Am Strand - Ian McEwan

  • Info für alle, die doch etwas skeptisch sind und kein Risiko eingehen wollen, ein teures Hardcover zu kaufen... Der Titel erscheint im November als TB.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • aaalso, ich hab das Buch gestern fertig gelesen und mir hats ganz gut gefallen :gruebel


    Ich mag die Art, wie McEwan Dinge unausgesprochen lässt und vieles eher zwischen den Zeilen vermittelt.


    Florence und Edward kennen sich eigentlich nur oberflächlich verklärt und in der Hochzeitsnacht kommt deren beider Wahrheit ans Licht.


    Ich fand das sehr spannend und die Szene am Strand war dramatisch und endlich eine Auflösung der gespielten Höflichkeiten.


    Ich hab das übrigens auch so aufgefasst, dass Florence von ihrem Vater missbraucht wurde.

  • Unglaublich wie ein 200 Seiten Büchlein so viel Tragik aufweisen kann. Eine kurze Geschichte voller Missverständnisse, aber leider auch wenig glaubhaft. Klar wurde zu dieser Zeit vieles verschwiegen, aber grösstenteils ist das Problem dieser beiden Frischvermählten sicher die Verklemmtheit der Florence.
    Interessant zum zwischendurch lesen, aber mehr auch nicht.


    Ich glaube übrigens nicht, dass Florence von ihrem Vater missbraucht wurde.

  • Habe gerade das englische Original (On Chesil Beach) ausgelesen. Ich fand das Büchlein gut geschrieben. Gut gefallen hat mir, dass abwechselnd die Perspektive der Frau und die des Mannes geschildert wird. Das es so Menschen wie Florence gibt kann ich mir gut vorstellen. Ob man dann allerdings sofort die Ehe annuliert, ich weiß nicht :gruebel.


    Dann hoffe ich mal, dass mir seine anderen Romane auch besser gefallen.

  • Nach dem großartigen "Saturday" und dem ebenfalls sehr guten "Abbitte" konnte mich "Am Strand" inhaltlich nicht so recht überzeugen, obwohl es stilistisch wieder einmal nichts auszusetzen gibt, das hat McEwan einfach drauf.
    Was die eigentliche Geschichte betrifft, finde ich sie doch - aller strengeren Moralvorstellungen und Prüderien in den 60ern zum Trotz - ziemlich weit hergeholt. Und daß Florence aufgrund des Lesens eines Hochzeitratgebers frigide geworden wäre, wie in diesem Thread behauptet, ist so auch nicht richtig. Sie empfand wohl generell Widerwillen bzw. nachgerade Ekel beim Gedanken an körperliche Intimitäten, die durch die Lektüre noch gesteigert wurden, aber eben bereits vorher vorhanden waren.
    Und die Anspielungen, die McEwan in zwei Nebensätzen macht, habe ich auch so verstanden, daß ein Mißbrauch der damals Zwölfjährigen vorlag. Warum der Autor dies allerdings so nebenbei einstreut und danach mit keinem Wort mehr darauf eingeht, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht wollte er das unrealistische Verhalten so auch nur ein wenig plausibler machen.
    Insgesamt betrachtet von der Sprache her sehr gut, inhaltlich schwach.

  • Bei mir ist es schon wieder eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe und ich war so enttäuscht.
    Alles andere, was ich von McEwan bisher gelesen habe, hat mir gut gefallen. Leider kann ich das von diesem hier nicht sagen.
    Ich fand die Geschichte genauso unglaubwürdig wie die Charaktere.


    Ein totaler Reinfall.

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Ich habe das Buch gerade entsubbt. So schlecht finde ich es nicht. Auf Seite 126/127 deutet der Autor den Missbrauch an.
    Die erste Hälfte des Buches hat mir eigentlich gar nicht gefallen. Die zweite Hälfte, wo Edwards Werdegang geschildert wird, reißt doch einiges raus.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Hm, ich verstehe die vielen negativen Rezis nicht, mir hat das Buch gefallen.


    Ein typischer McEwan. Ich fand die Gedanken und das Handeln der Protagonisten absolut nachvollziehbar und am liebsten hätte ich die beiden Liebenden - und dass sie sich lieben, stand für mich außer Frage - gepackt und geschüttelt und gesagt: so, und nu redet Ihr mal miteinander, dann klappt das auch mit Euch. Der sexuelle Missbrauch in der Kindheit wird nur angedeutet, weil es darum in diesem Buch ja nicht gehen soll, sondern nur verständlicher machen, warum Florence sich so ekelt vor körperlicher Nähe. Letztlich ist das alles doch nur Beiwerk, der Missbrauch, die damaligen Konventionen, für die sehr traurige Erkenntnis: wenn man nicht miteinander spricht, dann hilft auch alle Liebe nichts. so jedenfalls habe ich das Buch empfunden. Tragisch geendet ist es doch nur darum, weil keiner von beiden dem anderen einfach anvertraut hat, was er denkt, befürchtet, hofft, wie er sich fühlt. Und dann fühlt sich die eine vergewaltigt bei einem einfachen Zungenkuss und schon beginnt das Elend. So schnell kann es beim Sex tatsächlich gehen, wenn man nicht miteinander redet. Und wenn dann auch noch einer von beiden da ein Trauma hat, woher auch immer. Dann kann man das nicht überwinden, indem man einfach macht. Sondern indem man offen redet. Und das bringt das Buch für mich eigentlich sehr gut rüber. Verklemmt? Mag sein, aber ich persönlich kann mir die Handlung selbst heute vorstellen, nur dass das Drama sich dann nicht ereignet in der Hochzeitsnacht, sondern schon viel früher, beim ersten gemeinsamen Urlaub oder dem ersten Mal, wo man beim Freund/in übernachten darf.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Besser als "Abbitte". Abbitte fand ich zwar auch klasse, aber für einen McEwan war mir das zu "Mainstream". Zu eingängig, zu offensichtlich, zu normal. McEwan mag ich, weil er eigentlich vieles unausgeschrieben lässt und es dem Leser immer schwer macht, seine Figuren zu verstehen. Aber wenn man sich bemüht, dann versteht man sie, so auch hier. Bei Abbitte hat er mir zu sehr vorgekaut, was ich zu fühlen und denken habe. Wundert mich nicht, dass ausgerechnet das Buch von ihm erfolgreich verfilmt wurde. Ich mag gerade an McEwan, dass es meist auf den ersten Blick nicht so nachvollziehbar ist. Und einen nur berührt, wenn man wirklich bereit ist, sich ganz tief einzulassen auch mal auf Gedanken, die vielleicht auf den ersten Blick irre wirken.


    Ich gebe dem Buch 9 Punkte.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Geht mir doch auch so Frettchen. Ich fand das Buch 8punktewertig. 2 Punkte Abzug für die ersten ca. 75 Seiten. Danach, also die Kindheit und Jugend der beiden skizziert wurde, wurde es richtig gut.
    Auch ich hätte am liebsten beide an einen Tisch gesetzt und so - sprecht über eure Gefühle und Gedanken.
    Aber daran scheitern ja viele Ehen - weil die Leute einfach nicht miteinander sprechen.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein