Mein liebestoller Onkel, mein kleinkrimineller Vetter und der Rest der Bagage - Frank Jöricke

  • Kurzbeschreibung:


    Studentenunruhen, die Ölkrise oder das Aufkommen des Feminismus, Daily Soaps oder die Maueröffnung, alles Anlässe für den Erzähler, mit abgeklärt-kompromisslosem Blick die schrullige Bagage, die sich Verwandschaft nennt, bei ihrem bunten Treiben zwischen Zeitgeist und Fettnäpfchen zu beobachten. Es entstehen typische Charakterbilder skurriler Normalos, die sich tapfer durchs Reihenhausleben schlagen: Onkel, Tante, die Eltern, die sich mit ihrer späten Scheidung "um viele schöne getrennte Jahre" gebracht haben ...



    Über den Autor:


    Seine Tätigkeit als Werbetexter hat dem Autor Frank Jöricke (*1967) aus Trier nicht geschadet. Im Gegenteil, zeichnet sich doch seine Sprache nicht nur für ein Romandebüt durch ihre Treffsicherheit und lebendige Fabulierkunst aus. Erweitert um den Blick des Texters, der schon von Berufs wegen immer ein genaues Sensorium für die kleinen und großen Widersprüche des Lebens haben muss, verfällt er dennoch nicht dem Zynismus. Dies ist wohl weniger der neuen Ernsthaftigkeit als dem nostalgischen Wohlwollen zu verdanken, das einen erfasst, wenn die eigene Jugend- und Adoleszenszeit langsam aber sicher zu Geschichte wird. Frank Jöricke hat sie aufgeschrieben. Übrigens zog er mit einem Auszug aus dem Buch 2005 bis ins Finale des Poetry Slams in Trier. Ansonsten gilt Jöricke als der Entdecker von Guildo Horn, arbeitet nebenbei als Bad-Taste- und Ü-30-DJ, ist Ex-Fußballschiedsrichter und manischer Blutspender (50 x in 13 Jahren) - dabei ist sein Buch alles andere als anämisch!



    Meine Meinung:


    In jedem Jahr gibt es Ereignisse, die sich nicht nur in den alljährlichen Jahresrückblicken wiederfinden, sondern an die man sich auch noch Jahre später erinnert. Und nicht nur das, bei besonders tragischen oder bedeutenden Ereignissen weiß man auch noch ganz genau, was man zu dem Zeitpunkt gemacht hat, als man davon erfuhr. Frank Jöricke nimmt den Leser mit zu den Großereignissen der letzten 40 Jahre (angefangen in seinem Geburtsjahr 1967 bis ins Jahr 2003) und erzählt von den privaten Geschehnissen, die parallel in seiner Familie passierten. „Am Tag als...“ so beginnt jedes Kapitel, in dem von den skurrilen, aber liebenswerten Familienmitgliedern berichtet wird, die man im Laufe der Jahre ins Herz schließt und in denen man sich oder eigene Verwandte oder Bekannte in manchen Szenen – nicht zuletzt wegen des herrlich authentisch beschriebenen Zeitgeistes der einzelnen Jahre – durchaus wiedererkennt. Das Gerüst der politischen und gesellschaftlichen Ereignisse wird mit Amüsantem, aber auch Traurigem gefüllt, das die Ereignisse auf der Weltbühne verblassen lassen kann. „Mein liebestoller Onkel,...“ ist ein origineller und zugleich ironischer wie liebevoller Roman einer etwas anderen Zeitreise, in der Schmunzeln und Kopfschütteln sich abwechseln und der sich fast wie von selbst liest. Im Anhang werden die einzelnen Ereignisse jeden Jahres noch einmal aufgegriffen und sind mit einem Tipp zum Weiterlesen, -schauen, -hören versehen, was das Lesevergnügen ideal abrundet. Bitte mehr davon!

  • Das war ein feines Lesevergnügen incl. Zeitreise! Kann millas Rezi kaum etwas hinzufügen, auch mir haben die Rückschauen auf lustiges, eben aber auch ernstes gut gefallen. Stets hatte man beim Lesen seine eigenen Bilder aus der eigenen Erfahrung dabei.


    Absoluter Pluspunkt sind für mich am Ende des Buches die Leseverweise oder Hörvorschläge passend zu den jeweiligen Jahren/Themen, tolle (Neu-)entdeckungen dabei!


    Tip für Eulen, die gerne Ferien bei den Hottentotten oder auch Florian Illies gelesen haben.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ein etwas anderes Buch mit einer besonderen Form der Zeitreise, bei der der Autor politische bzw. gesellschaftliche Ereignisse mit Ereignissen aus seiner Familie verbindet.


    Frank Jöricke beschreibt auf ironisch-liebevolle Weise, was ihm und seinen Verwandten zwischen 1963 und 2003 an Lustigem und Traurigem widerfährt.


    Das Buch liest sich leicht, man spürt förmlich das 'Flair' der Zeit. Oft musste ich auch schmunzeln. Ein wirklich kurzweiliges Lesevergnügen.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Meine Rezension:


    Endlich hat mal jemand in sehr humorvoller Art eines geschafft: Eine Mischung aus den geschichtlichen Begebenheiten der Jahre 1967 bis 2003 und der Schilderung einer ziemlich normalen Reihenhausfamilie, in der sich mit Sicherheit viele Leser wiedererkennen werden.


