Hotel Edelweiß – Anni Lechner

  • Weltbild, 344 Seiten


    Handlung (Rückseite):
    St.Velten, ein kleiner idyllischer Ort in den Tiroler Bergen, ist ein Ferienparadies für Gutsituierte. Doch die Ruhe trügt: Hinter der beschaulichen Fassade tobt ein erbittertet Kampf zwischen den beiden Hoteliers Prachtl und Kreuzberger. Durch eine Intrige hat der Chef des Erzherzog Josef seinen Oberkellner an die Konkurrenz verloren – und das in der Hauptsaison. Andrea, Kreuzbergers hübsche Tochter, ist froh, in dem tüchtigen George so rasch einen geeigneten Ersatz gefunden zu haben. Doch der vermeintliche irische Aushilfskellner ist in Wahrheit ein englischer Lord, auf der Suche nach dem Schatz seiner Vorfahren …
    Das Glück geht verschlungene Pfade.


    Zur Autorin (Klappentext):
    Anni Lechner wuchs in einem kleinen Dorf in Oberbayern auf und arbeitete bis zu ihrer Heirat auf einem Bauernhof. Auch später kehrte sie immer wieder zu ihren Verwandten zurück, um auszuhelfen, wenn Not am Mann war.
    Inzwischen lebt sie mit ihrem Mann am Stadtrand von München, besucht aber regelmäßig ihre Nichte, die den heimatlichen Hof übernommen hat. Dort sammelt sie die vielen kleinen Anekdoten des Dorflebens, die in ihren Romanen so lebendig Gestalt annehmen.


    Meine Meinung:
    Dieser Tiroler Heimatroman ist sehr souverän und gekonnt geschrieben.
    Er ist der bisher zweite Heimatroman, den ich in meinen Leben gelesen habe und beide sind von Anni Lechner.


    Für Gegner von Heimatromanen ist der Roman nicht zu empfehlen, da er keine Satire auf das Genre ist, (auch wenn ich es teilweise so gelesen habe), sondern dessen Möglichkeiten im vollem Umfang ausschöpft.
    Die gängigen Klischees und Stilmittel werden alle eingefangen, mit der Sprache im Dialekt gewürzt und zu einer guten, routinierten Geschichte zusammengesetzt serviert.
    Viele Überraschungen gibt es nicht, da die Wendungen alles andere als unerwartet kommen, die Figuren verhalten sich ebenfalls entsprechend den zu erwartenden typischen Heimatromanschemata..
    Das mindert etwas den Spaß am Buch, der ansonsten besser geschrieben ist, als man in diesem Genre erwartet. Der nächste Roman der Autorin, Die Berghebamme hatte mir besser gefallen und vorerst reicht es mir auch mit Heimatromanen.


    Immerhin gibt es aber ausreichend Intrigen, Lieb- und Feindschaften bei Personal und Gästen sowie teilweise urige Charaktere.
    Da ist der Feriengast Reszak, der den Hotelaufenthalt in einem Preisausschreiben gewann, seine Ferienbekanntschaft Sandra Birkhuhn, der intrigante und aalglatte, schmierige Oberkellner Branko mit seinen vielen Liebschaften und die verfeindeten Hotelbesitzer vom Hotel „Erzherzog Josef“ und dem Hotel „Edelweiß“.
    (Eigentlich müsste der Roman „Erzherzog Josef“ heißen, da es eine größere Rolle spielt als das Hotel Edelweiß.)
    Nicht zu vergessen, das zentrale (etwas zu brave) Liebespaar, der adlige, aber verarmte Engländer George und die hübsche Hotelbesitzertochter Andrea


    Hotel Edelweiß ist sehr geeignet, wenn man einen atmosphärischen und leicht lesbaren Roman mit einer (oder mehreren) Liebesgeschichten mit garantierten Happy End lesen möchte, mit guter Laune und Humor.
    „Verbiesterte“ Büchereulen sollten aber lieber die Flügel davon lassen. :grin

  • Zitat

    „Verbiesterte“ Büchereulen sollten aber lieber die Flügel davon lassen.


    Nicht alle Büchereulen, die nicht so auf Alpen-Rosamunde-Pilcherbücher stehen, sind gleich verbiesert. :grin

  • Hallo zusammen,


    nachdem ich erfahren habe, wer hinter dem Pseudonym Anni Lechner steckt, habe ich mir vor einiger Zeit den ersten ihrer Romane "Neues Glück in Kreiental" von Weltbild gekauft (der ist garnicht mehr im Katalog aufgeführt inzwischen), bin aber noch nicht zum lesen gekommen. Ich glaube, ich sollte ihn mal im SUB weiter oben einordnen;-)


    LG
    Sabine

  • Zitat

    Original von Idgie
    Nicht alle Büchereulen, die nicht so auf Alpen-Rosamunde-Pilcherbücher stehen, sind gleich verbiesert. :grin


    Das wurde ja auch nicht behauptet. :-)


    Den Rosamunde Pilcher-Vergleich finde ich eigentlich unzutreffend. Bei Pilcher und ähnlichen (wie man sie durch die Filme kennt) steht in der Regel nur eine Liebesgeschichte vor einer Naturkulisse im Vordergrund. Es geht darum, wie das Liebespaar nach etlichen Missverständnissen am Ende doch noch zusammenkommt, ohne Überraschungen.


