Die Goldschmiedin – Sina Beerwald

  • Ach, ihr Lieben, *seufz*


    Die Nachricht vom Sender lautet, dass ich den Beitrag nicht auf meine Homepage stellen darf :cry Ich hätte euch den Beitrag soooo gerne gezeigt.


    Aber wenn ihr wollt, such ich nochmal eines von den Fotos heraus, die mein Mann während der Dreharbeiten gemacht hat, wo ich am Goldschmiedetisch zu sehen bin. Wäre das als Trostpflaster auch okay?


    Und ich sag euch Bescheid, sobald irgendwo noch irgendetwas über die Goldschmiedin kommt. :knuddel1


    Liebe Grüße von
    Sina

  • So schade!


    Den Sender verstehe ich nicht ganz, aber so ist's halt.


    Bitte zeig uns noch ein Photo!


    Und vielleicht findet sich ja noch jemand, der die Sendung aufgenommen hat und sie kopieren wuerde?


    Alles Liebe von Charlie

  • Hier wie versprochen noch eines der Fotos von den Dreharbeiten.


    :gruebel Ich weiß ja nicht, ob euch das interessiert, aber ich schreib mal noch ein bisschen etwas über meinen Schauplatz und das Goldschmiedehandwerk dazu.


    Den Hauptschauplatz meines Romas kann man noch heute in der Pfladergasse in Augsburg besichtigen. Das Gebäude der Alten Silberschmiede stammt aus dem 16. Jahrhundert und seitdem lebten und arbeiteten dort in nahezu ununterbrochener Folge Generationen von Gold- und Silberschmieden.


    Die Inhaber, Familie Bartel, stellten mir während meiner Recherchezeit eigens einen ihrer Goldschmiedemeister für meine Fragen zur Verfügung. :anbet Er hat mir gezeigt, wie man lötet, feilt und poliert und ich durfte auch selbst an der Werkbank sitzen.


    Das Goldschmiedehandwerk hat sich in seiner Technik über die Jahrhunderte wenig verändert. Man sitzt auf einem sehr niedrigen Hocker, das Werkbrett befindet sich auf Brusthöhe. Jeder Tisch besitzt eine Ausbuchtung, an der der Feilnagel befestigt ist. Das ist ein keilförmiger Holzklotz, an den die Gold- und Silberschmiede ihr Werkstück zum Beispiel beim Feilen anlegen (vorne im Bild zu sehen).


    Der Feilnagel bekommt mit der Zeit durch die Handhaltung des Goldschmieds seine eigene Form und wird zu einem Werkzeugunikat, einem anderen Meister würde die Arbeit an diesem Feilnagel schwerfallen. Deshalb besitzt jeder Goldschmied einen eigenen Arbeitsplatz, an dem er sozusagen seinen Fingerabdruck hinterlässt. :-]


    Liebe Grüße von
    Sina :wave

  • Danke liebe Sina für das Trostpflaster :knuddel1


    das ist alles sehr aufschlußreich. Hast Du wirklich selber löten dürfen? *staun*
    Das Foto sieht sehr gelungen aus und im Hintergrund sieht auch alles so schön aufgeräumt aus :wow


    Freue mich schon auf den Roman und auf die gemeinsame LR im März


    A guats Nächtle wünscht Dir


    bonomania :wave

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    :kuh:lesend

  • Ich finde das hochinteressant.
    Vom Handwerk lese ich besonders gern, und dass Dein Roman an Ort und Stelle recherchiert, beobachtet, erfuehlt, gerochen ist, macht ihn mir umso reizvoller.


    Herzliche Gruesse von Charlie

  • Charlie  
    Ja, das war ein unglaubliches Glück, vor allem, weil sich die Inhaber der Alten Silberschmiede und ihre Mitarbeiter meinem Projekt gegenüber unglaublich aufgeschlossen gezeigt haben und mich kurzerhand als Goldschmiedsmagd adoptierten.


