Die Moral der Frauen - Fay Weldon

  • Die Moral der Frauen, Fay Weldon, Orig.titel "She May Not Leave", Übersetz. v. Sabine Hedinger, Deutscher Taschenbuch Verlag, November 2007, 302 S., ISBN 978-3-423-24632-3


    Zur Autorin: lt. Klappentext
    Fay Weldon, 1931 in England geboren, Romancière und Kulturjournalistin, ist eine der "unterhaltsamsten und provokantesten Gegenwartsautorinnen" (Sunday Telegraph). Ihr pointierter lässiger Stil, der sich durch Empathie und Scharfblick auszeichnet ist des "Teufelsweibs" Markenzeichen. Weldon gilt als Expertin für Lebenslügen und weibliche Rollenspiele. Ihr umfangreiches Werk wurde vielfach prämiert und in dreiundzwanzig Sprachen übersetzt. Die meisten ihrer Romane sind im dtv erschienen.


    Ihr bekanntester Roman "Die Teufelin" wurde auch verfilmt.


    Meine Meinung
    Mit ihrem neuen Roman „Die Moral der Frauen“, im englischen Original erschienen unter dem Titel „She May Not Leave“, liefert Fay Weldon wieder einmal eine tiefschwarze, bitterböse Komödie ab. Sie thematisiert die Problematik von Frauen zwischen Mutterglück und Drang zu Selbständigkeit und Selbsterfüllung, die zwangsläufig eine nicht spezifisch weibliche Problematik ist, sondern die ganze Familie betrifft.


    Hattie lebt in eheähnlicher Gemeinschaft mit Martyn. Nachdem ihr gemeinsames Kind Kitty ein halbes Jahr alt ist, zieht es sie wieder zurück in den Beruf – nicht nur wegen der finanziellen Einschränkungen, welche die kleine Familie auf sich nehmen muss, aber auch deswegen. Vor allem aber, weil Häuslichkeit inzwischen zu einem monströsen Gespenst für sie geworden ist. Doch wie soll das funktionieren? Die drei weiteren weiblichen Generationen der Familie stehen zwar hinter ihr, bieten aber keine Lösung. Ein Au-pair muss her und so kommt die Polin Agnieszka in den kleinen Haushalt. Zunächst erscheint dies als perfekte Lösung, Hattie steigt wieder in der Literaturagentur ein, in der sie früher gearbeitet hat, die Finanzen des Haushalts verbessern sich, die Stimmung im Haushalt verbessert sich und Hattie und Martyn haben wieder mehr Zeit miteinander. Und mehr Lust aufeinander. Doch nach einiger Zeit zeigt sich, dass Agnieszka ihren eigenen Kopf und wenig Skrupel hat, und dass die wunderbare Lösung ihre Nebenwirkungen mit sich bringt...


    Die Geschichte von Hattie und Martyn wird von Hatties siebzigjähriger Großmutter Frances erzählt. Die scharfzüngige, viermal verheiratete Galeriebesitzerin hat ihren eigenen Kummer, da ihr Mann Sebastian wegen Drogenhandels inhaftiert ist. Vom Leben immer wieder gebeutelt, steckt sie voller Lebensweisheiten und beobachtet und kommentiert ironisch den Alltag ihrer geliebten Enkelin Hattie,vergleicht diesen mit ihrer eigenen Vergangenheit und zeigt uns, wie es zur Entwicklung einer scheinbar aufgeklärten, aber in Ehrgeiz, Lügen und Selbstbetrug gefangenen Generation kam.


    Fay Weldon spielt in ihrer Satire mit Klischees und steuert ihre Akteure unaufhaltsam in eine Entwicklung, die dem Leser schon unerträglich vorhersehbar erscheint. Dann jedoch überrascht Sie im Finale mit einer moralischen Wendung, auf die wohl kaum jemand kommt. Ihr Erzählstil ist locker, spritzig, intelligent, wortgewandt, respektlos, ironisch bis zynisch und ihr Thema sicher für manchen, der in einer derartigen Lebenssituation steckt kaum zu ertragen. Leider konnte mich die Vergangenheit von Frances und ihren Verwandten so gar nicht fesseln, so daß mir der Weg zum Finale doch zeitweise lang wurde.


    „Die Moral der Frauen“ ist eine bitterböse Satire, bei der es auch um die Moral von Männern geht, mit einem absolut überraschenden Finale, auch wenn es lange nicht so scheint. Momente des Lachens, werden von vielen Momenten abgelöst, in denen dem Leser förmlich das Lachen im Halse stecken bleibt.

  • Von Fay Weldon habe ich schon vieles gelesen, das meiste davon hat mir auch gut gefallen (bisheriges Highlight: Das Haus auf dem Lande). Auf dieses Buch bin ich auch schon sehr gespannt. Danke für die Rezi!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich habe schon lange nichts mehr von Fay Weldon gelesen und war ebenso neugierig auf diesen Roman wie skeptisch. Was mir z.B. supergut gefallen hat ist „Das Haus auf dem Lande“. „Die Teufelin“ hingegen war zwar ebenfalls grandios, mir aber zum Ende hin doch ein wenig zu sehr überspitzt.


