Isaacs Sturm - Erik Larson

  • Das Buch zum Sturm oder ein würdiges Denkmal für die vergessenen Toten eines der schlimmsten Hurrikane der Geschichte.




    376 Seiten, gebunden
    Originaltitel: Isaac’s Storm
    Übersetzt von: Bettina Abarbanell
    Verlag: S. Fischer, Frankfurt/M., 2000
    ISBN-13: 978-3-10-044806-4 (ISBN-10: 3-10-044806-5)




    Für mich war das kein gewöhnliches Buch, ich habe darum keine gewöhnliche Rezension (im Sinne von Kurzinhalt / Autor / Eigene Meinung) zustande gebracht, wofür ich um Nachsicht bitte.



    Kurzinhalt lt. Vierter Umschlagseite
    Erik Larson erzählt die tragische Geschichte vom Scheitern eines Mannes im Kampf gegen eine der verheerendsten Naturkatastrophen seit Menschengedenken. Eine fesselnde Parabel auf Optimismus, Technologiegläubigkeit und Hybris eines noch jungen Jahrhunderts. (Und wüßte ich es nicht besser, meinte ich, es ginge um das 21. Jahrhundert.)


    Kurzinhalt lt. Klappentext
    Am Morgen des 8. September 1900 erwacht Isaac Cline, der örtliche Meteorologe von Galveston in Texas, mit einem mulmigen Gefühl. Dumpf und bedrohlich hatte er nachts den Wellengang in einem ungewohnten Rhythmus vernommen. Isaac macht sich auf den Weg zum Strand, um Windstärke, Temperatur und Luftdruck zu messen, aber außer der merkwürdig hohen Dünung bei ablandigem Wind kann er nichts Ungewöhnliches feststellen. Seiner tiefen Unruhe zum Trotz beschließt Isaac, sich auf die brandneuen meteorologischen Instrumente zu verlassen ...
    Isaac Clines Fehleinschätzung hat fatale Folgen: Am Abend desselben Tages ist das friedliche und wohlhabende Galveston von einem Hurrikan nie gekannten Ausmaßes dem Erdboden gleichgemacht. Isaac Cline überlebt die verheerende Naturkatastrophe mit einem gewaltigen Verlust. Tagelang irrt er durch die Straßen auf der Suche nach seiner schwangeren Frau. Zwischen den Ruinen treiben die einstigen Besitztümer der Bürger von Galveston, und ein entsetzlicher Geruch wird noch für Wochen in der Luft hängen. Acht- bis zehntausend Menschen haben in diesem Sturm den Tod gefunden.
    Erik Larson erzählt nicht nur das wahre Schicksal Isaac Clines und der Menschen von Galveston, sondern parallel dazu die „Biographie“ von Isaacs übermächtigem Gegenspieler, die mit dem Zusammentreffen dreier Winde irgendwo über dem Golf von Guinea beginnt.
    Ein aufregendes Buch über die Gewalt der Natur und die tragische Geschichte Isaac Clines, das zugleich eine Parabel auf Optimismus und Technologiegläubigkeit zu Beginn unseres Jahrhunderts ist.
    Gemeint war zwar das 20. Jahrhundert. Aber auch im 21. Jahrhundert hat sich daran nichts geändert, im Gegenteil ...
    Immer wieder eingeflochten sind Informationen über das Entstehen von Hurrikans, die Geschichte der Meteorologie , Wetterverhalten sowie frühere Unwetterkatastrophen.


    Über den Autor (lt. Buch)
    Erik Larson schreibt für das Time Magazine. Zuvor war er lange Jahre Reporter für das Wall Street Journal und hat außerdem für Magazine wie Harpers, The Atlantic, The New Yorker und[/i]the New York Times Magazine[/i] gearbeitet. Larson unterrichtet das Schreiben von Non-Fiction an der John Hopkins University, Baltimore, und an der San Francisco State University. Er ist Autor zweier Bücher und lebt mit seiner Frau und drei Töchtern in Seattle.
    Hier klicken für die Biograpie des Autors im englischen Wikipedia (im deutschen habe ich keinen Eintrag gefunden)
    Hier klicken für den Eintrag bei Wikipedia über den Galveston-Hurrikan



