Ehrlich gesagt, animieren mich andere Texte eher, als dass sie mich hemmen. In jeder Hinsicht - sowohl was literarisches als eher wissenschaftliches oder philosophisches angeht. Es animiert mich, mir Gedanken zu machen und mit ihnen zu spielen. Nicht im eigenen Saft zu schmoren. Und manchmal kommt was bei raus. Das hat meist dann gar nichts mehr mit dem ersten Anlass oder Eindruck zu tun.
Lesepanik - oder warum man als Autor Angst vorm Lesen hat
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Hallo zuammen!
Da ich historische Bücher schreibe, muss ich sehr viel recherchieren und deshalb unzählige Fachbücher lesen. Deshalb ist es bei mir ein reines Zeitproblem, dass ich momentan weniger lese. Doch sobald ich eine Schreibpause mache oder mein Projekt abgeschlossen ist, lese ich jede Woche mindestens 2 Bücher.
Lesen hemmt mich nicht, sondern bringt Ideen, lenkt ab, macht den Kopf für neues frei und motiviert. Natürlich lese ich durch den Beruf auch kritischer. Manchmal denke ich: Wow, wie dieser Autor sich ausdrückt, Handlungsstränge konstruiert u.s.w. Aber es gibt auch Bücher, wo ich denke: "Das hättest du besser ausgedrückt." Das ist aber in jedem Beruf so. Ein Koch, der in ein anderes Restaurant essen geht, ißt bestimmt nicht dort, um einfach nur satt zu werden, sondern auch, um zu testen, wie der andere Koch die Speisen zubereitet und vielleicht auch, um etwas zu lernen bzw. zu übernehmen.
Liebe Grüße
Deana -
Danke für Eure zahlreichen Antworten! Interessant, wie unterschiedlich das Thema doch angegangen wird. Einig sind sich eigentlich alle nur dann, wenn es darum geht, dass man während der Schreibphasen einfach weniger Zeit zum Lesen hat.
Letzteres geht mir übrigens auch so. Wenn ich ganz viel geschrieben habe und dann auch noch für meinen Beruf recht viel gelesen habe, möchte ich abends dann doch lieber Freunde treffen oder zum Sport gehen und das geschriebene Wort mal in die Ecke stellen.Gut finde ich die Idee, einfach etwas aus einem komplett anderen Genre zu lesen. Dann gerät man nicht in die Gefahr, dauernd zu vergleichen.
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ich bin manchmal ein kleines bischen neidisch,aber lesepanik krieg ich dennoch nicht
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ich kenne das Problem eigentlich nicht. Im Gegenteil, ich empfinde das nicht als Bedrohungen, sondern eher als interessante Anregungen.
Ich bemühe mich allerdings, wenn ich in einer intensiven Schreibphase bin, nur "gute" Literatur zu lesen, weil das, was ich lese oft unbemerkt auf das, was ich schreibe, abfärbt. (Kennt ihr das?) -
Zitat
Original von flashfrog
Ich bemühe mich allerdings, wenn ich in einer intensiven Schreibphase bin, nur "gute" Literatur zu lesen, weil das, was ich lese oft unbemerkt auf das, was ich schreibe, abfärbt. (Kennt ihr das?)Nicht nur die Literatur färbt auf das Geschriebene ab, sondern alle Umwelt-Einflüsse, die in unser Unbewusstes dringen. Das kann gut sein, das kann schlecht sein. Wenn mich ein Buch, ein Lied, ein Film, ein Freund oder eine Geliebte besonders faszinieren, dann beziehe ich mich in meiner Schreibe sogar bewusst darauf - ohne, dass es der Leser merken könnte. Eine Form der Inspirationsquelle.
Bezüglich "Lesepanik", nun, da würde ich raten, nur dahingeschiedene Autoren zu lesen - dann ist der Konkurrenzdruck nicht mehr gegeben
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Das kenn ich! Auch wenn ich bisher noch nichts veröffentlicht habe, so bin ich seit meinem 16. Geburtstag immer mal wieder fest entschloßen ein ganzes Buch zu schreiben
Bisher hatte ich jedesmal das Problem, das ich, während ich am Buch arbeitete, als Leser auf das ungefähre Thema gestoßen bin! Ich hab früher immer meine geschriebenen Seiten wütend entsorgt, das ändert sich jetzt!!! Hab mir fest vorgenommen diesmal weiterzumachen! Jedesmal wenn ich ein Buch lese finde ich irgendwelche Umschreibungen oder Bilder, auf die ich echt neidisch bin aber wie sagt Mutti "Bei anderen schmeckts am besten" -
Hi zusammen
Ich lese meistens quer und wenn ich das Gefühl habe, ich könnte dazulernen, hake ich mich ein. Niemals würde ich aber bei meiner Sache bleiben, wenn ich das Gefühl hätte, der andere macht es besser. Dann würde ich lieber nochmal anfangen und versuchen, es dem anderen gleichzutun und von ihm zu lernen.
