'Kindheit in Ostpreußen' - Seiten 01 - 89

  • Guten Morgen,


    dann will ich mal anfangen, meine ersten Eindrücke niederzuschreiben.


    Der Schreibstil ist klar und verständlich, jedoch mutet er ab und an ein wenig eingestaubt an - was ja kein Wunder ist, Frau Dönhoff war ja doch schon ein paar Tage älter.


    Beeindruckt hat mich das Spiel "Wie viele Händedrücke bist du entfernt von...?", einfach, weil ich es mir so schwer vorstellen kann, jemanden zu kennen, der schon Goethe die Hand geschüttelt hat.


    Interessant auch die Teile, die sich vorrangig mit dem Vater der roten Gräfin auseinandersetzen, inwieweit auch der diplomatische Dienst ihn geprägt hat.


    Daß damals sogar Kaisers zu Besuch bei preußischen Adligen waren, kann ich mir auch kaum vorstellen.


    Ein tolles Bild hingegen entsteht von Friedrichstein, dem Schloß der Familie Dönhoff, das ja leider heute nicht mehr steht.


    Ein anderes Schloß der Familie, daß jedoch schon im 18. Jahrhundert an die Familie Stollberg Wernigerode überging, steht in Polen, in Drogoze.


    So sieht das heute aus - die Ähnlichkeiten zu Friedrichstein sind nicht zu verleugnen!

  • Hallo,
    dann möchte ich jetzt auch mal etwas dazu Schreiben.


    Ich lese gerne Lebenserinnerungen, hier spielen dann ja auch noch geschichtliche Personen und Daten mit.


    Toll fand ich, daß die Gräfin als Kind auch mal Wörter falsch verstanden hatte, wie: Komma Jesus, sei unser Gast, und Martha statt Marter, ging mir das doch genauso.

  • Grade die Erinnerungen, die historisch belegt sind, bringen mich immer dazu, solche Dinge nochmal nachzuschlagen und nachzulesen - schließlich bekommen wir es hier aus zweiter Hand, nicht aus vierter oder fünfter. Das erweitert auch sehr den historischen Horizont, wie ich finde, vor allem, weil bei uns in der Schule die Weltkriege und die Zeit dazwischen irgendwie zu kurz gekommen ist - leider!

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Ich habe erst bis Seite 50 gelesen, hier aber schon mal ein erstes Fazit.
    Ich finde sehr interessant wenn sie beschreibt wie sie früher gelebt hat, aber oft sind mir die Situationen nur zu oberflächlich beschrieben. (zb. der Schulbesuch, der Kutscher, die Bediensteten..) Was mich nicht so interessiert sind Kapitel wie "Drei getreue Freunde des Hauses"

  • Cmoi, überleg mal, wie alt sie da war, meinst Du, daß man seine Kindheitserinnerungen nach so langen Jahren noch genauer im Gedächtnis hat?


    Aber Du hast schon recht, ich lese auch dauernd Dinge bei Wikipedia nach...

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  • Tja, ich habe dieses Kapitel durch und mußte mich zwingen, das Buch erstmal weg zu legen.


    Mir gefällt, daß die Kinder doch ziemlich natürlich aufgewachsen sind.


    Natürlich kommt uns das ein wenig oberflächlich vor, aber das sind ja auch Erinnerungen, die gehen eben öfter hin und her.

  • Zitat

    Original von Caia
    Grade die Erinnerungen, die historisch belegt sind, bringen mich immer dazu, solche Dinge nochmal nachzuschlagen und nachzulesen - schließlich bekommen wir es hier aus zweiter Hand, nicht aus vierter oder fünfter. Das erweitert auch sehr den historischen Horizont, wie ich finde, vor allem, weil bei uns in der Schule die Weltkriege und die Zeit dazwischen irgendwie zu kurz gekommen ist - leider!


