'Im Westen nichts Neues' - Kapitel 04 - 06

  • Frettchen : Aus welcher Zeit stammen diese Erfahrungen, die Dir berichtet wurden? Ich war dort Ende der 80er und die DDR existierte gerade noch. Jahrelang zuvor hatten wir uns schon in der Schule über die bevorstehende Zeit unterhalten. Gefreut hat sich niemand und als Spaß hat das auch niemand angesehen. Damals gab es noch Drill, Schikane, Gruppenbestrafungen und andere Repressalien. Mein Bruder war noch zwei Jahre vor mir dort und hat auch einen Suizid miterlebt. In meiner Zeit hat jemand dessertiert und wurde unehrenhaft entlassen - mit Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis. Spaß? Eher Sarkasmus, um den Mist zu ertragen.


    In den 60ern und 70ern war dies alles noch ganz anders und viel härter, da wurde wirklich noch geschliffen. Aber nur durch Druck wird ja aus Kohle ein Diamant, ja ja.


    Ein wenig erzählt Sven Regners "Neue Vahr Süd" von dieser Zeit.

  • Erschreckend waren für mich die Berichte in Jürgen Fuchs "Fassonschnitt". Die gleiche Sinnlosigkeit. Von der NVA hätte man das ja erwartet, ich habe dies aber ca. 15 Jahre später bei der Bundeswehr erlebt.


    In den 90ern war es sicher alles nicht einfacher, da dann die Bedrohungsszenarien zugenommen hatten. Ich selbst war sogar nur Sanitäter und meine Kompanie "durfte" damals einen Castor-Transport begleiten. Ein Freund hingegen kreuzte auf einem Flugzeugträger in der Adria vor Jugoslawien und ein anderer war in Sarajevo. Aber allein der Wehrdienst hatte damals sehr viele schon an den Rand der Belastbarkeit gebracht. Es ist aber alles auch eine Frage der Möglichkeiten. Hätte ich die Wahl, dann natürlich lieber Wehrdienst als diese Fronterfahrungen wie in Remarques Buch, das ist keine Frage. Bei weiter Wahlmöglichkeit lieber gar nichts. Und in den 80ern war das Verweigern noch nicht so einfach wie später. Zu meiner Zeit wurde die Wehrzeit gerade verlängert, da wurde jeder gebraucht und eingezogen.

  • Ohne auf die Diskussion einsteigen zu wollen, warum es Kriege gab und gibt und geben muss(te), im Sinne der Dummheit der Menschen (einiger); dieser Abschnitt hat mich fertig gemacht.


    Diese Bilder werden mir wohl ewig im Kopf bleiben, das Buch mich für immer begleiten: der Mann, der mehr als zwei Tage ruft und einfach nicht gefunden wird; der Schmetterling, der sich auf den Zähnen eines Schädels niederlässt; der Junge, der sich vor Angst in die Hosen macht... und Paul, der all dies mitansieht und sich duckt, um nicht nachdenken zu müssen.


    Ich glaube, ich war ein paar Mal kurz davor, mich zu übergeben. Das ist mir auch noch nie zuvor passiert. Bin dann dazu übergegangen, beim Lesen hektisch Katjeskinder zu kauen. Aber geschmeckt habe ich sie nicht. Es ging wohl eher darum, den inneren Druck zu kompensieren.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

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  • Ich fand erschreckend, wie sie eigentlich nur auf den tod warten, und michts dagegen unternehmen .


    Höchstens noch überlegen , wie sie was zu Essen kommen, das Vorstossen ins feindliche lager, um endlcih wieder etwas zu essen bekommen.

  • Zitat

    Original von Macska
    Und dann die Frage nach dem Frieden und was man dann am liebsten machen würde. Während die älteren Kriegsteilnehmer schon mitten im Leben durch Familie und Beruf standen, hängen die Jungs um Paul vollkommen in der Luft. sie haben einfach keine Perspektive, weil sie durch den Krieg verdorben sind und ihre Unbedarftheit verloren haben.


    War es nicht Hemingway, der das Wort von der "lost generation" prägte? Treffender kann gar nicht formulieren. Sie sind verloren, weil sie verloren haben, ihre Träume, ihren Glauben (nicht unbedingt in religiöser Hinsicht, sondern sozusagen an das Gute im Menschen), auch ganz schlicht ihren Halt in erprobten Ritualen und Traditionen. Was kann noch gelten, wenn menschliches Leben, als eines der höchsten Güter propagiert, derart "an Wert verliert"?