'Der letzte Harem' - Seiten 383 - 464

  • Zitat

    Original von beowulf
    mancher von uns könnte problemlos so einen liebenswerten Familienvater, Mitglied bei den Rotariern und im Golfclub, zu seinen Bekannten oder gar Freunden zählen.


    Vorsicht, Beo: Rotarier bin ich auch - aber hoffentlich doch kein Taifun... Ansonsten voll d´accord! Das war der Taifun, den ich meinte. Und von dem wir alle ein bisschen in uns haben.

  • Hmmm also da muss ich - aus meiner persönlichen Sicht - doch nochmal widersprechen, oder zumindest Einspruch einlegen... Also zunächst einmal: ich finde es auch nicht unglaubwürdig, dass jemand, der den Befehl zum Abschlachten von Menschen gibt, eine tiefe Liebe zu seiner Frau empfindet - das "Problem" besteht nicht darin, dass es keine menschliche Regung in ihm gibt, sondern darin, wie er andere Menschen beurteilt. Seine Frau - in diesem Fall - ist sein Ein und Alles, eine Königin, etc. Die Armenier sind in seinen Augen nur minderwertig, müssen vernichtet werden, damit sie nicht die eigenen Pläne vereiteln, und da heiligt der Zweck eben die Mittel, und was macht das schon aus, bei diesen Armeniern? Von minderwertig ist es nur ein kleiner Schritt zu lebensunwert und ab da ist die Herabsetzung so groß, dass keine Skrupel entstehen... Kommt uns irgendwie bekannt vor...


    Und dann sehe ich einen himmelweiten Unterschied zwischen dem, der Menschen entlässt und dem, der sie bewusst in einen qualvollen Tod schickt - ich glaube nämlich nicht, dass diese Herabsetzung bei ersterem stattfindet. Hier spielen womöglich bei beiden andere Interessen eine Rolle, aber man muss schon um einiges kaltblütiger sein, um zu morden, zu vergewaltigen und ein Massaker anzurichten....


    Meine Meinung ;-)

  • Ich kann mich dieser Meinung auch nicht anschließen. Taifun ist sicher nicht nur schlecht oder böse, aber die entsprechenden Taten und das mangelnde Unrechtsbewusstsein dazu erreichen doch ein sehr großes Ausmaß.


    Gerade das Beispiel des Unternehmensberaters finde ich daher nicht passend. Wenn ich bei diesem Beispiel davon ausgehe, dass diese Entlassungen nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit zur Sanierung eines Unternehmens geschehen, sondern um eine möglichst hohe Dividente zu erzielen, dann sind hier immer noch große Unterschiede.
    Einerseits qualvoller Völkermord und Taifun sieht bei einem großen Teil vor Ort zu und gibt Befehle, die das Leid der betroffenen Opfer noch vergrößern.
    Auf der anderen Seite ein "Schreibtischtäter", der eine anonyme Zahl aus ihren Arbeitsverhältnis kündigen will.


    Dazwischen liegen meiner Meinung nach Welten.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Worauf ich hinaus will, ist dass ich ziwischen dem Unternehmensberater der an seine Provision denkt wenn er die Entlassung von 6.ooo Mitarbeitern einleitet und Taifun Pascha nur einen Unterschied in der Zeit und deren Umstände sehe...


    Du stellst also einen Unternehmensberater auf die gleiche Stufe wie einen Massenmörder? Demzufolge besteht für dich kein Unterschied zwischen, sagen wir mal, obwohl der Vergleich ebenfalls hinkt, den Attentätern vom 11.09. und einem Berater? Reizend.
    Skrupellosigkeit hat viele Gesichter und ganz sicher besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Mord und der Erstellung eines Kündigungsschreibens.
    Und sooo sehr haben sich die Zeiten nun auch wieder nicht geändert, getötet wird immer noch reichlich, es gibt also bestimmt treffendere Vergleiche.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Zitat

    Original von Kalypso
    Du stellst also einen Unternehmensberater auf die gleiche Stufe wie einen Massenmörder? Demzufolge besteht für dich kein Unterschied zwischen, sagen wir mal, obwohl der Vergleich ebenfalls hinkt, den Attentätern vom 11.09. und einem Berater? Reizend.


    Ich halte Taifun nicht für einen Fanatiker- im Gegenteil für einen Technokraten der Macht und ja- ich bin der Meinung, dass die Technokraten der Macht von heute unter anderen Umständen und anderen Zeiten ob als Verwalter von arisierten Firmen oder als Bankenvertreter mit Zahngold, ob als Reiseveranstalter nach Birma oder als Sklavenhändler im Amerikader 18. Jahrhundert Charakterzüge ähnlicher Art aufwiesen- und ich habe Charakterzüge und nicht Taten verglichen.

