Douglas Coupland - Eleanor Rigby

  • Titel: Eleanor Rigby
    Autor: Douglas Coupland
    Verlag: Hoffmann und Campe
    Erschienen: Oktober 2006
    Seitenzahl: 269
    ISBN-10: 3455400078
    ISBN-13: 978-3455400076
    Preis: 18.95 EUR


    Douglas Coupland wurde 1961 auf einem kanadischen NATO-Stützpunkt geboren, in der Nähe von Baden-Baden. Bekannt wurde er vor allen Dingen durch seinen Roman „Generation X“. Er lebt in Vancouver, Kanada.


    Mich einmal weit aus dem Fenster lehnend behaupte ich ganz einfach, dass jemand, der die Bücher von John Irving mag, auch „Eleanor Rigby“ mögen wird.
    Erzählt wird die Geschichte der übergewichtigen Liz Dunn, einer fatalistischen Frau, die ein ereignisloses Leben lebt. Ist es aber wirklich so ereignislos, wie es scheint? Mitnichten! Eines Tages klingelt ihr Telefon und nach diesem Telefongespräch ist nichts mehr so wie es einmal war. Ein junger Mann wurde ins Krankenhaus eingeliefert, offenbar mit einer Überdosis. Dieser junge Mann ist ihr Sohn Jeremy den sie gleich nach der Geburt zur Adoption freigegeben hatte.
    In Rück- aber auch in Vorblenden erfährt der Leser so nach und nach die ganze Geschichte. Liz beginnt neu zu leben, auch wenn ihr nur vier Monate mit ihrem Sohn geschenkt werden.


    Auch Douglas Coupland besitzt die Gabe, die Skurrilität zur Normalität werden zu lassen. Oder ist das was wir schlechthin als Normalität bezeichnen in Wirklichkeit nur skurril? Coupland hat etwas zu erzählen und er erzählt. Vor allen Dingen kann er erzählen. Er stümpert und stolpert sich nicht durch den Text, vielmehr hat man das Gefühl, er schreibt so wie ihm der Schnabel gewachsen ist. An keiner Stelle wird das Buch langweilig oder uninteressant, immer passiert etwas, manchmal das was man als Leser vielleicht erwartet aber eben auch das was man eben nicht erwartet. Ein Buch voller wunderbarer Einfälle und Überraschungen. Coupland gelingt es, seinen Figuren so etwas wie „Lebendigkeit“ zu geben, sie wirken menschlich ohne dabei aufdringlich zu sein, sie kennen offenbar alle ihren Platz in dieser Geschichte.


    Der INDEPENDENT schrieb „Ein Roman voll hinreißender Überraschungen, den man nicht vergisst“. Recht hat er, der INDEPENDENT.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • O, man!


    War ich das? :lache


    Schöne Rezi!


    Ich konnte auch nach der Lektüre dieses Buchs mal wieder nicht entscheiden, ob ich Coupland mag oder nicht.
    Seine Bücher lesen sich wunderbar. (Bei MicroSerfs muß ich persönlich eine Ausnahme machen, das habe ich nicht verstanden. Liegt wahrscheinlich an der Technik, nicht mein Gebiet ;-) )
    Jedenfalls: sie lesen sich wunderbar.
    Man glaubt beim Lesen jedes Wort. Alles ist verflixt echt. Man nimmt ihm nicht mal die Markennamen übel (die hier für einmal seltener vorkommen als sonst). Man sieht einfach ein ganz vertrautes Bild einer völlig vertrauten Welt vor sich, man fühlt sich zuhause und wenn da ein Meteorit runterkracht (so wie der, der neben Liz aufschlägt) ist das okay. Ebenso okay wie ein Serienmörder, nach 25 Jahren plötzlich auftauchende Kinder und die große Liebe.
    In der Rückschau denke ich jedesmal: so ein UNSINN.
    :grin


    Untermischt - oder ist das die Hauptsache? - sind intersannte und treffend formulierte Reflexionen übers Jungsein, über das Dasein überhaupt, über Sehen und Blindheit, über Alleinsein und Einsamsein in dieser Gesellschaft.


    Der Titel des Buchs, das sollte man dazusagen, geht tatsächlich auf den Beatlessong zurück und war, laut einem Interview mit Coupland, auch der Anlaß für das Thema des Buchs. Er wollte wissen, so sagt er, wie das so ist mit den Einsamen.
    All the lonely people where do they all come from?


    Von Liz wissen wir es jedenfalls, wenn wir dieses Buch gelesen haben. Es ist eine äußerst interessante Geschichte.
    Komplett plemplem, hätte man früher gesagt und zugleich überzeugend.


    Sehr tröstlich jedenfalls, daß wir auch noch erfahren, wohin Liz geht, genauer gesagt: fliegt. Über den Wolken fällt einer dabei gleich der nächste Song ein, aber das kann Coupland wiederum nicht wissen. Oder?


    Eigentlich sind mir seine Schlüsse zu versöhnlich. Seine Themen oft auch. Familie, I ask you! Wie unmodern. ;-)
    Aber Coupland nehme ich so ziemlich alles ab. Weil er so bestrickend erzählen kann.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Auf den ersten Blick ist es eine traurige Geschichte, die Liz zu erzählen hat. Von ihrer Familie selbst als uninteressant abgetan, traut sie sich und ihrem Leben keine Überraschungen zu. Doch dann kommt sie doch, die Überraschung. Ein jugendlicher Fehltritt erweist sich als unerwarteter Glücksfall, als Jeremy in Liz' Leben tritt und es total umkrempelt. Bzw, eigentlich krempelt Liz selber, denn sie erwacht aus ihrem Dornröschenschlaf und ist selbst überrascht über ihre Aktionen. Und das Leben hat noch was in petto für die unscheinbare Heldin.


    Wir sind immer dicht dran an Liz, wir kommen ihr sehr nahe. Und Coupland schreibt frei von der Leber weg in einem Rutsch, das man das Buch einfach so weglesen kann.


    Einfach ein schönes Buch! :-)