Die dritte lange Lesenacht in Spaichingen!
Die Nacht war lang…. Seeeeeeeeeeeeeeehr lang ……… und hat allen Beteiligten gutes Sitzfleisch abgefordert. Dennoch – ein interessanter Abend voller interessanter Beiträge und ebensolcher Gespräche. Doch fangen wir von vorne an…
… Spaichingen ist ein gemütlicher kleiner Ort irgendwo abseits jeder Gegend, der sich aber dennoch „Stadt“ schimpfen darf. Reisenden wird der wohlmeinende Rat gegeben, sich rechtzeitig vor Ankunft in Spaichingen zu verproviantieren, da der käufliche Erwerb zubereiteter Nahrungsmittel nur in einer erschreckend kurzen Zeitspanne zwischen der abendlichen Eröffnung der Dönerbuden und dem Hochklappen der Bürgersteige möglich sei.
Daher war ich gewarnt und wappnete mich mit einer Tüte Brezen gegen drohende Lebensmittelknappheit.
Besonders gespannt war ich – abgesehen von der Lesenacht an sich - natürlich auch auf die anwesenden Eulen, von denen mir einige noch unbekannt waren. Hektische Korrespondenz machte sich auf den virtuellen Weg zwischen den Städten „Und woran erkenne ich Dich?“ - „Du erkennst mich daran, dass ich Nudelsuppe dabei habe“ Nun, den kannte ich bis dato auch nicht, aber ich war zuversichtlich. Ich muß aber sagen: Die Beschreibung war prima. Ich habe Magali und Nudelsuppe denn auch sofort erkannt…
So plätscherte der Nachmittag angenehm ruhig und entspannt mit nach und nach eintreffenden Eulen und Autoren dahin und schließlich ging es auch los. Jetzt auf jeden einzelnen Vortragenden einzugehen, würde aber zu weit reichen, daher beschränke ich meine persönliche Rückschau auf meine persönlichen Highlights:
Flashfrog machte sozusagen den Opener. Von der Jury mit einem Sonderpreis für ihr Gedicht ausgezeichnet, saß sie als erstes auf dem Sofa und soweit ich das mitbekommen habe, hat sie das erste Mal überhaupt vor Publikum gelesen. Das Siegergedicht, das sie hoffentlich in den nächsten Tagen auch hier bei den Eulen einstellen darf, war denn auch wirklich witzig und hat mir großen Spaß gemacht.
Stefan Ummenhofer & Alexander Rieckhoff, das Krimi-Autorenduett schreibt zwar Krimis, die nicht so auf meiner Linie liegen, was wohl auch daran liegt, dass es schwäbische Heimatkrimis sind – aber deren Vortrag war super gemacht, klasse und engagiert gelesen und hat mir trotzdem sehr gut gefallen. Echt mitreißend!
Selbstredend durfte diese Veranstaltung nicht ohne einen Beitrag von Silke vorübergehen (hey, wer die ganze Arbeit damit hat, soll auch ein wenig Vergnügen damit haben dürfen) – eine Kurzgeschichte, die mir ebenfalls sehr gut gefallen hat.
Eine echte Überraschung war für mich Erkan Mete. Nach den ersten paar Tönen dachte ich noch „Auweia… das wird so eine „krasse-isch-tschecke-alles-und-du-tscheckst-nischts-boah-was-ist-das-leben-fett-alda“-Geschichte. Doch das war glücklicherweise überhaupt nicht so; sehr schnell zog mich der Text in seinen Bann und ich wurde aufs Angenehmste überrascht.
Worauf ich mich bereits im Vorfeld schon besonders freute, war Nudelsuppes Vortrag, denn endlich konnte ich einen Vergleich zwischen dem Sprecher der Geschichten auf der Hör-CD Lovebits und dem Autor selbst ziehen. Im Vorfeld nur gaaaaaaanz unwesentlich nervös, trug Nudelsuppe seine Geschichte so wunderbar vor, wie er sie auch schreibt. Chapeau, Marcel. Ich hoffe, Dich bald wieder einmal lesen zu hören.
Tom Liehr erfreute sein Publikum mit einer Szene aus seinem neuen Roman Stellungswechsel, auf den ich mich nach diesem „Appetithappen“ glatt noch mehr freue. Aber eines hat mich doch beunruhigt: Tom hat für seine Verhältnisse richtig langsam gelesen. Tom, lag es am Hunger?
Auch Doc Hollywood wurde diesmal auf die Couch gebeten und las eine Geschichte vor, die sowohl objektiv als auch subjektiv betrachtet recht erheiternd war und von der ich hoffe, dass er sie der Eulen-Allgemeinheit ebenfalls bald einmal zur allgemeinen Erbauung vorstellt.
Den Rausschmeißer-Part übernahm Luigi Brogna. Ein Autor, der mir bereits bei Eintreffen im Hotel schon sympathisch war. Denn einer, der mit seinem Motorrad zu Lesungen knattert, kann kein verkehrter Mensch sein. Der Auszug aus seinem zweiten Buch „Spätzle al Dente“ war schön gewählt, brachte die Leute zum Abschluß noch einmal zum Schmunzeln und ließ den langen Abend noch mit einem Lächeln enden.
Alles in allem hat mir die Veranstaltung gut gefallen, mit interessanten Textbeiträgen, von denen mir einige sehr gut gefallen haben, andere einfach nicht auf meiner Linie waren und auch dem einen oder anderen Text, mit dem ich einfach nichts anfangen konnte – aber das macht ja nichts. Es kann ja nicht alles Allen gleich gut gefallen. Musikalisch untermalt wurde das Ganze vor und nach den Pausen von der „Klasse Kletus Cologna“.
Ein besonderer Dank hier auch an keinkomma, die die Lange Lesenacht ganz maßgeblich organisiert für die vielen Mühen, die sie mit der Veranstaltung auf sich genommen hat, was sogar bis hin zum persönlichen Hoteltransfer für die Zuggäste ging. Darüberhinaus organisierte sie in Zusammenarbeit mit dem Spaichinger Heimatverein – in Kenntnis der kulinarischen Problematik des Ortes – dass in den Lesungspausen belegte Brote gereicht wurden und überredete eine örtliche Kneipe noch dazu, uns trotz später Stunde noch auf einen Absacker aufzunehmen und uns sogar noch zu beköstigen. Angebote, die von den hungrigen Auswärtigen gerne angenommen wurden…
Kleinere Kritikpunkte zum Abschluß: So interessant und schön der Abend auch war, er war in der Summe doch ein wenig zu lang. Der Beginn war ja bereits um 19 Uhr und das Ende war kurz vor Mitternacht. Auch wenn sich der Abend „LANGE“ Lesenacht schimpft, war das für mich doch fast ein wenig zu lange, da trotz Pausen die Aufmerksamkeit schon mal nachlässt… ein Textblock weniger evtl. gepaart mit ein wenig kürzeren Musikbeiträgen wäre vermutlich „publikums- und autorenfreundlicher“ gewesen. Denn schade ist es schon, wenn einige vorzeitig die Veranstaltung verlassen. Das hatte keiner der anwesenden Autoren verdient.
Und noch ein kleiner „Kritikpunkt“: Ich hätte gerne noch ein wenig mehr Zeit für Gespräche mit den angereisten Eulen gehabt. So blieb es z.B. doch nur bei einem „Aaaaaaaaaaah, Du bist also Seestern!“ Aber ich hoffe, man sieht sich an anderer Stelle wieder! Oder vielleicht im nächsten Jahr am selben Ort…