Das geheime Spiel - Kate Morton

  • Das geheime Spiel, Kate Morton, Originaltitel „The Shifting Fog“, Übersetz. v. Charlotte Breuer, Diana-Verlag, München, 2008, ISBN 978-3-453-29031-0


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    Kate Morton wuchs in den Bergen im Südosten von Queensland, Australien auf. Sie hat Theaterwissenschaften und Englische Literatur studiert und promoviert zurzeit an der University of Queensland. Ihr Debütroman wurde in 13 Länder verkauft und eroberte mittlerweile ein Millionenpublikum. Weitere Romane der Autorin sind in Vorbereitung. Kate Morton lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Brisbane.


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    Meine Meinung:
    Mit ihrem Debütroman „Das geheime Spiel“, der im australischen Original unter dem deutlich besser zur Handlung passenden Titel „The Shifting Fog“ und in England und Amerika unter dem Titel „The House at Riverton“ erschienen ist, führt uns die Literaturwissenschaftlerin Kate Morton nach England in die Zeit um den ersten Weltkrieg. Ihr Roman ist Familiensaga, Gesellschaftsroman, Romanze und Krimi zugleich und ist eine Hommage an Romane, die Elemente der Gruselliteratur einsetzen wie z. B. „Rebecca“ von Daphne du Maurier, „Der blinde Mörder“ von Margaret Atwood, „Die dreizehnte Geschichte“ von Diane Setterfield und viele mehr.


    „Das geheime Spiel“ erzählt uns die Geschichte der adligen Geschwister Hannah und Emmeline Hartford aus Sicht ihrer ehemaligen Dienstbotin Grace Bradley. Grace kam kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach Riverton Manor und war schnell von den beiden Schwestern fasziniert. Eines Tages brachte der Bruder der beiden Schwestern den Dichter Lord Robert Hunter nach Riverton Manor – eine Bekanntschaft, die das Leben der beiden Schwestern, aber auch das Leben von Grace nachhaltig prägen sollte. Graces Bemühungen, Unheil von den beiden jungen Frauen fern zu halten, sind nicht von Erfolg gekrönt und so wurde Grace in eine Familiengeheimnis hineingezogen, das sie 75 Jahre bewahrt hat und dem sie sich erst im Alter von 98, als die Geschichte der Hartford-Schwestern verfilmt werden soll, stellt.


    Die Erzählperspektive, die Kate Morton gewählt hat, bringt ihre Tücken mit sich. So ist es einerseits zwar recht schön, die Geschichte aus Sicht von Grace erzählt zu bekommen, in manchen Passagen aber auch reichlich unglaubwürdig. Auch wenn Dienstboten zur damaligen Zeit vieles vom Familienleben ihrer Herrschaft mitbekommen haben, waren sie zweifellos nicht bei intimen Diskussionen ihrer Herrschaft von Beginn bis Ende dabei, ganz zu Schweigen davon, dass es nicht Usus war, mit seiner Herrschaft einen intimen persönlichen Kontakt aufzubauen. Auch erscheint es seltsam, dass sich Grace nach einer Spanne von 75 Jahren noch wortwörtlich an die damaligen Dialoge erinnern kann. Schön ist, dass uns diese Erzählperspektive dem interessanten Charakter Grace näher bringt, obwohl die Autorin m. E. das Potential dieser Figur nur zum Teil ausschöpft. So ist es mir beispielsweise vollkommen unverständlich, dass Grace, als sie nach 2/3 des Buches ihre Verbindung mit dem Haus Riverton, die der Leser schon lange erahnt hat, entdeckt, kaum Reaktion zeigt und auch keine Konsequenzen zieht. Die Gespräche mit der Produzentin eines Films über die Hartford-Mädchen und einer der Schauspielerinnen tragen in keiner Weise zum Film oder zur Handlung des Buches bei und bringen uns die Charaktere der Hartfords nicht näher.


    Das Ambiente des Vorkriegsenglands einzufangen, gelingt der Autorin recht gut. Auch die Geschichte selbst ist schön angelegt und wird von ihr langsam und in einer schönen Sprache vorangetrieben und enthüllt. Gelegentliche Längen hätten durch ein aufmerksames Lektorat sicher vermieden werden können. Wer viel liest und gerne Filme schaut, wird die in der bis zu den letzten Seiten aufgehobenen Enthüllung des Familiengeheimnisses enthaltene überraschende Wende nicht unbedingt sehr überraschend finden.


