André Wiesler - Der Hexenmacher

  • Autor: André Wiesler
    Titel: Der Hexenmacher / Die Chroniken des Hagen von Stein I
    Erschienen: 2007
    Verlag: Heyne
    ISBN-10: 3453523032
    ISBN-13: 978-3453523036
    Seitenanzahl: 575



    Autorenvita
    André Wiesler, geboren 1974, machte sich nach seinem literaturwissenschaftlichen Studium einen Namen als Autor von Shadowrun- und DSA-Romanen. Nebenbei arbeitet er, nach einer Karriere als Comedy-Autor für TV-Produktionen wie "RTL-Samstag Nacht", als Übersetzer und leitet als Chefredakteur das Rollenspiel "LodlanD" und das Magazin Envoyer. André Wiesler lebt zusammen mit seiner Frau Janina und dem Labrador-Mischling Lucky in Wuppertal.


    Klappentext Amazon
    Ein mysteriöser Orden, der die mittelalterliche Welt unterwandert Eine dunkle Verschwörung, die bis in die Gegenwart reicht Ein moderner Inquisitor, der auf der Suche nach der Wahrheit ist
    Deutschland im Spätmittelalter: Das Land ist zerrissen. Erbitterte Rivalen kämpfen um die Königswürde, die Inquisition zieht eine blutige Spur durch das Land - und uralte Geheimbünde von Hexen, Werwölfen und Bletzern nutzen ihre Macht, um das Schicksal des Landes zu beeinflussen. Ein Schicksal, das der junge Ritter Hagen von Stein besiegeln soll. Doch die düsteren Geheimnisse finden ihren Weg bis in unsere Zeit. Denn der Schrecken ist niemals Geschichte - und er hat unendlich viel Geduld ...


    Meinung
    Gespannt klappte ich das Buch auf, denn ich hatte noch nie einen Roman über Werwölfe, Vampire und Hexen gelesen. Allerdings hatte ich einen sehr schwierigen Einstieg mit dem Buch. Wer sich mit dem Thema Dark Fantasy noch nie befasst hat, wird vom Autor ins kalte Wasser geworfen.


    Fragen wie, was ist ein Bletzer ( Vampirwesen? ), eine Hagr ( Kräuterhexe ) oder eine Hecetisse ( Hexe der schwarzen Magie) stellte ich mir immer wieder. So hatte ich auf den ersten 200 Seiten immer wieder Fragezeichen im Kopf, was diese mittelhochdeutsche Sprache wohl bedeutet. Es gibt zwar ein Glossar am Ende des Buches, doch fehlen bedeutende Erklärungen. Aber wenn man die Orientierung gefunden hat, kommt das Lesevergnügen pur


    Die Handlung war sehr fesselnd.
    Der Hauptprotagonist Hagen von Stein wächst bei dem Grafenpaar von Neuenburg als Ziehsohn auf und bekommt sämtliche Vorzüge vor dem leiblichen Sohn Albrecht. Schon früh kommt es zu Rivalitäten zwischen den beiden, im Erwachsenenalter schlägt es in blanken Hass um. Hagen trägt ein göttliches Erbe in sich. Er ist ein Werwolf und jeder wütende Gedanke lässt das Tier mehr an Oberhand gewinnen. Hagen, der loyal gegenüber dem christlichen König Sigmund ist, wird zum Ritter erhoben, Albrecht wendet sich dem ketzerischen König Wenzel zu. Beide Könige wollen die höchste Krone des Reiches tragen: die Kaiserkrone. Die römisch-katholische Kirche ist gespalten, zeitweise gibt es sogar zwei Päpste. Und so treffen Hagen und Albrecht immer wieder aufeinander, um den Hass weiter auszutragen.


    Dieses Buch macht nicht nur Zeitsprünge von mehreren Jahren im Mittelalter, sondern auch in unsere Gegenwart. In Köln kämpft ein moderner Inquisitor gegen Werwölfe, Hexen und anderes teuflisches Werk. Sein Name ist Georg von Vitzthum und er gehört einem geheimen Bündnis an. Als er eine alte Roma vor dem Kölner Dom erblickt, geht er auf sie zu. Sie legt ihm ein uraltes Buch in die Hände, warnt ihn, sofort damit in die Kirche zu gehen. Im Schutz der Kirche sieht er, dass dieses Buch ihm großes Wissen im Kampf um das vermeintlich Böse geben kann. Er hält die Chroniken des Hagen von Stein in den Händen…


    Dieser Roman hat mich so in seinen Bann gezogen, dass ich darüber die Zeit vergessen habe. Es gibt viele blutrünstige und abscheuliche Szenen aus dem Mittelalter, die dem Leser das Leben von damals sehr gut näher bringen. Sprachlich hat der Autor vieles belassen, wie z. B. die Gebete auf Latein. Das verleiht dem ganzen zusätzlich einen historischen Touch.