Aber meistens ist es doch eher so, dass ein Stoff schon in sich die Geschichte trägt und man da nicht willkürlich etwas verbiegen sollte, sonst verliert die Geschichte ihre Lebendigkeit. Außerdem spüre ich lieber meinen eigenen Wahrnehmungen und Geschichten nach, als irgendetwas zu konstruieren. Je weniger ich nach anderen schiele, sondern mich vom Leben selbst inspirieren lasse, desto eher wird es einzigartig sein, so einzigartig wie die Menschen, welche ich beschreibe.
Es ist ein tolles Gefühl, wenn ich reale Menschen und Szenen mit einer Metaebene verweben kann. Es ist, als hätte ich das Erlebnis in seinem eigentlichen Wesen begriffen. Für mich ist Schreiben Sinnsuche und versuchte Sinngebung, auch dann, wenn es nicht 1:1 aus dem realen Leben gegriffen wird. Es ist doch irgendwie wahr, die Aussage, das Gefühl. Ich möchte den verborgenen Sinn im Leben aufspüren. Ich schreibe gern, aber ich brauche einen gewissen Freiraum, damit sich der verborgene Sinn aus der Geschichte erschließen lässt. Deshalb achte ich auch nicht darauf, wie viele Seiten ich pro Tag schaffe.
Ich lass mich oft durch dieselben weltliterarischen Werke inspirieren, solche, welche meinem Stil nahekommen, wo ich mich am ehesten wiederfinde. Dabei lerne ich auch durch deren Schwächen.
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Oh, es gibt schon Bücher, bei denen ich beim Lesen felsenfest überzeugt bin, dass ich künftig garantiert nie wieder eine Zeile schreiben werde! Ich kenne durchaus auch die Anflüge von Neid, warum mir so was nicht einfällt, oder wie man nur so eine geniale Formulierung hinkriegt - aber all das verflüchtigt sich zum Glück nach kurzer Zeit wieder, weil der Drang, sich selbst auszudrücken, doch stärker ist.
Ich finde, jeder, der meint, was zu sagen/schreiben zu haben, sollte dies tun, ohne vor Ehrfurcht zu erstarren, dass andere das in seinen Augen vielleicht viel besser verpacken/formulieren/ausdrücken können. Jedes Buch ist ein ganz individuelles Werk und hat seine Berechtigung, und oft hat der eine wieder Stärken, die der andere nicht hat - jeder Leser sieht das sowieso anders. Man lese sich nur die vielen verschiedenen Meinungen zu Büchern in diesem Forum durch!Seit ich Krimis schreibe, lese ich jedenfalls verstärkt Krimis, wobei es mir wie allen anderen geht - wenn ich mitten in der Arbeit an einem Roman hänge, komme ich eher seltener zum Lesen.
Zitat
Je weniger ich nach anderen schiele, sondern mich vom Leben selbst inspirieren lasse, desto eher wird es einzigartig sein, so einzigartig wie die Menschen, welche ich beschreibe.
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Hi Britt
Bei mir ist es eher so, dass ich bei einem späteren Blick auf meine Kurzgeschichten und Notizen sehe, wo ich mehr hätte daraus machen können. Aber das werte ich als gutes Zeichen. Man will ja nicht stehen bleiben. Es hat oft auch mit der Perspektive der Geschichte zu tun, ob überhaupt dies oder jenes realisierbar ist, ob es passt oder nicht. Doch sehe ich auch bei den ganz Großen genug Defizite, um nicht neidisch zu werden. Die Leserunden in den letzten Jahren waren da auch sehr hilfreich, weil andere es ähnlich empfanden wie ich.
Aber wenn Du jemanden beneidest, wirst Du doch auch erkennen, was dieser besser macht und es lernen können, nicht? Sonst würdest Du es ja gar nicht erst erkennen, oder?
Zu Krimis hab ich ein zwiespältiges Verhältnis. Die Krimibestseller der letzten Jahre langweilten mich eher. Wenn es nur darum geht, den Mörder zu finden, ist es zu wenig für mich. Ich will eine existenzielle Grundaussage, etwas, was den Krimi dingsymbolhaft erhöht, etwas, was mich wirklich nicht loslässt.