    Jetzt also „Die Moral der Frauen“, in dem es um die Beziehung zwischen Hattie, ihrem Lebensgefährten Martyn und ihrem Au Pair Mädchen Agnieszka geht. Es geht aber natürlich nicht nur um diese Beziehung, sondern zwischen den Zeilen geht es um viel mehr. Es geht um den Zwiespalt zwischen Mutterdasein und Beruf, Selbstaufopferung und Karriere und auch um moralische Ansprüche, die man an sich selbst stellt und die die Gesellschaft an einen stellt. Fay Weldon ist ja – zumindest in meinen Augen – eine Autorin, die zwischen den Zeilen mindestens noch einmal so viel erzählt, wie sie mit Worten tut und dies zu entdecken, all diese unausgesprochenen Wahr- und Bosheiten, macht zumindest mir meist einen Höllenspaß.


    Erzählt wird die Geschichte von Hatties Oma Frances, einer unkonventionellen Frau – ihr Mann sitzt wegen Drogenhandels in Holland im Knast – die ihre ganz eigenen Ansichten zum Thema Leben im Allgemeinen und dem Leben ihrer Enkelin im Besonderen hat.


    Hattie also lebt mit Martyn zusammen. Ihr Dasein als Mutter füllt sie nicht so wirklich aus und auch das Geld ist knapp. Also beschließt sie, sich ein Au Pair zu suchen und in den Beruf zurückzukehren – ein Vorhaben, das von Martyn erst sehr misstrauisch beäugt wird. Aber dem Argument des zusätzlichen Verdienstes kann er einfach nichts entgegensetzen und so kommt die patente Agnieszka ins Haus und macht sich von der ersten Minute an unentbehrlich….


    Wie Pelican schon schrieb, meint man, das Ende schon riechen zu können. Doch das Ende wartet noch mit einer „netten“, kleinen Überraschung auf….


    Der Roman ist mitreißend, beißend, sarkastisch, tiefschwarz und bitterböse geschrieben. Und auch, wenn ich ebenfalls zwischendurch einige Längen fand, war er gut wegzulesen. Allerdings muß man in der Stimmung sein, sich an tiefschwarzem Humor zu erfreuen – ich mag so was nicht immer haben.


    Denn – auch das muß man wissen – Fay Weldon ist zynisch bis zum Umfallen. Wie Pelican schon schrieb: Es gibt Momente, in denen man schallend lacht – was einem bereits beim nächsten Umblättern aber schon wieder im Halse stecken bleibt. Trotz allen (Wort-)Witzes also keine leichte Kost.


    Mir hat es dennoch alles in allem gut gefallen!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Danke cat für diese schöne Rezi :-). Ich habe es vor kurzem von meiner Schwägerin geschenkt bekommen und dachte zuerst es ist so gar nichts für mich. Jetzt wandert es dank Dir wieder weiter hoch in meiem Sub :-).

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Hmm, schwierig, aber ich versuche es mal:


    Meine Meinung:


    Ich weiß nicht, ob ich die falschen oder zu hohe Erwartungen hatte, aber ich schlug die letzte Seite etwas enttäuscht zu. Ja, es war unerträglich vorhersehbar und das Ende war zwar nicht vorhersehbar, aber irgendwie unerträglich. Fand ich zumindest. Bitterböse und schwarzhumorig - auch das kann ich nicht wirklich so unterschreiben, zwar fand ich die eigenwillige erzählende Großmutter wirklich klasse, aber im Gegensatz zu "Großmama packt aus" stellt sie doch eher die lammfromme Variante dar (ich weiß, das KANN man eigentlich nicht vergleichen, aber dieser Vergleich drängte sich mir des öfteren beim Lesen auf). Nichtsdestotrotz "hörte" ich ihr gerne beim Erzählen zu und fand auch ihre Geschichten aus der Vergangenheit sehr unterhaltsam und - anders als Pelican - teilweise unterhaltsamer als die Geschichte um Hattie und Martyn (den ich für ein solches **** halte, dass ich.... :bonk). Alles in allem war das ganze Buch aber doch sehr kurzweilig, das man flott weglesen kann, und für einige Stunden gute Unterhaltung sorgt, aber ich hatte mir mehr Überraschungen erhofft, die dann aber bis zum Schluss auf sich warten ließen.


    Da ich nicht weiß, inwiefern meine Erwartungen eben falsch oder zu hoch waren, gebe ich 7 Punkte! :wave


    P.S.: Ein Satz aus dem Buch hat es allerdings in meinen aktiven Wortschatz geschafft, und zwar:
    "Selbständig zu sein, heißt ja erst einmal, die Steuern fürs letzte Jahr zu erwirtschaften."
    Wie wahr, wie wahr! :lache