Dritte Lange Lesenacht in Spaichingen - der Bericht

  • Die dritte lange Lesenacht in Spaichingen!


    Die Nacht war lang…. Seeeeeeeeeeeeeeehr lang ……… und hat allen Beteiligten gutes Sitzfleisch abgefordert. Dennoch – ein interessanter Abend voller interessanter Beiträge und ebensolcher Gespräche. Doch fangen wir von vorne an…


    … Spaichingen ist ein gemütlicher kleiner Ort irgendwo abseits jeder Gegend, der sich aber dennoch „Stadt“ schimpfen darf. Reisenden wird der wohlmeinende Rat gegeben, sich rechtzeitig vor Ankunft in Spaichingen zu verproviantieren, da der käufliche Erwerb zubereiteter Nahrungsmittel nur in einer erschreckend kurzen Zeitspanne zwischen der abendlichen Eröffnung der Dönerbuden und dem Hochklappen der Bürgersteige möglich sei.
    Daher war ich gewarnt und wappnete mich mit einer Tüte Brezen gegen drohende Lebensmittelknappheit.


    Besonders gespannt war ich – abgesehen von der Lesenacht an sich - natürlich auch auf die anwesenden Eulen, von denen mir einige noch unbekannt waren. Hektische Korrespondenz machte sich auf den virtuellen Weg zwischen den Städten „Und woran erkenne ich Dich?“ - „Du erkennst mich daran, dass ich Nudelsuppe dabei habe“ Nun, den kannte ich bis dato auch nicht, aber ich war zuversichtlich. Ich muß aber sagen: Die Beschreibung war prima. Ich habe Magali und Nudelsuppe denn auch sofort erkannt… :grin


    So plätscherte der Nachmittag angenehm ruhig und entspannt mit nach und nach eintreffenden Eulen und Autoren dahin und schließlich ging es auch los. Jetzt auf jeden einzelnen Vortragenden einzugehen, würde aber zu weit reichen, daher beschränke ich meine persönliche Rückschau auf meine persönlichen Highlights:


    Flashfrog machte sozusagen den Opener. Von der Jury mit einem Sonderpreis für ihr Gedicht ausgezeichnet, saß sie als erstes auf dem Sofa und soweit ich das mitbekommen habe, hat sie das erste Mal überhaupt vor Publikum gelesen. Das Siegergedicht, das sie hoffentlich in den nächsten Tagen auch hier bei den Eulen einstellen darf, war denn auch wirklich witzig und hat mir großen Spaß gemacht.


    Stefan Ummenhofer & Alexander Rieckhoff, das Krimi-Autorenduett schreibt zwar Krimis, die nicht so auf meiner Linie liegen, was wohl auch daran liegt, dass es schwäbische Heimatkrimis sind – aber deren Vortrag war super gemacht, klasse und engagiert gelesen und hat mir trotzdem sehr gut gefallen. Echt mitreißend!


    Selbstredend durfte diese Veranstaltung nicht ohne einen Beitrag von Silke vorübergehen (hey, wer die ganze Arbeit damit hat, soll auch ein wenig Vergnügen damit haben dürfen) – eine Kurzgeschichte, die mir ebenfalls sehr gut gefallen hat. :-]


    Eine echte Überraschung war für mich Erkan Mete. Nach den ersten paar Tönen dachte ich noch „Auweia… das wird so eine „krasse-isch-tschecke-alles-und-du-tscheckst-nischts-boah-was-ist-das-leben-fett-alda“-Geschichte. Doch das war glücklicherweise überhaupt nicht so; sehr schnell zog mich der Text in seinen Bann und ich wurde aufs Angenehmste überrascht.


    Worauf ich mich bereits im Vorfeld schon besonders freute, war Nudelsuppes Vortrag, denn endlich konnte ich einen Vergleich zwischen dem Sprecher der Geschichten auf der Hör-CD Lovebits und dem Autor selbst ziehen. Im Vorfeld nur gaaaaaaanz unwesentlich nervös, trug Nudelsuppe seine Geschichte so wunderbar vor, wie er sie auch schreibt. Chapeau, Marcel. Ich hoffe, Dich bald wieder einmal lesen zu hören. :anbet


    Tom Liehr erfreute sein Publikum mit einer Szene aus seinem neuen Roman Stellungswechsel, auf den ich mich nach diesem „Appetithappen“ glatt noch mehr freue. Aber eines hat mich doch beunruhigt: Tom hat für seine Verhältnisse richtig langsam gelesen. Tom, lag es am Hunger? :chen


    Auch Doc Hollywood wurde diesmal auf die Couch gebeten und las eine Geschichte vor, die sowohl objektiv als auch subjektiv betrachtet recht erheiternd war und von der ich hoffe, dass er sie der Eulen-Allgemeinheit ebenfalls bald einmal zur allgemeinen Erbauung vorstellt.


    Den Rausschmeißer-Part übernahm Luigi Brogna. Ein Autor, der mir bereits bei Eintreffen im Hotel schon sympathisch war. Denn einer, der mit seinem Motorrad zu Lesungen knattert, kann kein verkehrter Mensch sein. Der Auszug aus seinem zweiten Buch „Spätzle al Dente“ war schön gewählt, brachte die Leute zum Abschluß noch einmal zum Schmunzeln und ließ den langen Abend noch mit einem Lächeln enden.


    Alles in allem hat mir die Veranstaltung gut gefallen, mit interessanten Textbeiträgen, von denen mir einige sehr gut gefallen haben, andere einfach nicht auf meiner Linie waren und auch dem einen oder anderen Text, mit dem ich einfach nichts anfangen konnte – aber das macht ja nichts. Es kann ja nicht alles Allen gleich gut gefallen. Musikalisch untermalt wurde das Ganze vor und nach den Pausen von der „Klasse Kletus Cologna“.