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Natürlich bringen Autoren, die ich um ihr Können beneide, mich auch immer in meiner Entwicklung ein Stück voran. Klar haben die eine Art Vorbildwirkung auf mich, und an der Aussage, dass derjenige, der schreiben will, erstmal eine ganze Menge lesen muss, ist meiner Ansicht nach sehr viel dran.
Wenn ich meine "Werke" nach einiger Zeit mit Abstand betrachte, dann geht es mir genauso, und mir fallen noch tausend Sachen auf, die ich hätte besser machen können. Aber so ähnlich wie du versuche ich das, als gutes Zeichen zu sehen - man kann ja nur draus lernen.
Zitat
Wenn es nur darum geht, den Mörder zu finden, ist es zu wenig für mich. Ich will eine existenzielle Grundaussage, etwas, was den Krimi dingsymbolhaft erhöht, etwas, was mich wirklich nicht loslässt.Aus ebendiesem Grunde bemühe ich mich, Geschichten zu erzählen, in denen es nicht ausschließlich darum geht, den Mörder zu finden. Oft steckt hinter einem Mord ja eine ganz lange Geschichte, die den Täter schließlich dazu getrieben hat, den Mord zu begehen. Für diese menschlichen Abgründe interessiere ich mich, und dafür, welche Begebenheiten und Lebensumstände aus einem Menschen einen Mörder machen. Das Motiv ist mir immer sehr wichtig, es muss für mich irgendwie nachvollziehbar sein.
Und ich kenne eine ganze Menge Krimis, die diesen Ansprüchen durchaus genügen. Wirklich langweilige Krimis hab ich nur selten gelesen. Nerven tut mich nur, wenn Effekthascherei betrieben wird - und viel Blut und Grausamkeit wichtiger werden als die menschlichen HIntergründe. -
Hi Britt
Ja, die Ausarbeitung des Motivs bringt etwas, nur kann man da selten auf die plumpe Realität zurückgreifen. Diese Täter sind ja nicht unbedingt die interessantesten Persönlichkeiten, auch nicht besonders intelligent. Deshalb ist es schon nötig, die Persönlichkeit des Täters zu vertiefen und überhaupt der gesamten Tatsituation eine Metaebene zu verleihen, wo der Täter für eine andere Sache steht, z. B. die allgemeine Bedrohtheit des Menschen. Ich träume zum Beispiel immer von einem Mörder, wenn jemand in meinem Umfeld stirbt. Er ist sozusagen der Todesengel. Auf dieser Metabene kann auch ein Krimi absolut hochliterarisch sein, wie ja einige Klassiker es schön demonstrieren. Auch die Novellen haben dieses Kriminalschema in sich, abgeleitet vom Drama. Von daher ist ein Vergleich sehr naheliegend und spannend. Mein Roman wird in diesem Sinne auch ein Krimi werden, wenn man so will, nur nicht das übliche.
Ich wollte von den gängigen Krimibestsellern lernen, aber ich hab mich einfach zu sehr gelangweilt, die Intension ist eben doch eine ganz andere. Meine Vorbilder sind da eher Klassiker, welche man auch als Krimis bezeichnen könnte, aber meist die Bezeichnung Novelle, Erzählung oder Roman tragen.
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Original von Evelyne Marti
Ja, die Ausarbeitung des Motivs bringt etwas, nur kann man da selten auf die plumpe Realität zurückgreifen. Diese Täter sind ja nicht unbedingt die interessantesten Persönlichkeiten, auch nicht besonders intelligent. Deshalb ist es schon nötig, die Persönlichkeit des Täters zu vertiefen und überhaupt der gesamten Tatsituation eine Metaebene zu verleihen, wo der Täter für eine andere Sache steht, z. B. die allgemeine Bedrohtheit des Menschen.Das sehe ich jetzt gar nicht so, zumindest kann man nicht verallgemeinern, dass Täter keine interessanten Persönlichkeiten sind und nicht besonders intelligent. Sicher, auf viele trifft das zu, aber bei weitem nicht auf alle. Ich arbeite bei der Mordkommission in Stuttgart und habe schon eine Menge Mörder kennenlernen dürfen, daher kann ich das mit gutem Gewissen behaupten.
