Auszug aus Romanprojekt

  • Ja Skeptiker....das dachte ich mir, dass Du mir wohl den Steppenwolf nennen wirst. ;-)


    Und genau das ist jenes Werk von Hesse, wo er sich am intensivsten mit sich selber und vor allem mit seinem Alkoholismus auseinandersetzt...


    Neinnein....nix mit Misanthropismus.


    Ich hoffe jetzt einfach, dass Du mit Deiner Aussage den Hesse nicht in seiner Grabesruhe gestört hast, dass er sich dort nicht umdrehen musste... :-)

    Avatar: James Joyce in Bronze... mit Buch, Zigarette und Gehstock.
    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Danke, lyrx. Ich hatte vorher leider keine Gelegenheit, den Text zu lesen.
    Das habe ich jetzt nachgeholt.
    Ich bin beeindruckt.


    Eine interessante Kloakenbesichtigung. Vor allem die Stelle, in der der Autor pantheistisch mit der Urinblase verschmilzt. Oder so ähnlich. Aus meinem tiefsten Innern bricht nach der Lektüre der sich Bahn brechende, um nicht zu sagen, kotzende Schrei hervor: "Verpiss dich".


    Ich bin immer noch total aufgewühlt :grin

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von Skeptiker


    Der Steppenwolf.


    Öhm. Meiner Meinung nach ist Steppenwolf Haller kein Misanthrop, er erträgt lediglich die Gesellschaft, in der er lebt, nicht (mehr).
    Hesses Werk steht für mich somit unter dem Motto "Ich liebe die Menschen. Aber die Leute, die Leute ... tss tss tss." Und das ist weder neu noch misanthropisch.
    Aber dass die Wahrnehmung von Literatur sich nun grundsätzlich unterschiede von der Wahrnehmung literarisch gemeinter Texte, wäre allenfalls eine von Hoffnungsfreude rosig getüpfelte Illusion.


    Grüssli, blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag



  • Hast du das Buch gelesen???


    Alkoholismus ist deiner Meinung nach also ein vorherrschendes Thema? Also dann habe ich wohl eine andere Ausgabe erwischt :-)


    Dass Harry Haller teilweise misanthropisch eingestellt ist, kann man kaum bestreiten. Aber danke, dass du mir das Werk erklärt hast!! Jetzt sehe ich viel klarer :wave ;-)


    Hermann Hesse, der neue Charles Bukowski? :pille


    Sorry, aber ich glaube bei deiner Alkoholismustheorie würde sich Hesse im Grabe umdrehen ;-)

  • Das mit der Zeichensetzung war ich, nicht blaustrumpf ;-)
    Aber da reicht auch ein Blick in einen x-beliebigen Roman, um die korrekte Zeichensetzung zu erkennen.


    Skeptiker : Bevor man eine Zielgruppe bedienen kann, muss man erstmal beweisen, dass man dazu in der Lage ist; das geht nur dadurch, dass man einen Verlag davon überzeugen kann, dass er mit dem Geschreibsel Geld (möglichst viel) verdienen kann. Ein unausgereifter Text landet im Papierkorb.
    Und Schreiben ist ein stetes Dazulernen.

  • Skeptiker
    Nein, Alkoholismus ist nicht das vordergründige Thema dieses Werkes....es ist ein "hintergründiger" Aspekt, aber ein sehr wichtiger.....


    ...und um die Hintergründe des "Steppenwolf" zu verstehen, müsste man einiges aus dem Leben Hesses wissen.


    Hesses Alkoholismus ist den allermeisten seiner Leser nicht bekannt. Er wird auch von vielen Biografen kaum angesprochen, das war sogar vielen Menschen aus seinem näheren Umfeld nicht bekannt.
    Hesse hat sein Leben lang sehr dagegen angekämpft....es gab zwischen seinen Abstürzen auch langanhaltende/langjährige Zeiten der Abstinenz.