    Ein besonderer Dank hier auch an keinkomma, die die Lange Lesenacht ganz maßgeblich organisiert für die vielen Mühen, die sie mit der Veranstaltung auf sich genommen hat, was sogar bis hin zum persönlichen Hoteltransfer für die Zuggäste ging. Darüberhinaus organisierte sie in Zusammenarbeit mit dem Spaichinger Heimatverein – in Kenntnis der kulinarischen Problematik des Ortes :lache – dass in den Lesungspausen belegte Brote gereicht wurden und überredete eine örtliche Kneipe noch dazu, uns trotz später Stunde noch auf einen Absacker aufzunehmen und uns sogar noch zu beköstigen. Angebote, die von den hungrigen Auswärtigen gerne angenommen wurden… ;-)


    Kleinere Kritikpunkte zum Abschluß: So interessant und schön der Abend auch war, er war in der Summe doch ein wenig zu lang. Der Beginn war ja bereits um 19 Uhr und das Ende war kurz vor Mitternacht. Auch wenn sich der Abend „LANGE“ Lesenacht schimpft, war das für mich doch fast ein wenig zu lange, da trotz Pausen die Aufmerksamkeit schon mal nachlässt… ein Textblock weniger evtl. gepaart mit ein wenig kürzeren Musikbeiträgen wäre vermutlich „publikums- und autorenfreundlicher“ gewesen. Denn schade ist es schon, wenn einige vorzeitig die Veranstaltung verlassen. Das hatte keiner der anwesenden Autoren verdient.


    Und noch ein kleiner „Kritikpunkt“: Ich hätte gerne noch ein wenig mehr Zeit für Gespräche mit den angereisten Eulen gehabt. So blieb es z.B. doch nur bei einem „Aaaaaaaaaaah, Du bist also Seestern!“ Aber ich hoffe, man sieht sich an anderer Stelle wieder! Oder vielleicht im nächsten Jahr am selben Ort…

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Du siehst mich vor Neid erblassen:


    Erstens, weil ich vorher schon wusste, dass ich mich ärgere, nicht dabeisein zu können, und du diese Befürchtung eindrucksvoll bestätigt hast.


    Zweitens, weil ich es genial finde, wie man so wenige Stunden nach einer so langen Lesenacht einen so genialen Bericht über dieselbe verfassen kann!


    Danke für den Bericht. Und irgendwann will ich auch mal dabeisein.

    „Streite niemals mit dummen Leuten. Sie werden dich auf ihr Level runterziehen und dich dort mit Erfahrung schlagen.“ (Mark Twain)

  • Ich hab heute öfter daran gedacht, wie es wohl war und was ich verpasst habe. Wenn ich den Bericht so lese, habe ich was verpasst! War ja klar.


    Beim Spaziergang mit Mr. Idgie heute nachmittag haben wir noch darüber gesprochen, dass wir beim nächsten Event vielleicht wieder mal dabei sein könnten. Vielleicht wieder so was Feines, wie einen Literaturschmaus.

  • So, ein paar Zeilen und viele Stunden später noch ein paar Eindrücke von mir dazu.


    Um Spaichingen herum gibt es viel schöne Landschaft und noch viel schönere Kurven (wenn man Motorradfahrer sein sollte). Spaichingen selbst scheint nur aus einer sehr langen Hauptstraße zu bestehen, die es von der Geräuschkulisse her ganz locker mit dem Times Square New Yorks aufnehmen kann. Wer also in Ruhe einen Döner (eine der hauptsächlich angebotenen Lebensmittel) oder einen Capuccino zu sich nehmen, und sich dabei ein wenig von der spätsommerlichen Sonne bescheinen lassen möchte, dem sei entweder relative Taubheit oder ein MP3-Player empfohlen, der allerdings rund 90 Dezibel schaffen muss, um den Lärm Spaichingens zu übertönen.


    Wer an einem Samstagmittag in Spaichingen ankommen sollte und etwas anderes als Döner oder Mikrowellen-Schnitzel der Eisdiele verspeisen möchte, der wird feststellen, dass es in dieser Stadt schwerer ist an warmes Essen zu kommen, als in der Südsee Pinguine zu sichten. Doch trotz aller Widrigkeiten konnte ich einen indisch aussehenden, und indisch-schwäbisch sprechenden Mitbürger dazu überreden mir immerhin nach vier Stunden Wartezeit eine Pizza zum Abholen zuzubereiten, die ich brüderlich-schwesterlich sogar mit einigen angereisten Kollegen geteilt habe. Aufgrund ihrer Reaktion auf mein Angebot an meiner Pizza zu partizipieren, hätte ich viel Geld verlangen sollen. Anscheinend hatten die Kollegen bereits ähnliche entbehrungsreiche Erfahrungen mit Spaichingen machen müssen.


    Nach einem kleinen Pressetermin vor der Lesung, bei dem alle Autoren (meiner Vermutung nach für einen Prospekt eines Möbelhauses) vor bzw. hinter dem berühmten Lese-Sofa abgelichtet wurden, fand sich auch nach und nach interessiertes Publikum ein. Keiner hatte ein bequemes Sitzkissen dabei, was sich im Nachhinein vielleicht als krasse Fehleinschätzung über die Länge des Abends herausstellen sollte. Nach ein paar einleitenden Worten von Andreas, dem sehr charmant durch den Abend führenden Moderator, marschierten die Autoren unter höflichem Beifall und musikalischer Begleitung einer kleinen Gruppe von Flötisten (Querflöte, Klarinetten und so Zeugs) in den sehr stilvollen Saal des Spaichinger Gewerbemuseums ein. Das Ambiente hätte nicht besser sein können.