    Der Inhalt in Kurzzitaten
    - Es war sogar die Rede davon, das Wetter zu kontrollieren - Hagel mit Hilfe von Kanonenschüssen zu bändigen und Waldbrände zu entfachen, um Regen zu erzeugen. (Seite 16)
    - Dies ist die Geschichte Isaacs und seiner Epoche, der letzten Jahrhundertwende, als die Hybris des Menschen sie glauben ließ, daß sie sich über die Natur selbst hinwegsetzen könnten. (Seite 29)
    - Was war angesichts der Hybris dieses Zeitalters schon ein einfacher Hurrikan? (Seite 102)
    - (Beratungen in Galveston zum Bau eines Schutzwalls nach verheerenden Unwettern mit vielen Toten, die Indianola zerstört hatten) Der Staat bewilligte schließlich sogar eine Anleihe. „Doch das," schrieb Hartrick, „war einige Monate nach der Flut, und da sagte man sich bereits, ach was, eine zweite kriegen wir niemals - also wurde nicht gebaut.“ - „Kein Wirbelsturm,“ schrieb er (Isaac im Jahre 1891, Anm. von mir), „könnte eine Flutwelle erzeugen, die imstande wäre, der Stadt substantiellen Schaden zuzufügen.“ (Seite 111)
    - (...) Abermals schneiderten sie sich die Fakten so zurecht, daß sie ihren Erwartungen entsprachen. sie wußten gerade genug, um zu glauben, daß sie nichts zu befürchten hätten.
    Doch der Sturm zog nicht gen Norden.
    Das Amt hatte die wahre Bedeutung der Geschehnisse in Key West nicht erkannt. (...) (Seite 144)
    - (...) Die Vorstellung, seine eigenen Kinder sterben zu sehen, war für sie auf einmal sehr real geworden.
    Wen sollte man retten? Sollte man versuchen, nur ein Kind zu retten oder alle - mit dem Risiko, daß schließlich keines überlebte? Sollte man eine Tochter oder einen Sohn retten? Das kleinste oder das erstgeborene Kind? Sollte man den Sonnenschein retten, der einem am frühen Morgen schon das Herz erwärmte, oder den pubertierenden Sohn, der einem jeden Tag zur Hölle machte - sollte man vielleicht gerade ihn retten, weil alles in einem danach schrie, das andere, das liebe Kind zu retten?
    Und wenn man keines retten konnte, was dann?
    Wie lebte man dann weiter? (Seite 227)
    - Um 19 Uhr 30 drehte der Wind erneut, diesmal von Ost nach Süd. und er beschleunigte sich noch einmal. Er raste durch die Stadt wie ein Postbote, der Dynamit auszutragen hat. Stetige Winde müssen eine Geschwindigkeit von etwa 240 Stundenkilometern erreicht habe, Böen vermutlich 300 Stundenkilometer und mehr.
    Das Meer kam hinterher.
    Galveston verwandelte sich in Atlantis. (Seite 247)
    - Louise Hopkins sollte nie mehr die Verzweiflung in der Stimme ihrer Mutter vergessen, als diese sagte: „O Gott, warum sind wir nicht alle mit untergegangen.“ (Seite 290)


    Meine Meinung


    Die Geschichte ist bisweilen grausamer als Geschichten. Vor Jahren wurde ich selbst (bzw. mein Auto) Opfer eines Sturmes, und hatte Jahre mit mentalen Problemen zu kämpfen, wenn ein Wind aufkam. Dieses Buch berichtet von einer Tragödie, in dessen Vergleich der Wind, der unser Haus teilweise abdeckte, ein leichtes Säuseln war. Minutiös wird der Ablauf der Geschehnisse im August 1900 (als der Hurrikan entstand) bis zum bitteren Ende am 8. September, das auch das Ende der Pläne und Hoffnungen der Stadt Galveston war, nacherzählt. In sachlicher, nüchterner, fast schon neutraler Sprache. Allein die Fakten sprechen, belegt durch unzählige Quellenangaben im Anhang, mit Hinweisen zum Vorgehen bei der Recherche sowie einem ausführlichen Literaturverzeichnis. Mehr brauchte es auch nicht, um das unvorstellbare Grauen wieder zum Leben zu erwecken, um das Wasser brüllen, den Wind toben und die Menschen schreien zu hören.


    Das Buch berichtet von Machtgier und Arroganz von Behörden bzw. Menschen, die viele Tausende das Leben kostete. Es berichtet von der angeblichen Überlegenheit des Menschen über die Natur, seinen Glauben daran - und sein letztliches Scheitern.


    Mir kam das alles sehr vertraut vor, und wäre nicht immer mal wieder die Jahreszahl 1900 aufgetaucht, ich hätte mich in unserer Zeit gewähnt.


    Der Wetterdienst hatte lt. den Aussagen seines Chefs Willis L. Moore wie immer hervorragende Arbeit geleistet und den Sturm treffend vorausgesagt. Die damaligen Zeitungen, weit weg vom Ort des Geschehens, glaubten diesen Aussagen natürlich. „Nur wenige stellten die offensichtliche Frage: Wenn das Amt so hervorragende Arbeit geleistet hatte, warum mußten dann so viele Menschen sterben? In Galveston waren mehr Menschen ums Leben gekommen als bei irgendeiner Naturkatastrophe in den Vereinigten Staaten je zuvor (...). „ (Seite 311)


    Erik Larson hat diesen Menschen ihre Würde wieder zurückgegeben und ihnen das seit langem überfällige Denkmal gesetzt.



    Kurzfassung:
    Ein nüchterner und sachlicher, darum um so mehr aufwühlender Tatsachenroman um eine der gewaltigsten Naturkatastrophen seit Menschengedenken. Und darüber, wie Machtkämpfe und Kompetenzgerangel für den Tod Tausender von Menschen verantwortlich wurden. Ich kann das Buch uneingeschränkt empfehlen. Aber man sollte starke Nerven, und vielleicht das eine oder andere Taschentuch bereit halten. Denn es ist kein Roman. Es ist ein Tatsachenbericht.


    ASIN/ISBN: 3100448065



    Edit: Schreibfehler berichtigt. / Edit 2 aktualisiert

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Hier der Link zur englischen Ausgabe, die ich mich persönlich allerdings wegen der vielen Fachausdrücke derzeit nicht ohne die deutsche daneben zu lesen getrauen würde.


    ASIN/ISBN: 0609602330

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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