"Kafka am Strand" von Haruki Murakami

  • BIN ENDLICH FERTIG *aufatme*


    Man, das Buch hat mich jetzt dann doch richtig festgenagelt... :]


    Erst mal hier:


    Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele? Haruki Murakami formuliert es etwas anders, ist aber in Kafka am Strand wieder den großen Fragen nach Identität, Wahrnehmung und Wirklichkeit auf der Spur. Er knüpft dabei erklärtermaßen an seinen ersten Erfolg, Hard-boiled Wonderland, an, inhaltlich wie formal: Zwei Geschichten werden parallel erzählt, ohne dass zunächst klar würde, was die handelnden Personen miteinander verbindet. Da ist zum einen Kafka, der an seinem 15. Geburtstag ausreißt und vor einer düsteren Prophezeiung seines Vaters auf die Insel Shikoku flüchtet. Er schließt Freundschaft mit dem Bibliothekar Oshima -- für manche Überraschung gut -- und verliebt sich in die wesentlich ältere Saeki.
    Im Mittelpunkt des anderen Erzählstrangs steht Nakata, der Katzenflüsterer, dessen Geistesschwäche auf einen mysteriösen Vorfall im Jahre 1944 zurück geht. Jetzt glaubt er in einen Mordfall verwickelt zu sein und verlässt Tokio. Unterwegs -- gerade hat es Blutegel geregnet -- trifft er den Fernfahrer Hoshino, auch ihr Weg führt schließlich in Oshimas Bibliothek. Diese dient als eine Art Scharnier zwischen den Welten, zwischen Leben und Tod, Vergangenheit und Gegenwart, Realität und Fantasie. Ihre Bücher sind für Kafka "lebendiger und fesselnder als die Menschen, die vor dem Bahnhof herumwimmeln". Er verliert sich allmählich in diesem "Zerrspiegel der Zeit", in erotischen Tagträumen -- sind es Träume? -- und Wahnvorstellungen: "Vielleicht habe ich meinen Vater durch meine Träume ermordet." Liebt er die 15-jährige Saeki oder die alte?


    Auch die Leser verlieren, nämlich irgendwann das Interesse an diesem hormongeplagten Halbstarken. Wie möglicherweise der Autor, der auf der anderen Seite einen ergreifend tragikomischen Helden präsentiert: "Nakata hat eigentlich keine Meinung. Er mag Aal", definiert dieser japanische Schwejk sich selbst -- inmitten philosophischer Seifenblasen ein erfreulich nüchternes Motto. Die besten Szenen mit ihm und Hoshino könnten von Beckett stammen -- zwei Landstreicher auf Sinnsuche.


    Ist das ein guter Roman? Und wenn ja, wie viele? "Mein Road-Movie-Roman" (Murakami), magischer Realismus, Seins-Fiktion? Nach einigen Durchhängern endet die "Probefahrt auf einer gigantischen Achterbahn" rasant. Murakami-Fans, die erst ab Seite 300 richtig warm werden, werden sich freuen. Murakami-Sympathisanten halten sich an Nakata oder auch Sätze wie diesen: "Erinnerungen sind das, was Ihren Körper von innen wärmt." --Patrick Fischer



    ****


    Wie gesagt, das Buch fesselt erst nach einigen Seiten..
    Und manchmal ist es richtig eklig! also Katzenfreaks, die zart besaitet sind, sollten das vielleicht nicht lesen - mir ging es bei einer Beschreibung richtig dreckig...


    Es ist einfach nur wunderbar!
    Man hat absolut keine Ahnung, was einem im nächsten Satz erwartet!


    Und die Wendungen sind kaum vorrauszusehen und absolut phantastisch..
    Hat eine gute Wendung und ein gutes Ende... wie man es sehen will.


    Absolut zum Weiterempfehlen und zum Selberlesen!


    ps: hab grad bei amazon gesehen, das Hörbuch gesehen: GOTT, das kostet ja 72,99 Euro... ist ja der Hammer.. :fetch
    Wer kann sich denn sowas leisten?

  • Mmh. Ich hab's - endlich - durch. Hier meine Meinung:


    Die Geschichte vom jungen Kafka, der aus Tokyo flieht, sich auf die Suche nach Mutter, Schwester und den Sinn des Lebens begibt, und des alten Mannes, dem in der Jugend etwas widerfahren ist, das ihm Erinnerung und Intelligenz nahm, aber die Fähigkeit gab, mit Katzen zu sprechen (und, zum Beispiel, Blutegel und Makrelen regnen zu lassen), dürfte bei all jenen, die sich an Coelhos Sinngebungsbüchern erfreuen, blanke Begeisterung hervorrufen. In diesem Buch ist nichts wie es ist, Traum, Phantasie und Realhandlung mischen sich, aber auch im konkreten Einzelfall ist der androgyne Bibliothekar eine Frau und die Frau in der Bibliothek eigentlich ein fünfzehnjähriges Mädchen. Auf über 600 Seiten ballert Murakami aus der Hüfte mit mythologischem, erkenntnispsychologischem und literarischem Schrotfeuer, und all das in einer erbärmlich einfachen, aufgesetzten und stinklangweiligen Sprache. Enorme Verblendung ist Voraussetzung für den Genuß dieses Buches, dem ich nach dem Lesen am liebsten jenes Schicksal hätte zukommen lassen, das den niedergeschriebenen Erinnerungen der 15/50-jährigen Saeki widerfährt. Ganz großer Mist, hunderttausendfach verkauft. Ein Abgesang. Murkami at his worst.

  • Zitat

    du lässt dich nicht leicht beeindrucken, was?


    :grin


    Murkami hat mich schwer beeindruckt, mit "Hard-boiled Wonderland und Das Ende der Welt", mit "Wilde Schafsjagd" und - ein bißchen - auch mit "Mister Aufziehvogel". Aber dieses Buch ... mir fehlen wirklich die Worte. So ein SCHEISS. Ich meine, das Problem ist nicht, zu verstehen, worauf Herr Autor möglicherweise hinauswollte. Die Frage stellt sich eigentlich überhaupt nicht. Vielleicht wußte es Murkami selbst nicht. Ich glaube, ein taz-Rezensent (kann aber auch die "Süddeutsche" gewesen sein) nannte es "Blendertum auf hohem Niveau", und dem kann ich mich nur anschließen. Darüberhinaus ist es stinkend langweilig und auch noch schlecht geschrieben/übersetzt. Gruselig.


  • Hallo,


    ich weiß wirklich nicht, ob wir das gleiche Buch gelesen haben. Ich meine, wer "Mister Aufziehvogel" gelesen hat, weiß eigentlich, was einem bei Murakami erwartet - die Welt ist nicht mehr erfahrbar, sie ist ein Labyrinth von Geschichten, wer sie verstehen will, läuft andauernd in die Irre oder darf sich mit einfachen Erklärungen betäuben (von denen es nur noch ein Schritt bis zu Big Brother ist). Andererseits sind es die Geschichten, die das Leben reizvoll machen, die Wirklichkeit gleitet hinüber in unsere ganz persönliche Interpretation von ihr und nirgendwo habe ich diese Erfahrung besser beschrieben gefunden als bei Murakami... Ich gebe zu, ich habe auch ein zweites Lesen gebraucht, um mich mit diesem Verfahren anzufreunden, aber andererseits, wenn wir es bis in die letzte Konsequenz durchdenken, knüpft Murakami an unsere geistigen Vorfahren, die Griechen, an - auch bei ihnen mündete die Realität fast immer im unentschlüsselbaren Willen einer Gottheit.
    habedurst

  • Bin immer noch dabei, es zu lesen. Hab nach 300 Seitern erst mal eine Zeit lang aufgehört und vor ein paar Tagen dann weitergelesen. Jetzt finde ich das Buch wieder richtig gut und bin fest entschlossen, es zuende zu lesen. Ich mag die Wendungen, die einen zum Grübeln bringen :gruebel und ich mag die Wortwahl - träumerisch und sehr flüssig zu lesen.


    Da es mein erster Murakami ist, kann ich keine Vergleiche ziehen, aber für jemanden, der kein extremer Realist ist und der gerne träumt ist es ein schönes Buch mit vielen Überraschungen. Bin sehr gespannt auf das Ende :-)


    Gruß


    TS

  • Ich habe das Buch jetzt auch gelesen und muss sagen, dass ich es sprachlich und stilistisch echt großartig fand. Aber inhaltlich war es eine kleine Katastrophe. Für die Ideen bekommt Murakami 10 Punkte von mir, aber die Umsetzung von tausend Gedanken in einem 600 Seiten Buch gelingt ihm leider nicht. Es passiert so viel, was nicht aufgeklärt wird, dass ich nun - nach Beendigung des Buches - einen ganzen Fragenkatalog zusammenstellen könnte. Das finde ich echt schade, hier wäre weniger echt mehr gewesen. Ich würde "Kafka am Strand" trotzdem weiterempfehlen, weil es spannend ist, einige unerwartete Wendungen hat und die Sprache einfach schön ist. Der Leser muss sich halt nur damit abfinden, dass er am Ende ein bisschen im Dunkel gelassen wird und evtl. seiner eigenen Fantasie freien Lauf lassen muss.