    Literarisch eingeleitet wurde der Abend mit dem Sonderpreis der Jury an unsere Mit-Eule flashfrog, die anschließend ihr sehr amüsantes, kurzweiliges Gedicht zum Thema "Besetzt" vortrug. Ein launiger Einstieg in den Abend, der allerdings durch so manchen Beitrag einige unnötige Längen bekam. Kann natürlich sein, dass diese empfundenen Längen nur meinem geistigen Ausnahmezustand an diesem Abend zuzuschreiben sind, kann aber natürlich auch sein, dass ich so manche der vorgetragenen Texte schlichtweg nicht verstanden habe, was ich aber letztlich auch mir selbst ankreide, nicht den Bemühungen der Lesenden.
    Besonders hervorheben muss ich an dieser Stelle aber die sehr gelungenen Texte von Tom (der aus seinem demnächst erhältlichen Buch zum Film "Stellungswechsel" gelesen hat), Marcel Nüdelsüpp Magis (der mit "Gecko" und "Gelbe Tage" zwei wunderbare, kleine Geschichten zum Besten gab) und ebenso die von der Jury ausgezeichnete Geschichte von Anja Beisiegel. Erkan Mete hat mir auch gut gefallen, ein junger Mann mit viel Potential. Erfrischend und mit viel Elan beschloß Luigi Brogna die Lesung mit einem kleinen Ausschnitt aus seinem Buch "Spätzle al dente". Seine sizilianisch-schwäbische Art, schaffte es die langsam in einen katatonischen Zustand verfallenden Zuhörer nochmal mitzureissen und mit einem guten Gefühl nach Hause zu schicken.


    Anschließend verschaffte Silke den bis kurz vor Mitternacht Überlebenden der langen Lesenacht noch ein paar kulinarische Leckereien zur Stärkung in einem nahegelegenen Restaurant, das übrigens wie alle Örtlichkeiten in Spaichingen 500 Meter entfernt lag. Alles in diesem Ort scheint 500 Meter entfernt zu sein, egal an welchem Punkt man sich befindet. Ehrlich.
    Ein ganz herzliches Dankeschön gilt an dieser Stelle Silke keinkomma Porath und ihrem Mann, die unermüdlich und mit riesigem Engagement diesen Abend erst möglich gemacht haben. Ein ebenso und nicht minder herzliches Danke an die angereisten Eulen, sei es als Leser oder Autor, die mit wohltuenden Worten und Schulterklopfen nicht nur mir einiges an Lampenfieber wegnahmen.


    Gruss,


    Doc



    edits: Tippfehler, mal wieder

  • Auch ich möchte mich noch einmal bei Silke und allen anderen Beteiligten für den schönen Abend auf und vor dem Sofa bedanken: Herzlichen Dank!!


    Es hat uns gut gefallen, besonderes Lob auch von meiner seltenlesenden Tochter und meinem nie ruhigaufdemstuhlsitzenden Mann. Und mir, der nie langeaufbleibenden Autorin!


    Jetzt, wo die Aufregung endlich vorbei ist, kann ich mich endlich wieder voll und ganz dem :write widmen.


    Beste Grüße aus dem Taunus an den Rest der Büchereulenwelt, ich werde in Zukunft bestimmt häufiger einmal durch das Forum flattern, jetzt wo einige Nicknames für mich ein Gesicht bekommen haben.



    sala


    alias Anja Beisiegel

    Beste Grüße


    sala


    "Nichts kann mehr zu einer Seelenruhe beitragen, als wenn man gar keine Meinung hat" Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)

  • Super tolle Berichte. Zum neidisch werden. :-(
    Da hab ich mal wieder was verpasst. :cry
    Hätte die eine oder andere Eule auch gerne kennengelernt. Tom, Doc, Nudelsuppe und Batcat. Zb. Aber ohne Fahrzeug ist es schwierig. :cry


    Den Brogna hätte ich auch zu gerne gehört. Da habe ich bereits im Juli vergeblich versucht eine Karte zu seinen Lesungen in Nürtingen zu bekommen, die zweimal innerhalb weniger Tage ausverkauft waren. :fetch
    Na gut. Dann halt ein anderes mal.

  • Herr und Frau Tom quälten sich um 5.45 Uhr aus den Betten, um zum Flughafen Schönefeld zu fahren, wo ein Billigflieger der Firma Germanwings darauf wartete, uns gegen acht Uhr morgens nach Stuttgart zu bringen. Ich hasse das Fliegen. Nicht, weil ich Flugangst hätte oder so. Ich kann es nicht ausstehen, daß man anderthalb Stunden vor Abflug vor Ort sein und sich insgesamt vier Mal anstellen muß, um eine Leistung in Anspruch zu nehmen, für die man längst bezahlt hat. Von den nervigen und machmal demütigenden Durchsuchungen abgesehen sind allerdings die Mitreisenden das schlimmste. Vor allem, wenn es keine Platzreservierungen gibt. Menschen werden zum Tier, wenn es darum geht, einen Sitzplatz zu ergattern, der vermeintlich besser ist als alle anderen. Lustig ist das, wenn zwar alle aufspringen und sich vordrängen, wenn die Maschine startbereit ist, aber dann erst in einen Bus steigen müssen, wo dann diejenigen, die zuerst losgespurtet sind, ganz hinten stehen und folgerichtig als letzte ins Flugzeug kommen. Wir saßen bequem. Fünfundfünfzig Minuten Flugzeit.


    In Stuttgart mußten wir Parkhaus P4/Ebene Q0/Straße "Oslo"/Platz 95 finden. War aber kein Problem. Und auch das Navi zeigte sich entgegenkommend. Leider roch es im Auto nach fauligen Lebensmitteln und abgestandenem Rauch. Aber wir hatten Sonnenbrillen und gute Laune. So bewaffnet und das pittoresk-frühherbstliche Ländle in einem und das Tacho im anderen Auge machten wir uns auf den Weg nach Spaichingen.