  • Derzeit habe ich nur abends Zeit zum Lesen; doch es reichte immerhin, diesen Abschnitt in einem Zug zu lesen. Unterbrechen wäre allerdings auch nicht möglich gewesen. Ich nehme mal an, daß zu den wesentlichen Punkten schon einiges gesagt wurde, so daß ich mir das sparen kann.


    Zitat

    Peter Prange
    Doch gerade die Verletzung des Tabus ist der springende Punkt.


    Dann werde ich jetzt auch mal ein Tabu unserer Gesellschaft verletzen.


    Ich kann mich nicht entsinnen, in der Schule viel über den Ersten Weltkrieg und dessen Teilnehmerstaaten gehört zu haben, und auch später habe ich nichts darüber gelesen. Insofern war die Verwicklung der Türkei dahinein für mich neu. Von dem Völkermord an den Armeniern habe ich erst erfahren, als das im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei immer mal wieder thematisiert wurde.


    Ich habe bisher nur ein KZ (Dachau) besucht, das waren etwa 45 Minuten,und ich werde nie wieder eines betreten. Es war so schlimm, daß ich Jahre brauchte, das Gesehene zu verdrängen, denn verarbeiten ging nicht. Und noch immer, obwohl das gut über 15 Jahre her ist, kommen manche Dinge hoch. Das, was ich in diesem Buch über die Behandlung der Armenier durch die Türken gelesen habe, erinnert mich sehr stark an diesen KZ-Besuch, und auch an all das, was ich über die Behandlung der Juden durch die Nazis weiß bzw. gelesen habe. Um es mal makaber auszudrücken: jetzt weiß ich, wo die Nazis ihr Handwerk gelernt haben. Und ich bin mehr als entsetzt, daß das von der Welt so völlig vergessen wurde und ignoriert wird.


    Meine Meinung sollte klar sein, mehr schreibe ich jetzt erst mal nicht, weil ich nicht sicher bin, ob ich unter dem Eindruck des gerade Gelesenen in der Lage bin, das in einer Form zu tun, die in einem öffentlichen Forum vonnöten ist.


    An dieser Stelle ein ausdrückliches Dankeschön an Peter, daß er die wirklich schlimmen Szenen so geschrieben hat, daß ich nicht nächtelang unter Alpträumen und Schlimmerem leiden werde! :anbet


    Zu der früheren Diskussion zum Thema „Politik“ findet sich übrigens im Buch auf Seite 446 die passende Antwort. “Glauben Sie mir, wir tun, was wir können, aber ich fürchte, wir müssen uns in Unabänderliche fügen.“ Es ist genau diese Einstellung der Politiker gestern wie heute, die mir die Politik restlos verleidet hat, um nicht schlimmere Worte zu gebrauchen. Aktuelles Beispiel gefällig? Birma. Das Volk steht auf, die Militärs schießen - und die Welt schaut zu. Und unsere Politiker überall auf der Welt „tun, was sie können, aber sie müssen sich ins Unabänderliche fügen.“ Hat nicht mal jemand sinngemäß gesagt „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte?“ Dem kann ich mich nur anschließen.


    Übrigens bin ich, im Gegensatz zu Beowulf, der Meinung, daß die Kernaussage des Buches auf Seite 457, nämlich dem Anfang des 21. Kapitels, zu finden ist.


    Das habe ich geschrieben, ohne die anderen Posts gelesen zu haben. Dazu komme ich wohl erst morgen. Edit. Ergänzung

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Das Zitat vom 30.01.1933 stammt von Max Liebermann, der am Brandenburger Tor wohnte und den Fackelzug der Nazionalsozialisten durch das Brandenburger Tor beobachtete. Es ist nicht sinngemäß, sondern wörtlich richtig wiedergegeben.


    Der Anfang des 21 Kapitels war eine Stelle, die mich auch stark beeindruckt hat- aber der Bezug zu den zwei Hauptfiguren fehlt mir den doch zu stark um dir nicht zu widersprechen.

  • Ich gehe die Posts dieses Freds jetzt in Ruhe durch und schreibe dazu „in der Reihenfolge, wie sie erscheinen“.



    Doch zunächst eine Frage an den Autor:
    Gibt es für die Schilderung des Massakers an den Armeniern zu Ende dieses Teiles ein historisches Vorbild bzw. entsprechende, möglicherweise sogar, Augenzeugenberichte, oder entspricht das der dichterischen Phantasie?