    Und Augsburg ist als Schauplatz einfach wunderschön. Noch heute fühlt man sich, als würde man durch ein historisches Gemälde spazieren. Ich bin mit einem Stadtplan aus der Zeit (auch das war im Film zu sehen) durch die Stadt gegangen und habe mir angeschaut, wie die Straßen heute verlaufen und es hat sich kaum etwas verändert. Na ja, nur die Leute haben mich etwas schräg angeschaut, als sie mich mit dem 250 Jahre alten Stadtplan durch die Gassen irren sahen :lache


    In Augsburg gab es um 1742 ungefähr 30 000 Einwohner und darunter waren - festhalten - nachgewiesenermaßen 250 Gold- und Silberschmiede. Nette Konkurrenzdichte, würde ich sagen :grin München hatte zu dieser Zeit auch nur rund 30 000 Einwohner, aber auch nur rund 30 Goldschmiedemeister.


    bonomania
    Ja, ich habe auch selbst löten dürfen. Wobei sich gerade da die Technik verändert hat. Heute wird mit der Gasflamme gearbeitet. Als Unterlage wird Lötholzkohle verwendet, das ist ein präpariertes Stück Holzkohle in kleiner Quaderform. Das Präparieren ist notwendig, damit die Holzkohle beim Löten möglichst wenig abbrennt. Andernfalls würde sie nachglimmen und die Feuerwehr dürfte ausrücken ...


    Ich habe mir auch selbst einen Steinanhänger für eine Kette gemacht. Wie schwer das passgenaue Einfassen eines Steins ist, konnte ich dann gleich in meinem Roman verarbeiten. :grin Wobei mein Meister sehr nett und geduldig war, im Gegensatz zu meinem cholerischen Meister Drentwett, der seine Magd Juliane auch mal gerne Blümlein nennt.


    Dieser Meister Drentwett hat übrigens tatsächlich gelebt (1686-1754) und 1742 den Auftrag bekommen, binnen kürzester Frist die Hauskrone für die Krönung Karls VII. zu erschaffen. Als ich diesen einen Satz in einem 700 Seiten starken Katalogband (man könnte diesen Wälzer getrost auch als Totschläger bezeichnen) gelesen habe, war es um mich geschehen und ich musste diesen Roman schreiben. Denn je mehr ich recherchierte, desto mehr förderte ich historisch ungeklärte Fragen und spannende Begebenheiten ans Tageslicht. Aber da kann ich jetzt nicht zu viel verraten. :-]


    Jedenfalls ist die Krone heute als Karkasse (dh. der Steinschmuck fehlt) in der Schatzkammer der Residenz zu München zu besichtigen. Lange glaubte man, die Krone Ludwigs des Bayern vor sich zu haben. Erst 1879 identifizierte ein Forscher die Krone als die Karls VII. und somit konnte diese dem Goldschmiedemeister Drentwett zugeordnet werden. Im Roman gibt er uns eine Erklärung dafür ... :-]


    Kaiser Karl VII. ist mir richtig ans Herz gewachsen. Sein Tagebuch ist bis in unsere Zeit erhalten (somit konnte ich auch glücklicherweise ein paar Sätze aus seinem Tagebuch wortgetreu in den Roman eingeflechten) und ich habe mit diesem sehr menschlichen Herrscher mitgefiebert und gelitten.


    Ach, ich könnte euch noch ewig erzählen ... aber ihr wollt vielleicht lieber noch ein Bild sehen? Oder habe ich euch schon erschlagen? Ihr dürft's mir ehrlich sagen. Sorry für den vielen Text ...


    Liebe Grüße
    Sina :wave



    Schreibfehler korrigiert

  • Hallo Sina,


    vielen Dank für die ausführliche Info und das schöne Bild. Ich bin ganz begeistert wie du das alles erzählst und die Werkstatt fasziniert mich auch total.:anbet Mal sehen, ob ich es vor Weihnachten noch in die Buchhandlung schaffe. :-]

  • Oh, das freut mich :freude


    Also gut, ihr habt es so gewollt :grin


    Zuerst noch eine Ergänzung zu dem Werkstattbild weiter oben:


    Auf der linken Seite seht ihr so ein zapfenähnliches Gebilde.
    Das ist der Pyr. Genaugenommen eine Zirbelnuss, die das Zeichen der römischen Legion war, aus deren Lager die Stadt Augsburg ihren Anfang nahm. Darum findet man auch den Pyr im Augsburger Stadtwappen wieder.
    Und was hat das alles mit Goldschmieden zu tun?