    Erste Zwischenstation Herrenberg. Das hat quasi Tradition, Frühstück in Herrenberg, zwischen Heerscharen von Touristen. Labbriger Kaffee und ungewürztes Bauernfrühstück, dafür viel Sonne und sehr entspannte Atmo. Ich kaufte noch rasch einen Zehnerpack Landjäger für drei Euro dreißig auf dem Markt, weil Spaichingen gastronomisch so seine Eigenarten hat. Und ab nach Spaichingen.


    Das Kameralamt (man kann den Namen des Hotels auf sehr lustige Art betonen) gehört zu den fünf beliebtesten Zwei-Sterne-Hotels der Republik, wie uns eine Urkunde im Foyer informierte. Ein niedlicher, geschichtsträchtiger Laden, wenn auch sehr siebzigermäßig im Detail (Badezimmer!). Und etwas hellhörig. Aber, hey, wir waren nicht zum Übernachten gekommen. Nach einer anderthalbstündigen Ruhepause wollten wir uns auf den Weg zu einem kleinen Spaziergang machen. Dabei stolperten wir zunächst über Batcat, Magali und Nudelsuppe, die im Vorgarten saßen und klönten. Nudelsuppe wirkte bereits jetzt, etwa vier Stunden vor der Lesung, als müsse er jede Sekunde auf die Bühne. Aber so kennt und liebt man ihn. Nach einer etwas hastigen Begrüßung liefen wir los in Richtung Stadtkern. Kernchen. Ich kenne Spaichingen inzwischen wie meine Westentasche, aber ich trage keine Westen. Jedenfalls wollten wir in diesem Café, in dem wir im vergangenen Jahr labbrigen Salat und Zimbo-Schnitzel gegessen haben, eine Pause machen, und da saßen, eigentlich wenig überraschend, die versammelten 42erAutoren - Karen, Horst-Dieter, Silke, Bernd, Michael, Jörg. Und zwar am Tisch 42, ohne es zu wissen. Wir hockten uns dazu, schlabberten Kaffee und drehte anschließend noch eine Runde, vorbei an den Dönerbuden und den vielen tiefergelegten Golfs. Um einen falschen Eindruck zu vermeiden: Die Stadt ist wirklich hübsch. Aber eigenartig. Auf gewisse Weise. Und wirklich, wirklich laut.


    Um viertel nach sechs versammelte sich die redlich große Autorenschar nebst Anhang und Eulen-Südkurve (Magali, Batcat, Seestern) vor dem Kameralamt, um gemeinsam zum Gewerbemuseum zu wandern. Dort nahm man Saal und Sofa in Augenschein, wurde abgelichtet, und dann hieß es: Warten. Um kurz vor sieben waren kaum Gäste anwesend, man zog schon Augenbrauen hoch und hüstelte nervös. Aber es wurden doch noch etwa sechzig Zuhörer, womit sie knapp in der Mehrheit waren.


    Nach Begrüßung durch Silke und Anmoderation durch Andreas eröffnete flashfrog/Diana den Reigen. Die arme. Die Technik funktionierte noch nicht so recht, aber sie machte ihre Sache prima, mit viel Hingabe und deutlich besserer Betonung als manch einer, der ihr folgte.


    Der Abend mit seinen insgesamt mehr als fünf Stunden bot eigentlich alles, was man an unterhaltender Literatur auf eine Bühne bringen kann. Lürik und Prosa, Lustiges und Verzweifeltes, Besinnliches und Obskures. Nicht alles war leicht verdaulich, manches blieb in der Speiseröhre stecken, anderes flutschte wie Pudding zum Nachtisch. Großartig waren die Vorträge von Ummenhofer/Rieckhoff, Erkan Mete, Marcel Magis und Luigi Brogna. Schön und liebenswert das, was Silke Porath, Bernd Diehl, Anja Bleisiegel und einige andere vortrugen. Leichte Schwierigkeiten mit meiner Konzentration und/oder der Rezeption der Vorträge hatte ich bei Horst-Dieter Radke, Wolfgang Kirschner, Karen Lark, Jörg Lingroen und Monika Detering. Bei Achim Eisenlohr bin ich ausgestiegen, mental wie akustisch. Es gibt einfach Geschichten, die vorgelesen besser funktionieren als selbstgelesen. Und umgekehrt. Aber bei sechzehn Autoren und insgesamt mehr als fünf Stunden (!) Programm muß es Punkte geben, die besser ankommen als andere. Ganz individuell. Anerkennenden und keineswegs nur höflichen Applaus gab es bei allen Autoren, und natürlich bei den originellen und kunstvoll vorgetragenen Musikdarbietungen in den Pausen.


    Aber es war vieeeeeeel zu lang. Obwohl die Veranstaltung so heißt - fünf Stunden sind mehr als lang, gerade bei dieser Art von Darbietung. Zehn oder zwölf Autoren wären grenzwertig, aber bei sechzehn, von denen sich nur wenige an die Zehn-Minuten-Grenze hielten, wunderte kaum, daß ein Teil des Publikums in der dritten Pause die Segel strich, da war es immerhin schon fast elf. Dennoch. Ein gelungener, sehr abwechslungsreicher Abend, toll organisiert und eigentlich durch die Bank sehr hörenswert.