    Jedoch: als seine zweite Ehe am zerbrechen ist, hält Hesse sich die meiste Zeit in Zürich auf und dort nimmt er exzessiv an Einladungen und Veranstaltungen jeglicher Art teil (vor allem an Bällen/Tanzveranstaltungen). Aktivitäten, die Hesses bisheriger Lebensführung und seinem Charakter ziemlich zuwider laufen....er wird dadurch zum "Fox-Trottel" (Hesse) zum Veits-Tänzer (H. Ball) und verfällt auch wieder seiner Alkoholsucht.


    Irgendwann wird ihm das alles zuviel: der Trubel, die vielen Menschen, sein erneuter Rückfall in den Alkoholismus....
    ....er zieht sich "ernüchtert" zurück und schreibt den STEPPENWOLF.


    Hugo Ball dazu in seiner Hesse-Biografie:
    Der "Steppenwolf"-Roman, dieses Unikum von Dichtung, ist Hesses jüngste und mächtigste Inkarnation. Wenn es gelänge, den Feind im eigenen Innern zu packen und aufzulösen, die treibende vitale Kraft auf eine plausible Formel zu bringen, wenn es gelänge, dies leidenschaftlich unruhige, wogende, quälende, aller Sublimierung und Zivilisierung hohnsprechende Wesen auseinanderzulegen, in zierliche Worte zu fassen, es mit aller Gnade und allem Licht zu durchdringen - damit wäre etwas geschehen. Damit wäre diesem bisher unzugänglichen, namenlosen Wesen zu Leibe gerückt. Damit wäre für die Folge unliebsamen Ueberraschungen von der Instinktseite her vorgebeugt......


    Grüsse Joan

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    Diese Plastik steht auf seinem Grab. (Friedhof Fluntern, Zürich)
    "An Joyces Grab verweht die Menschensprache." (Yvan Goll)

  • Zitat

    Original von Babyjane
    @ Church
    So fiese Worte aus deinem Munde.... bah!


    Du verstehst mich miss. :engel
    Ich wurde nach der Lektüre des Textes von einer Inspirationswelle erfassst und versuchte, meine Begeisterung ob der genialen Bilder des bald genialen Autors in angemessene Worte zu fassen :grin

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Mir gefällt der Text. Was Hesse, Ellis, Palahniuk, Bukowski undsoweiter damit zu tun haben, weiß ich, ehrlich gesagt nicht, ist mir auch schnuppe (allerdings erinnere ich mich an kein Jammerbuch von Palahniuk, aber Magali kennt sich da sicher besser aus). Ich kann auch mit dem Adjektiv "nebelartig" etwas anfangen; das bedeutet: "in der Art von Nebel, aber kein Nebel". Die Mischung aus Reflexion, Surrealem und Realgespräch empfinde ich als erheiternd und gleichzeitig beanspruchend. Das ist ein sperriger Text, fraglos, und keiner, den man auf dem Klo zwischen abkacken und abwischen liest, aber meiner Meinung nach ein durchaus guter, mindestens ansatzweise. Zielgruppe hin oder her. Wer kennt schon vorher seine Zielgruppe?


    Allerdings hätte es mir auch gefallen, etwas mehr über den Autor zu erfahren, bevor er Kritik anfragt.


    Edit: Ich bin allerdings sicher, daß ein ganzer Roman in diesem Duktus so gut wie unverkäuflich wäre.

  • Zitat

    Original von Tom
    Mir gefällt der Text. Was Hesse, Ellis, Palahniuk, Bukowski undsoweiter damit zu tun haben, weiß ich, ehrlich gesagt nicht, ist mir auch schnuppe (allerdings erinnere ich mich an kein Jammerbuch von Palahniuk, aber Magali kennt sich da sicher besser aus). Ich kann auch mit dem Adjektiv "nebelartig" etwas anfangen; das bedeutet: "in der Art von Nebel, aber kein Nebel". Die Mischung aus Reflexion, Surrealem und Realgespräch empfinde ich als erheiternd und gleichzeitig beanspruchend. Das ist ein sperriger Text, fraglos, und keiner, den man auf dem Klo zwischen abkacken und abwischen liest, aber meiner Meinung nach ein durchaus guter, mindestens ansatzweise. Zielgruppe hin oder her. Wer kennt schon vorher seine Zielgruppe?


