten von Ostpreußen nach Berlin und umgekehrt gebracht und ist nur durch Glück dem Naziregieme entkommen, da sie selbst dachte, die Dönhoffschen Güter weiterzuführen und damit kein Amt in der Übergangsregierung übernehmen wollte, die direkt nach dem Attentat eingesetzt werden sollte - das war bereits minutiös geplant! Anscheinend hab ich da eine ziemliche Lücke in meinem Geschichtswissen, ich werde das später mal recherchieren - jetzt geh ich erstmal in die Wanne und lese diesen Teil zu Ende, schließlich hab ich Urlaub
-
Die Schilderungen vom Kriegsende haben mich wieder tief beeindruckt, obwohl ich sie schon aus der letzten Leserunde kannte.
Mich hat überrascht, dass die Allierten damals von den Attentatsversuchen wussten und nicht nur nichts zur Unterstützung unternommen, sondern die Beteiligten später auch noch verunglimpft haben.
Umso gespannter bin ich auf die nächste Leserunde zu "Um der Ehre Willen", um noch etwas mehr über dieses Thema zu erfahren.
Edit: Caia, du bist zu beneiden mit deinem täglichen Wellnessprogramm.
-
@ taki, ja, es scheint, als ob die Alliierten es absichtlich darauf angelegt haben, den deutschen Widerstand mehr oder weniger zu ignorieren.
Ich habe diesen Abschnitt jetzt beendet und bleibe zurück mit einem Gefühl der Ehrfurcht vor dieser Frau, die in meinen Augen etwas getan hat, was man nicht mit Gold aufwiegen kann: Die eigene Heimat für den Frieden zu opfern, den Verlust zu aktzeptieren für eine Welt, in der Frieden zwischen Ost und West herrscht.
Diese Heimat in Ostpreußen, die ich selber auch schon sehen und erleben durfte, ist auch heute noch so wunderbar, daß man sich diesen Satz ganz groß hinter den Spiegel jegweder rechtsgerichteter Gesinnung stecken sollte:
Landschaft ist eben wichtiger und gewiß prägender als alles andere. Sie gehört im letzten und höchsten Sinne ohnehin niemandem, allenfalls vielleicht dem, der imstande ist zu lieben ohne zu besitzen.
-
Zitat
Original von Caia
Landschaft ist eben wichtiger und gewiß prägender als alles andere. Sie gehört im letzten und höchsten Sinne ohnehin niemandem, allenfalls vielleicht dem, der imstande ist zu lieben ohne zu besitzen.Wirklich ein toller Satz!
Ich hätte nicht gedacht, dass Alice Schwarzer sich in der Biographie selbst so sehr zurücknimmt. Nur ab und zu fließt explizit ihre besondere Sichtweise ein, wobei ich ihre Interpretation zumeist recht schlüssig finde.
Mir gefällt, wie unabhängig Dönhoff vom Urteil anderer ist. Das ist mir noch mal bewusst geworden, als sie am Ende der "zwei, drei letzte Worte" sagt, es ist ihr völlig Wurscht, was die Leute über die beiden Namen auf dem Buchdeckel sagen oder ob sie erstaunt gucken.
-
Bereits beim ersten Mal lesen vor einigen Wochen war ich überrascht und auch erschrocken, wie die Alliierten den Widerstand ignorierten. Sie hätten so viel Leid ersparen helfen können...
Die meisten Adligen (im Osten) waren sich bewusst, was passiert, wenn Hitler immer mehr an Macht gewinnt. Aber sie waren offenbar eine stimmliche Minderheit, egal wie politisch engagiert sie waren.Selber war Marion Dönhoff mehr involviert in den Attentatsversuch, als die Geschichtsbücher bisher mitteilten. Dadurch, dass sie (eher) zu den sachlichen Schreiberinnen gehört und nicht zu den Erzählerinnen im Romanstil, wird ihr Tun im Zusammenhang mit dem geplanten Attentat nicht so gefährlich dargestellt. Sie schmälert ihren Beitrag irgendwie. Vielleicht - so kommt mir vor - weil es für sie eine Selbstverständlichkeit war, Widerstand zu leisten, für das Gute zu kämpfen und an eine friedliche Zukunft zu glauben.