    Zum Abschluß zog man ins "Bonne Auberge", um Wurstsalat und Apfelkuchen zu essen. Die Tischreihe zog sich durch den halben Laden. Eigentlich hätte man sich im Viertelstundenrhyhtmus neben jeden Anwesenden setzen müssen, um Eindrücke auszutauschen und ein paar Worte über die Begrüßungsfloskeln hinaus zu wechseln, aber dann säßen wir jetzt noch dort. Gegen zwei verabschiedeten wir uns, um halb neun klingelte der Wecker und um zehn machte der Hotelier unmißverständlich klar, daß der bezahlte Teil des Arrangements jetzt abgegolten wäre. Wir winkten in die Runde, fuhren noch nach Rottweil, um (abermals zwischen Heerscharen von Touristen) zu zweitesfrühstücken und einen ausgiebigen Spaziergang zu machen. Die restliche Wartezeit (Rückflug um 16.00 Uhr) verbrachten wir in einer Flughafen-Lounge, in der wir die einzigen Gäste waren, was den Vier-Mal-Anstehen-Krampf im Anschluß etwas abmilderte, und gegen sechs waren wir zu Hause, um vier krähenden Haustigern, die seit über dreißig Stunden nichts mehr zu fressen bekommen hatten, Futter zu reichen und eine Extraportion bauchkraulen zu verpassen.


    Spaichingen macht einfach Spaß. Lieben Dank abermals an Silke, an alle Autoren, die sich auf den Weg gemacht haben, an die Büchereulen, auf die einfach Verlaß ist, an den Heimatverein und alle Sponsoren. War ein schönes Wochenende. :wave

  • High Noon am Bahnhof Spaichingen* oder Once Upon a Time in German South - West


    Eigentlich fehlte bloß noch die Mundharmonika. Aber keiner der drei Desperados, die da am späten Sonntag Vormittag im grellen Sonnenlicht auf dem völlig verödeten Bahnsteig einer nahezu menschenleeren schwäbischen Kleinstadt saßen, hatte eine in der Tasche. Die drei Desperados sind in einschlägigen Kreisen einschlägig bekannt, ihre Namen monde, Nudelsuppe und magali lassen die Nervenbahnen selbst der Stärksten vibrieren. Der Wirt eines örtlichen Hotels aber erwies sich als Held der Stunde. Obwohl er wußte, daß der einzige Zug, der in diesem Monat noch den Ort passieren würde, erst für die Mittagsstunde angekündigt war, sattelte er die Pferde bereits zu einer Uhrzeit, die Einheimische als femfvordreivierdelelfe ( ;-) an Luigi Brogna)* kennen, packte die Desperados in den Sattel und kippte sie zehn Minuten später erbarmungslos am Bahnhof in den heißen Sand. Der Stadtverweis war deutlich.
    Da saßen die drei und hatten eine Stunde lang Zeit, über ihre Vergehen nachzudenken. Wie waren sie nur hierher gekommen?
    Darauf gibt es nur eine Antwort: Alles für die Kunst.


    Hierhergetrieben in diese Ödnis hatte sie die Lange Lesenacht, die dritte ihrer Art. monde und Nudelsuppe als ausübende Künstler, magali in Ausübung ihrer größten Tugend: der Neugier.
    Es war ein Abenteuer von Anfang an. Nudelsuppe und magali, die als überzeugte Großstadtpflanzen die Reise aufs Land im Schutz des/der jeweils anderen geplant hatten, waren nicht einmal vier Schritte vom Hoteleingang entfernt gewesen, als ihre Namen schon durch die Büsche schollen. Eine bis dato nur virtuell existierende Batcat hatte sich materialisiert. Katzen kann man halt nicht täuschen. Daß sich in Begleitung der beiden aber auch eine muntere flashfrog befand, überraschte die Flederkatze doch ein wenig.


    Nach der ersten Begrüßung ging es Schlag auf Schlag weiter. Die Halle des Hotels ist durch die Art ihres üppigen Wandschmucks an Geweihen, Fellen und ausgestopfter heimischer Fauna geeignet, selbst eine überzeugte Fleischesserin wie mich umgehend zur fanatischen Tierschützerin werden zu lassen. Reiches Zeugnis eines höchst lebendigen Kunstgewerbes legten Gestecke aus Stroh - und Stoffblumen, Kupferteller und Landschaften in reichlich Öl ab, die jedes Fleckchen schmückten, das nicht von toten Tieren besetzt war. Selten zuvor ist mir Totes so tot vorgekommen, ich kam glatt ins Sinnieren.


    Im Gang vor meinem Zimmer hing eine Eule in Makramee-Technik. Ich nahm die Huldigung entgegen, beruhigte mich in einem netten Zimmer in sanftgelb, nur um im gnadenlos gekachelten Badezimmer in giftgrün und einem Rosaton zwischen eingetrocknetem Himbeerpüree und überfahrenem Igel endgültig abzuknicken. Ich flüchtete ins Freie, zur Katze hinter den Büschen. Dort trafen in rascher Folge weitere Gäste ein, die ohne eigenes Verschulden hier gelandet waren. Autoren traten in hoher Dichte auf, Jörg Lingroen, Luigi Brogna, Tom Liehr (unerkennbar in seinem T-Shirt mit der Aufschrift ‚Schriftsteller’), Doc Hollywood, monde, Karen Lark. Der wunderbare Sonnenschein gaukelte Urlaubsstimmung vor. Lange konnte sie aber nicht aber täuschen. Bald verzog man sich angesichts der fortschreitenden Zeit zum Kaffee, Ausruhen, innerer Sammlung. Die Spannung stieg sichtlich.


    Da man laut keinkomma, in deren sicherer Hand ein Gutteil der beträchtlichen Gesamtorganisation des wahrhaft großen Ereignisses lag, alles vor Ort bequem in fünfzehn Minuten erreichen kann, begann der Abmarsch der Gruppe zum Veranstaltungsort zwanzig nach sechs (femfnochvierdelsiebe). Auf dem Weg flatterte eine weitere Eule herbei, Seestern. Auch sie erkannte mich sofort, was in mir die Hoffnung weckte, allmählich tatsächlich Sätze formulieren zu können, die den beabsichtigten Informationsgehalt auch übermitteln. Abgesehen davon, daß es schmeichelt, wenn der eigene Name in unbekannter Stimmlage gleich zweimal am Tag laut durch Büsche und Straßen klingt. Ach, ein Star zu sein.


