Dan Simmons: Terror

  • Ich habe heute Terror beendet und muß sagen: was für ein großes Meisterwerk!!


    Simmons beschreibt eindringlich den monumentalen Fehlschlag in der Geschichte der Arktisforschung und bedient sich dabei - wie immer - umfangreicher Materialien, die er bei seinen Recherchen erarbeitet hat, um eine möglichst anschauliche und realitätsnahe Schilderung des Lebens auf den Schiffen Terror und Erebus bieten zu können, die Mitte des 19. Jahrhunderts ins Eismeer fuhren, um die legendäre Nordwestpassage zu finden.


    Der großartige Autor schildert beeindruckend den verzweifelten Kampf gegen die allgegenwärtige Eiseskälte von Temperaturen bis zu - 60 Grad und die ständige Bedrohung durch Skorbut und die Vergiftung durch verdorbene Lebensmittelkonserven, aber auch durch Widrigkeiten, die von den Mannschaftsmitgliedern selbst stammen: katastrophale Fehlentscheidungen, aufkeimende Unzufriedenheit und Verzweiflung, die in Meuterei und Mord gipfeln - und all diesem fügt Simmons noch ein kleines phantastisches Element hinzu in Gestalt eines schier unbesiegbaren Monstrums aus dem Eis, das mit in unregelmäßigen Abständen seine Opfer holt.


    Simmons versteht es, auf sprachlich hohem Niveau die bedrohliche Lage der im Eis eingeschlossenen Seeleute so plastisch zu schildern, dass man als Leser selbst die unvorstellbare Eiseskälte und die nahezu unmenschlichen Leiden der Verschollenen quasi körperlich spürt.


    In dem fiktiven Schluss des Romans schwenkt Simmons gekonnt in den Lebensraum der arktischen Ureinwohner und der Leser erhält einzigartige Einblicke in das spirituelle Leben dieser Kultur. Dieser Wechsel der Perspektiven ist wohltuend und wärmend in diesem vor Kälte und Wahnsinn klirrenden Roman. Nach dem dramatischen Scheitern der Expedition und dem drohenden Tod in der Eiswüste, erhält der Leser Einblick in das fremde, naturnahe und archaische Leben der Inuit und erfährt vollkommen neue Möglichkeiten, mit den Lebensedingungen in der Arktis umzugehen. Diese Wendung der Geschichte ist ein genialer Kunstgriff, der dem Leser die Möglichkeit offeriert, das Geschehen noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten und endlich durchzuatmen. Diese letzten Seiten werden mit viel Einfühlungsvermögen fast gänzlich in der Inuit-Sprache geschildert und stellen eine Hommage an diese einzigartige Kultur dar.
    Insofern kann ich es nicht verstehen, dass vielen Lesern das Ende des Romans nicht gefallen hat.


    Für mich handelt es sich eindeutig um ein historisches Werk. Die fantastischen Elemente sind nur hintergründig vorhanden und werden gegen Ende spirituell beleuchtet, so dass sie den fantastischen Hintergrund einbüßen. Klassische Horrorelemente konnte ich nicht ausmachen, obwohl einem das Szenario in der Eishölle zunehmend als der blanke Horror erscheint.



    Ein großes Epos, das nachhaltig beeindruckt. Von mir gibt es ganz klar 10 Punkte.


    Edit: Schreifehler

    Liebe Grüße


    ricki :wave


    - Das verlorene Smybol - Dan Brown

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  • Zitat

    Original von ricki
    Insofern kann ich es nicht verstehen, dass vielen Lesern das Ende des Romans nicht gefallen hat.


    Ich empfinde das Ende schlicht und ergreifend als zu künstlich und dadurch wirkt es auf mich einfach zu durch komponiert. Ich hätte die letzten 100 Seiten nicht gebraucht und schon gar nicht ein so übertriebenes Ende - das empfand ich als überflüssig.
    Dennoch habe ich ja nicht bestritten, dass Simmons ein großer Roman gelungen ist. ;-)

  • Zitat

    Original von buzzaldrin


    Ich empfinde das Ende schlicht und ergreifend als zu künstlich und dadurch wirkt es auf mich einfach zu durch komponiert. Ich hätte die letzten 100 Seiten nicht gebraucht und schon gar nicht ein so übertriebenes Ende - das empfand ich als überflüssig.
    Dennoch habe ich ja nicht bestritten, dass Simmons ein großer Roman gelungen ist. ;-)


    Hey buzz,


    schade ,dass Dir das Ende nicht so gut gefallen hat. So behält das Buch doch leider immer einen negativen Beigeschmack.
    Ich habe das Ende nicht so empfunden wie Du. Zwar war ich über die Wendung auch etwas überrascht und mußte die letzten Kapitel recht langsam lesen, aber ich denke der Autor wollte hier den krassen Gegensatz zu diesem einzigartigen, stark spirituell und naturverbunden Volk, das an Naturgeister glaubt, herausarbeiten. Die Inuit sehen die Welt als eine große Gemeinschaft von beseelten Dingen. Sie selbst sind Teil dieser Gemeinschaft in der alle, egal ob Mensch oder Tier, gleich viel wert sind. Alle Seelen sind miteinander verwandt, sind sich ähnlich.


    Bedenke nur, dass die Inuit vor, während und nach der Jagd besondere Tabus und Riten einhalten müssen, um nicht die Tierseelen zu beleidigen. Wie krass ist der Gegensatz zu den westlichen zivilisierten "Jägern", die zum Schluß ihre eigenen Kameraden einfach hinmorden.
    Also auch wenn das Ende etwas mühsam zu lesen und schwer zu verstehen ist, finde ich diese Wendung ziemlich genial und läßt mich als "westlichen" Leser mal wieder nachdenklich und etwas beschämt zurück.


    :knuddel1

    Liebe Grüße


    ricki :wave


    - Das verlorene Smybol - Dan Brown

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  • Das Buch liegt schon einige Zeit auf meinem SUB.
    Durch Eure Beiträge bin ich nun doch sehr neugierig darauf geworden, und ich werde es etwas weiter nach oben reihen.
    Mir hat der Name des Autors gar nichts gesagt. Jetzt bin ich sehr froh, dass es sich dabei nicht um SF handelt.
    Bei manchen Klappentexten denkt man nach dem Lesen des Buches wirklich, derjenige, der das verfaßt hat, redet da von einer anderen Lektüre.
    buzzaldrin
    Auf das Ende bin ich schon gespannt.
    Mir geht es bei vielen Büchern so, dass es mir nicht gefällt, weil ich es einfach zu konstruiert und an den Haaren herbeigezogen finde.

  • Der unsägliche Titel des Buches hat mich viel zu lange davon abgehalten, mir die Rezension auf der Büchereule durchzulesen und so wäre mir beinahe dieser Leckerbissen entgangen. Denn ich liebe Bücher über Polarexpeditionen jedweder Coleur.


    Über den wahren Verbleib der Franklin-Expedition ist so gut wie nichts bekannt. Simmons hat nun versucht möglichst plausibel diese Lücke zwischen den historisch belegten Eckpunkten zu schließen.
    Das ist ihm m.E. auch wirklich gut gelungen. Der Perspektivenwechsel zwischen den verschiedenen Mannschaftsmitgliedern, die nautischen und medizinischen Fachausdrücke, die altertümlichen Tagebucheinträge von Dr. Goodsir sowie der über fast 1000 Seiten lang anhaltende Spannungsbogen gaben mir wirklich das Gefühl ein Mitglied der Franklin-Expedition zu sein. Atmosphärisch ist dieses Buch wirklich mehr als gelungen.


    Die von Simmons geschilderte Handlungsweise von Franklin ist für mich vor dem Hintergrund der realen englischen Polarexpeditionen durchaus vorstellbar. M.E. ist die Hybris der Engländer selbst Schuld am Scheitern vieler solcher Unternehmungen. Diese Männer zogen völlig unzureichend vorbereitet los, dazu schlecht ausgerüstet, aber mit dem unerschütterlichen Willen Ruhm und Ehre fürs Vaterland zu erlangen.
    Viele Dinge, die heute selbstverständlich sind, waren für die Engländer dieser Zeit undenkbar z.B. sich ein Scheitern der Mission rechtzeitig einzugestehen und dementsprechend zu handeln. Das hätte ja als Feigheit ausgelegt werden können. Oder sich von den "unzivilisierten Wilden", die ja immerhin schon seit Jahrhunderten in dieser lebensfeindlichen Umgebung zurechtkommen, etwas abzuschauen.
    Die Engländer scheinen davon überzeugt gewesen zu sein, daß ihre Herangehensweise die einzig richtige ist und sich alle anderen, einschließlich der Natur, danach zu richten hätten. Wenn ich nur daran denke, daß Scott beabsichtigte mit Pferden (!) den Südpol zu erreichen...


    Das Ende des Buches fand ich vollkommen adäquat, nachvollziehbar und folgerichtig. Ich denke, es erscheint nur deshalb so unglaubwürdig und fantastisch, weil uns als rational denkende westliche Menschen die Gedankenwelt der Inuit so extrem fremd vorkommt und wir es uns nicht vorstellen können, daß neben der unseren evtl auch noch eine andere Realität existiert. Ich kann rickis Ausführungen dazu nur unterschreiben- ich hätte es selbst nicht besser ausdrücken können.


    Was mich im übrigen am meisten beschäftigt hat, war die Erkenntnis, daß das Deckmäntelchen der Zivilisation recht dünn ist.
    Als damals die ersten Berichte über möglichen Kannibalismus unter der Franklin-Expedition aufkamen, war die englische Gesellschaft mehr als schockiert. Der englische Arkitsforscher Dr. Rae brachte nach einer Forschungsreise sowohl Gegenstände mit die eindeutig der Franklin-Expedition zuzuordnen waren als auch die Aussagen einiger Inuit, daß überlebende Mannschaftsmitglieder der "Erebus" und "Terror" ihre toten Kameraden gegessen hätten. Für diese undenkbare Anschuldigung wurde er insbesondere von Lady Franklin scharf kritisiert. Mittlerweile konnte der Kannibalismus-Verdacht jedoch forensisch nachgewiesen werden.
    Wozu wäre ich unter diesen Umständen bereit? Wie lange würde ich an meinen moralischen Überzeugungen festhalten? Ich weiß es nicht...


    Für mich war "Terror" jedenfalls bereits jetzt ein Jahreshighlight, ich habe die Lektüre keine Sekunde bereut.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Ich lese es zur Zeit, bin jetzt etwa mittig und bin begeistert.
    Das war genau die richtige Lektüre für meine kleine "Entführung" an die stürmische Nordsee... herrlich wars... weiterlesen.


    Ganz klar, das Buch hat seine Längen und die sind zumindest zum Ende hin auch nicht so wirklich verzeihbar. Für meinen Geschmack hätte man diesen esoterisch schamanischen Kram weglassen oder zumindest um 100 Seiten kürzen können, hätte auch so dann jeder verstanden worum es dem Autor geht. Finde ich.
    Trotzdem ein absolut gutes, spannendes und fesselndes Buch. Ich habe mitgefroren, mit gezittert und habe ebenfalls Hunger gelitten, so gut sind die Schilderungen. Hier und da fühlte ich mich an den ja eher gegenwärtigen Roman Das Schiff von Stefan Mani erinnert, welches ich ja ebenfalls sehr sehr gut fand.
    Sprachlich und inhaltlich ist auch dieses Buch sicherlich nicht die Alltagskost und ganz bestimmt auch nicht die leichtverdauliche Strandlektüre, aber es ist unheimlich gut. Punkt abzug gab es wirklich nur für die Eskimosagenquatschszenen und die doch hier und da auftauchenden Längen, in denen man als Leser förmlich darum fleht, daß endlich was passiert, was die Manschaft weiter bringt.

  • Heute zu Ostern bekommen, angefangen... Und ich kann nur sagen: Ein ganz Großes Erlebnis! Da ich sowohl Horror als auch Historische Romane liebe ist diese Mischung unwiderstehlich.
    Simmons Sprache ist übrigens bei weitem nicht so trivial wie angenommen. Wortgewaltig ist er, um genau zu sein. :anbet

  • Der Schwärmerei für den Roman kann ich mich auch im Nachhinein nicht so ganz anschließen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich kein großer Anhänger von historischen Romanen bin und ich das Buch nur gekauft habe, weil ich Dan Simmons mag. Trotzdem ist die Geschichte meiner Meinung nach viel zu weitläufig erzählt. Es braucht oftmals nicht mehrere Blickwinkel auf eine Szene. Bei Croziers Liebesabenteuer, den Passagen über die Eskimo-Religionen oder der Liebesbeziehung zwischen einem älteren und einem jüngeren Matrosen hätten Andeutungen anstelle von seitenlangen Details genügt.


    Ebenfalls nicht prickelnd fand ich die zeitlichen Sprünge, die es in der ersten Hälfte des Buches zuhauf gibt. Vor allem wenn Simmons an einer spannenden Stelle aufhört und das nächste Kapitel etliche Tage oder Wochen danach spielt. (Zu Beginn sind es sogar mehrere Jahre, was einen beim Lesen anfangs etwas verwirrt).


    Mein größtes Problem mit "Terror" ist allerdings, dass es dort keine wirkliche Hauptperson gibt. Captain Crozier tritt zwar am häufigsten auf, dennoch sah ich ihn aufgrund der Vielzahl anderer Personen nicht als alleinigen Protagonisten.


    Keine Frage, das Buch liest sich recht gut, dennoch wäre eine (um zweihundert Seiten) kürzere Fassung nicht schlecht gewesen.

  • Der Titel dieses Buches ist unglücklich gewählt und ist wegen seines Namens auf meinem Radar als potentieller Lesestoff lange nicht aufgetaucht. Als ich im Internet etwas über arktische Expeditionen gesucht habe, bin ich dann zum Glück auf diesen Roman gestossen. Es geht um die legendäre Franklin Expedition der Jahre 1845-1848. Sir John Franklin bricht mit zwei Schiffen, der HMS Erebus und der HMS Terror, auf um eine Ost-West Passage von Europa nach Asien zu finden. Ein Seeweg durch die Arktis wäre kürzer als die bisher bekannten und würde erhebliche wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen. Natürlich wäre der damit verbundene Ruhm für die britische Navy nicht zu unterschätzen wenn nicht sogar der höher einzustufen.

    Zwei Schiffe und 129 Männer sind auf der langen Reise zum Polarmeer von der es schlussendlich keine Rückkehr geben wird… zwei Schiffe und 129 Seeleute die bis heute spurlos verschwunden sind, verschollen im ewigen Eis. Bloss drei Gräber mit Matrosen die unterwegs verstorben sind wurden gefunden. Es gibt keinerlei Aufzeichnungen, Log- oder Tagebücher. Was ist mit den Schiffen und den Seeleuten in der weissen Hölle der Arktis geschehen? Was für Dramen haben sich an Bord abgespielt? Bis heute behält die unendliche Eiswüste das Geheimnis um die wahre Geschichte dieser Expedition in sich verborgen. Ideale Voraussetzungen also um eine unheilvolle Geschichte zu spinnen die den Namen der beiden Schiffe gerecht wird: Erebus und Terror, der Gott der Finsternis und der Schrecken selbst!


    Der Roman ist umfangreich und lang, sehr lang, stolze 962 Seiten umfasst die Ausgabe in der Hardcover Version. Dazu kommen rund 30 Seiten Anhang mit Namensregister und Begriffserklärungen. Aber genauso muss es sein um die mehrheitlich düstere Atmosphäre dem Leser zu vermitteln. Wäre der Roman ein paar hundert Seiten kürzer ginge etliches an Flair und Ausstrahlung verloren. So wie es jetzt ist, sind die eintönigen Tagesabläufe der Männer auf den im Packeis eingefrorenen Schiffe richtiggehend fühlbar. Festgefroren bei Minus 50 Grad Celsius in der dunklen Eiswüste, bitterkalte Wintertage mit tobenden Stürmen und heftigen Gewittern, kurzum die Eishölle der Arktis!


