Die 50 populärsten Irrtümer der deutschen Geschichte, Bernd I. Gutberlet

  • Unser Geschichtsbild ist - ob wir es wollen oder nicht - geprägt von allen möglichen Legenden, Geschichten, die wir gehört oder gelesen haben und beruft sich bei Weitem nicht immer allein auf die nackten Quellen. - Es wäre auch wirklich langweilig und trocken. Was wären wir ohne unsere Sagen und Legenden, ohne Mythen und deren Geschichtsdeutungen?
    Doch schleichen sich auf diesem Wege einige Geschichten aus der Welt der Legenden heraus in die Bereiche dessen, was einfach so gewesen ist und kaum je anders zu denken sein könnte (Luthers Thesenanschlag oder der Gang nach Canossa).
    Wieder andere sogenannte historische Wahrheiten beruhen auf geschickt lancierten Halbwahrheiten oder Falschmeldungen. Ein solches Beispiel ist die Legende, dass wir Hitler die Autobahnen verdankten.


    Bernd I. Gutberlet, Historiker und Journalist, nimmt sich 50 solcher Themenfelder vor, erzählt die Legende und vergleicht mit dem, was historisch als einigermaßen gesichert gelten kann bzw. was der Quellenbefund tatsächlich hergibt.
    Dabei reicht die Zeitspanne vom Mittelalter bis fast in die jüngste Vergangenheit.
    Gutberlet regt zum Nachdenken und Nachprüfen an. Er entmythologisiert in gutem Sinne und macht deutlich, wie es sich wirklich zugetragen haben könnte, oder was eben nicht gewesen sein kann, ohne zu radikal alles, was uns an Erinnerung lieb gewonnen ist, zu zerstören.
    Er schreibt journalistisch leicht und gut zu lesen und in sehr gut überschaubaren Abschnitten. Damit wird das Buch auch für den Laien gut lesbar.
    Er differenziert nachvollziehbar zwischen Legende und dem vermeintlich faktischen. Problematisch empfinde ich allerdings, dass er so gut wie nicht zwischen eigener Deutung, Quellenbefund und anderen Meinungen, bzw. Deutungsmöglichkeiten differenziert.
    Damit vermag der Eindruck zu entstehen, es sei alles tatsächlich so gewesen, wie es Gutberlet deutet.
    Der eigentliche Gewinn für mich in diesem Buch war die erneute Erkenntnis: traue gedrucktem nur bedingt - und eben auch diesem Werk.
    Sehr löblich ist ein angehängtes Literaturverzeichnis, dass dem historisch stärker Interessiertem die Möglichkeit bietet, sich weiter kundig zu machen und weitere Ansichten einzuholen.


    Alles in allem: ein gutes Buch für historisch Interessierte, sehr gut lesbar - aber man sollte auch diese Erkenntnisse als das ein für alle mal unumstößlich betrachten, sonder immer mit bedenken, dass Geschichtsschreibung immer auch stark vom Autor, seinen Ansichten und der Prägung seiner Zeit abhängig ist.