    Das Gewerbemuseum ist ein sehr schöner Veranstaltungsort, der Saal wirkt freundlich und auch das Lesesofa auf dem Podest ganz vorne weniger beängstigend, als ich gedacht hatte. Ehrlich gesagt, sieht es von unten geradezu gemütlich aus. :grin
    Während die Autoren und Autorinnen den Phototermin wahrnahmen (und abwechselnd ihre Nagelhaut mit Zähnen und/oder Lungen mit Tabakrauch malträtierten), hielten Seestern und magali einen fröhlichen Tratsch vor dem Museum, wo wir in aller Ruhe genüßlich pafften.
    Dann aber ging es los. Unter dem Klang von Pfeifen und Schalmeien (na, ja, Klarinetten und Querflöten) marschierten die Autorinnen und Autoren auf die Bühne, ein toller Auftritt. Der Applaus war laut und ehrlich herzlich.
    Allerdings zeigte sich hier gleich etwas, das im Verlauf des langen Abends zum Problem wurde: die schlechte Akustik des Saals. Selbst wer wie Seestern und magali gleich in der zweiten Reihe saß, konnte nicht wirklich glücklich werden. Allen, die hier lesen und musizieren, muß man also von vornherein Lob aussprechen. Es ist tatsächlich eine doppelte Anstrengung. Die Ohren der Zuhörerschaft leiden auch.


    Das Programm war vielfältig, es gab Geschichten, es gab Gedichte, es gab Nachdenkliches, Lustiges, Spannendes. Es gab zwei Preisverleihungen, den Sonderpreis an flashfrog (das witzige Gedicht kann man im Forum inzwischen nachlesen), den Wettbewerbspreis an Anja Beisiegel, die das Thema ‚Besetzt’ mit einer Erzählung über die Probleme, die eine Familiengruft mit sich bringen kann, sehr munter illustrierte.
    Sehr gut gefielen mir Gedichte von Jörg Lingroen - ich wünschte nur, die Pausen nach den einzelnen Texten wären länger gewesen - , ein recht schwieriger und anspruchsvoller Text übers Schreiben von Achim Eisenlohr, der unglücklicherweise den akustischen Verhältnissen ziemlich erlag, die Geschichte der ersten Liebe eines Jugendlichen in den 70er Jahren voller Zitate aus Beatles-Songs von Wolfgang Kirschner (nur den Opa muß ich bekritteln ), die sehr guten Geschichten von Erkan Mete und Luigi Brogna, der uns allen einen krönenden Abschluß schenkte und das mitten in der Nacht!
    Sehr professionell vorgetragen, geradezu bühnenreif waren die Texte aus dem neuesten Schwarzwaldkrimi von Stefan Ummenhofer & Alexander Rieckhoff und von monde - Monika Detering - aus ihren Büchern, die die Neugier auf mehr weckten. Neugierig machte auch Toms Text aus seinem jetzt hoffentlich endlich erschienenen Buch zum Film, der das Publikum in nur zehn Minuten mehrfach zum heftigen Auflachen brachte. Unterhaltsam, gut gemacht und ‚typisch Doc’ die Geschichte von Doc Hollywood, den allerdings das Mikro auch ein wenig strafte.


    Meine Highlights waren der Moment, als ein Pinguin auf dem Sofa Platz nahm und kurz darauf auch noch ein Gecko, Giraffen und Lemuren auftauchten (so schön, Nudelsuppe!) und die Geschichte von keinkomma, Silke Porath. Dabei war nicht nur der Text gut, sondern vor allem die Art, wie Silke liest. Nach anfänglicher Nervosität war plötzlich ein wunderbarer Vorlesefluß da, dem ich stundenlang hätte folgen können. Ich glaube, Silke kann mir auch vorlesen, was auf der Zahnpastatube steht und ich würde nach drei Worten nur an ihren Lippen hängen. Hach!
    Interessant, aber für mich nicht so recht zugänglich die Geschichten von Karen Lark und Michael Höfler sowie die Fabeln von Horst Dieter Radke.


    Abgesehen von meinen Lieblingstexten hat mich, abseitig veranlagt, wie ich nun mal bin, die musikalische Begleitung durch die Klasse von Kletus Cologna einfach hingerissen. Ich war so begeistert, daß ich sogar geneigt bin, ihnen den Mozart zu verzeihen, ein Komponist, der bei mir nicht ankommt. Leider konnte ich meine Begeisterung nicht weitergeben, aber ich bin es gewöhnt, Minderheitsmeinungen zu vertreten.


    Nach dem sehr langen Abend ging es noch in ein für die ländlichen Verhältnisse überwältigend gastfreundliches Restaurant. Der Weg gestaltete sich etwas schwierig, da unser Grüppchen völlig ortsfremd war und unsere Vorgruppe an einer Straßenbiegung buchstäblich von der Dunkelheit verschluckt wurde. Da sich aber Seestern erinnerte, daß da noch jemand gewesen war, eilte sie todesmutig durch die dunklen Straßen zurück zu unserer Rettung. Die Leserinnen und Leser von Luigi Brogna und Nudelsuppe schulden ihr ewigen Dank!
    Der Heimweg gegen halb zwei war hart. Ich kämpfte heftig mit den mathematischen Verhältnissen. Auch wenn man in diesem Ort jeden Ort in 15 Minuten erreichen kann, gibt es trotzdem Orte, von denen aus man ca. zweimal 15 Minuten braucht, um woanders hin zu gelangen, oder nicht? Vielleicht es auch nur gespukt, immerhin hatte ich es Mitternacht schlagen hören. In meiner Erinnerung wird die Straße jedenfalls sehr lang bleiben. Und sie wird lange haften bleiben, wie die Erinnerung an diese tolle Lesenacht.


