Schreibwettbewerb September 2007 - Kommentare

  • So ambivalent, wie der Text selbst angelegt ist, sind auch die Reaktionen darauf.
    Ich kann ja nur von der Entstehung ausgehen. Daher bin ich sicher, dass ich in der Vergangenheit weit mehr Texte "einfach mal so" dahingeschrieben habe, während diesem Gedicht ziemlich komplexe Gedanken vorausgegangen sind. Bei der Wertung fiel mir auf, dass der Text entweder sehr gut (durch drei Punkte ausgedrückt) oder überhaupt nicht ankam. Solange auch das erste der Fall ist, kann ich gut damit leben (auch angesichts des Textes, der hinter mir platziert ist ;-) )

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • churchill
    Ich hab deinem Text zwei Punkte gegeben. Wie interpretierst du das? :grin




    Ich wollte den Fotografen nach dem Schreiben erst nicht einstellen, da er mir zu riskant war. Es kann viel rein- und rausinterpretiert werden (sieht man an den Kommentaren nur zu deutlich), und ich war mir schon sicher, dass die wenigsten das verstehen, was ich zu erzählen beabsichtigte.
    Dass es trotzdem genug Punkte für einen dritten Platz gab, ist natürlich schön.

  • Zitat

    Original von Paradise Lost


    Engelsgesicht
    Ich muss ehrlicherweise sagen, der Text hatte bei mir von Anfang an keine Chancen, ich mag Models nicht. Und die Vorstellung, dass so ein dürres Gewächs einen erwachsenen Mann, der sich auch noch wehrt, aus dem Pool zieht funktioniert bei mir einfach nicht. Hinzu kommt, er ist ja nur reingefallen, warum muss sie da so weit schwimmen um zu ihm und wieder zum Rand zu kommen? Ist der Kerl erst in die Mitte geschwommen bis ihm einfiel, dass er nicht schwimmen kann? Unglaubwürdig.


    Wieso unglaubwürdig? Er ist blind und orientierungslos, als er ins Wasser fällt. Woher soll er wissen, wo der Rand ist, als er in Panik herumpaddelt?
    Selbst wer nicht schwimmen kann, versucht zumindest, an die Wasseroberfläche zu kommen, mit paddeln, strampeln, etc.

  • Zitat

    Original von Eny
    Ich wollte den Fotografen nach dem Schreiben erst nicht einstellen, da er mir zu riskant war. Es kann viel rein- und rausinterpretiert werden (sieht man an den Kommentaren nur zu deutlich), und ich war mir schon sicher, dass die wenigsten das verstehen, was ich zu erzählen beabsichtigte.


    Hm... magst du denn jetzt erklären, was DU erzählen wolltest? Dass jeder seine eigene Geschichte herausinterpretieren konnte, kann man ja auch positiv sehen. ;-)
    Für mich war klar, dass er sich von ihr trennt, weil er merkt, dass sie sich für seine Kinder, die ihm so wichtig sind, in Wirklichkeit gar nicht interessiert.


    Zu "Männern und Schafen" will ich unbedingt auch noch was sagen: Eigentlich gut geschrieben, aber ich fand die Rolle und Schilderung der Sodomie einfach widerlich, das muss ich nicht in einer Geschichte lesen (und mir wäre es auch lieber gewesen, die Geschichte wäre draußen geblieben). Und das Klischee "Eine Frau wird lesbisch, weil sie von den Männern enttäuscht wurde" habe ich auch schon einmal zu oft gehört. Beides zusammen bedeutete für mich "das geht gar nicht".

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • "Der Schlüssel" ist am letzten Abgabetag spontan entstanden (da mir zu dem Thema nichts Anderes eingefallen war). Ich war mir überhaupt nicht sicher, ob ich ihn abschicke, da ich nicht ganz damit zufrieden war.


    Habe ich dann aber gemacht - und freue mich zusammen mit Eny über den dritten Platz :-)


    :wave bartimaeus

  • MaryRead


    Das Erklären der eigenen Geschichte ist eigentlich etwas, das ich lieber vermeide. Aber in diesem Fall erfordert die Geschichte es vielleicht.


    Meine ursprüngliche Intention ist genau das Gegenteil von dem, was du vermutet hast. "Mein" Trennungsgrund des Fotografen (wer hatte nochmal gefragt, woher der Titel kommt?), war ihr Wunsch nach Kindern, nach seinen Kindern. Sie sagt ja, dass sie keine bekommen kann, aber sich trotzdem welche wünscht.
    Das Problem ist, dass er weiss, dass es besser ist, wenn die beiden bei Judith bleiben. Seine "Affäre" hingegen wäre lieber Stiefmama, nicht nur Papas Freundin. Deshalb sitzt der Fotograf zwischen den Erwartungen seiner Freundin und dem, was für seine Kinder (und seine Frau) richtig ist.



    Ja, dass mehrere Interpretationsmöglichkeiten einen Text manchmal erst lesenswert machen, weiss ich. Hier jedoch wusste ich, dass man leicht die Moralkeule reininterpretieren konnte, was in einigen Fällen geschehen ist.
    Deshalb ist Platz drei mehr als ich erwartet habe.

  • Zitat

    Original von Eny
    Meine ursprüngliche Intention ist genau das Gegenteil von dem, was du vermutet hast. "Mein" Trennungsgrund des Fotografen (wer hatte nochmal gefragt, woher der Titel kommt?), war ihr Wunsch nach Kindern, nach seinen Kindern.


    :wow Darauf wäre ich wirklich nicht gekommen - obwohl es durchaus *auch* drinsteht, merke ich jetzt. :gruebel


    Danke! Und Glückwunsch zum dritten Platz. ;-)

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  • Dann sag ich auch mal was zu meinem Text.
    Alles nur geklaut. :-)
    Ich bedanke mich bei allen, die ich zitiert habe, für die Inspiration. (6 Monate Eulenwettbewerbskommentarthread hätten locker für eine 700-Wörter-Geschichte gereicht, da musste ich kräftig zusammenstreichen. :chen)
    Ich plädiere für ein Eulenkritikerphrasenschwein: Wer hier noch einmal sagt, Gedichte lese er grundsätzlich nicht, oder eine Geschichte sei "ganz nett" muss 1 Euro blechen. :lache



    Zu "Du und ich": Ich finde es schon kurios, wenn von einem Text nur die alleroberflächlichste Ebene wahrgenommen wird und dann dem Text vorgeworfen wird, er sei platt. :-)

  • flashfrog
    Das "ganz nett" kannst du nicht mit Strafen belegen. Ich kann doch nicht "deine Geschichte geht mir am... Gehirn... vorbei" schreiben. :grin



    P.S.:
    Bin schon auf dein Thema gespannt.

  • Zitat

    Original von MaryRead


    :wow Darauf wäre ich wirklich nicht gekommen - obwohl es durchaus *auch* drinsteht, merke ich jetzt. :gruebel


    Tut es das?
    Ich stehe ja nicht auf dem Standpunkt, das Autorschaft die Deutungshoheit verleiht. Ebensowenig hat natürlich der/die einzelne Lesende die "korrekte Interpretation" gepachtet, das halte ich inzwischen aber fast schon für Platitüden, die man mir verzeihen möge.
    Was ich allerdings finde ist: Man kann schon sagen, ob etwas im Text steht, im Sinne, dass man es ohne Interpretation (ok, dünnes Eis ;-)) bzw. vielleicht besser ohne zusätzliche Information darin finden kann.


    Zitat

    Original von EnyDas Problem ist, dass er weiss, dass es besser ist, wenn die beiden bei Judith bleiben. Seine "Affäre" hingegen wäre lieber Stiefmama, nicht nur Papas Freundin. Deshalb sitzt der Fotograf zwischen den Erwartungen seiner Freundin und dem, was für seine Kinder (und seine Frau) richtig ist.


    Das ist meines Erachtens eine Zusatzinformation, die ich so nirgends im Text finde. Insofern steht das mit den Kindern eigentlich nicht im Text.

  • Bartlebooth


    Eben jenes "dünne Eis" ist es wert, dass man mit ihm spielt, aber auch gefährlich.


    Es gibt viele Arten, eine Geschichte zu erzählen. Ich versuche, meinen Deutungswunsch (denn die Hoheit darüber hab ich nicht, da hast du Recht) durchscheinen zu lassen, aber nicht die Moral der Geschicht "auf dem silbernen Tablett" (danke, churchill) zu servieren.
    Das ist ein Balanceakt, den ich sehr gerne mag.


    Hier war ich schon beim Schreiben der Meinung, dass ich zu wenig habe durchscheinen lassen. An deiner Reaktion auf meine "Zusatzinformation" sehe ich, dass es wirklich so ist. Jene Information befindet sich ebenfalls im Text, aber anscheinend habe ich sie zu tief vergraben. Das hatte ich befürchtet.