  • Hallo,


    ich lese das Buch gerade und bin in etwa bei der Hälfte angelangt. Ich finde es recht unterhaltsam. Es ist das, was ich von einem Buch von Murakami erwarte. Ich habe vorher schon andere Bücher von ihm gelesen (u.a. Wilde Schafsjagd, Tanz mit dem Schafsmann, Hard Boiled Wonderland, Naokos Lächeln, Mister Aufziehvogel). Einige Erzählelemente, welche in diesen Büchern verwendet wurden, meine ich in abgewandelter Form wieder zu erkennen:
    -Der Schatten (Hard Boiled Wonderland)
    -Die einsam gelegene Hütte, dort so etwas wie die Durchführung von Reinigungsritualen (Wilde Schafsjagd)
    -Makrelen (hieß der Kater in Wilde Schafsjagd, nicht so)
    -Katzen (kommen fast in jedem Buch vor)
    und sicher noch viele mehr...
    Lesern/innen, welche noch nie ein Buch von Murakami gelesen haben, empfehle zunächst die Vorgängerbücher zu lesen - meine Favoriten sind "Wilde Schafsjagd" und "Naokos Lächeln" -. Bei der Lektüre von Kafka am Strand werden sie sich dann daran (angenehm) erinnert fühlen. Das Buch liegt auf einer Linie mit den Vorgängerbüchern. Etwas wirklich total neues bringt dieses Buch für erfahrene Murakami Leser aber nicht. Da würde ich eher Afterdark empfehlen. Jedoch fand ich das nicht so toll, vielleicht wollte Murakami damit etwas neues versuchen.

  • Das Buch ist ein typischr Murakami, vielleicht reizt er seine "typischen" Erzählelemente aber ein ein klein wenig zu sehr aus. Das Ende ist noch offener und rätselhafter als in all seinen anderen Büchern, da wäre weniger mehr gewesen. Doch trozdem liebe ich dieses Buch, es ist einfach herrlich in diese surelaen Welten Murakamis einzutauchen! "Naokos Lächeln" z.B. fand ich nicht so gut und habe es nach der Hälfte abgebrochen, weil dieses typisch überzogene Surreale gefehlt hat. Alles in allem ist "Kafka am Strand" ein typisches Buch, wie man es von Mrakami nicht anders erwartet hätte. Am interessantesten fand ich jedoch die Verwendung des Namens "Kafka" und die damit wohl verbundenen Zusammenhänge (oder auch nicht??) zu dem deutschsprachigen, jüdischen Autor.

  • Das Buch hab ich zu Ostern bekommen, es liegt auf meinem Nachttisch, ich freu mich schon darauf damit anzufangen. die erste Seite klang jedenfalls schon sehr murakamimäßig, ich liebe die Art wie dieser Mann schreibt.

  • Immer wieder Sätze zum Niederschreiben. Immer wieder Bilder, die mich daran erinnern, wie dieser Mann schreiben kann und warum er mich mal so begeistert hat. Aber irgendwie komm ich wieder nicht rein in diese Geschichte. Jetzt werde ich wohl endgültig aufgeben. Schade.

  • Zitat

    Original von B.Linzel
    Immer wieder Sätze zum Niederschreiben. Immer wieder Bilder, die mich daran erinnern, wie dieser Mann schreiben kann und warum er mich mal so begeistert hat. Aber irgendwie komm ich wieder nicht rein in diese Geschichte. Jetzt werde ich wohl endgültig aufgeben. Schade.


    @B. Linzel
    Wirklich schade. :-(Aber ich kann mir schon sehr gut vorstellen,
    dass es bei Murakami passieren kann. Sein Stil ist sehr spezifisch.
    Bei mir sind es jetzt auch schon einige Jahre her, dass ich Murakami gelesen habe, damals hat er mich fasziniert.
    Wenn ich aber jetzt von ihm was anfangen würde, könnte es mir genau so gehen. Ich kann es mir bei seiner Art sehr gut vorstellen, dass ich nicht immer Zugang zu seinen Romanen hätte. :-)

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Bin trotzdem nicht so richtig glücklich mit meiner Entscheidung und werde es wohl irgend wann noch mal versuchen. Das ist wie bei Irving: "Gottes Werk und Teufels Beitrag" ist eines der ganz guten; aber das wurde mir erst beim dritten Anlauf bewusst. Seufz.

  • "Kafka am Strand" war mein erster Murakami, den ich gelesen habe. Seitdem habe ich auch seine beiden Kurzgeschichtenbände, die bei uns rausgekommen sind und "Tanz mit dem Schafsmann" gelesen. Und ich hab noch "Mister Aufziehvogel", "Naokos Lächeln" und "Hardboiled Wonderland und das Ende der Welt" hier rumliegen, um sie so bald wie möglich zu lesen.


    Murakami fasziniert mich einfach. So etwas habe ich noch nie gelesen. Ich will nicht behaupten, dass ich alles verstehe, aber seine Bücher sind für mich immer wieder etwas besonderes. Ich mag seine Ausdrucksweise und die Geschehnisse in seinen Büchern fesseln und faszinieren mich einfach...


    "Kafka am Strand" hat mich sehr beeindruckt - besonders, was die Charaktere anbelangt. Und auch von den anderen Büchern von Murakami, die ich bereits gelesen habe bin ich nicht enttäuscht worden. Ganz besonders empfehlenswert sind meiner Meinung nach auch die Kurzgeschichten. Die sind wirklich nicht zu verachten, auch wenn einen die ein oder andere grübelnd zurücklassen...

  • Zitat

    Original von Thuy Anh
    Das war ja 'mal ein Buch,was man nicht oft in die Hände bekommt. Märchenhaft.


    Seh ich auch so. ^^ Ich hab das Buch als ich es gelesen habe total genossen.