    Ja, der Abend war zu lang, viel zu lang, es war ungemein anstrengend, für die AutorInnen wie für die Zuhörerschaft. Gar nicht zu reden vom Moderator, der es schaffte, bis zum Schluß richtig munter zu wirken.
    Glücklich waren bloß die MusikerInnen. Ich hatte den Eindruck, daß sie stundenlang hätten weiterspielen können. Irgendwann wollte sogar ich nur noch weg. ;-)
    Schade war, daß der Büchertisch so versteckt an der hinteren Wand des Saals stand, er fand viel zu wenig Beachtung. Nudelsuppes Vorschlag, ihn beim nächsten Mal VOR dem Tisch mit den Schmalzbrötchen zu positionieren sollte sich das Organisationskomitee mal überlegen.
    Danke noch einmal an Silke, die sich rührend darum kümmerte, daß wir gut ankamen und richtig im Hotel landeten, an ihren Mann fürs Abholen und Kartenreservieren und überhaupt für die freundlich Aufnahme in einem so fernen, fernen Land (Ist es noch weit?) auf dem Land.


    Trotz der Länge der Nacht hat Zeit gefehlt zum näheren Kennenlernen und Reden, aber die wird sich schon finden. Gesehen haben wir uns und beschnuppert, wie sich Eulen halt so beschnuppern. Wenn sie nicht Makramee-geknüpft sind.


    Die drei Desperados vom heißen Bahnsteig haben ihren Zug übrigens, kurz bevor sie dem Sonnenstich erlagen, besteigen können. Eine Station weiter kam der Mann mit der fahrbaren Kaffeekanne dazu. Mehr braucht man nicht zum Glücklichsein. Außer einer Zigarette. Aber das ist eine andere Geschichte, das Reisen mit überzeugten Rauchern in Baden-Württemberg. Wie auch das, was sonst auf dieser Reise noch passierte. Warum die alte Frau so lachte, zum Beispiel, und Nudelsuppe sagte: Magali, du wirst ja rot! Und monde kicherte.


    Wer nach Spaichingen fährt, kann etwas erleben.
    Schaut mal in Euren Terminkalender für 2008, die nächste Lange Lesenacht kommt bestimmt.


    * danke an Nudelsuppe für die Überlassung der ersten Hälfte des Titels
    *für Menschen, die die in Süd - und Südwestdeutschland vorherrschende Art der Zeitrechnung nicht kennen: 10 Uhr 40

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Huhu, Magali.


    Toller Bericht. :grin


    Zitat

    die Geschichte der ersten Liebe eines Jugendlichen in den 70er Jahren voller Zitate aus Beatles-Songs von Wolfgang Kirschner


    Mmh. Erste Liebe eines Jugendlichen? Ich meine, es ging um einen durchgeknallten Stalker, der sich wahlweise nach Beatles-Songs Damen aussucht, denen er nachstellt. So kann's gehen.

  • Tom


    Dein Bericht ist auch schön.
    :-)


    :grin



    Was die Geschichte anbelangt: ich sag doch, daß es da ein Problem mit der Akustik gab ...


    :wave


    magali (die heute ihren milden Tag hat)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich hätte ja auch noch was zu sagen gehabt, das dümpelt jetzt aber in den unendlichen Weiten des Internets vor sich hin, weil mir kurz vor dem Ziel der Computer abgeschmiert ist :fetch
    Die Vorredner haben allerdings schon ganze Arbeit geleistet und wunderbare Berichte verfasst, deshalb spare ich mir alles Weitere ...
    Ich fand es schön, einige Eulen persönlich kennen zu lernen, wobei es schon etwas komisch ist, wie Erwartung und Wirklichkeit manchmal auseinanderdriften können :grin
    Zur Ehrenrettung Spaichingens sei noch erwähnt, dass es nicht nur aus einer langen Hauptstraße besteht, wie das den Großstädtern wohl vorgekommen ist. Als Landei mit gegen 0 tendierendem Orientierungssinn kann man sich da prima verfahren/verlaufen.

  • Zitat

    Original von magali
    High Noon am Bahnhof Spaichingen* oder Once Upon a Time in German South - West
    Wie auch das, was sonst auf dieser Reise noch passierte. Warum die alte Frau so lachte, zum Beispiel, und Nudelsuppe sagte: Magali, du wirst ja rot! Und monde kicherte.
    [/Size]



    Nicht wahr Magali, nie, nie wirds jemand erfahren. :lache Und den Zug in Stuttgart hab ich nach wildem Gerenne, treppauf, treppab bekommen, natürlich stand er schon da. Ein Tipp in den Nacken-Hilfe, Polizei, hab ich was nicht in Spaichingen bezahlt, nein, nur Michael Höfler mit freundlicher Ermunterung, gemeinsam einen Platz zu suchen... Ich landete nicht auf meinem reservierten, aber im Bordrestaurant, wo ich 3 Stunden lang einen Kaffee trank und genüsslich las. Michael blieb verschwunden, derweil 2 Züge gegeneinander gekoppelt waren.
    vielen Dank für deinen köstlichen Bericht! :brief :freundschaft
    monde

  • Mit etwas Verspätung, aber dafür endlich mal richtig ausgeschlafen, mein Bericht vom Eulenbetriebsaus-Flug:


    Am späten Mittag kam ich in Spaichingen mit der Schwäbschen Eisenbahn an, höchst gespannt der Dinge harrend, die da kommen würden. Eigentlich wollte ich das Stückchen Weg zum Hotel ja laufen, wer noch keine schweren Bücher geschrieben hat reist mit leichtem Gepäck.
    Aber da flatterten gleich schwarmweise Gestalten auf ein freundlich wartendes Auto zu, deren Schnäbel mir irgendwie bekannt vorkamen. Kurzentschlossen gesellte ich mich zu der Truppe, und wir wurden dankenswerterweise bequem von Herrn keinkomma zu unserem Nistplatz im Kameralamt chauffiert. (Bis kurz vor der Ankunft beschlichen mich gewisse Zweifel, ob der netter Herr vom Hotel am Telefon die Reservierung richtig verstanden und notiert hatte, aber das erwies sich als völlig unbegründet und der nette Herr als äußerst zuverlässig und gewissenhaft. :-))
    Die Wände des Etablissements waren zum Glück nur in der Rezeption und im Treppenhaus urgemütlich mit tierischen Leichenteilen dekoriert.


    Und während die 42er noch damit beschäftigt waren, Geheimpläne für eine neue Weltrevolution anzuzetteln (nehme ich an), verlustierte sich das Eulenpräkariat bei herrlichem Spätsommerwetter und angenehmen Plaudereien im Kameralamtsgarten, besichtigte die Weltstadt Spaichingen, oder erholte sich bei rätoromanischem Fernsehn von der Anreise.


    Um kurz vor halb 7 wurden die Autoren dann zum Fototermin im Gewerbemuseum gescheucht, äh, gebeten.
    Und dann trudelten auch schon die ersten Zuhörer ein.
    Ich war bei der Lesung quasi zum Mikrophontester verdonnert worden und musste gleich als erste ran. Vorher kekam ich noch den Sonderpreis der Jury überreicht in Form einer schön gerahmten Urkunde und eines Blumenstraußes. Die koordinatorische Herausforderung beides entgegenzunehmen und gleichzeitig Hände zu schütteln, möglichst ohne dabei
    a) den Vorlesetext fallen zu lassen
    b) den Fotografen den hartnäckig den Rücken zuzudrehen und
    c) vom Podest zu fallen
    meisterte ich sogar auch irgendwie.
    Doch (@ Flederkatze), ich habe schon öffentlich gelesen (ist ja an sich auch nix Unanständiges), aber eben dieses Gedicht noch nicht, und dann musste ich auch noch berlinern, das kann ich in Schwaben normalerweise gar nicht. Zudem war mir auch bewusst, dass dieser Text ein bisschen speziell ist ... :grin
    Aber ich hab das Wettbewerbsthema schließlich nicht ausgesucht. ;-)


    Im Nachhinein war ich ganz froh, dass ich im ersten Block dran war und mir den Rest ganz entspannt anhören konnte, und die Autoren, die nach langer Anreise bis kurz vor Mitternacht warten mussten, taten mir ein bisschen leid.
    Ein bisschen schade fand ich z.B. dass Anja Beisiegel, die richtige Gewinnerin, so spät dran war, dass einige aus dem Publikum schon die Segel gestrichen hatten, als der Siegertext an die Reihe kam: eine herrliche Reise-nach-Jerusalem um eine Familiengruft, sicher einer der Texte, die mir in Erinnerung bleiben werden!
    Auf Toms neues Werk war ich natürlich besonders gespannt, er las eine witzige Szene aus dem Film, den er verbucht hat.
    Und unsere Nudelsuppe hat definitiv ein Herz für Tiere und Talent für Dialoge!
    Meine persönliche Neuentdeckung (euch kenn ich ja schon :-) ) war Achim Eisenlohr mit seinen zauberhaften lyrischen Texten und einer (wie ich finde) sehr angenehmen Vortragsweise.


    Das große Finale – der letzte Block dieser extraultramegagigalangen Lesenacht – war große Klasse. Leider konnte ich den 4 genialen Finalisten (Anja Beisiegel, Monde, Doc Hollywood, Luigi Brogna) nicht mehr so recht die Aufmerksamkeit widmen, die ihre tollen Texte verdient hätten. :rolleyes
    16 Autoren, von denen viele gleich mehrere Kurztexte vortrugen, bei denen man sich also ständig in neue Texte einfinden musste, das ist anstrengend. Dazu kam noch, dass der Mkrophonton nicht optimal eingestellt war, sodass man sich teilweise sehr konzentrieren musste, um die Texte zu verstehen, und suboptimale Belüftung des Raumes trug wahrscheinlich auch zu Ermüdungserscheinungen bei...


    Anschließend gings noch ein bisschen plauschen bei Schwäbischem Apfelkuchen mit Schwäbischem Wurstsalat. Und danach war an Einschlafen noch lange nicht zu denken, bei den ganzen Eindrücken, die mir da durch den Kopf schwirrten.
    Um kurz vor 9 Uhr morgens (also gefühlte 3 Stunden Schlaf später) war man dann aber schon wieder geschlossen beim Frühstück versammelt. Dazu gab es selbstgemachten Apfelsaft und schwäbisches Lokalradioprogramm. (Letzteres zum Glück nicht lange. :grin)
    Und von Jörg die Info, dass da seehr bald ein Zug fährt, und der nächste, den ich eigentlich nehmen wollte, erst geschlagene 2 Stunden später, sodass ich mich spontan entschloss, flux den Löffel und Schlüssel abzugeben und in Folge logistischer Unkoordiniertheit nicht einmal mehr reinkam in das Haus, um mich von euch zu verabschieden. :bonk


    Silke, vielen Dank für die tolle Organisation! Und schön, euch alle mal in 3D und Echtzeit erlebt zu haben! :wave


    Das Gedicht steht übrigens hier nochmal zu Nachlesen:
    Ein dringendes Bedürfnis