    Als ob die klimatischen Bedingungen und das Wissen der Männer im Eis gefangen zu sein nicht schon genug apokalyptische Ausmasse hat, dichtet der Autor Dan Simmons ein Wesen hinzu, dass als der Teufel Höchstselbst oder als ein Gesandter der Hölle verstanden werden kann. Mindestens doppelt so gross wie der grösste Eisbär und teuflisch schlau. Es taucht aus dem Nichts auf und holte sich nach und nach seine Beute…


    Der Roman hat seine Längen, das ist glasklar und lässt sich nicht wegdiskutieren. Aber genau diese Längen wirken enorm atmosphärisch und die Schilderungen der Umstände lassen beim Leser Bilder im Kopf erscheinen die an Realität und Detailreichtum nichts zu wünschen übrig lassen. Ich fühlte jede Veränderung der Stimmungslage an Bord, Hoffnung, Verzweiflung, Hunger und Angst. Die Geschichte wird aus der Perspektive verschiedener Personen erzählt. Zwei der wichtigsten Personen sind der Kapitän der HMS Terror Francis Crozier und der Assistenzarzt Harry Goodsir der seine Gedanken in einem Tagebuch niederschreibt. Einzelne Ereignisse werden so doppelt erzählt oder angedeutet, was zu den gefühlten Längen beiträgt.


    Kritik muss ich an den letzten achzig Seiten des Romans äussern. Ich bin ja nicht der erste dem diese Seiten Mühe bereitet haben. Es ist ein Stilbruch zum vorhergehenden Buch und meiner Meinung nach überflüssig. Mehr darf und will ich an dieser Stelle nicht verraten.


    Fazit


    Ein starkes Buch das die wechselnden Stimmungen an Bord der Schiffe sehr atmosphärisch wiedergibt. Es ist leicht sich in die Männer an Bord reinzuversetzen und mit ihnen mitzufühlen und zu leiden. Der phantastische Aspekt mit dem dämonischen Wesen aus dem Eis finde ich gelungen. Ein Buch das Aufzeigt das der Mensch um zu überleben weit über seine Grenzen hinausgehen kann. Und damit meine ich nicht nur die körperlichen sondern auch und gerade die moralischen, wenn der Mensch hungert und nichts essbares mehr da ist werden die unendlich tiefen menschlichen Abgründe sichtbar, wird das Verlangen noch frischem Fleisch immer grösser...


    Ein Punkt Abzug für die Längen und ein Punkt Abzug für den Schluss, somit bewerte ich diesen Roman mit guten 8 Punkten.

  • Dan Simmons: Terror


    Im Frühsommer des Jahres 1845 brechen die Schiffe 'Erebus' und 'Terror' unter dem Kommando des verdienten Arktisforschers Sir John Franklin von Großbritannien auf, um die legendäre Nordwestpassage zu finden. Durch eine Fehlentscheidung des Kommandanten werden die beiden Schiffe im Packeis eingeschlossen und nach drei Jahren in der eisigen Leere des hohen Nordens beginnen die Kälte, der Skorbut und verdorbene Nahrung der Mannschaft das Leben schwer zu machen. Doch der wahre Terror beginnt, als die Expedition aus Versehen ein uraltes Grauen weckt, das in der Eiswüste lauert...