    Die Anleihen, die Kate Morton bei „Das Haus am Eaton Place“ und „Der blinde Mörder“ genommen hat, sind überdeutlich. Wer „Das Haus am Eaton Place“ noch kennt, wird als Butler von Riverton Manor nie Mr. Hamilton sondern immer Mr. Hudson vor Augen haben und die Köchin Mrs. Townsend wird im Geiste wie Mrs. Bridges aussehen. Dies empfand ich jedoch nicht als störendes Kopieren, sondern eher als Reminiszenz. Die Anleihen an Bücher wie „Der blinde Mörder“ oder „Rebecca“ hingegen sind ein wenig kritischer zu betrachten, da sie den Leser, der diese Werke kennt, schnell kommende Ereignisse vorausahnen lassen.


    Insgesamt sehe ich „Das geheime Spiel“ von Kate Morton, als schön angelegte geheimnisvolle Familiensaga mit Krimielementen mit einigen Schwächen, dennoch habe ich das Buch recht gerne gelesen und werde sicher nach einem weiteren Roman von Kate Morton Ausschau halten.

  • Danke für die schöne Rezi :-) klingt sehr vielversprechend.
    Bei meiner Recherche in Amazon England und USA bin ich auch auf die beiden verschiedenen Titel gestoßen.
    Dieses Buch kommt auf meine Wunschliste.
    Danke auch für den Link der Autorin. Da werde ich gleich mal gucken gehen :grin


    LG
    bonomania :wave

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

  • *gibt ihren Senf auch mal dazu*


    Ein Buch, geschaffen für lange Abende auf der Couch – eine spannende Familiengeschichte und das Bild einer lange vergangenen Zeit werden hier sehr farbig und vor allem auch lebendig erzählt.


    Grace Bradley, die kurz vor dem 1. Weltkrieg nach Riverton Manor kommt, erzählt uns in Rückblicken und Erinnerungen von den Ereignissen, die sich im Jahre 1924 im Herrenhaus abspielten.


    Damals war sie als Dienstbotin im Hause beschäftigt – eine unsichtbare Gestalt, die nicht „öffentlich“ in Erscheinung tritt, aber dennoch alles mitbekommt, was im Hause passiert. Wie es eben damals so für gute Geister üblich war.


    Und aus ihrem Blickwinkel erleben wir das Leben im Gutshaus mit, die rauschenden Gesellschaften. Aber der nahende Krieg wirft bereits seine düsteren Schatten auf das Hause und alle seine Bewohner und Gäste. Er wird alles verändern und hinterher wird keiner mehr so sein wie vorher, egal ob er nun im Krieg war oder zuhause in Sorgen um seine Lieben war.


    Auch um Grace selbst scheint es das eine oder andere Geheimnis zu geben.


    Nach dem Krieg stößt plötzlich auch der Dichter Lord Robert Hunter wieder ins Leben der Schwerstern Hannah und Emmeline, ein enger Freund ihres im Krieg gefallenen Bruders…. Und damit nimmt das Schicksal endgültig seinen Lauf.


    Grace wird, gegen ihren Willen, in die Geschehnisse mit hineinbezogen und wird so zur Hüterin der „wahren Geschichte“. 75 lange Jahre hat sie diese für sich bewahrt, doch nun sieht sie mit 98 Jahren ihre Zeit gekommen und möchte anlässlich der Verfilmung der Geschichte der Hartford-Schwestern die wahre Geschichte erzählen.


    Wie Pelican schon monierte, gibt es natürlich schon einige „Ungereimtheiten“: die Tatsache mit der wortwörtlichen Erinnerung an Dialoge z.B. Allerdings haben mich diese nicht wirklich gestört.


    Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob gerade Frauen nicht doch ein sehr vertrautes/intimes Verhältnis zu ihrer persönlichen Zofe hatten – dieser Punkt erschien mir nicht unrealistisch, allerdings bin ich keine Kennerin dieser Zeit.


    Die Tatsache, dass die Dienstboten nicht bei intimen Diskussionen ihrer Herrschaften dabei waren, habe ich für mich so „gelöst“: Sicher waren sie das nicht bewusst. Aber da damals Dienstboten ja eigentlich eher „unsichtbare, dienstbare Geister“ sein sollten, kann es durchaus sein, dass munter diskutiert wurde ohne sich dessen bewusst zu sein, dass im Hintergrund Bedienstete tätig waren.