Ich benutze auch keine Metaebene, um ein Anliegen rüberzubringen, sondern lasse die Geschichte gern einfach für sich sprechen. Das ist für mich kein Problem, da ich nicht den Anspruch erhebe, hochliterarisch zu schreiben, sondern versuche, gute Unterhaltung zu machen, die aber durchaus auch anspruchsvoll sein kann. Den Wert der Klassiker will ich gar nicht bestreiten, aber meine Intention ist eben auch eine völlig andere.
Ich glaube, wir sprechen daher zwei völlig unterschiedliche Sprachen. -
Hi Britt
OK, dann lassen wir das mit der Intension, stimmt, die ist bei uns verschieden.
Aber ich finde nicht, dass ein Mörder wirklich besonders intelligent handelt, wenn er sich zu einem Mord entschließt. Er mag vielleicht gebildet sein und ausnahmsweise einen hohen IQ haben, aber im Moment der Tat hat er sich eindeutig dumm verhalten, sonst hätte er sich für eine intelligentere Lösung (des Nicht-Mords) entschieden. Der Mord an sich ist eine plumpe Tat der rohen Gewalt. Es geht ja in diesem Fall nicht um Notwehr.
Natürlich kann man diesen Umstand durch ein besonders intelligentes Motiv heben, doch entspricht es wohl kaum der Realität, es sei denn, ein Mord wird als ein intelligenter, logischer Schachzug in einem ausgeklügelten Spiel hingestellt, wozu einige Autoren greifen, was allerdings nicht wirklich stimmig ist. Der Täter kommt sich klug vor, mag vielleicht ein guter Schachspieler sein (wird ja oft in Krimis verwendet = Schach mit den Beamten der Mordkommission), stellt den Beamten ein Mordrätsel, doch nur wenn die dumme Rohheit des Mordes und dessen Kurzsichtigkeit ausgeblendet wird, wirkt der Täter "intelligent".
Es könnte für einmal interessant sein zu psychologisieren und darzustellen, wie ein an sich kluger Mensch seine Vernunft verliert und in den Abgrund stürzt. Aber auch hier hat es eher Seltenheitswert. Wer mehrere Krimis schreibt, wird sehr bald den Kunstgriff der Aufwertung durch eine irgendwie geartete Metaebene machen müssen, will er sich nicht immer wiederholen. Ein Mord bleibt ein Mord, so spitzfindig ist er nicht. Deshalb muss man in der Regel auch nur einen einzigen Krimi eines Krimiautors lesen, um alle zu kennen.
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Du setzt voraus, dass Mörder immer bösartig sein müssen. Müssen sie gar nicht. Man kann z. B. so in die Enge getrieben werden, dass man sich nicht anders zu helfen weiß. Oder die Emotionen nehmen überhand, so dass auch durchaus intelligente Menschen mal die Kontrolle verlieren können. Wer ist schon immer von Vernunft geleitet? (okay, hier kommt, wenn wir spitzfindig sein wollen, der Totschlag ins Spiel, und wir sind weg vom Mord).
Aber das kommt gar nicht so selten vor, wie du meinst. Tatsächlich sind die meisten Verbrechen sehr wohl motiviert, nur hin und wieder findet man IQ-Amöben, die wegen 300 Euro einen Mord begehen, obwohl es natürlich auch die gibt.Aber wir haben uns mit dieser Diskussion inzwischen so weit vom Topic entfernt, dass ich vorschlagen würde, wir lassen es damit bewenden. Das ist nicht Thema dieses Threads.
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Hi Britt
Ich denke schon, dass ich mich innerhalb der Thread-Thematik bewege, denn es geht mir ja eben gerade um die Frage, weshalb Autoren nicht dazulernen wollen und Angst vor etwas Neuem (z. B. der Metaebene) oder allgemein vor Kritik haben.
Mord (geplant) und Totschlag (im Affekt) ist nicht dasselbe, wobei aber auch der Totschlag nicht gerade der erleuchtendste Moment eines ansonsten intelligenten Menschen darstellt. Interessant ist deshalb eher der psychologische Hintergrund, vielleicht auch die Menschen darum herum, die Opfer. Ein Mord oder Totschlag mag vielleicht noch interessant sein, wenn ein Opfer zurückschlägt, aber auch da ist es doch eher ein Zeichen des Selbstverlusts, wenn jemand sich nicht mehr anders zu helfen weiß als durch Mord. Dies darzustellen und zu vertiefen, kann schon auf kunstvolle Weise geschehen, wurde auch schon von großen Schriftstellern vorgemacht. Aber so läuft ein normaler Krimi ja nicht ab. Dieser bleibt weitgehend an der Oberfläche.