'Die Kaufmannstochter' - Seiten 116 - 230

  • MEIN JUNGE
    "Mein Junge" sage ich nicht, aber häufig "Mein Freund" - "Mein Freundchen"
    Und eigentlich immer dann, wenn ich mich im Recht oder Überlegen fühle, mich Durchsetzen will und oder, wenn mich jemand geärgert hat oder mich nicht ernst nimmt.
    Zum Beispiel "Mein Freund, du glaubst doch nicht..." oder "Mein Freundchen, dass kann man doch nicht so ..."


    Fühlt Gutta sich eigentlich Bertram gegenüber Überlegen, denkt sie, dass sie eigentlich besser ist als er, einiges Besser könnte?!?!
    Auch was die Sexualität angeht, die sie als schmutzig ablehnt und die Bertram braucht. Denkt sie auch in diesem Punkt, dass sie die Überlegene ist, die dieser Sünde nicht verfallen ist?!?!


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    So, ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe.

    Gern lesen heißt, die einem im Leben zugeteilten Stunden der Langeweile gegen solche des Entzückens einzutauschen.
    (C.-L. de Montesquieu)

  • Zitat

    Original von Ines
    Du hast vollkommen Recht, taciturus. Trotzdem frage ich, ob die Beurteilung gleich ausgefallen wäre, wären die Rollen vertauscht.


    Gruß Ines


    Nein, ich hätte Irmelin dafür mehr als Hure angesehen als jetzt. Ich hätte Bertram wohl ein wenig bedauert und ihn als "ausgenommen" bemitleidet. Außerdem hätte ich gehofft, dass Bertram es schafft, Irmelin aus dem Hurendasein zu "befreien".


    So, wie es im Buch geschrieben war, fand ich es zwar auch nicht ganz okay, denn Bertram wusste, dass Irmelin ihn liebt, auch wenn er ihr nie etwas versprochen hat und ihr sogar sagte, dass er Gutta heiraten würde. Aber Bertram hat ihr ein besseres Leben verschafft, zumindest äußerlich.


    Zu "Mein Junge". Kann schon sein, dass Gutta ihn damit verniedlichen wollte, die Sexualität etwas abmildern wollte. Doch ich an Bertrams Stelle hätte mich ein wenig dagegen gewehrt. Es gibt doch liebevollere Kosenamen als mein Junge. Immerhin sagt sie "mein". Wobei die Verwendung von Kosenamen damals wahrscheinlich nicht so gebräuchlich war, oder?

  • Woher wusste Gutta eigentlich, dass Bertram das Gerücht von ihr und dem Landgrafen gesät hat?


    Die Heirat kam meiner Meinung nach so plötzlich. Kaum hatte Bertram sich das Haus gekauft, wurde Hochzeit gefeiert. Es wurde zwar später erklärt, warum Gutta ihn geheiratet hat usw., aber irgendwie ging das doch recht schnell, wo Gutta und ihr Vater doch vorher jahrelang alle hingehalten haben.


    Komischerweise habe ich gedacht, dass die Ehe von Gutta und Bertram gut funktionieren würde. Sie sind von einem Schlag, beide Geschäftsleute. Ich habe gedacht, dass auch wenn sie sich nicht lieben, sich gut verstehen würden. Aber seit sie Kinder haben, schlafen sie ja nichtmal mehr in einem Bett. Bertram versucht ihr näher zu kommen, doch Gutta hat Angst ihre Gefühle zuzulassen.
    Und wo wir beim Thema Scham sind: Schämt Gutta sich vor möglichen Gefühlen oder wie ist das?

  • Zitat

    Original von GabiMeyer


    Fühlt Gutta sich eigentlich Bertram gegenüber Überlegen, denkt sie, dass sie eigentlich besser ist als er, einiges Besser könnte?!?!
    Auch was die Sexualität angeht, die sie als schmutzig ablehnt und die Bertram braucht. Denkt sie auch in diesem Punkt, dass sie die Überlegene ist, die dieser Sünde nicht verfallen ist?!?!


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    So, ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe.



    Nein, Gabi,


    ich glaube nicht, dass sich Gutta Bertram gegenüber überlegen fühlt. Eher das Gegenteil davon. Sie fühlt sie als Frau unzulänglich. Im Grunde ist sie ja eine sehr leidenschaftliche Frau, die sich für ihre Leidenschaft schämt. Die Kirche verdammte damals Wollust und Leidenschaft als große Sünde. Und Gutta, die genau dies in sich fühlte, glaubte, deswegen schlecht und minderwertig, gar eine läufige Hündin zu sein.

  • Bei Irmelin muss ich immer an "Das Mädchen Rosemarie" (Rosemarie Nitribitt) denken. Vielleicht weil sich beide aus dem Nichts etwas aufgebaut haben und Irmelin lebt auch nicht so ganz ungefährlich mit ihrer Ausspioniererei. Ich denke sie wird sich noch irgendwann an Bertram rächen. Aber so ganz unschuldig daran ist er auch nicht. Er hat sie ganz schön lange hingehalten. Bei mir hat er dafür schon etwas an Sympathie eingebüsst. Hinzu kommt, dass er immer so berechnend ist. Allerdings nicht bei Gutta. Das macht ihn schon wieder sympathisch. :-)


    Ich hätte auch gedacht, dass Gutta und Bertram gut zusammen auskommen, da sie vom gleichen Schlag sind. Aber vielleicht gibt sich das noch. Vielleicht liegt es auch daran, dass Gutta nicht so selbstbewusst ist wie sie sich gibt und sich zuviel an Arbeit aufbürdet. Sie kann ihr Pensum nicht einhalten und ist dann innerlich zerrissen. Die andere Sache ist, dass sie sich in Liebesdingen wohl nicht so gut auskennt und sich wohl nicht so richtig traut. In der damaligen Zeit hat man das Thema "Liebe" (wenn es sie denn gab) totgeschwiegen.


    Das Thema "Scham" hätte ich in diesem Buch auch nicht vermutet.

  • So, den Abschnitt hab ich grad beendet.


    Bertram liebt seine Gutta, aber trotzdem verliert er sein Ziel nicht aus den Augen. Deswegen lässt er sie auch die Geburt seiner Tochter allein durchstehen. Ich fand die Aussage auch krass, dass sie sich den Namen und die Gevatter selber aussuchen soll. Klang bisschen trotzig. Bertram wird mir irgendwie immer unsympathischer.


    Irmelin macht mir auch ein bisschen Sorgen. Die wird doch wohl nicht sein Leben zerstören wollen? Im Moment sieht es ganz danach aus.


    Was mich auch ein bisschen verwundert hat: Gutta erfährt von ihrer Freundin das Gerücht, dass Bertram zu einer Hure geht. Und sie geht nicht einmal darauf ein? Ich hätte eigentlich gedacht, dass ihr das gar nicht passt und sie ihn mal zur Rede stellt.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich