Originaltitel: Didar en Faroek
Originalverlag: Meulenhoff, Amsterdam 2006
Aus dem Niederländischen von Ilja Braun
Gebundenes Buch, 512 Seiten
Erschienen: September 2007
Handlung:
Didar und Faruk lernen sich Mitte der 30er Jahre in Moskau auf einer Hochzeit ihres weitläufigen, tatarischstämmigen Familienclans kennen. Verschiedener können zwei Menschen kaum sein: Faruk spricht wenig, aus Angst, ein einziges unbedachtes Wort könnte einer seiner Verwandten in die Wirren der russischen Politik reißen. Die lebhafte Didar hingegen ist schon auf alten Kinderfotos immer ein Star; kämpferisch stellt sie sich allen Widrigkeiten mutig entgegen.
Nach dieser ersten Begegnung werden Jahre vergehen, bis Didar und Faruk sich wiedersehen. Der Krieg treibt Faruk, der in seiner Heimat zum Regimegegner wird, durch halb Europa. Didar durchläuft die neue Erziehung unter Stalin und verliert ihre Familie im Krieg. Doch ihr Selbstbewusstsein bleibt ungebrochen. Eines Tages hört sie wieder von Faruk, der von der Front direkt in einen Gulag geraten ist. Mit ihrem ersten Brief an ihn beginnt eine große Liebe, doch erst das politische Tauwetter in den 50er Jahren macht ein Wiedersehen möglich.
Zur Autorin: (Klappentext)
Sena Valiulina wurde 1964 in Tallinn, Estland, geboren. Sie studierte in Moskau skandinavische Literatur und emigrierte 1989 in die Niederlande, wo sie zunächst als Übersetzerin und Journalistin arbeitete.
Ab 1995 begann sie auf Niederländisch zu schreiben.
Ihr von der Presse hoch gelobter Roman »Didar & Faruk« basiert zum Teil auf der Geschichte ihrer tatarischstämmigen Eltern. Er wurde vor kurzem für den begehrten Libris Prijs 2007 nominiert.
Zum Übersetzer:
Ilja Braun hat auch Der Engelmacher von Stefan Brijs übersetzt.
Meine Meinung:
Dieses Buch ist etwas Besonderes. Dass die Handlung offenbar auf der Geschichte ihrer Tatarischstämmigen Familie basiert und dass sie selbst auf dem Cover als junge Pionierin abgebildet ist, lässt schon vermuten, dass der Autorin viel an dem Buch liegt.
Anfangs fast verhalten schmiedet sie Sätze, die aus den Fotos ihrer Hauptdarsteller entstehen und schnell ein gutes Bild der Figuren vermittelt.
Der sensible, intelligente Faruk, schon als Kind ein introvertierter Schweiger und Didar, selbstbewusst und auf sich selbst gestellt, sind wunderbare Charaktere. Dass sie so unterschiedlich sind, macht die Liebesgeschichte zwischen ihnen so interessant, obwohl sie 90% des Buches getrennte Wege gehen.
Ihr von der sowjetischen Gesellschaft nicht immer akzeptiertes Tatarendasein, einer großen muslimischen Minderheit, machen sie zu etwas Außergewöhnlichen und isolieren sie.
Schnell wird der Stil der Autorin lebhafter.
Die Autorin berichtet von der Geburt der Protagonisten, die Geschichte der Eltern der Beiden und wie sie aufwachsen sowie von Didars Zeit als Pionierin und Fakurs Leben als Soldat im Krieg. Faruk kommt direkt von der Front in ein stalinistisches Lager.
Ein Großteil der Handlung konzentriert sich auf die Kriegsjahre mit ihren vielen erbarmungslosen Härten. Dass der Roman trotzdem gut lesbar bleibt, liegt an den liebenswerten Figuren, die dem Leser längst ans Herz gewachsen sind und an dem großartigen Stil der Autorin, der tatsächlich die von ihr angestrebte anspruchsvolle Unterhaltung erfüllt.