Ein Gedankenexperiment. Von heute auf morgen sind alle Menschen vom Erdboden verschwunden. Kein langes Dahinsiechen durch Seuchen oder atomarer Genozid, einfach verschwunden. Jetzt.
Welche Auswirkungen würde das sofortige, komplette Verschwinden der Menschheit auf die Erde haben? Wie würde die Natur reagieren, welche Katastrophen würden dadurch vielleicht erst losgetreten werden?
Diese und viele andere Fragen versucht das vorliegende Buch zusammenzufassen und zu beantworten. Es versucht einen Blick auf eine Erde zu werfen, wie sie vor der Inbesitznahme durch den Menschen war, und wie sie vielleicht lange nach uns sein könnte. Denn in einem Punkt sind sich die meisten Biologen und Anthropologen einig: Selbst der Mensch wird dem natürlichen Lauf der Dinge, dem Weg aller bisherigen Tierarten auf lange Sicht nichts entgegenzusetzen haben und aussterben. Nicht in den nächsten tausenden von Jahren, aber allmählich. Und was sind für die Erdgeschichte ein paar zehntausend oder gar hundertausende von Jahren? Nichts, ein Wimpernschlag. Was nach uns kommt ist ungewiss, das etwas nachkommt allerdings unumstößlich.
In den Innenseiten des Hardcover-Einbands werden die Ergebnisse des Buches anhand eines Zeitstrahles zwar bereits vorweggenommen, jedoch sehr anschaulich grafisch präsentiert. Nur ein paar wenige Beispiele: Bereits nach wenigen Tagen würde das U-Bahnnetz New Yorks überflutet werden, weil niemand mehr da ist die Pumpen zu bedienen, die Tag für Tag, Stunde um Stunde eindringendes Wasser aus den Schächten drängen. Atomkraftwerke, Raffinerien, Chemiewerke wären ohne regelmäßige Instandhaltung und Bedienung durch Menschen tickende Zeitbomben mit katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt. Die derzeitige Elefantenpopulation Afrikas von rund 500.000 Tieren würde binnen weniger Jahre auf mehrere Millionen anwachsen, was natürlich Auswirkungen auf die Steppenlandschaft und zig anderen Tier- und Pflanzengattungen hätte. Kakerlaken, eine an die Lebensräume der Menschen weitestgehend angepasste Tierart, würden keine zwei Winter ohne beheizte Städte überleben. Ratten müssten die allerorts überfluteten und verschlammten Kanalisationen verlassen und würden durch die in den Städten verwilderten Katzen und andere Räuber nahezu bis an die Ausrottung gebracht. Innerhalb einiger Millionen Jahre würden sich Mikroorganismen so weit evolutioniert haben, dass sie sogar unsere auf "Ewigkeiten" hin zusammengefügten Kunststoffe verzehren könnten.
Das Buch verschafft Ein- und Ausblicke auf komplexe Zusammenhänge im ökologischen Gleichgewicht. Es zeigt bereits geschehene Entwicklungen ebenso wie mögliche zukünftige. Nicht immer ist der Mensch von Nachteil, oft genug wirken wir als notwendiges Regulativ im großen Ganzen. Doch auch lange nach uns wird es weitergehen, darin sind sich alle Wissenschaftler einig.
Ein interessantes Buch, ein ausführliches Buch. Natürlich auch ein spekulatives Buch, trotz aller an allen Ecken und Enden sichtlich hervorragend detaillierter Recherchearbeit. Es hat Längen, einige Mal zu oft hatte ich den Eindruck, dass der Autor seitenweise die Vielzahl an Informationen, die er da zusammengetragen hat, auch unbedingt loswerden möchte, selbst wenn die rein gar nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Aber es ist ein Buch, dass vom Panamakanal bis zu Wühlmaus-Populationen bei Tschernobyl reicht, was man auch als positiv empfinden kann. Nicht immer angenehm zu lesen, dafür hat die Gattung Mensch zuviel auf dem Kerbholz.
Wer wissen möchte woher die Gattung Mensch kommt, dem sei "Der dritte Schimpanse" ans Herz gelegt. Wer wissen möchte wohin die Gattung Mensch vielleicht unterwegs ist, der sollte ruhig einen Blick in "Die Welt ohne uns" werfen. Empfehlenswert!
Gruss,
Doc