Marina Lewycka - Caravan

  • OT: Two Caravans


    Klappentext
    Vom Traktor aufs Erdbeerfeld - der neue wunderbare Roman von Marina Lewycka! Die Abenteuer einer Truppe ausländischer Erdbeerpflücker in England. Sie kommen aus Polen, der Ukraine, Afrika und China, haben alle gänzlich verschiedene Lebenswege und sehr bestimmte Ansichten darüber, was im Leben wichtig ist. Irina ist eine Tochter aus gutem ukrainischem Hause, will ihr (hervorragendes) Englisch verbessern und die große Liebe mit einem romantischen Engländer finden. Andrij kommt aus einer ganz anderen Ukraine: Er ist der Sohn eines Bergarbeiters und will keinesfalls so enden wie sein Vater. Dann sind da die Polen: der Bob-Dylan-Fan Tomasz, dessen Turnschuhe bald zu einer Geißel für seine männlichen Kollegen und Mitbewohner werden, Jola, die erfahrene Pflückerin mit der üppigen Figur, und ihre religiöse Nichte Marta, die so erstaunlich gut kochen kann. Dazu zwei Chinesinnen und Emanuel, ein Teenager aus Malawi, der in England seine Schwester suchen will und mit großen Augen diese merkwürdige Welt bestaunt. Doch die ist voller Gefahren, in Gestalt von erpresserischen Arbeitgebern, regelwütigen Behörden und bewaffneten Gangstern. Als dann der ausbeuterische Erdbeerfarmer überfahren wird, ergreift die ganze Mannschaft in einem klapprigen Wohnwagen die Flucht. Was sie bei ihrer Fahrt durch England erleben, kann sich so nur Marina Lewycka (oder vielleicht das Leben) ausdenken


    Meine Meinung
    Ein neuer Roman der Autorin vom ukrainischen Traktor. Juhu! Ich war sehr gespannt.


    Man nehme ein buntes Sammelsurium an Leuten aus dem nahen ;-) (Ukraine, Polen) und dem fernen ;-) Osten (China, Malaysia) und auch aus Afrika, stecke sie nach Geschlechtern getrennt in zwei Wohnwagen und schicke sie mehr oder weniger illegal zur Erdbeerernte. Dann lasse man eine der Protagonistinnen ein Techtelmechtel mit dem Erdbeerbauern anfangen, worauf hin die Erdbeerbauernfrau austickt und ihren Erdbeerbauern über den Haufen fährt… daraufhin machen sich die Erdbeerpflücker aus Angst vor Ärger lieber mal mit einem der beiden Wohnwagen aus dem Staub und verlieren sich auf der Suche nach Jobs und Lebensglück auch immer wieder mal aus den Augen. Was sie dabei alles erleben, das beschreibt dieses Buch.


    Die Charaktere sind teils schräg, teils widerlich (Vulk! *kotz*) angelegt und prallen ganz wunderbar aufeinander. Das Buch hat etliche Momente, in denen ich wirklich geschmunzelt habe, z.B. die in einem herrlich ungelenken Englisch verfassten Briefe des Afrikaners Emanuel nach Hause. Teilweise sind auch Texte in Großdruck eingeschoben. Ich habe sie kopfschüttelnd gelesen und fand sie völlig gaga… bis ich rausfand, von wem die sind. Dann habe ich schallend gelacht.


    Allerdings bleibt einem das Lachen anhand einiger Vorkommnisse im Halse stecken


    Und so kann ich auch die Klappentexte NICHT verstehen! Da heißt es u.a. „Voller Komik und Charme!“, „Ein Triumph der Komik!“, „Dieses Buch singt vor Lebensfreude!“. Nein! Nein! Und nochmals Nein! Das kann ich überhaupt nicht unterschreiben und wer sich nach diesen Aussagen das Buch kauft, wird fürchterlich enttäuscht werden. Ich bin der Meinung, der Verlag schneidet sich hier ganz tief ins eigene Fleisch und das muß man auch mal so sagen.


    Das Buch ist überhaupt nicht komisch, im Gegenteil. Sicher sind skurrile Momente darin und Stellen, an denen man breit grinst. Aber alles in allem erzählt das Buch eine Geschichte von größtenteils illegalen Erntearbeitern, die fürchterlich übers Ohr gehauen werden, sich aber dennoch nicht unterkriegen lassen und ihren Weg gehen. Dies zwar durchaus manchmal humorig verpackt – aber eben nicht immer, einige Szenen fand ich doch recht drastisch und auch der Unterton des Buches erzählt zumindest mir eine weitaus ernstere Geschichte als der Buchumschlag einem suggerieren will. Das ist keine Kritik am Buch an sich – das habe ich wieder gerne gelesen. Aber es steckt ein ganz anderes Buch darin als der Umschlag verspricht. Wer das aber vor der Lektüre weiß, dem kann das Buch ebenso wie mir aber auch gut gefallen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Vielen Dank, Batty für diese schöne Rezension!
    Schlägt die Autorin hier denn auch Gesellschaftskritische Töne an?
    Oder ist es einfach die persönliche Situation der Charaktere, die dem Ganzen die
    Schenkelklopferkomik nehmen (falls Du verstehst was ich meine)


    interessierte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von Elbereth
    Schlägt die Autorin hier denn auch Gesellschaftskritische Töne an?
    Oder ist es einfach die persönliche Situation der Charaktere, die dem Ganzen die
    Schenkelklopferkomik nehmen (falls Du verstehst was ich meine)


    Schwierige Frage. Obwohl durchaus immer wieder mal humorig verpackt, schwingt zwischen den Zeilen schon Kritik daher. Und einige Sachen sind so drastisch geschrieben, daß trotz des immer vorhandenen "leichten" Tons durchkommt, was Sache ist.


    Ich kann jetzt nur hier nicht mehr ins Detail gehen, sonst verrate ich zuviel. Details aber gerne per PN oder EiSieKju, wenn Du magst. ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Gerne liebe Batty, mei Eiziekjuh ist aber grad vom Rechner geflogen, trotz
    EDV Supports aus dem Frankenländle :knuddel1
    Ich muß es erst neu inschtallierrren.


    PN Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Hm... ich sollte endlich mal das Traktorbuch lesen.... damit ich weiß, ob ich es gut find oder nicht.... :gruebel


    Mache es nicht, das Traktorbuch zu lesen ist pure Zeitverschwendung... :-(

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • @ Tjorvensmum


    Das ist DEINE Meinung. Andere können durchaus zu einer eigenen, eventuell anders ausfallenden Meinung kommen.


    Allerdings muß man dazu sagen: Der Schreibstil der Autorin ist mit Sicherheit nicht jedermanns Sache. Aber das erwarte ich auch gar nicht von einem Autor.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • hmmmm, ich bin ja mit dem ukrainischen Traktor nicht ganz so warm geworden, aber das hört sich trotzdem sehr gut an, ich gaube, ich gebe der Autorin noch eine Chance, wenn es im Original als günstiges TB erscheint!

  • Mit der Aussage, dass sich hinter dem Einband ein ganz anderes Buch versteckt , als man erwartet, muss ich Batcat Recht geben. Ich habe mir das Buch auf Grund einer Empfehlung im Fernsehen (Weiß nicht mehr welche Kultursendung) im Dezember bestellt und jetzt gelesen.
    Es wurde als urkomisch und witzig angepriesen. Ich muss sagen bei mir kamen in erster Linie die sozialkritischen Merkmale zum Vorschein. Nachdem ich von der Arbeit auf der Hühnerfarm gelesen hatte, wusste ich, dass ich lange zeti kein Huhn mehr essen würde, ohne an diese sehr deutlich und Ekel errregenden beschriebenen Szenen zu denken. Gleichzeitig zeigt es auf, wie man beim Ausüben der Arbeit abstumpft und verroht um überhaupt zu überleben. Ebenso eindringlich wird die moderne Sklavenhaltung in form von Leih- oder Saisonarbeitern, beschrieben.


    Die auf der Rückseite angeführten Pressezensierungen finde ich ziemlich unpassend. Die Sunday Times schreibt: "Dieses Buch singt vor Lebensfreude" , The Guardian: "Ein Triumph der Komik. Klug, witzig und genau beobachtet." Wenn man aus diesem Grund das Buch liest, wird man eher enttäuscht sein. Mir persönlich hat es inhaltlich und sprachlich sehr gut gefallen.

  • Komik war es sicherlich nicht... aber es war ein schönes Buch. Ich mag den Schreibstil von Marina Lewycka, und die Charaktere des Buches haben mir auch sehr gefallen :-) schon schön zu lesen, und in gewisser Weise singt es auch ein bisschen von Lebensfreude, die Charaktere haben sich ja ie wirklich unterkriegen lassen... Lebensfreude halt.


    Werd demnächst mal den Traktor lesen, mal sehen, was ich davon halte.

  • Sooo... jetzt hab ich mal den Traktor gelesen. Bin zum Glück nicht enttäuscht worden ;-)
    Das Buch ist klasse, ich hab's kaum weglegen können, selbst wenn ich die Geschichte des Traktors, die immer mal wieder eingeblendet wurde, eher überflogen habe. Interessierte mich eher nicht so.
    Mir gefällt das Thema und die Umsetzung, und die Ich-Erzählerin war mir auch direkt sympathisch, ich habe mir allerdings irgendwie nicht vorstellen können, dass sie 47 ist (oder so). Hab sie mir irgendwie jünger vorgestellt.
    Mir persönlich hat aufgrund der vielen verschiedenen Schicksale aber Caravan ein Ticken besser gefallen. Selbst wenn ich Stanislav aus dem Traktor echt geil fand :chen.


    Trotzdem muss ich mal was loswerden: was haben die ganzen Kritiker eigentlich gelesen? :gruebel Das Buch (die Bücher) sind doch keineswegs "leicht unterhaltsam", oder habe ich was verpasst? Ich meine, in der Bücherei war der Traktor unter "Humor/Satire" eingeordnet, aber das war es doch mal gar nicht, die gelegentlichen Einschübe der Ich-Erzählerin in Klammern mal abgesehen. Versteh ich nich.
    Egal, tolles Buch, tolle Bücher, tolle Autorin :anbet

  • Caravan - Es hat spaß gemacht es zu lesen ;)
    Jedoch hatte ich an manchen Stellen Schwierigkeiten den Personen Namen zuzuordnen;es waren zu viele auf einmal..

  • Ich habe das Buch heute Vormittag angelesen und da mir das Buch nicht besonders gut gefallen hat, ist es sofort in meine Bücherei Tasche gewandert.


    Vielleicht sollte ich doch wieder heraus holen und noch ein bisschen mehr Geduld haben. :-)

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Zitat

    Original von fabulanta
    Ich habe das Buch heute Vormittag angelesen und da mir das Buch nicht besonders gut gefallen hat, ist es sofort in meine Bücherei Tasche gewandert.


    Vielleicht sollte ich doch wieder heraus holen und noch ein bisschen mehr Geduld haben. :-)



    Doch doch,mir ging es manchmal auch so,aber es lohnt sich auf jeden Fall :)

  • Ich hatte auch das Gefühl, dass die Beschreibungen, die die Komik des Buches rühmen eher missverständlich sind. Es hat schon eine Komik, vor allem habe ich es aber als ein sehr wütendes Buch gelesen. Es ist doch wirklich eine Generalabrechnung mit der westlichen Wohlstandsgesellschaft! Mir hat es aber gerade deshalb sehr gut gefallen. Und was Fleisch angeht, überlege ich mir wirklich zweimal im Supermarkt, ob ich zum Hühnchen greife...

    :lesend Walter Kempowski "Das Echolot"

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Clio ()

  • Ich hatte laut Klappentext und Covergestaltung etwas ganz anderes erwartet :gruebel ich wollte eigentlich ein Buch zum "weglesen", das ist es nicht. Es ist im weitesten Sinne eine Liebesgeschichte unter besonderen Bedingungen


    Merkwürdig fand ich das Vitali immer überall wieder auftauchte - ??? wie geht das denn?


    Der Hund bringts auf den Punkt :-)


    Für empfindliche Naturen ist das Buch nicht zu empfehlen, fängt man an über die Lebenmittelproduktion nachzudenken, kommt man von allem ab :-(.


    Insgesamt ein interessantes Buch.


    8 Punkte

  • Zitat

    Original von Isjoeckel
    Ich hatte laut Klappentext und Covergestaltung etwas ganz anderes erwartet :gruebel ich wollte eigentlich ein Buch zum "weglesen", das ist es nicht.


    Ja, so geht es mir auch grad. Bin jetzt etwa in der Hälfte und nun liegt es da... Ich will es schon noch fertig lesen, aber dazu bräuchte ich etwas Muße und vor allem nen freieren Kopf.