    Was mir allerdings ebenso unverständlich erschien war die Tatsache, dass Grace überhaupt nicht auf ihre Verbindung zum Hause Riverton reaguert.


    Die Gespräche mit der Produzentin des Films habe ich einfach als Aufhänger betrachtet und teils auch als Verknüpfung/Verbindung zu den einzelnen Erzählsequenzen und Rückblicken.


    Die Autorin hat es in meinen Augen sehr gut verstanden, dass Bild eines herrschaftlichen Hauses Anfang des 20. Jahrhunderts einzufangen – eine Zeit, die noch vom Geist der Vergangenheit lebt, aber doch bereits auf der Schwelle zu etwas Neuem, Moderneren, steht.


    Was mir wiederum gefallen hat, waren so kleine Momente wie z.B.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Das geheime Spiel - Kate Morton


    Meine Meinung:
    Ein unterhaltsamer Roman mit einer Erzählstruktur in Gegenwart und Vergangenheit.
    Er wird erzählt von der alten, bekannten Archäologin Grace Bradley, die als 14jährige als Dienstmädchen in England startet. In dieser Zeit wird die englische Atmosphäre kurz vor dem ersten Weltkrieg eingefangen. Ein wenig fehlt mir der Tiefgang, es wird zuviel in dieser Zeit geschwelgt. Ein sozialkritischer oder psychologischer Ansatz über eine verkrustete Gesellschaftsschicht wie in Kazuo Ishigurus „Was vom Tage übrigblieb“ fehlt.
    Der Anfang, als ein Filmteam eine Film über den Vorfall in den zwanziger Jahren drehen will und daher mit der alten Grace als einzige noch Lebende spricht, erinnert mich an den Film Titanic von James Cameron. So schmalzig kommt die Handlung aber glücklicherweise nicht rüber. Im Gegenteil, der ironische Witz von Grace bei den Szenen mit der Filmproduzentin und der jungen Schauspielerin, die die junge Grace im Film darstellen soll, gehören zu meinen Lieblingsstellen im Roman.
    Manchmal gelingt es der Autorin die junge Grace und die alte Grace zu verschmelzen, leider nicht immer. Eine große Bedeutung des „Vorfalls“, den angeblichen Selbstmord in den zwanzigern, vergleichbar mit Ian McEwans Abbitte, sehe ich nicht. Es dient eigentlich nur als Aufhänger um die Handlung zu rechtfertigen.
    Man merkt der Autorin die Vielzahl an stilistischen Einflüssen aus Büchern und Filmen dieser bestimmten Zeit deutlich an, im positiven (gründliche Recherche) wie im negativen (fehlende Eigenständigkeit). Für mich hielt sich die Spannung nicht über gesamten Umfang von über 600 Seiten, immer wieder kam ich ein wenig ins vorblättern und überspringen von doch etwas langatmigen Stellen.
    Wer breit angelegte Familiensagas in dieser Zeit mag, kann mit dem Roman nichts falsch machen. Der Roman wird sicher sein Publikum finden.

  • Ich mag Familiensagen grundsätzlich gerne, besonders auch dann, wenn sie sich in England abspielen. Dabei ist es fast schon egal, in welcher Epoche die Geschichte spielt. Und wenn dann die Geschichte noch in Rückblenden mit kleinen Episoden aus der Gegenwart erzählt wird, bin ich fast restlos zufrieden.


    Da das Buch so angelegt ist, wäre es fast ein durch und durch gelungener Lesegenuss gewesen. Leider gab es ein paar Längen und ich wurde zwischendurch immer mal wieder etwas ungeduldig und musste dem Drang widerstehen, einfach mal die Seite umzublättern. Einige Seiten weniger und ich hätte nichts vermisst.
    Vielleicht lag es auch daran, dass ich mit keiner der Charaktere so richtig warm wurde. Besonders mit Grace hatte ich so meine Probleme. Natürlich lagen viele, viele Jahre zwischen der Grace der Vergangenheit und der Grace der Gegenwart, aber es viel mir trotzdem sehr schwer, diese beiden irgendwie zusammenzubringen.
    Die Geschichte an sich konnte man vorhersehen. Auch was das Ende anging, barg es für mich keine große Überraschung. Allerdings war das zweitrangig, es kam wohl mehr darauf an zu lesen, wie es dazu kam.


    Wunderbar fand ich die geschaffene Atmosphäre. Das betrifft die Zeit auf Riverton Manor gleichermaßen wie die Zeit im Stadthaus in London. Wobei ich dabei auch ständig – wie Pelican das in ihrer Rezi beschrieben hat – an „Das Haus am Eaton Place“ gedacht habe, was ich noch heute wunderbar finde. Natürlich sah auch ich ständig Mr. Hudson, Mrs. Bridges, Rose und Ruby vor mir. Aber auch mich hat das in keiner Weise gestört und es geht mir fast immer so, wenn ich Romane lese, die zeitlich passen und Dienstboten eine Rolle spielen.


    Trotz der kleineren Kritikpunkte hat mir das Buch gut gefallen und wenn mir wieder ein Buch von Kate Morton in die Finger kommen sollte, werde ich wahrscheinlich nicht lange zögern. Ich bin gespannt, was von ihr noch kommt.

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • So jetzt habe ich das Buch auch durch. Hier meine Rezi:


    Das Buch beginnt mit einem Drehbuch. Anschließend lernen wir Grace als 99-jährige Dame kennen, die von einer jungen Filmproduzentin um Hilfe gebeten wird, die einen Film über die bekannten Hartford-Schwestern drehen will. Da Grace Anfang des 20. Jahrhunderts als Dienstmädchen bei der Familie gearbeitet hat, ist sie als Zeitzeugin gefragt.
    Dieser Anfang hat mich sehr an den "Titanic"-Film erinnert, aber ich fand ihn gelungen.
    In langen Rückblenden erzählt nun Grace wie sie als junges Mädchen ihre Arbeit im Riverton-Haus begonnen hat, wie sie die beiden Schwestern Emmeline und Hannah kennengelernt hat und was sie und die Familie in den folgenden Jahren erlebt haben.
    Über allem schwebt immer das dunkle Geheimnis um den Selbstmord eines jungen Dichters, der sich im Beisein der beiden Schwestern bei einem Fest im Hause Riverton erschossen hat - und Grace ist die einzige Zeugin, die noch lebt...


    Die Geschichte ist spannend aufgebaut und doch plätschert sie eher ruhig vor sich hin. Man erfährt viel über das Leben auf einem englischen Landsitz in der Zeit um den 1. Weltkrieg. Dass fand ich sehr interessant, auch wenn es im Mittelteil ein paar Längen gab.


    Das Buch wird komplett von Grace erzählt, die ihre Erinnerungen präsentiert. Ob sie als Dienstbotin wirklich so viel mitbekommen hat und auch so viele Gespräche im Detail gehört hat, ist sicherlich fraglich, hat mich aber letztendlich beim Lesen nicht weiter gestört.
    Die Wechsel zwischen Erinnerungen und Gegenwart waren manchmal etwas plötzlich, aber zum Glück war spätestens nach ein paar Zeilen klar, wo man sich gerade befindet.


    Praktisch finde ich, dass auf der Innenseite des Covers eine Liste mit den handelnden Personen abgedruckt ist. Die fand ich - besonders am Anfang - sehr hilfreich, bis ich mal die Familienverhältnisse verinnerlich hatte.


    Insgesamt ein schöner Schmöker!

  • Zitat

    Original von wirbelwind
    Ich fand das Buch sensationell
    Richtig spannend und gut, ich war gefesselt und endlos begeistert :chen


    Freue mich schon auf das neue (Bild siehe unter dem Beitrag)


    Es kommt aber leider nur in Englisch raus, oder?
    Bei Amazon bekommt man noch gar keine Infos - auch nicht zum Inhalt. :-(

  • Ich hab das Buch vor ein paar Tagen fertig gelesen und poste hier mal meine Leseeindrücke (habe sie auch in meinem Blog veröffentlicht):


    Ziemlich lange bin ich um dieses Buch herumgeschlichen, und ziemlich lange lag es dann auf meinem SUB, nachdem ich das Glück hatte, es zufällig als Remittende zu ergattern.


    Irgendwie hörte sich das spannend und interessant an, das mit der Familiengeschichte und dem Geheimnis und dem Krimi. Bis auf den Krimi war auch alles dabei - ich weiß nicht, wer wieder mal diesen Mist aufs Cover geschrieben hat! Ein Buch ist noch lange kein Krimi, nur weil jemand durch Schusswaffengebrauch zu Tode kommt.
    Da ich aber so gut wie keine Erwartungen an das Buch hatte und mir auch nicht so wirklich was darunter vorstellen konnte, konnte ich auch kaum enttäuscht werden, nech ;)
    Ich würde es als Liebesgeschichte beschreiben und als die Geschichte von drei sehr verschiedenen Frauen in einer sicherlich sehr interessanten Epoche.