    Vor Jahren habe ich den Western „Das Wiegenlied vom Totschlag“ gesehen. Bei den letzten etwa zehn Minuten habe ich dann die Augen geschlossen, weil ich nicht hinsehen konnte (Abschlachten der Indianer durch die US-Army). Später habe ich die historischen Quellen dazu gelesen. Es war das Massaker an den Cheyenne am Sand Creek. Die realen Geschehnisse damals waren, glaubt man den Augenzeugenberichten, um vieles schlimmer als die im Film gezeigten. Das hatte etwa die „Qualität“ der im Buch beschriebenen Vorgänge.



    Zitat

    Sisi
    Die Kurden scheinen ja auch ein ganz spezielles Wesen zu haben.


    Ja, mit den Kurden habe ich auch so meine Probleme. Es wäre schön (und ich wäre sehr dankbar) wenn Peter ein paar Erklärungen zum historischen Kontext geben könnte. Konkret: was hatten die Kurden gegen die Armenier? Daß die Türken die Schmutzarbeit gerne anderen überließen (was wohl auf jeden bzw. jedes Volk zutrifft, also hier in diesem Zusammenhang kein Vorwurf sein soll), kann ich nachvollziehen. Aber warum die Kurden? Das hat sich mir nicht erschlossen.



    Zitat

    Beowulf
    (...) und ich einfach vergleiche mit dem wie die Engländer in dieser Zeit in Afrika "gewirkt" haben, die Deutschen, deren Führer sich ausdrücklich auf die Geschichte berief und unter Verkennung auch dieser Tatsache meinte die von ihm mitzuverantwortenden Gräueltaten würden schnell vergessen, da niemand mehr über die Massaker an den Armeniern rede, die wollen wir mal gar nicht zu einem Vergleich heranziehen- das Vorgehen der Türken später gegen die Bergtürken (Kurden- was ist das?), oder um das Gebiet des osmanischen Reiches nicht zu verlassen- die Kreuzfahrer und ihr Wüten, das Ausrotten von Andersdenkenden und derm Namen Hexenverfolgung, die Eroberung Amerikas, to be continued endlessly- Menschen sind grausam und wenn sie von Hass und Rachegefühlen getrieben werden- sich also auch noch "im Recht" fühlen ist die dort gezeigte Verhaltensweise leider mitnichten "besonders".


    Ich habe zwar nicht ganz so viele Geschichtskenntnisse wie Beowulf, aber leider komme ich nicht umhin, dies zu :write Ich habe meinen KZ Besuch schon angesprochen, und wenn man über die Indianerkriege (deren Geschichte meist auch von den Siegern geschrieben wurde bzw. wird!) liest, sollte man sich emotional sehr wappnen. Die „Qualität“ der Vorgehensweise der US-Army steht derjenigen von Taifun Pascha, wie sie im Buch beschrieben wird, in nichts nach. (Ja, ich weiß, auch die Indianer haben recht grausam wüten können. Doch stellt sich die Frage, wer damit angefangen hat, und das waren - meistens - die „Weißen“. Siehe auch letzte Leserunde „Der Ruf des Kondors“.)



    Zitat

    Beowulf
    Wollte der Autor Taifun als Monster zeichnen?


    Weiß ich nicht, aber in meinen Augen hat er es. Da stimme ich der Definition von Sabine_D zu.



    Zitat

    Beowulf
    Frage an die männlichen Leser: Kann es sein, dass das von Männern anders gelesen wird?


    Wie, anders? Es kann sein, daß Taifun seine Frau abgöttisch liebt. Aber warum muß er deswegen buchstäblich über Leichen gehen? Deine Erklärungen zu ihm habe ich gelesen, und das mag auf juristischer Sicht auch alles gut und schön sein. Doch ich halte mich nicht umsonst aus den entsprechenden politischen Diskussionen hier im Forum (z. B. wie kürzlich Staatsrecht) heraus, solange ich nur kann und es schaffe, meinen Mund zu halten. Ohne jetzt hier in die Länge gehen zu wollen: Taifun (und Menschen wie er) sind für mich Monster, Teufel, oder was auch immer man für ein Wort gebrauchen will. Es gibt für so ein Verhalten keine - ich betone: KEINE - Entschuldigung. (Zum Verständnis meiner Haltung sollte ich mich vielleicht outen. Ich habe vor rund dreißig Jahren den Wehrdienst aus Gewissensgründen verweigert, die „Prüfung“ auf Anhieb bestanden und habe erst am 11. September 2001 das erste Mal meine damalige Entscheidung in Frage gestellt. Inzwischen jedoch hat wieder die Überzeugung Oberhand gewonnen, daß Gewalt grundsätzlich als Mittel zur Zielerreichung ausscheiden sollte. Krieg ist nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern ein Verbrechen am Menschen an sich. Es gibt keinen einzigen Grund, der einen Krieg rechtfertigt. Und wer Menschen zu Haß aufeinander erzieht oder anstachelt, ist nicht besser als die, die Gewalt direkt ausüben.)