    Generell besteht ein Text nur aus dem Text und nicht aus dem, was der Autor hinterher erklärt. Da gebe ich dir Recht.
    MaryRead hat mich nach meinen Intentionen gefragt, und ich habe geantwortet. Das hätte ich nicht bei jedem Text gemacht. Ich will in keinem Fall irgendwem meine eigene Interpretation aufdrängen, sondern nur eine Frage beantworten.


    Davon abgesehen gibt es die "korrekte Interpretation" nicht. Interpretation ist subjektiv.

  • Zitat

    Original von Eny
    Hier war ich schon beim Schreiben der Meinung, dass ich zu wenig habe durchscheinen lassen. An deiner Reaktion auf meine "Zusatzinformation" sehe ich, dass es wirklich so ist. Jene Information befindet sich ebenfalls im Text, aber anscheinend habe ich sie zu tief vergraben.


    Nun, ja, du hast sie sehr tief vergraben, denn ich finde sie dort tatsächlich nicht. Meine Frage war einfach: Wo steckt sie - deiner bzw. MaryReads Meinung nach, die sie ja offenbar auch ausgemacht zu haben scheint? Das ist eine reine Interessensfrage.


    Zitat

    Original von EnyInterpretation ist subjektiv.


    Naja, das ist nichts, was wir hier en détail diskutieren sollten, dafür müssten wir einen eigenen Ordner erstellen. Interpretation ist nach meinem Dafürhalten in einem gewissen Rahmen, aber nicht radikal subjektiv. es gibt schon so was wie eine denotative Ebene des Textes, die die Interpretation ein Stück weit steuert.

  • Zitat

    Original von MaryRead
    Und das Klischee "Eine Frau wird lesbisch, weil sie von den Männern enttäuscht wurde" habe ich auch schon einmal zu oft gehört.


    Ich denke aber, dass das kein reines Klischee ist. Es gibt z. B. eine ganze Reihe Frauen, die als Mädchen von einem oder mehreren Männern missbraucht wurden und sich später für die gleichgeschlechtliche Liebe entschieden haben. Daraus kann man natürlich keinen Umkehrschluss machen. Die meisten sind sicher homosexuell, weil das so in ihnen angelegt ist.


    Auch mein Wettbewerbsbeitrag hat stark polarisiert. Entweder er wurde für ziemlich gut befunden oder rundheraus abgelehnt. So lange aber beide Meinungen vorhanden sind, kann ich wie Churchill gut damit leben.


    Jeder Leser hat so seine Sachen, die er in einer Geschiche nicht lesen möchte. Die einen möchten nichts von sexuellen Perversionen wissen, ich mag es nicht, wenn in einer Geschichte Fantasiegestalten wie Trolle, Elfen usw. vorkommen, die nächsten reagieren allergisch auf Liebesgeschichten. Da kann ein Autor meiner Meinung nach keine Rücksicht drauf nehmen. Irgendwo findet jeder seine Zielgruppe, was sich beim Schreibwettbewerb immer wieder sehr schön zeigt.

  • Zitat

    Original von Bartlebooth


    Nun, ja, du hast sie sehr tief vergraben, denn ich finde sie dort tatsächlich nicht. Meine Frage war einfach: Wo steckt sie - deiner bzw. MaryReads Meinung nach, die sie ja offenbar auch ausgemacht zu haben scheint? Das ist eine reine Interessensfrage.


    Da ich Enys Geschichte genauso verstanden habe wie sie sie mit allen "Zusatzinformationen" erklärt hat, muss das alles wohl doch irgendwo im Text gestanden haben...?


    Ich bin ja froh, dass ich wenigstens diese Geschichte kapiert habe, denn um die Tiefe von Churchills Gedicht zu ergründen, bin ich offensichtlich zu oberflächlich... ;-)

    Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Waldfee ()

  • Einen Kommentar zum eigenen Geschreibsel abzugeben finde ich einigermaßen schwierig. War aber trotzdem bereit, ein kleines Interview in Bezug zu meinem Beitrag zu geben.



    Frage: Was ging dir beim Schreiben durch den Kopf?


    Antwort: Nichts!


    Frage: Kann man dieses "Nichts" auch irgendwie näher erklären?


    Antwort: Kann man.


    Frage: Dann bitte, erkläre doch einfach mal.


    Antwort: Nö.


    Frage: Was jetzt "nö"?


    Antwort: Nö wie nö.


    Frage: War in deinem Beitrag eine Message enthalten?


    Antwort: Ja, natürlich.


    Frage: Und welche Botschaft wolltest du damit rüberbringen?


    Antwort: Gebt mir Euer Bestes, gebt mir Eure Punkte.


