Die Welt ohne uns. Reise über eine unbevölkerte Erde - Alan Weisman

  • Ein Gedankenexperiment. Von heute auf morgen sind alle Menschen vom Erdboden verschwunden. Kein langes Dahinsiechen durch Seuchen oder atomarer Genozid, einfach verschwunden. Jetzt.


    Welche Auswirkungen würde das sofortige, komplette Verschwinden der Menschheit auf die Erde haben? Wie würde die Natur reagieren, welche Katastrophen würden dadurch vielleicht erst losgetreten werden?
    Diese und viele andere Fragen versucht das vorliegende Buch zusammenzufassen und zu beantworten. Es versucht einen Blick auf eine Erde zu werfen, wie sie vor der Inbesitznahme durch den Menschen war, und wie sie vielleicht lange nach uns sein könnte. Denn in einem Punkt sind sich die meisten Biologen und Anthropologen einig: Selbst der Mensch wird dem natürlichen Lauf der Dinge, dem Weg aller bisherigen Tierarten auf lange Sicht nichts entgegenzusetzen haben und aussterben. Nicht in den nächsten tausenden von Jahren, aber allmählich. Und was sind für die Erdgeschichte ein paar zehntausend oder gar hundertausende von Jahren? Nichts, ein Wimpernschlag. Was nach uns kommt ist ungewiss, das etwas nachkommt allerdings unumstößlich.


    In den Innenseiten des Hardcover-Einbands werden die Ergebnisse des Buches anhand eines Zeitstrahles zwar bereits vorweggenommen, jedoch sehr anschaulich grafisch präsentiert. Nur ein paar wenige Beispiele: Bereits nach wenigen Tagen würde das U-Bahnnetz New Yorks überflutet werden, weil niemand mehr da ist die Pumpen zu bedienen, die Tag für Tag, Stunde um Stunde eindringendes Wasser aus den Schächten drängen. Atomkraftwerke, Raffinerien, Chemiewerke wären ohne regelmäßige Instandhaltung und Bedienung durch Menschen tickende Zeitbomben mit katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt. Die derzeitige Elefantenpopulation Afrikas von rund 500.000 Tieren würde binnen weniger Jahre auf mehrere Millionen anwachsen, was natürlich Auswirkungen auf die Steppenlandschaft und zig anderen Tier- und Pflanzengattungen hätte. Kakerlaken, eine an die Lebensräume der Menschen weitestgehend angepasste Tierart, würden keine zwei Winter ohne beheizte Städte überleben. Ratten müssten die allerorts überfluteten und verschlammten Kanalisationen verlassen und würden durch die in den Städten verwilderten Katzen und andere Räuber nahezu bis an die Ausrottung gebracht. Innerhalb einiger Millionen Jahre würden sich Mikroorganismen so weit evolutioniert haben, dass sie sogar unsere auf "Ewigkeiten" hin zusammengefügten Kunststoffe verzehren könnten.


    Das Buch verschafft Ein- und Ausblicke auf komplexe Zusammenhänge im ökologischen Gleichgewicht. Es zeigt bereits geschehene Entwicklungen ebenso wie mögliche zukünftige. Nicht immer ist der Mensch von Nachteil, oft genug wirken wir als notwendiges Regulativ im großen Ganzen. Doch auch lange nach uns wird es weitergehen, darin sind sich alle Wissenschaftler einig.


    Ein interessantes Buch, ein ausführliches Buch. Natürlich auch ein spekulatives Buch, trotz aller an allen Ecken und Enden sichtlich hervorragend detaillierter Recherchearbeit. Es hat Längen, einige Mal zu oft hatte ich den Eindruck, dass der Autor seitenweise die Vielzahl an Informationen, die er da zusammengetragen hat, auch unbedingt loswerden möchte, selbst wenn die rein gar nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Aber es ist ein Buch, dass vom Panamakanal bis zu Wühlmaus-Populationen bei Tschernobyl reicht, was man auch als positiv empfinden kann. Nicht immer angenehm zu lesen, dafür hat die Gattung Mensch zuviel auf dem Kerbholz.


    Wer wissen möchte woher die Gattung Mensch kommt, dem sei "Der dritte Schimpanse" ans Herz gelegt. Wer wissen möchte wohin die Gattung Mensch vielleicht unterwegs ist, der sollte ruhig einen Blick in "Die Welt ohne uns" werfen. Empfehlenswert!


    Gruss,


    Doc

  • Danke für die Rezi. Das klingt interessanter, als es für meinen Geldbeutel gut sein kann. Ziemlich weit oben auf der Wunschliste einsortiert.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, aber jetzt habe ich es nach 100 Seiten abgebrochen. Unbestritten ein sehr interessantes Buch, mit wahnsinniger Recherche des Autors. Aber es ist einfach total überladen mit Informationen. Die Infos in diesem Buch müssten auf mindestens 1,000 Seiten aufgeteilt werden, und nicht auf knapp 400. Wie Doc schon anmerkte, anscheinend wollte der Autor einfach alle Informationen los werden. Noch dazu hüpft er von einem Thema zum anderen, hin und her, dort hin und da hin. Mit so einem Buch kann ich (leider) nicht viel anfangen, so interessant es auch sein mag, das ist mir zu anstrengend.