    Allerdings hätte es mir auch gefallen, etwas mehr über den Autor zu erfahren, bevor er Kritik anfragt.


    Edit: Ich bin allerdings sicher, daß ein ganzer Roman in diesem Duktus so gut wie unverkäuflich wäre.



    Na, dann hat Skeptiker ja doch noch seine Zielgruppe gefunden.
    (Meine These, diese sei im Eulennest nicht vertreten, sei hiermit zurückgenommen).


    Viele Grüße :wave
    Heike


    PS: Tom , wg. des anderen Buchs schreibe ich etwas, sobald ich es soweit durch habe, dass ich etwas dazu sagen kann. Ich habe im Moment verdammt viel zu tun und keine Zeit, mich in die richtige Stimmung zu versetzen, um über zwei Seiten hinauszukommen. Folgt aber noch :-)

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Heike ()

  • Tom


    das kommt davon, wenn ich einmal spontan bin. :grin


    Nein, Palahniuk jammert nicht. Nicht in dem Sinn, daß er da steht und greint. Was ich ihm vorwerfe, ist, daß er unpolitisch ist. Damit bin ich für ihn eben eine der Vertreterinnen des Alten, Überkommenen, die an etwas glauben, an das doch keiner mehr glaubt. Das längst Staub ist. Die politische Veränderung nämlich und nicht der indivudueller Welthaß.
    Ich halte das, was er schreibt, längst für eine medienwriksame Masche. Man leidet ein bißchen an der Welt, kotzt sich aus, dann kann man erleichtert hingehen und weitermachen wie zuvor.


    Coupland geht für mich weiter. Da findet eine künstlerische Auseinandersetzung statt. Sage ich, magail. Das muß nicht stimmen.
    Und da hier selbst die merkwürdigsten Threads noch einen Sinn haben - das könnte Chuck gefallen - habe ich mir eben endlich Couplands Eleanor Rigby bestellt. Das wollte ich nämlich schon lange lesen.


    Bei den hier genannten Autoren, angefangen von Hesse, kommt noch ein Moment hinzu, das ich als rasende Feministin natürlich nicht übergehen kann. Die Art, wie die Probleme angegangen werden, finde ich rein männlich-chauvinistisch geprägt. Man bolzt, klopft Sprüche, ist laut, tritt gegen Wände. Rülpst und spuckt ein paarmal auf den Boden.
    Das macht solche Bücher nicht schlecht, bitteschön. Es kann ein tolles Stilmitel sein, bei Bukowski, z.B.
    Gesellen sich weibliche Wesen in solche Texte, ergeht es ihnen allerdings schlecht. Sie werden niedergemacht, auseinandergenommen, zerfetzt und zerlegt. Sie sind keine Menschen, sie sind unwürdig und unwert.


    Politisch gesehen heißt das für mich, daß ein Autor, der derartige Texte schreibt, zwar von sich behauptete, er würde sich mit der Welt auseinandersetzen, tatsächlich aber nicht mal mit einer der Grundgegebenheiten, nämlich der Sexualität und einem geschlechtlich andersgearteten Gegenüber zu Rande kommt.
    Sofas bepinkeln und dann anzünden ist halt schöner. Da muß man nicht wirklich denken.


    Ich finde in diesem Zusammenhang bereits einen Ausdruck wie 'holde Weiblichkeit' als frauenfeindlich.
    Nuttennatter dagegen ist für mich zunächst einmal ein interssantes Wortspiel. Im Zusammenhang allerdings sackt es dann in den üblichen körper - und sexualitätsfeindlichen Urschleim ab.


    Damit wirken solche Texte für mich altmodisch. Verstaubt. Gefangen im kleinbürgerlichen Kosmos. Da ist nichts Neues, kein Gegenentwurf. Nur das negative Abbild des per Mainstream als positiv definierten Gegebenen.