    Das Buch hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Es kommt ein bisschen schwer in die Gänge, aber wenn man es erstmal “rein” geschafft hat, ist s toll! Mehrere Geschichten unterschiedlicher Personen werden gekonnt miteinander verwoben, ohne allzu viel einzubringen. Schauplatz ist zu Beginn ein Englisches Landgut am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Erzählt wird aus der Perspektive von Grace, damals Dienstmädchen auf dem englischen Herrensitz Riverton Manor. Mit nur 14 Jahren geht sie dort 1914 in Stellung und fühlt sich dort sehr zu den beiden dort lebenden Enkelinnen des Lords hingezogen, Hannah und Emmeline. Besonders zu der gleichaltrigen Hannah baut sie mit den Jahren eine enge Beziehung auf, denn auch Hannah mag Grace und sieht in ihr allmählich mehr als nur eine Dienstbotin und Zofe.


    Getragen von einem ruhigen und flüssigen Erzählstil geleitet Grace den Leser durch die Jahrzehnte. Die eigentliche “Geschichte” spielt sich in den Jahren zwischen 1914 und 1925 ab, jedoch wird in Rückblicken auch die Ziet davor und danach angeschnitten. Gace ist zum Erzählzeitpunkt 98 Jahre alt und lebt in einem Pflegeheim. Dort wird sie besucht von einer Filmemacherin, die einen Spielfilm über die Geschehnisse aud Riverton Manor dreht und Grace als eine der wenigen “Überlebenden” aus der damaligen Zeit interviewen möchte. Auf diese Weise erfährt man, dass Grace nach ihrer Zeit als Dienstmädchen später eine erfolgreiche Pionierin und Archäologin wurde, also einen eher unkonventionellen Weg eingeschlagen hat.


    Spannung entsteht vor allem daraus, dass immer wieder angedeutet wird, es sei “damals” etwas Schreckliches auf Riverton passiert, ein junger Dichter habe sich das Leben genommen. Aber genau weiß niemand, wie sich das zugetragen hat, denn die einzigen Zeugen waren Hannah und Emmeline, und sie haben nie preisgegeben, was passierte. Nur Grace weiß es, und sie hat ihr Geheimnis 75 Jahre lang gehütet. So wird man beim Lesen mal hierhin, mal dorthin geleitet, immer wieder neue kleine Geschichten werden eingeflochten. Für meinen Geschmack wird um einiges ein wenig zu viel Brimborium betrieben , vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass dieses “Geheimnis” um den Dichter erst im allerlertzten Viertel des Buches so langsam in die Gänge kommt. Ich fand das Buch angenehm zu lesen und habe auch die kleinen Verflechtungen und Geschichten sehr gemocht, aber einiges erschien mir einfach zu langatmig und zu unwichtig. 100-150 Seiten weniger hätten dem Buch meiner Meinung nach nicht geschadet. Im Gegenteil, ein wenig Straffung und die komplette Streichung allzu vieler familiären Verflechtungen und Zwiste hätten das Ende nicht so plötzlich erscheinen lassen. Aufgrund dieser Längen fand ich das Buch streckenweise regelrecht langweilig, und ich musste mich zum Weiterlesen zwingen. Was sich aber im Endeffekt gelohnt hat, da diese Längen und mir sinnlos erscheinenden Passagen irgendwann nachließen.


    Gut gefallen hat mir das Eintauchen in die 20er Jahre, das ist Kate Morton gut gelungen. Lebensgefühl, Mode und politische Ereignisse dieser Zeit werden sehr plastisch rübergebracht. Auch die Charaktere sind gut gezeichnet, zumindest die Hauptpersonen waren mir schnell vertraut.
    Auf den letzten 50 Seiten ist für meinen Geschmack etwas zu viel untergebracht worden. Es scheint, als hätte die Autorin, die sich vorher über hunderte von Seiten gerne mal in dem Ausschmücken von Nebensächlichkeiten ergangen hat, plötzlich ganz viel in sehr gestraffter Form unterbringen wollen. Ich persönlich mag es nicht so, wenn am Schluss eines Buches auf einmal alles so hopplahopp schnell gehen muss… irgendwie will ich den Schluss lieber “genießen”.