    LG, Uhu :katze


    Bücher bergen mehr Schätze als jede Piratenbeute auf einer Schatzinsel... und das Beste daran ist, daß man diese Reichtümer an jedem Tag im Leben aufs neue genießen kann. (Disney, Walt)

  • Anstrengend ist es wirklich und Alan Weisman hätte gut daran getan, nicht so viele Informationen verarbeiten zu wollen, sondern sich auf einige Themen zu beschränken, und die dann lieber ausführlicher behandeln.


    Ich habe das Buch zwar zu Ende gelesen, aber ich habe überdurchschnittlich lange dafür gebraucht. Es waren schon sehr interessante Szenarien dabei, zum Beispiel die Schilderung, wie gespenstisch die Welt aussähe, wenn die riesigen Industrieanlagen zu Geisterstädten würden. Das war richtig gruselig geschildert, ein Horrorszenario!


    Auch wenn die Lektüre sehr anstrengend war und volle Konzentration verlangt hat, bin ich doch sehr froh, dass ich nicht aufgegeben habe, weil man doch ein Gefühl dafür bekommt, wie sehr der Mensch die Erde dominiert, wie rasch die Natur unsere Errungenschaften aber auch wieder zunichte machen würde.


    Ein Buch, das auch ein bißchen demütig macht, uns zeigt, wie unbedeutend wir eigentlich sind. Und mich mit der Frage zurückgelassen hat, ob es der Welt ohne uns nicht tatsächlich besser ginge, wenn sie sich von den schlimmsten Wunden, die wir ihr zugefügt haben, erholt hat.

  • :gruebel Ich hatte es ziemlich rasch durchgelesen... und ich hatte eigentlich keinerlei probleme damit, nun, da ich schon einige bücher ähnlicher art gelesen habe, war ausser den müllstrudeln, deren dasein eigentlich ganz logisch ist, wenig neues unter der sonne.
    Ausser mit der Clovis-theorie, die zu schön ist, um wahr zu sein, hatte ich kaum reibepunkte bei der lektüre.

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

  • Das hört sich total interessant an. Ich mag eigentlich Sachbücher nicht so gerne und kann meistens aus Langeweile nicht mehr folgen. Daher ist es nicht gerade förderlich, wenn in der Rezi steht, dass es Längen hat.
    Aber ich denke, dass ich es trotzdem auf meine Wunschliste setze, weil ich erfahren möchte, wo wir Menschen unsere Finger mit im Spiel haben und der Umwelt damit helfen (Beispiel U-Bahn).

  • glücklicherweise, booklooker, hat es kapitel, die es einem ermöglichen, es aus der hand zu legen, und eingie zeit darüber nachzudenken, was man grad gelesen hat, und eventuell zu googeln (ich finds schön, ein wort zu verwenden, dass es nicht gibt... :grin)


    tagebuch von einer müllstrudelanalysereise mit greenpeace


    uups mein clovis-link is weg... nochmal... hierisser: Clovis-kultur... das mit dem aussterben der megafauna klingt auffällig, war aber anscheinend ausnahmsweise nicht der mensch selbst... sondern das klima im allgemeinen, und damals waren wir an treibhausgasen noch ziemlich unschuldig

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Nachdem die Kapitel in sich abgeschlossen sind, kannst Du beim Lesen auch längere Pausen einlegen, booklooker, das tut dem Verständnis keinen Abbruch, im Gegenteil.
    Langweilig ist das Buch auf keinen Fall. Es erfordert eben etwas mehr Zeit, wenn man etwas davon haben möchte.

    Viel Spaß bei der Lektüre,


    wünscht Sylli.

  • Zitat

    Original von Alicja
    Hört sich nach einem tollen Buch an...


    :write
    Und kommt deswegen ganz schnell auf meine Wunschliste! Und falls es doch nichts für mich ist, wird sich Mr. Glücksfee auf jeden Fall dafür interessieren...

  • Ich hab das Buch schon vor einiger Zeit gelesen und eine Weile gebraucht, um herauszufinden, was ich so störend fand.
    Es war nicht nur der fiktionale Charakter des Buches, desto weiter die Zeit voranschritt, sondern der Grundgedanke, das jedwede Epoche in der Zeit im Prinzip gleich sei.
    Ich denke eher, sollte z.B. der Yellowstone Hotspot ausbrechen und die daraufhin unweigerlich folgenden Begleitumstände einsetzen, dann könnte allein das die Geschichte der uns bekannten Welt komplett verändern, ob es uns Menschen nun gibt, oder auch nicht. Kataklysmische Ereignisse mögen nicht mit der Theorie von Darwin und Lyell harmonieren, aber wer sagt es dann den nächsten Visionären? Und wer will den Heutigen sagen, das es dann nicht vllt andere gibt?

  • Aber als Gedankenexperiment habe ich es schon sehr interessant gefunden. Sicher würde das in der Realität anders ablaufen und ist auch nicht voraussagbar.
    Ich hatte jedoch den Eindruck, der Autor wollte einen Grund deshalb von vorne herein ausklammern, damit man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann. Was könnte aus unserem "Erbe" werden, das wir auf der Welt hinterlassen haben, wenn es uns - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr gibt? So habe ich das zumindest verstanden.