    Frage: Hat aber wohl nicht so ganz geklappt, oder?


    Antwort: Nö.


    Frage: Nicht schon wieder dieses Nö. Bist du mit deinem Abschneiden zufrieden?


    Antwort: Irgendwie will ich mal sagen.


    Frage: Was passiert konkret in deiner Geschichte, was muss der Leser wissen?


    Antwort: Naja, da ist jemand und dann ist noch jemand und dann passiert das und der erste jemand macht dann was andere nicht machen können und dann sind die 500 Wörter auch schon wieder rum.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Waldfee


    Da ich Enys Geschichte genauso verstanden habe wie sie sie mit allen "Zusatzinformationen" erklärt hat, muss das alles wohl doch irgendwo im Text gestanden haben...?


    Mag ja sein, aber warum sagst du mir denn dann nicht, wo? Ich meine, musst du ja nicht, ist, wie bereits erwähnt, eine reine Interessensfrage und wir müssen das nicht bis zum Ende ausdiskutieren. Wobei ich es schon interessant finde, was ich unter "reininterpretieren" zu verstehen habe - denn dieses Wort in Enys Antwort auf MaryReads Frage hat mich recht eigentlich zu meiner ersten Replik veranlasst.


    Grüße: Bartlebooth.

  • Zitat

    Original von Bartlebooth
    Wo steckt sie - deiner bzw. MaryReads Meinung nach, die sie ja offenbar auch ausgemacht zu haben scheint?


    Ich versuch's mal:


    Zitat

    Sie lächelt und dreht sich wieder um : "Weißt du, wie aufregend ich es finde, die beiden kennenzulernen? Ich habe zwei kleine Kusinen, in ihrem Alter…"


    A: Sie sagt also offenbar, sie mag Kinder, und ist sehr gespannt auf die beiden.
    B: Für mich klang das "aufregend", (niedliche) "kleine Kusinen" aber nach "och, wie süß, aus der Entfernung, aber bitte nicht in meiner Beziehung".


    Zitat

    "Aber Jackie und Ida bleiben wohl bei ihrer Mutter…"


    A: Das sagt sie und guckt ihn dabei nicht an. Kann man so interpretieren, dass sie herumdruckst, weil sie das schade findet.
    B: Ich habe es so interpretiert, dass sie auf ein "Ja" von ihm lauert, weil sie die Kinder gar nicht will.


    Zitat

    "Es ist so, dass ich immer Kinder haben wollte. Aber wegen meiner Arbeit geht das nicht…"


    A: Tja, vielleicht ist es wirklich so.
    B: Für mich hieß das aber: Ich kann ja ruhig sagen, dass ich Kinder haben wollte, du wirst verstehen, dass ich mir wegen meiner Arbeit deine Blagen nicht ans Bein binden kann.


    Zitat

    "Natürlich." Sie erhebt sich. "Habt viel Spaß, ihr beiden. Ich drücke ihr die Daumen."


    A: Tja, womöglich hat sie tatsächlich Verständnis und wünscht alles Gute, so wie es die Buchstaben sagen.
    B: Für mich hieß es, etwas verbittert: Hätte ich ja wissen müssen, dass deine Kinder dir wichtiger sind als ich, also tschüs - aber ich ringe mir mal noch ein nettes Wort ab.


    Zitat

    An der Tür hält sie mich fest. "Du rufst mich an, wenn du mit Judith gesprochen hast, ja?"


    B: Hieß für mich: Jetzt vergiss mal für einen Moment die Blagen, sag einfach deiner Frau, dass du dich wegen mir von ihr trennst.


    Naja, und wenn er nun alle A-Interpretationen angestellt hat, dann ist es kein Wunder, wenn er zu dem Schluss kommt, dass er erstens seine Geliebte nicht glücklich machen kann, weil er die Kinder nicht mitbringen wird, und zweitens die Kinder enttäuscht, weil er sie verlässt. Drittens liebt er seine Kinder, und es täte ihm ja ohnehin weh, sie zu verlassen. Also bleibt er bei seiner Frau.


    Das "Schlüsselerlebnis" wäre für B (= mich) gewesen, dass ihm endlich aufgeht, wie seine Geliebte in Bezug auf die Kinder wirklich tickt, und dass er nicht mit ihr zusammenleben will, wenn sie es ihm - was er vermuten muss - schwermachen wird, seinen Kindern ein Vater zu sein.


    Für A ist es dann wohl, dass ihm die "no win"-Situation klar wird, in die er alle Beteiligten bringt, also beendet er die Beziehung.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)