    Den vorliegenden Text habe ich übrigens dreimal gelesen, weil ich tatsächlich finde, daß da etwas durchklingt. Dahinter schimmert etwas, das zumindest mal eine Geschichte geben könnte, die auf neue Weise erzählt wird.


    Die schrägen Bilder sind es aber nicht, die mich am Lesen gehalten habne, im Gegenteil. In meinen Augen schaden sie dem Text. Mich lenkt es ab, wenn ich ein ausgesägtes Kartenhaus finde. Ich fange an zu überlegen, wieso und unter welchen Umständen jemand an einem Kartenhaus herumsägen könnte oder was an kleinen Wolken delinquent ist. Und dann, schwupps, bin ich in meiner eigenen Geschichte. Der Ursprungstext ist vergessen.
    Das ist die Gefahr dabei.


    Was den Vorwurf angeht, daß der Text übertrieben mit Bedeutung aufgeladen wird, schließe ich mich lyrx an.
    Bitte aber nicht 'Weltschmerz', ein Begriff aus der Romantik, mit der Klage über die Vergänglichkeit der Welt zusammenbringen, die Barockdichtung auszeichnet. Wenn sie gerade nicht vor Lebenslust überschäumt.


    Ich bin, auch das noch! :yikes, Fan von Barocklyrik und bitte in diesem Bereich um Rücksichtnahme.


    Ich bin halt sensibel.


    :schlaeger


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Den Text konnte ich erst nach der Diskussion lesen, da er leider vom Autor (oder der Autorin) herausgenommen und dank lyrx wieder eingesetzt wurde. Und so bin ich mit der Einstellung einen herrlich schlechten Text zu lesen, auf ihn losgelassen worden. Und wurde überrascht. Im positiven Sinne. Ob mir das Autor nun sympathisch sein muss, sei dahingestellt. Der Text hat Potential. Unausgereift, aber durchaus mit Potental. Mehr als bei anderen Texten, die hier eher und mit Inbrunst gelobt werden oder wurden. Aber das ist mein Geschmacksurteil.
    Blaustrumpf hat Recht, wenn sie gewisse Formulierungen kritisiert. Die Funktion der Passagen ist klar, allerdings wirken sie noch zu gezwungen und trotz ihres gezielten Einsatzes (und schönen Kontrastes) unbeholfen. Mit ein wenig mehr Leichtigkeit würden solche Spielereien durchaus ihren angesetzten Charme entfalten können. Da halte ich es dann doch mit da Vinci - man darf einem Kunstwerk nie ansehen, was es an Mühe gekostet hat. Kunst ist, wenn es wirkt, als hätte man nur einen Pinselstrich gesetzt. Ohne Absetzen. Ohne Korrektur. Es muss passen.
    Mir gefällt die Kontrastierung dieser Begriffsspielchen zu den eher vulgären Kommentaren. Mag sein, dass es als jugendlicher Weltschmerz aufgefasst wird, als Selbstgerechtigkeit, als Abkehr von sonstwas und schlechtem Geschmack, aber es spricht sich aus. Anders: Man liest es und kann spontan Ja dazu sagen, man kauft es der Figur ab. Ein Protagonist muss (für mich) nicht sympathisch sein - das war Grenouille im gemeinen Sinne auch nicht. Und er gehört definitiv in eines der faszinierendsten Bücher.
    Stimme Doc zu - ein wenig mehr Selbstzweifel würden dieser Figur gelegentlich allerdings gut tun, würde sie interessanter machen. Möglicherweise. Müsste man lesen, wie es wirkt.


    Insgesamt:
    Nicht neu? Vielleicht.
    Nicht originell genug? Vielleicht.
    Nicht nett? Ganz sicher nicht.
    Aber lesenswert.
    Und für das Autor auch mehr als wert weiterzuschreiben und sich mit ruhigerem Auge (wie Gemüt) an Verbesserungen zu machen.