    Neben der Geschichte, die natürlich fiktiv ist, gibt es einen realen historischen Hintergrund und es freut mich, auch mal Deutschland als Kulisse zu sehen. Ich war angenehm überrascht, dass der Autor den Werwolf als liebes Geschöpf von Gott zeichnete. Bislang ging ich ja immer von blutrünstigen Monstern aus, aber Hagen und seine Gefährten werden sehr liebevoll und detailreich beschrieben.
    Die Tragik an der ganzen Geschichte ist Albrecht. Als Leser hasst man ihn, und man gönnt ihm jeden Fehltritt. Wer sich aber die Mühe macht Albrecht näher kennen zu lernen, bemerkt schnell, dass dieser ein armseliger Mann ist. Er hatte keine andere Chance, als sich in diesen fiesen Charakter zu verwandeln. Mit diesem Gedanken hatte ich im Nachhinein doch manchmal Mitleid mit Albrecht.


    Das Ende ist für den Leser völlig überraschend und grausam. Es bleiben einige Fragen offen, und es weckt den Hunger nach mehr, viel mehr.



    575 Seiten im Taschenbuchformat waren eindeutig zu kurz. Der Schreibstil ist sehr flüssig zu lesen, wenn man sich dem Autor völlig hingeben mag. Es kommt in keiner der Szenen Langeweile auf und der Autor vermag es, die Spannung immer weiter zu erhöhen.


    Fazit: Fantasyleser werden dieses Buch lieben. Durch die vielen blutigen und sadistischen Gewaltszenen würde ich den Roman keinen Jugendlichen lesen lassen. Ich warte nun ungeduldig auf den zweiten Band Teufelshatz. Vorraussichtlich wird das Werk im April 2008 im Heyne-Verlag erscheinen.

  • 50 % des Buches hatte ich gelesen. Bis dahin war es sehr flüssig zu lesen, aber nach der Hälfte des Buches war es mir dann doch zu extrem geworden und ich musste es erst einmal zur Seite legen. Irgendwann werde ich wohl noch die restlichen 50 % lesen... :winkt

  • Zitat

    Original von Feronia
    Tolle Rezension!!
    Ich habe noch nie ein solches Buch gelesen.
    Hört sich richtig interessant an, obwohl ich eigentlich kein Freund von Gewaltszenen bin.


    dark fantasy beinhaltet eben auch viele blutrünstige szenen. allerdings ist es weder zu grausam noch zu gruselig ...man merkt eben alleine durch die mittelalterliche zeit das es fiction ist.


    dieses buch ist eines meiner absoluten buchtipps :knuddel1

  • Hallo!


    Ich kann auch nur in den höchsten Tönen von diesem Buch reden, das, wie bereits gesagt, den Leser sofort in seinen Bann zerrt. Ich bin besonders davon begeistert, wie einprägsam die einzelnen Charaktere gezeichnet sind: man kann sie sich sofort vorstellen, man erkennt sie auch immer wieder und lernt sogar die Bösewichte auf die ihnen gebührende Art zu lieben und zu schätzen: indem man sie verabscheut - vielleicht kommt André Wieslers charakterisierendes Talent besonders bei diesen zur Geltung, und man kann nur hoffen, dass man sich nicht in der einen oder anderen Figur wiedererkennt?


    Die Verflechtung von Gegenwart und Vergangenheit, das gegenseitige Beziehen aufeinander, treibt meiner Meinung nach die Spannung mit auf die Spitze - man möchte zunächst gar nicht aus der Vergangenheit gerissen werden, aber sobald man sich in der Gegenwart umsieht, und Spuren der Vergangenheit erblickt, möchte man ihnen nachgehen, aber dann ist die Episode schon wieder vorbei und es bleibt nur die Suche nach den Ursachen in der Vergangenheit; aber welche Entwicklungen sind es, die sich so viel später noch auswirken?