    Die Konkurrenzsituation unter den Meistern habe ich ja schon angesprochen. Von diesem Gedanken ausgehend muss man wissen, dass Gold und Silber mit Fremdmetallen legiert werden müssen, ehe man diese verarbeiten kann. Also, mit einem Goldring aus reinem Gold würdet ihr euch gar keinen Gefallen tun, weil das Schmuckstück so weich wäre, das es sich ständig verformen würde.


    Das Verhältnis zwischen Edelmetall und Fremdmetall wurde früher in Lot für Silber und Karat für Gold angegeben. Seit 1888 ( :wow ich weiß die Zahl sogar noch auswendig :grin) gibt es das Stempelgesetz in Deutschland. Das ist die uns bekannte Prägung auf einem Schmuckstück. Wenn ihr also einen Ring aus 585 Gold tragt, dann heißt das, der Ring enthält 58,5% Gold und 41,5% sonstige Legierungsbestandteile.


    Es gab eine Kontrollstelle, die über die Einhaltung der Feingehalte wachte: Das Beschauamt. Ein katholischer und ein evangelischer Goldschmied wurden vom Rat auf vier Jahre vereidigt, die Kunstwerke zu prüfen, ehe sie in den Verkauf gingen. Klar, die Goldschmiede versuchten gerne mal zu betrügen, indem sie mit einem höheren Fremdmetallgehalt legierten als erlaubt, um ihre Gewinnspanne zu erhöhen. Damals gab es ein geflügeltes Wort: "Das geht auf keine Nadel", wenn man sein höchstes Erstaunen zu einer Sache ausdrücken wollte. Was es mit dieser Nadelprobe auf sich hat, kommt natürlich auch in meinem Roman vor.


    War das Schmuckstück sog. geringlötig, wurde das Kunstwerk an Ort und Stelle zerschlagen und eingeschmolzen und der betrügerisch arbeitende Meister dem Rat angezeigt. Drei solcher Aktionen und der Meister war seine Handwerksgerechtigkeit los, dh. er durfte seinen Beruf nicht mehr ausüben :wow


    War alles in Ordnung, bekam das Stück das Meisterzeichen aufgeschlagen. Das war eine kleine Prägung, meist aus dem Initialen des Meisters bestehend. Dadurch kann man heute die alten Stücke den Meistern meist recht gut zuordnen. Und auf dem Beschauamt wurde dann noch das Stadtbeschauzeichen (eben jener Pyr) aufgeschlagen und das Werk durfte in den Verkauf gehen. Seit 1735 wurde noch eine Jahreszahl hinzugefügt und somit können wir die Kunstwerke heute recht genau datieren.


    Wer sich eben über den katholischen und den evangelischen Geschaumeister gewundert hat: Stichwort Augsburger Religionsfrieden 1555. Seither wurde peinlich genau auf die Einhaltung der Parität in der Stadt geachtet. Das heißt, das gleichberechtigte Nebeneinander von Katholiken und Protestanten. Eine Stadt wie im Spiegel. Ständig hatte man das Gefühl, doppelt zu sehen. Auf dem einen Auge katholisch, auf dem anderen evangelisch. Alle Ämter, vom Stadtpfleger bis zum obersten Richter, waren doppelt besetzt. Mit zum Teil ernsten und sehr nachdenklich machenden Auswirkungen, die ich auch in der Goldschmiedin thematisiere, aber auch mit lustigen Auswüchsen: Wurde ein Toter gefunden, dessen Konfession nicht auszumachen war, glich das sich anschließende Prozedere einer Kriegsmanöverberatung. Nicht auszudenken, wenn der falsche Mann vom falschen Pfarrer auf dem falschen Friedhof begesetzt worden wäre :grin


    So, jetzt aber noch zwei Bilder von der Alten Silberschmiede, dem Schauplatz meines Romans. Das Haus ist seit dem 16. Jahrhundert in seiner Bauform erhalten und seither lebten und arbeiteten dort in nahezu ununterbrochener Folge Generationen von Gold- und Silberschmieden. Besucht man heute die Alte Silberschmiede, trifft man auf unzählige kleine Verkäufsräumchen und man muss besonders auf die niedrige Deckenhöhe achtgeben :grin Eine kleine Skizze des Hauses findet ihr auch auf dem Titelblatt der Goldschmiedin.


    Jetzt habt ihr aber genug, nehme ich an? :wow
    Aber ich lass mich natürlich gern vom Gegenteil überzeugen. Aber so viel Text stelle ich nicht mehr ein, versprochen :grin Und - mein Roman hat nur 464 Seiten, mit Nachwort :chen


    Liebe Grüße
    Sina :wave

  • Vielen Dank Sina :knuddel1


    das sind ja ganz tolle und interessante Informationen und ich könnte stundenlang weiterlesen. :grin Das Bild, besser gesagt das Haus, ist ja richtig niedlich und macht schon irgendwie einen heimeligen und gemütlichen Eindruck. Es gefällt mir ausnehmend gut. :-]

  • Hier noch ein Bild, das mich mit einem alten Werkzeug in der Hand zeigt.
    Das ist ein Dreul (oder auch Dreuel) geschrieben, den man zum Bohren kleiner Löcher, z.B. auch für Perlen, verwendet hat.
    Auch meine Goldschmiedsmagd Juliane benutzt bei der Erschaffung der Hauskrone für Kaiser Karl VII. so einen Dreul.


    Das ist gar nicht so einfach: Zuerst muss man den Holzbalken nach oben schieben und dabei das Seil (es gibt auch welche mit Lederriemen) um die Stange wickeln. Jetzt setzt man den Dreul an die gewünschte Bohrstelle an, drückt den Balken mit viel Fingerspitzengefühl nach unten und indem sich das Seil abwickelt, setzt sich die Welle (hoffentlich :grin) in Bewegung. Jetzt gilt es, den Dreul schön senkrecht zu halten - bei jedem kleinen Wackler rutscht er nämlich ab - und ihn vor allem mit gleichmäßigen Auf- und Abwärtsbewegungen in Schwung zu halten. Ach ja, und das Atmen sollte man nicht vergessen. Bei dieser Tätigkeit habe ich gelernt, wie lange ich die Luft anhalten kann. :lache

  • Ich habe dieses Buch am Wochenende mit einer Schlafunterbrechung an einem Stück durchgelesen. Ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen. Es ist sehr spannend, gefühlvoll und sehr atmosphärisch geschrieben. Ich kann Nicoles Rezension voll und ganz unterschreiben und habe nichts an diesem Buch auszusetzen außer, dass es viel zu schnell zu ende war und ich gerne noch länger daran gelesen hätte. Ich freue mich schon sehr auf ein weiteres Buch und hoffe, dass Sina wieder so wunderbare Charaktere erschafft.

  • Zitat

    Original von Taneschka
    Ich habe dieses Buch am Wochenende mit einer Schlafunterbrechung an einem Stück durchgelesen.


    Na, das sind ja tolle Aussichten :yikes :schlaeger
    Sinaaaa????? Hast Du was dazu zu sagen? lol [SIZE=7]schell duck und weg[/SIZE] :angel

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    :kuh:lesend

  • Vielen lieben Dank, Sina, für die Fotos und Infos! :knuddel1
    Wenn Dir Lob den Schlaf raubt, solltest du vor der Leserunde kleine Schlaf-Woche einlegen... :schnellweg

  • Zitat

    Wenn Dir Lob den Schlaf raubt, solltest du vor der Leserunde kleine Schlaf-Woche einlegen..


    :yikes Was habt ihr mit mir vor? Ich hab doch nur ein Büchlein über meine Goldschmiedsmagd Juliane geschrieben :help Und vorschlafen kann ich nicht - wie soll sonst die nächste Geschichte fertig werden? Aber *flüster* soll ich euch ganz ehrlich was sagen? Wenn die Goldschmiedin tatsächlich in der Leserunde gelobt werden sollte, dann habe ich noch nie so gerne unter akutem Schlafmangel gelitten :-]


    Ich bin so gespannt auf eure Reaktionen, ihr macht mich ganz kribbelig ...