    :write


    Das geht mir genauso. Ich muss auch vieles nachschlagen, finde aber, dass das mit dem Preußischen Herrenhaus oder der Abschnitt zu "Ehre und Privilegien" sehr gut beschreiben sind.


    Mir gefällt das Buch bisher sehr gut! Die Landschaftsbeschreibungen sind toll. Und ich finde, dass sie reflektiert schreibt. Ihr Bruder und sie haben es wohl kommen sehen, dass ihr Gut mal von den Russen einkassiert werden würde. Sie schildert ihre Erinnerungen, aber sie klagt nicht oder hadert mit ihrem Schicksal.


    Das Buch kann ich auch, wie Deichgräfin, kaum aus der Hand legen.

  • Taki, du solltest die Landschaften mal im Original sehen, das ist wirklich atemberaubend!


    Wenn ich heute nachmittag Zeit habe (und es meine fette Halsentzündung zuläßt) suche ich euch noch ein paar Bilder raus, ich war ja im Juni in der Ecke.

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  • So, ich habe jetzt ein paar mehr Kapitel gelesen und bin sehr beeindruckt von der ganzen Schar an Bediensteten, die in solche einem - zweifelsohne riesigen - Haushalt zu finden waren - genauso wie die Rolle, die die Gräfin ihnen zuordnet, in dem sie ihnen den Titel "eigentliche Lehrmeister" verleiht.


    Die Erziehung auf den Landgütern muß wohl eher dem Glück als dem geeordneten Verlauf untergeordnet gewesen sein, so schreibt die Dönhoff auch, daß sie als siebtes Kind nicht mit nach Königsberg in die Schule durfte.


    Nichtsdestotrotz finde ich ihre Beschreibungen herrlich, auch von der Sprache her läßt sie einen Hauch der Vergangenheit ahnen.


    Und als besonderes Schmanckerl empfand ich die Geschichte über einen Adligen, der sich mit einer Veröffentlichung hervortat, deren Titel "De oriente lux" war - ich denke, übersetzt heißt es so viel wie: Aus dem Licht des Ostens. Als Verballhornung hieß er nur noch der Orientlux :rofl :rofl :rofl

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  • Mit einem Tag Verspätung bin ich jetzt auch hier eingetrudelt, hallo zusammen! :wave


    Also ich habe auch diesen ersten Teil fertig gelesen und war ziemlich überrascht über den gewählten Stil. Irgendwie gehe ich warumauchimmer automatisch davon aus, dass Biographien mehr oder weniger chronologisch erzählen, aber Frau Dönhoff (oder sagt man Gräfin Dönhoff? :help) hat diesen wunderbaren Flickenteppich-Stil gewählt (ist NICHT negativ gemeint!!!), an den ich mich erst gewöhnen musste, aber der mir jetzt ausgesprochen gut gefällt. Jedes Kapitel behandelt ein Thema oder eine Person - eine schöne Idee!


    Ich muss allerdings gestehen, dass ich mit vielen Namen etwas überfordert war, weil sie mir nichts gesagt haben, aber nun ja, ich hatte während des Lesens auch ehrlich gesagt nicht so viel Lust, alles nachzuschlagen, sondern lieber weiter zu lesen :grin


    Die Atmosphäre ist schon toll, die sie da heraufbeschwört und ich musste an vielen Stellen lachen, Deichgräfin hat ja schon die Gebetsstelle zitiert, aber auch die Begegnung mit Hindenburg fand ich hinreißend - so kindlich unbeschwert!


    Mein Lieblingssatz in diesem Teil befindet sich auf S. 35 (Kapitel: Die Mutter):
    "Mir war ganz revolutionär zumute" :grin


    Auf jeden Fall weckt Frau Dönhoff hier eine längst vergangene Zeit wieder zum Leben, von der ich persönlich viel zu wenig weiß, und es macht mir richtig Spaß, mich in ihren Erinnerungen zu tummeln :-]

  • Zitat

    Original von Caia
    Taki, du solltest die Landschaften mal im Original sehen, das ist wirklich atemberaubend!


    Wenn ich heute nachmittag Zeit habe (und es meine fette Halsentzündung zuläßt) suche ich euch noch ein paar Bilder raus, ich war ja im Juni in der Ecke.


    Caia, es wäre phantastisch, wenn du Bilder hier hineinstellen könntest!


    Nur zu gerne würde ich die Landschaft irgendwann einmal im Orignial sehen. *Träum*


    Leider sieht es mit meinen geographischen Kenntnissen gar nicht gut aus. Deshalb hier ein paar Fragen:
    Schloss Friedrichstein würde heute in Russland liegen, oder? Masuren, das doch auch zu Ostpreußen gehörte, liegt das direkt westlich davon? Das ist ja heute Polen, oder?


    Wem gehört heute das Land um das abgebrannte Schloss? Wurden neue Gebäude auf dem Grundstück errichtet?

  • Huhu Milla :wave


    patchworkartiger Flickenteppichstil trifft es hervorragend! :-)


    Und ja, man sagt Gräfin Dönhoff, dort ersetzt das Gräfin die sonst übliche Anrede "Frau"


    Die Namen haben mich beim ersten Lesen so vor 2 bis 3 Monaten auch überfordert, jetzt geht es etwas besser, aber ich muß mich da auch stark konzentrieren.


    Schön, daß es Dir auch gefällt!

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  • Taki, dann will ich mal sehen, ob ich auf Deine Fragen antworten kann.


    Schloss Friedrichstein wurde im Krieg von den Russen völlig zerstört, es lag bei Königsberg in der heutigen Exklave Russlands. In diesem Gebiet lag auch Trakehnen, das berühmte Gestüt mit den tollen Pferden, von denen des öfteren im Buch die Rede ist.


    Masuren hingegen liegt eher südlich vom Kaliningrader Gebiet, das ist so der Nordosten des heutigen Polens.


    Und hier mal ein paar Bilder:



    Die allgegenwärtigen Alleen in der Gegend



    Einer der unzähligen Seen



    Weites Land, so weit das Auge schauen kann



    Die Nachfahren der Trakehner, die heute in Liski (Polen) nahe der polnisch-russicshen Grenze gezüchtet werden





    Die heute dort unvermeidbaren Störche, jeder zweite europäische Storch spricht polnisch oder russisch



    Die Marienburg, die größte erhaltene Ordensburg des deuten Ordens; die ist zwar schon weiter im Westen als Masuren, aber trotzdem sehenswert, wie ich finde! Solche Ruinen finden sich in der Gegend überall, mancherorts sind sie auch gut erhalten.




    Soviel als kleiner Eindruck, wie es dort heute aussieht.


    Alle Bilder sind von mir gemacht, bitte beachtet das Copyright!


    Ich hoffe, damit ist die Neugier erstmal gestillt? (Vielleicht nicht, es folgt noch ein ausführlicher Reisebericht im Net, ich sag dann Bescheid, wenn es fertig ist, aber ich bin noch nicht so weit... der olle Tag hat nunmal nur 24 Stunden, meinetwegen könnte er 48 haben - und die Nacht nochmal soviel dazu!)

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  • Nun habe ich auch mit dem Buch begonnen. Gräfin Dönhoff habe ich auch während ihrer Tätigkeit bei der ZEIT bewundert und für mich war sie immer der Inbegriff des "ehrlichen Journalismus". Und genau diese besondere Faszination empfinde ich auch beim Lesen ihrer Kindheitserinnerungen. Eine selbstbewusste Frau, die sich aber nie zu wichtig genommen hat. Und auch ihre Kindheit war ja nicht ganz einfach. Ihr "Nesthäckchendasein" schien für sie ja auch mehr eine Belastung als ein Segen gewesen zu sein.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.