    Durch die Verbrämung der fiktiven Handlung in der realen deutschen und europäischen Geschichte ist auch der Hintergrund so schön angerichtet, dass der Autor sich durch rasche, skizzenhafte Pinselstriche eines bekannten Hintergrundes bedienen kann, den der jeweilige Leser sich mit den eigenen Farben ausmalen kann, so bunt wie nötig, so detailliert er mag und so grell, wie er (oder sie, natürlich) es verträgt. Da man sich aus diesen Inhalten also wie selbstverständlich bedienen kann, finde ich es auch keineswegs mühsam, dass man Begriffe wie "Bletzer" oder "Wariwulf" nicht kennt - unser Mittelalter und damit die Mitmenschen unserer Protagonisten kennen sie immerhin auch nicht. Der Wissensvorsprung des Lesers vor den Romanfiguren wird gering gehalten (obgleich er natürlich ausreichend da ist, um Komplizenschaft hervorzurufen), und schon rauscht das Blut ein wenig rascher dahin.


    Natürlich nicht so rasch wie die Handlung, die auf einem feurigen Rhythmus den Leser durch die Seiten trägt, rittlings auf der flüssigen und sehr angenehmen Sprache, noch angespornt durch geistreiche Dialoge - es ist alles sehr bildlich und befeuert die Vorstellungskraft, man erwartet fast, den Ruf des Kameramanns zu hören. Natürlich macht das die Gewaltszenen durchaus plastischer, als man es sich vielleicht antun möchte. Andererseits gehört eine Gewisse Würze nicht nur in das finstere Genre, sondern auch in die brutale und kurzentschlossene Welt unseres Mittelalters (wie natürlich auch unsere Gegenwart damit nicht geizt).


    Ich kann mich nur anschließen, dass das Ende des Romans erst den wahren Anstoß gibt, so dass man sich wirklich händereibend auf die Fortsetzung freuen kann - und sich wünscht, man könnte ebenso mühelos wie der Autor durch die Zeiten springen, damit man die "Teufelshatz" endlich in Händen halten kann - für die der Hexenmacher, in sich schon ein ganze, großartiges Buch, einen wundervollen Prolog darstellt, wie man ihn sich nur wünschen kann.


    Ungeduldige Grüße,


    L.


    edit: kennen alle schon den coolen Trailer zum Hexenmacher von youtube? (http://www.youtube.com/watch?v=dylk9yaHHZ0)

  • Zitat

    Original von Jenks
    Aha, da ist ja jemand, auf dessen Rezi ich gespannt bin. Hallo Hasal! :wave Hatte das Buch gestern in der Hand. Schreib mal Deine Meinung, wenn Du es geschafft hast.


    Das Buch ist super und wirklich nur zu empfehlen. Ich mag das, wenn die Zeiten gewechselt werden z. B. sehr gerne. Das Buch beeinhaltet sowohl Fantasy-Elemente wie auch Elemente von historischen Romanen, was ich auch sehr gerne mag...
    Bin aber leider noch nicht fertig, dauert noch ein Weilchen, da ich in der Schule Klausurenzeit ist und ich nur 100 Seiten pro Tag schaffe...

  • Danke für die Rezi!
    Mal sehen, ob das was für mich ist.

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Zitat

    Original von Hasal


    Das Buch ist super und wirklich nur zu empfehlen. Ich mag das, wenn die Zeiten gewechselt werden z. B. sehr gerne. Das Buch beeinhaltet sowohl Fantasy-Elemente wie auch Elemente von historischen Romanen, was ich auch sehr gerne mag...


    Ja, das hat mir auch bei RITUS und SANCTUM so gut gefallen.

  • Danke für die Rezi. :wave


    Ich denke ich werde dieses Buch mir wohl bald kaufen. Hört sich wirklich sehr verlockend an. Und wenn Hazel es gut finde, noch ein Kaufgrund mehr. Das scheint ja ein Buch für mich zu sein. :-]

  • Zitat

    Original von Jenks



    Ja, das hat mir auch bei RITUS und SANCTUM so gut gefallen.


    Mir auch :knuddel1


    Edit: Mich nervt es total, dass ich zur Zeit nicht zum Lesen komme, ich will doch wissen, wie's in dem Buch weitergeht... [SIZE=7]Dumme Klausuren!!! :fetch[/SIZE]

  • Dazu gibt's übrigens schon ne Fortsetzung:


    Teufelshatz. Die Chroniken des Hagen von Stein 02 - André Wiesler


    Inhalt:


    Im Oktober kommt das der dritte Teil "Wolfsfluch" heraus...