    Zu meinem Zitat aus dem letzten Post:
    Ich wußte, daß es von einem Künstler aus dem Dritten Reich stammte. Ich war mir nicht sicher, ob ich es wörtlich im Kopf habe, daher habe ich es als „sinngemäß“ bezeichnet. Und ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich nicht mehr wußte, von wem genau es stammt. Beim nächsten Mal weiß ich es, danke Beowulf für die Anmerkung! :wave




    Daß Felix so wenig gelernt hat, erstaunt mich doch ein wenig. Ob ich Fatima bedauern soll/kann, weiß ich noch nicht. Das hängt vom letzten Teil ab. Und Elisa tut mir einfach leid.


    Und erneut fällt mir auf, daß weder der christliche noch der islamische Gott die Welt und ihren Lauf hinreichend erklären kann. Immer wieder stoße ich auf die Erklärungen Mohan Tajids (aus Nicole C. Vosselers „Der Himmel über Darjeeling“) und das später Gelesene über den Hinduismus. Die meisten gehen in der Jugend nach Indien. Ich werde es wohl im Alter tun. ;-)


    @ Beowulf


    Über das, was wir jeweils für die Kernaussage des Buches halten, mag es verschiedene Meinungen geben. (Und zum Glück leben wir in einem Land, in dem man verschiedene Meinungen haben und äußern darf!) Der von Dir gemeinte Satz auf Seite 310 hat mich auch sehr getroffen und beeindruckt. Aber eine Diskussion über die beiden Stellen möchte ich eher nicht führen.



    @ Sabine_D


    Später, doch hoffentlich nicht zu spät, nun also meine Kommentare zu diesem Teil. Ob ich Deinen Erwartungen entsprochen habe, weiß ich allerdings nicht. :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ach so, und in diesem Teil dann habe ich eine Landkarte sehr vermißt. Eine Karte, in der die im Buch genannten Orte sowie der Weg der Deportation eingezeichnet sind, wäre sehr hilfreich, und das wäre ein Verbesserungsvorschlag für eine zweite Auflage.


    Ich habe mir dann meinen Atlas neben das Buch gelegt, und die Lage von Armenien herausgesucht. Das heißt da zwar "Armenische SSR", aber die geographische Lage sollte noch die gleich sein. ;-)


    Und die Stadt "Wan" ist wohl identisch mit "Jerevan", oder?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Doch zunächst eine Frage an den Autor:
    Gibt es für die Schilderung des Massakers an den Armeniern zu Ende dieses Teiles ein historisches Vorbild bzw. entsprechende, möglicherweise sogar, Augenzeugenberichte, oder entspricht das der dichterischen Phantasie?


    Bei der Schilderung der Vorgänge in der Kamahschlucht habe ich mich auf Augenzeugenberichte gestützt. Quellen findest Du im bibliografischen Anhang von Hosbach: Operation Nemesis. Interessant sind auch die Prozessunterlagen von türkischen Gerichten unmittelbar nach dem ersten WEltkrieg, die die Geschehnisse in eigener Gerichtsbarkeit aufarbeitn. Ein paar Stichworte dazu im Anhang meines Romans, S. 568f.

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Ja, mit den Kurden habe ich auch so meine Probleme. Es wäre schön (und ich wäre sehr dankbar) wenn Peter ein paar Erklärungen zum historischen Kontext geben könnte. Konkret: was hatten die Kurden gegen die Armenier? Daß die Türken die Schmutzarbeit gerne anderen überließen (was wohl auf jeden bzw. jedes Volk zutrifft, also hier in diesem Zusammenhang kein Vorwurf sein soll), kann ich nachvollziehen. Aber warum die Kurden? Das hat sich mir nicht erschlossen.


    Das osmanische Reich war ein Vielvölkerstaat, der größte der Geschichte überhaupt seit dem Römischen Reich. Es ist also nur natürlich, dass es Konflikte gab, sowohl einzelner Ethnien untereinander wie auch bestimmter Einzelgruppen mit der Zentralregierung. Dies betraf insbesondere kurdische und armenische Bevölkerungsteile. Bereits Abdülhamid "löste" dieses Problem (s. Prolog), indem er der einen Ethnie (den Kurden) gewisse Hoheitsrechte (z.B. Steuereintreibung) über eine andere Ethnie (den Armeniern) übertrug. Diese Praxis haben die Jungtürken 1915 offenbar in einigen Gegengen analog übernommen, indem sie Teile der Deportationen von Armeniern durch Kurden ausführen ließen.