    Bei Anni Lechner wird natürlich auch erst einmal eine unterhaltende Geschichte inklusive Liebesgeschichte erzählt, aber es gibt daneben auch andere, gleichberechtigte Themen.


    Zum Beispiel Unterschied Stadtleben und Lebenskultur in ländlichen Regionen, das zieht sich durch beide Lechner-Romane, die ich gelesen habe. Das ist ein Thema, dass mich persönlich interessiert.
    Dabei wird das Landleben sehr positiv geschildert, aber nicht bedingungslos verherrlicht, aber auch nicht neorealistisch-düster in allen Schrecken geschildert, wie es in manchen zeitgenössischen Antiheimat-Filmen oder Büchern beschrieben wird. Das Einpendeln zwischen diesen beiden extremen, wie es bei Anni Lechner geschieht, empfinde ich persönlich als realistischer.


    Weiterhin stehen Anni Lechners Charaktere meistens vor einem moralischen Dilemma, in dem es gilt Werte und Interessen abzuwägen. Manche Figuren entwickeln sich im Laufe des Romans, verändern sich zum positiven oder negativen.
    Beim Pilcher-Klischee, wie ich es mir vorstelle, sind diese Komponenten nicht so stark vorhanden, oder?

  • Lieber Herr Palomar, dass finde ich prima, jetzt weiss ich was ich meiner Oma zu Weihnachten schenke, Dankeschön! Ich musste immer mit Tarnkappe auf die Suche nach Groschenromanen gehen und ärgerte mich immer über Papierqualität und Aufmachung. Nun kann ich diesen Band bestellen. Bei den Eulen findet man einfach alles!

  • ich hab grad zufällig in diesen Fred reingelesen und möchte etwas off-topic noch eine Lanze für Mrs. Pilcher brechen...


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Den Rosamunde Pilcher-Vergleich finde ich eigentlich unzutreffend. Bei Pilcher und ähnlichen (wie man sie durch die Filme kennt) steht in der Regel nur eine Liebesgeschichte vor einer Naturkulisse im Vordergrund. Es geht darum, wie das Liebespaar nach etlichen Missverständnissen am Ende doch noch zusammenkommt, ohne Überraschungen.


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Beim Pilcher-Klischee, wie ich es mir vorstelle, sind diese Komponenten nicht so stark vorhanden, oder?


    Jjjeinnnn. :-)
    M.E. zerfällt das Werk von Mrs. Pilcher in zwei ungleich große Teile: der Löwenanteil besteht in den Romänchen und Geschichten-Sammlungen, die dann als deutsche Produktionen Sonntag abends im ZDF gesendet werden (sind das tatsächlich schon Hunderte oder kommt mir das nur so vor? :gruebel Oder sind das etwa immer die Gleichen? :lache) und die sind tatsächlich etwas - hm - "schlichter". Da stimmen das Argument der Vorhersehbarkeit und das Kitsch-Etikett zweifellos!


    Über dieser Schwemme an Fließband-Produktionen wird leider aber inzwischen generell übersehen, dass Rosamunde Pilcher erst richtig bekannt wurde mit ihrem Bestseller "The Shell-Seekers / Die Muschelsucher", und der war, wie ich finde, zu Recht ein solcher Erfolg. Dieses Buch sowie "September" und vor allem das großartige "Coming Home / Heimkehr" :anbet (LESEN! UNBEDINGT!) sind wirklich ganz wunderbare, packende Familien-Romane, die ich auch in meinem Bücherregal in Ehren halte und die meiner Ansicht nach so rein gar nichts mit der Sonntag-Abend-Pilcher zu tun haben, wie diese sich inzwischen etabliert hat. :-)

  • Ja, ich kann mich erinnern, dass ich Die Muschelsucher auch einmal vor Jahren gelesen und für gut befunden habe. :-)


    Das Buch wurde 1989 auch zum ersten Mal, mit Angela Lansbury, verfilmt.
    Der Film war ganz anders als die ZDF-Filme.


    Ich wollte Rosamunde Pilcher und ihr Werk auch gar nicht angreifen, sondern Anni Lechners Buch vor schlechten Vergleichen verteidigen.


    Ich denke nämlich, dass Idgie mit der Anspielung auf Alpen-Rosamunde-Pilcherbücher eher den Löwenanteil des Pilcher-Werkes, wie es bekannt ist, meinte.

  • @ Herr Palomar


    ich hatte das auch nicht als Angriff auf Mrs. Pilchers Werk verstanden! :-)
    Ich fühle mich nur eben immer bemüßigt (*schäm ) , bei dem Thema fix die besagten drei Romane aus dem Regal zu kramen, gut sichtbar hochzuhalten und zu sagen: "Ja, schon - AAABEEERR sie kann auch richtig toll!" :lache
    Weil mir das so leid tut, dass diese schönen Bücher so ungerechtfertigt unter all dem rosaroten Zuckerguss um Schloss Kilhavenfarnsworth oder whatever untergehen... :-(


    Was da Sonntag abends im TV kommt (und ich hatte mir nach "Muschelsucher" glaube ich noch 2 oder 3 kleinere Sachen von ihr angetan und es dann schnell wieder gelassen), mag ich auch nicht - und ich kriege auch nicht wirklich zusammen, wie das von derselben Autorin sein kann, über dieses Rätsel habe ich schon mehrfach nachgegrübelt :gruebel

  • Also, die Muschelsucher kenne ich auch. Das Buch steht auch in meinem Regal. Mit der Pilcher-Romantik meinte ich allerdings den zuckersüßen Romantikeinheitsbrei der ZDF-Reihe. Trotzdem ist es genau diese Massenkost, die inzwischen mit dem Namen der Autorin in Verbindung gebracht wird. Damit muss sie leben, wenn sie ihn für diese Art Filme hergibt. Wird sich schon lohnen. :-)


    Dankeschön, Herr Palomar, für die Ergänzung, was die Lechner Bücher betrifft. Ich hatte sie beim ersten Lesen in die übliche Heimatromanecke eingereiht und das liegt zugegebenermaßen nicht so auf meiner Leseschiene. Ich werde also erst mal in Ruhe abwarten, wie sich das Bild hier entwickelt. :wave

  • Zitat

    Nicole
    und ich kriege auch nicht wirklich zusammen, wie das von derselben Autorin sein kann, über dieses Rätsel habe ich schon mehrfach nachgegrübelt


    So weit ich weiß (habe ich vor etlicher Zeit mal gelesen, weiß nicht mehr genau, wo) schreibt sie nicht mehr selbst. Stichwort Franchising - sie gibt nur noch den Namen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • "Die gängigen Klischees und Stilmittel werden alle eingefangen, mit der Sprache im Dialekt gewürzt und zu einer guten, routinierten Geschichte zusammengesetzt serviert.
    Viele Überraschungen gibt es nicht, da die Wendungen alles andere als unerwartet kommen, die Figuren verhalten sich ebenfalls entsprechend den zu erwartenden typischen Heimatromanschemata..
    Das mindert etwas den Spaß am Buch, der ansonsten besser geschrieben ist, als man in diesem Genre erwartet.
    ******Der nächste Roman der Autorin, Die Berghebamme hatte mir besser gefallen und vorerst reicht es mir auch mit Heimatromanen.******


    Immerhin gibt es aber ausreichend Intrigen, Lieb- und Feindschaften bei Personal und Gästen sowie teilweise urige Charaktere.
    Da ist der Feriengast Reszak, der den Hotelaufenthalt in einem Preisausschreiben gewann, seine Ferienbekanntschaft Sandra Birkhuhn, der intrigante und aalglatte, schmierige Oberkellner Branko mit seinen vielen Liebschaften und die verfeindeten Hotelbesitzer vom Hotel „Erzherzog Josef“ und dem Hotel „Edelweiß“.
    ******(Eigentlich müsste der Roman „Erzherzog Josef“ heißen, da es eine größere Rolle spielt als das Hotel Edelweiß.)******
    Nicht zu vergessen, das zentrale (etwas zu brave) Liebespaar, der adlige, aber verarmte Engländer George und die hübsche Hotelbesitzertochter Andrea


    Hotel Edelweiß ist sehr geeignet, wenn man einen atmosphärischen und leicht lesbaren Roman mit einer (oder mehreren) Liebesgeschichten mit garantierten Happy End lesen möchte, mit guter Laune und Humor. (herr palomar)





    ich hatte kürzlich die gelegenheit, dieses buch zu lesen und kann mich dir vollinhaltlich anschließen, besonders, was die eingesternten stellen betrifft.
    saubere arbeit, harmlose unterhaltung, einfach mal zum durchatmen zwischen den üblichen thrillern und problembeladenen historienschmökern.
    :wave

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)