    Dank des Autors durfte ich persönlich mich an Dinge erinnern, wie den ersten Spanienurlaub 1975, an Boris Beckers ersten Sieg in Wimbledon, an die Anfänge von Michael Jackson und und und.... als Kind der 69er war ich eben dabei!


    Würde mich jemand nach der Schreibweise von Herrn Jöricke fragen, so würde ich sie als charmant lustig, leicht gepfeffert, trocken, rasant und vor allem sehr gut gewählt beschreiben. Bei den Sexszenen (ja, die gab es tatsächlich auch!) nahm er nur ein ganz kleines Blatt vor den Mund, wobei er dabei eine sehr charmante Art und Weise hat, sie verblümt darzustellen, ohne dabei irgendwie "billig" oder "kitschig" zu wirken. Mir kam es fast vor, als würde er mit seinen Worten flirten und sehr oft zwinkert er dem Leser mit seinen Sätzen auch zu.


    Ich habe an soooo vielen Stellen dieses Buches laut lachen müssen. Das kenne ich sonst nur von lustigen Frauenbüchern, aber auch von Tommy Jaud und Sven Regener. Und gerade mit den beiden würde ich Herrn Jöricke, rein humoristisch gesehen, sehr gerne auf eine Stufe stellen.


    Es ist mir sehr leicht gefallen, das Buch recht zügig zu verschlingen. Zwei Nächte mit Herrn Jöricke und die Welt ist für mich in Ordnung ;-) Von Kapitel zu Kapitel (die übrigens sehr kurz gehalten sind, was mir persönlich sehr gefällt), wuchs die Neugier und die Lust auf "mehr". Und das bekam ich! Ich fand es äußerst witzig, dass die Kapitel am Ende immer noch einen "Cliffhanger" hatten, bei dem man einfach schmunzeln mußte.


    Wenn mich die Schuldirektoren dieser Welt um meine Meinung fragen würden, dann würde ich sagen, dass dieses Buch mal anstatt der langweiligen Geschichtsbücher in den Schulen als Pflichtlektüre ausgegeben werden sollte. SO würde lernen doch wenigstens Spaß machen!!


    Leider ist es (bisher) das einzige Buch des Autors, aber ich hoffe und bete, dass es nicht das letzte sein wird. Herr Jöricke: Ich brauch mehr von Ihnen und möchte gern noch weitere Nächte mit Ihnen verbringen ;-) Und ja, ich fand es am Ende des Buches schade, dass es schon zu ende war.


    LG,
    Andrea

  • Meine Rezension
    In Kapiteln von 1967 bis 2003 lernen wir die gesamte Sippe des Autors mitsamt ihrer Schrullen und Macken kennen. Eine wahre Familie des Grauens, die einen die Haare zu Berge stehen lässt. Und doch ist es – wenn auch vom Autor gnadenlos überspitzt – eine Familie, wie sie letztendlich jeder von uns haben könnte mit den üblichen ungeliebten Mitgliedern, den verhassten Strebern und den obligatorischen schwarzen Schafen.


    Ganz herrlich hierbei fand ich die jeweiligen Kapitelanfänge, „Am Tag, als ….“, die mit einem bedeutenden Ereignis der Zeitgeschichte beginnen und dann flugs die Kurve zu irgendeinem kruden Ereignis der eigenen Mischpoke kriegen. Ganz grandios und sehr schräg!


    Ganz nebenbei ruft der Leser – vor allem, wenn er wie ich aus derselben Generation ist – sich auch die entsprechenden Ereignisse in den Hinterkopf zurück, was ich einen sehr schönen Nebeneffekt bei der Lektüre empfand.


    Dabei streut der Autor zwischendurch auch immer wieder mal ganz herrliche kleine Seitenhiebe ein wie z.B. „Meine Tante, die der Grund dafür war, dass Sagrotan erfunden wurde….“


    Es ist ein Roman und doch keiner. In den einzelnen Rückblicken erzählt der Autor sein Leben, doch durch die einzelnen Kapitel kann man das Buch auch prima häppchenweise lesen. Durch die geballte Anzahl an Humoresken ist die Gefahr ja durchaus da, dass an und für sich gute Witze durch die permanente Anwesenheit zu müden Kalauern verkommen.


    Mir hat dieses reichlich schräge Buch aber sehr gut gefallen und es war für mich – in positivem Sinne – mal wieder „was ganz anderes“. Auf ein weiteres Buch des Autors wäre ich jedenfalls schon sehr gespannt!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich habe dieses Buch zu Weihnachten bekommen und zwar weil es im Fernsehen von Jürgen von der Lippe und Ingo Naujoks vorgestellt wurde.


    Es ist ein Buch voll nach meinem Geschmack. Vielleicht liegt es an meinem Alter, denn hier sind alle geschriebenen Begebenheiten von mir Nachvollzziehbar. Mit allen Geschichten von 1967 bis 2003 verbinde auch ich etwas.


    Es sind Kurzgeschichten die teils lustig und dann auch wieder nachdenklich geschrieben sind.


    Mal was anderes und durchaus zu empfehlen. :grin


  • Ich glaube die Sendung mit der Vorstellung habe ich auch gesehen und es ist auf meiner WL gelandet.


    Inzwischen habe ich das Buch gelesen und kann mich der Rezi von Schnuckerle anschließen.


    Mir hat das Buch auch gut gefallen.


    8 von 10 Punkten

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)