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Ach so, und in diesem Teil dann habe ich eine Landkarte sehr vermißt. Eine Karte, in der die im Buch genannten Orte sowie der Weg der Deportation eingezeichnet sind, wäre sehr hilfreich, und das wäre ein Verbesserungsvorschlag für eine zweite Auflage.


    Ich habe mir dann meinen Atlas neben das Buch gelegt, und die Lage von Armenien herausgesucht. Das heißt da zwar "Armenische SSR", aber die geographische Lage sollte noch die gleich sein. ;-)


    Und die Stadt "Wan" ist wohl identisch mit "Jerevan", oder?


    Stimmt, die Landkarte habe ich auch vermisst. Dadurch wäre vielleicht auch der gewundene Weg des Deportations-Trecks klarer geworden.


    Und danke Peter Prange für die Erläuterungen.
    bea

    Die Dichter
    Es soll manchen Dichter geben,
    der muß dichten um zu leben.
    Ist das immer so? Mitnichten,
    manche leben um zu dichten.
    Heinz Erhardt

  • Ich fand die Todesszenen an den Armeniern auch schrecklich! Furchtbar, zu was Menschen in der Lage sind, in was für Tiere sie sich verwandeln können.
    Mich hat der Abschnitt auch stark an die Juden erinnert. Schreckliches Schicksal!
    Allerdings ist so eine Sache auch immer zweischneidig. Sehr interessant fand ich die Unterhaltung mit dem Konsul Scheubner. Denn dort wurde noch mal angedeutet, dass die "armen" Armenier gar nicht so arm waren, denn sie haben Dynamit und Waffen in Kirchen gelagert, überall gingen Bomben hoch und sie haben in mehreren Armeedepots sogar Brot vergiftet. Wenn man das bedenkt, dann sind da auch viele Menschen durch die Armenier umgekommen. Außerdem spielen sie den russischen Feinden in die Hände...
    Ich finde, es ist eine schwere, schlimme Zeit (in dem Buch), wo ich in keiner Weise gutheiße, was die Jungtürken mit den Armeniern getan haben (es in sehr starkem Maße verurteile, wie es ausgeführt wurde - hätte ja auch ein schlichtes Arbeitslager geben können, wo die Armenier nach Kriegsende wieder freigelassen werden!), doch man sollte trotzdem objektiv bleiben, aus oben genannten Gründen.
    Für uns ist es sehr krass und natürlich doppelt schlimm gezeichnet in dem Buch, weil wir mit Elisa (so auch ich) sympathisieren. Wir leiden mit ihr in ihrem Schicksal, fallen mit ihr in Ohnmacht, wenn sie fällt und leiden ihre Qualen, wenn sie sich quält.


    Ich war auch überrascht, dass das Buch so eine drastische Wendung nimmt! Aber, so ist das Leben. Wir können leider nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens gehen.


    Es war ein Abschnitt, der mich vom geschichtlichen/politischen Hintergrund sehr interessiert hat.

    :lesend Ich lese: "Weit übers Meer" von Dörthe Binkert


    - Beständigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg -

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Vor Jahren habe ich den Western „Das Wiegenlied vom Totschlag“ gesehen. Bei den letzten etwa zehn Minuten habe ich dann die Augen geschlossen, weil ich nicht hinsehen konnte (Abschlachten der Indianer durch die US-Army). Später habe ich die historischen Quellen dazu gelesen. Es war das Massaker an den Cheyenne am Sand Creek. Die realen Geschehnisse damals waren, glaubt man den Augenzeugenberichten, um vieles schlimmer als die im Film gezeigten.


    Diesen Film werde ich auch nie, nie vergessen.
    Wenn ich an diese Szenen denke, bekomme ich heute noch eine Gänsehaut.

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Übrigens bin ich, im Gegensatz zu Beowulf, der Meinung, daß die Kernaussage des Buches auf Seite 457, nämlich dem Anfang des 21. Kapitels, zu finden ist.


    :write :writeWichtige Fragen, die hier gestellt werden.
    Eine Antwort gibt es darauf aber wohl nicht.


    Taifun ist mMn krank, sehr krank und gestört. Und es gibt kein grösseres Übel, als wenn solche Menschen Macht erhalten und diese umsetzen können.