Ich kann mir gut vorstellen, dass die Gräfin von der Judenvernichtung nichts gewusst hat. Sie hat ja, als sie Quittainen verliess, geglaubt, die Menschen, die blieben, hätten ein neues - aber nicht schlechteres - Leben unter anderer Herrschaft vor sich. Dem war, wie sie später erfuhr, leider auch nicht so.
"Und wo auf Marion Dönhoff keine grosse Aufgabe wartet, da schafft sie sich eine." Ich glaube, diese Aussage prägte ihr Leben, oder zumindest einen Teil davon.
Bezeichnend auch, dass sie nach der Flucht, die sie auf Alarich unternommen hat, nie wieder auf ein Pferd gestiegen ist; auch nicht auf ihren geliebten Alarich. Es wird damit begründet, dass sie Reiten mit dem Boden der alten Heimat etc. in Verbindung bringt. Ich glaube, es ist nicht "nur" Heimat und Boden, es ist das frühere Leben, eine andere Zeit. Die Flucht war wie ein Wendepunkt und ein Neuanfang.
Marion Dönhoff hat sich immer was getraut - allein schon die ganzen Ostdialoge - sie blieb immer sich selber und sich selber treu.
Ich hätte die Gräfin gerne kennen gelernt...
-
Fabuleuse, da kann ich Dir nur zustimmen, auch ich hätte diese Frau gerne kennengelernt! Grade, da meine Geschichte auch von den deutschen Ostgebieten geprägt ist, habe ich ein besonderes Verhälntnis zu dieser Landschaft und diesen Orten, die ich auch schon besuchen durfte. Ich bin wirklich wirklich wirklich sehr bewegt, was diese Frau in ihrem Leben alles in Bewegung gesetzt hat!
-
M.D. hat so viele interessante Menschen kennengelernt in ihrem Leben, z.B. den Historiker Carl Jacob Burchhardt und viele andere. Ganz klar, dass ihr dabei auch ihre Herkunft geholfen hat. Der Name Dönhoff hat ihr sicher auch viele Türen geöffnet, die einer anderen Frau nicht geöffnet worden wäre. Sie hat diesen Vorteil aber nicht nur für sich genutzt sondern wollte für alle Menschen etwas ändern.
Der Widerstand gegen Hitler formiert sich. Eines fällt mir auf, es waren doch sehr viele Adelige die sich gegen ihn stellten. War da nicht auch viel Eigennutz dabei? Wollte man nicht eher das Bestehende schützen, haben da alle wirklich "demokratisch" gedacht? Das neue Deutschland hätte vielleicht auch nicht so demokratisch ausgesehen, wenn es den Adeligen gelungen wäre Hitler zu stürzen? Hat nichts mit M.D. zu tun, weiss ich, aber der Gedanke kam mir schon beim Lesen.
Dass der deutsche Widerstand im Ausland nicht anerkannt wurde ist schon etwas das man nicht versteht. Wie kann man nur ein Volk dermassen ins Unglück stossen! Die Schweizer stehen da ja auch nicht besonders gut da, sei es in der Judenfrage, sei es im Widerstand gegen Hitler.
Ich bin auch sehr gespannt auf das Buch um den Attentat auf Hitler, da werden wir noch viel mehr über Marion Dönhoff erfahren.
-
Ja, das Widerstandsbuch wird sicher spannend, ich hab es schon hier liegen, ist aber noch eingeschweißt.
Inwieweit die Welt eine andere geworden wäre, wenn das Attentat gelungen wäre, ist sicherlich Spekulation. Ob es eine demokratische Welt geworden wäre, auch, ich denke schon, daß die Adligen darauf hofften, ihre Güter zu erhalten - das wird ja auch darin deutlich, daß Marion Dönhoff in der neuen "Regierung" keinen Posten übernehmen wollte, da sie sich um Friedrichstein und Quittainen kümmern wollte - was ihr wohl schlußendlich das Leben gerettet hat!