Dtv, Broschiert, 219 Seiten, 2007
Handlung (Klappentext):
Im April 1901 hat Fräulein Dr. Clara Immerwahr mit dreißig Jahren den Höhepunkt ihrer akademischen Karriere erreicht: Sie ist unbezahlte Laborassistentin in Breslau. Auf einem Kongress begegnet sie Privatdozent Dr. Fritz Haber, der schon in der Tanzstunde für sie geschwärmt hat. Den ersten Heiratsantrag lehnt sie ab, aber dann erhört sie den aufstrebenden jungen Chemiker, der verbissen an seiner Karriere arbeitet. 1914 wird Haber ins Kriegsministerium berufen und arbeitet an der Entwicklung von Kampfgas. Den Einsatz an der Westfront überwacht er persönlich und kehrt als bejubelter Held in die Heimat zurück. Aber Clara kann sich über den Tod von über zwanzigtausend Menschen nicht freuen. Sie leidet darunter, dass ihre Wissenschaft jetzt dem Krieg dient.
Zur Autorin:
Sabine Friedrich, 1958 in Coburg geboren, studierte Germanistik und Anglistik und promovierte 1989 in München. Nach zahlreichen Wohnungs-, Orts- und Berufswechseln quer durchs In- und Ausland lebt sie heute mit ihrer Familie wieder in Coburg.
Von ihr sind bisher folgende Romane erschienen: Puppenhaus, Die wunderbare Imbissbude, Nachthaut, Das Eis, das bricht, Familiensilber.
Meine Meinung:
In diesem Roman geht es um den Lebensweg der Clara Immerwahr, eine deutsche Wissenschaftlerin jüdischer Herkunft Anfang des 20. Jahrhunderts, Ehefrau von Nobelpreisträger Fritz Haber.
Es spielt in Breslau von 1870 bis 1915, also die komplette Lebenszeit Claras Immerwahr. In Erinnerungen geht Clara bis in ihre Kindheit zurück, in der sie anfängt sich für Chemie zu interessieren und in ihr Studium, wo sie schon ihren späteren Mann kennen lernt. Sie wird Wissenschaftlerin und Gegnerin des Einsatzes von Chemikalien im Kriegseinsatz.
Erzählt wird in Reflexionen und nicht linear.
Dieses Leben der historischen Person hat die Autorin nicht nur gut recherchiert, sondern auch die wissenschaftliche Welt und Gesellschaftlichen Zustände dieser Zeit ausführlich erfasst.
Das Thema wird für meinen Geschmack aber durch den Stil, der größtenteils aus Rückblick und Erinnerung schöpft und weitgehend ohne Dialoge auskommt, zu abstrakt behandelt.
Der Charakter Clara Immerwahr kommt mir, zumindest am Anfang, nur schwer nahe und ihre Außenseiterrolle als weibliche Wissenschaftlerin unter Männern wird nicht so gezeigt, dass mir ihre Gefühle ein Mitleiden auslösen. Es bleibt also eine Distanz zur Hauptfigur, ganz so als würde ich eine Biographie lesen. Das es sich aber doch nicht wie ein Sachbuch liest, bewirkt kurioserweise dann doch wieder der ungewöhnliche, sorgfältig gearbeitete Stil, der leicht schwebend, aber nicht zu leicht zugänglich ist und dann doch überzeugt. Kalt lässt einen der Stoff sicher nicht und so war ich am Ende doch ganz zufrieden mit dem Buch.
Der Roman ist eine Vorarbeit zu einem Theaterstück. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, es wäre ein Abfallprodukt davon, aber ich glaube schon, dass die Handlung auf der Bühne vielleicht noch besser wirkt als im Roman.
Im Nachwort erzählt Sabine Friedrich noch über Unterschiede zwischen Prosatext und Theaterstück und über Recherche, Fakt und Fiktion zur Person Clara Immerwahr.