Die Holocaust-Industrie. Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird- Norman C. Finkelstein

  • Erscheinungsjahr: 2002 (dt. Taschenbuchausgabe)
    248 Seiten


    Kurzbeschreibung von amazon:


    Eine "Holocaust-Industrie" ist entstanden, die das jüdische Leiden ausbeutet. Noman Finkelsteins Analyse ist zugleich eine leidenschaftliche Anklage:
    - Die Amerikanisierung und Verkitschung des Gedenkens beleidigt die Würde der Opfer.
    - Interessenverbände nutzen den Holocaust für eigene Zwecke - häufig auf Kosten der Opfer.
    - Die USA und Israel instrumentalisieren den Holocaust, um von eigenen Problemen abzulenken.
    Mit seinen provokanten Thesen hat Norman Finkelstein eine erbitterte Debatte ausgelöst.


    Über den Autor:


    Am besten der interessante Wikipedialink, der sich auch mit dem Buch und seiner Rezeption beschäftigt.


    Homepage des Autors (ameikanisch)


    Dazu gab es eine private Leserunde


    Meine Meinung:



    Sachbuch Politik? Ich finde von mir eine gewagte Einstufung- es handelt sich um eine sehr subjektive Polemik. Letztlich für mich ein mißlungenes Buch.


    Als grosser Artikel in einer Zeitung (so eine Seite in der Zeit z.B.) als Essay sicher ein provozierender und diskussionswürdiger Ansatz sich Gedanken darüber zu machen was passiert eigentlich mit den Geldern die von großen Organisationen eingesammelt werden, was bedeutet es für Amerika, wenn Holocaustmuseen im ganzen Land entstehen, wenn Entschädigungen in aller Welt für die Ausbeutung der Juden verlangt werden, aber eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Vernichtung der Ureinwohner des Gebietes der heutigen U.S.A. oder um die Aufbauarbeit der gegen ihren Willen "importierten" Fremdarbeiter aus Afrika- der Sklaven- nicht stattfindet. Finkelstein weißt darauf hin, wie eifrig sich amerikanische Politiker an Forderungen um Entschädigung für jüdische Opfer des Nationalsozialismus machen- und dabei nicht nur vergessen, dass auch Sozialisten und Kommunisten, Roma und Sinti, sondern auch Lesben und Schwule verfolgt wurden. Er macht darauf aufmerksam wie dieselben Politiker auf Forderungen reagieren die Nachfahren der Sklaven oder ihre Herkunftsländer zu entschädigen, oder gar Vietnampopfer. Auch die Sünden des amerikanischen Staates gegenüber den Juden im Vorfeld des Krieges werden ausführlich erwähnt und immer wieder die Gier der jüdischen Organisationen nach Macht und Geld - und das ist die Schwäche des Buches- nicht einmal angeklagt und einmal erwähnt, sondern das Thema wird breit ausgewalzt und getretener Quark wird breit, nicht stark. Je weiter man liest, desto unwohler habe ich mich beim Lesen gefühlt. Was ein interessanter Denkanstoß hätte sein können wurde immer mehr zu billiger Polemik und Provokation. Der Autor ist Amerikaner und Jude und ist der Meinung seine Eltern, die die KZ´s überlebt haben, seien bei der Entschädigung von jüdischen Organisationen um ihr Geld betrogen worden- er ist also eigentlich als Betroffener besonders glaubwürdig, aber Betroffenheit kann zu fehlender Distanz zum Thema führen- und genau das sollte einem Autor nicht passieren, der behauptet ein Sachbuch zu schreiben.


    Für mich also eher ein schlechtes Buch-das zu lesen ich nicht unbedingt empfehlen würde, von dem ich aber auch nicht abraten würde,da es ein Buch ist zu dem sich jeder seine eigene Meinung bilden sollte.


    edit: Das es sich um die deutsche Taschenbuchausgabe handelt ist deshalb erwähnenswert, da Finkelstein mehrere Ergänzungen geschreiben hat- zur deutschen Ausgabe und dann noch weiter 22 Seiten zur deutschen Taschenbuchausgabe.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Ich habe das Buch im Rahmen der Leserunde gelesen und kann mich ohne Vorbehalte der Meinung von Beowulf anschließen.


    Etwas weniger Polemik und mehr Sachlichkeit wäre sicherlich angebracht gewesen und hätten zu einer besseren Auseinandersetzung mit diesem Thema führen können - wobei ich immer noch der Meinung bin, daß es viel Mut bedarf, um sich überhaupt kritisch über die Ausnutzung des Holocaust zu äußern.


    Nichtsdestotrotz ein Buch, das in vielen Punkten zum Weiterdenken und auch -lesen anregt - wenn es auch sicher objektivere Bücher gibt.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Das Buch habe ich im Rahmen der Leserunde gelesen. Inhaltlich hat Beowulf ja das Wesentliche wiedergegeben. Ich bin mir, auch einige Tage nach Abschluß der Leserunde, noch immer noch nicht so ganz sicher, was ich von dem Buch letztlich halten soll. Es ist streckenweise polemisch (was ja aus dem Klappentext schon zu schließen ist), bringt auf der anderen Seite eine Menge an unwidersprochenen Fakten und Zitaten, die mir sehr zu denken gegeben haben. Hinzu kommt meine - auch wenns schon viele Jahre her ist - Erfahrung im Zivildienst bei einer caritativen Organisation - und der Finanzierung solcher Arbeit. In diesem Licht gesehen, erscheinen mir Finkelsteins Vorwürfe zum großen Teil doch glaubwürdig.


    Eine ausdrückliche Empfehlung aussprechen kann man sicher nicht; hier gilt uneingeschränkt, was Beowulf schon gesagt hat: selber lesen und ein eigenes Urteil bilden.


    Dieses Buch sollte auf keinen Fall als alleinige Diskussions- bzw. Wissensgrundlage dienen. Aber als eines unter mehreren halte ich es durchaus für sinnvoll, und wenn es nur ist, um eine Gegenmeinung zu hören und die eigene Position überdenken und neu definieren zu müssen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Dieses Buch zeigt, das man sich jederzeit mit Geschichte kritisch auseinandersetzen muss. Das was man liest, ist immer die Wahrheit desjenigen, der es geschrieben hat!


    Zitat

    von SciCollier
    Eine ausdrückliche Empfehlung aussprechen kann man sicher nicht; hier gilt uneingeschränkt, was Beowulf schon gesagt hat: selber lesen und ein eigenes Urteil bilden.
    Dieses Buch sollte auf keinen Fall als alleinige Diskussions- bzw. Wissensgrundlage dienen. Aber als eines unter mehreren halte ich es durchaus für sinnvoll, und wenn es nur ist, um eine Gegenmeinung zu hören und die eigene Position überdenken und neu definieren zu müssen.


    Dem ist nichts weiter hinzuzufügen!