    Insgesamt ein lesenswertes Buch, ich würde es aber als reines “Frauenbuch” einstufen. Obwohl ich es nie als kitschig empfunden habe - wohl auch wegen der Anzahl starker und selbstbewusster Frauenpersönlichkeiten - ist ein gewisser Hang zur Rührseligkeit und Dramatik besonders gegen Ende nicht zu verleugnen.


    Was den Titel angeht, so habe ich ihn als irreführend empfunden. Zwar kommt in dem Buch tatsächlich ein “geheimes Spiel” vor, aber worin das nun genau bestand, wird nie so recht klar. Gespielt wurde von den Geschwistern Hannah, David und Emmeline, und scheinbar war es eine Art Rollenspiel. Warum es unbedingt geheim bleiben musste, wird nie deutlich - offenbar wollten die Kinder einfach ihre Phantasie für sich behalten. Der Originaltitel des Buches ist “The Shifting Fog”. Vielleicht war das dem deutschen Verlag zu düster, ich halte ihn für passender, zumal Nebel in dem Buch an einigen Stellen eine Schlüsselfunktion hat.
    Ich fand es etwas ärgerlich, dass ich eigentlich umsonst versucht habe, (aufgrund des Buchtitels) in diesem “geheimen Spiel” irgendeinen Schlüssel zu entdecken oder wenigstens mal etwas genauer aufgeklärt zu werden über dieses Spiel und seine Bedeutung.

  • Zitat

    Ich fand es etwas ärgerlich, dass ich eigentlich umsonst versucht habe, (aufgrund des Buchtitels) in diesem “geheimen Spiel” irgendeinen Schlüssel zu entdecken oder wenigstens mal etwas genauer aufgeklärt zu werden über dieses Spiel und seine Bedeutung.


    Genauso habe ich es auch empfunden. Ich war auch ständig auf der Suche nach einem "Schlüssel" bezüglich des "Geheimen Spiels".
    Aber nichtsdesdotrotz hat mir der Roman viel Vergnügen bereitet. :-)

  • Na dann bin ich ja froh, dass es auch anderen so ging ;)
    Manchmal denke ich bei solchen Sachen dann, vllt bin ich ja auch einfach nur zu doof, um das zu kapieren :lache


    Aber immerhin hatte das SPIEL ja auch ein eigenes Kapitel in dem Buch, so dass ich wirklich dachte, das hätte was mit Roberts Tod zu tun oder sowas. Schon ärgerlich, wenn englische/ausländische Buchtitel immer so verhunzt werden.

  • Zumindest zeigt einem das, dass man sich gerne manipulieren lässt durch Titel und Cover.
    Für mich war irgendwie ganz klar: Geheime/verbotene Spiele in einer Sommergartenlaube (wie auf dem Bild) und ein jahrelang gehütetes Geheimnis, dessen spätere Entdeckung dann spektakuläre Folgen hat... (oder so ähnlich).


    Klar, die Idee war dann letztendlich gut, aber die Erwartung war eben eine andere. :gruebel

  • Das Buch ist atemberaubend. Ich liebe es regelrecht.
    Ich hab es seit der erste Seite geliebt. Seit dem ersten Wort.
    Ich weiß nicht was es war, was mich daran so gefesselt hat. Aber es war wunderbar. Und immer wieder diese geheimen Anspielungen.
    Die Erzählung Gegenwart und Vergangenheit fand ich sehr gut. Diese nadlosen Übergänge. Wunderfoll.
    Ein wenig hat es mich jedoch an die dreizehnte Geschichte erinnert. Aber auch dies war ein wundervolles Buch. Ich hab es schon zwei mal gelesen. Und auch dieses Buch werd ich ein zweites Mal lesen.
    Auch das zweite Buch von Kate Morton werde ich lesen! Nur, kann ich auf das Taschenbuch warten, oder muss ich es bald lesen?


    Es wurden ähnliche Bücher wie von „Rebecca“ von Daphne du Maurier erwähnt. Doch hab ich nur "Meine Cousin Rachel" in der Büchersammlung vom Opa gefunden. Das wird bestimmt auch gut sein :)


    Aber will man ähnliche zusammenhänge lesen? Dass das Buch zu sehr an anderen hängt? Die ich jedoch nicht kenne!


    Dies war auf alle fälle wundervoll. Ich trau mir gar nicht ein neues Buch anzufangen.