    Geschickt verwebt Dan Simmons in diesem Meisterwerk der Erzählkunst Fakten und Fiktion. Die gescheiterte Franklin-Expedition und der Verbleib der Mannschaft der beiden Schiffe war lange Zeit ein aktuelles Thema im viktorianischen England und auch zahlreichen Rettungsexpeditionen gelang es erst nach Jahren, erste Spuren der im Eis Verschollenen zu finden. Simmons' Geschichte setzt dort an, wo die Spuren in die Spekulation übergehen und macht aus dem Überlebenskampf der Franklin-Expedition einen packenden Abenteuerroman mit geschickt eingesetzten Horror-Elementen. Der Erzählstil ist eher gemächlich und in seiner Schonungslosigkeit, was blutige und unangenehme Details betrifft, der gnadenlosen Welt der eisigen Arktis angepasst, wodurch das schleichende Grauen der Eiswüste und der Polarnacht nur noch deutlicher hervortritt. Die einzelnen Kapitel sind aus der Sicht wechselnder Personen erzählt, was dem Leser tiefe Einblicke in die Gefühlswelt der im Eis eingeschlossenen Seeleute bietet und die Geschichte umso plastischer wirken lässt. Ebenfalls positiv heraus sticht die gründliche Recherche, die der Autor im Vorfeld durchgeführt hat. Die Detailverliebtheit, mit der der Alltag an Bord beschrieben wird, erinnert manchmal an den König des marinehistorischen Romans Patrick O'Brian.
    Für mich eindeutig eines der Lesehighlights des Jahres 2011, das ich unbeschränkt allen Freunden historischer Seefahrergeschichten und gepflegten Grusels empfehlen kann, die nicht alle zehn Seiten eine spektakuläre Actionszene brauchen.

  • Der Himmel weiß, wann ich dieses Buch lesen werde, obwohl es schon ewig auf meinem SUB liegt. Weihnachten würde sich anbieten für so einen schönen Schinken. Außerdem wäre ich wegen der unterschiedlichen Beiträge sehr neugierig drauf.
    "Drood" hat mir im großen und ganzen sehr gut gefallen, mal sehen, ob "Terror" da mithalten kann.

  • Ich hab noch 40 Seiten vor mir, teile eure Meinung auch. Leider konnte ich erahnen, was wann und wo passiert, da ich leider auf die Karte geschaut habe. Tut das nicht!


    9/10 Punkte :)

    Aktuell: Terror - Dan Simmons


    Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

  • Dan Simmons hat wie in Drood eine Mischung aus historischem Roman und Horrorgeschichte geschrieben. Die Geschichte der beiden Schiffe, die auf der Suche nach der Nordwestpassage im Eis verschollen sind und der Versuch einer Erklärung durch den Autor, was wirklich geschehen sein könnte...
    Beides vermischt sich auf eine Weise, die mich fasziniert hat. Über die unglückselige Franklin-Expedition wusste ich bisher nichts, ich habe mich aber inzwischen informiert und staune, welche Mühen sich der Autor mit dem Buch gemacht hat. Die Sekundärliteratur muss ihn Monate, wenn nicht Jahre beschäftigt haben.


    Wie zwei große Schiffe und mehr als 130 Männer ohne jede Spur verschwinden können, ist erstaunlich und geheimnisvoll. Und Dan Simmons baut auf den 962 Seiten eine Spannung auf, wie ich sie sonst nur aus den besten Thrillern und Krimis kenne. Allerdings kann er es auch hier nicht lassen, immer wieder ins Schwafeln zu verfallen und unnötig langatmige Erklärungen zu verfassen. Trotzdem überwog bei mir die Freude am Lesen. Die Charaktere haben mich begeistert, ebenso die schon erwähnte spannende Handlung. Die Sprache fand ich inspirierend und das Lektorat so gut wie ich es selten erleben darf. Und dass ich trotz Kuscheldecke nach den ersten 50 Seiten schon fror und die minus 50 Grad zu spüren glaubte, sagt ja auch einiges über Dan Simmons' Talent, Atmosphäre zu erzeugen.


    Zum Glück hat der Autor ein Glossar mit den seemännischen Fachausdrücken, ein Personenverzeichnis und eine Übersetzung der Passagen aus den Inuit-Sprachen angehängt. Was das Lesen und das Verständnis sehr erleichtert.


    Was mir allerdings wirklich ein Rätsel ist: wie konnte man diesen beiden Schiffe nur solche Namen geben? Man hört doch allgemein, dass Seeleute abergläubisch sind und etwas auf Vorzeichen geben. Aber wer geht freiwillig auf ein Schiff, das den Namen der Unterwelt bzw den des puren Schreckens hat?


    Der Roman hat mir trotz einiger Längen ausgezeichnet gefallen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde