Das Haus an der Moschee – Kader Abdolah

  • Claassen Verlag, 398 Seiten, August 2007
    OT: Het huis van den moskee
    Aus dem Niederländischen übersetzt von Christiane Kuby


    Handlung laut Klappentext
    Ein altes Haus in Senedjan. Es ist Teil der Moschee, und die Moschee ist Teil des Hauses, und so ist es immer gewesen. Oberhaupt der Gemeinschaft aus Frauen und Kindern, Kaufleuten und den aufeinander folgenden Imamen ist der wichtigste Mann des Basars, der Teppichhändler Aga Djan – seit 800 Jahren zählt seine Familie zu den einflussreichsten der Stadt. Aga Djan ist ein strenggläubiger Muslim, der liebevoll und fürsorglich über Haus und Moschee wacht. Unter seiner Obhut leben die Menschen in Senedjan in einträchtiger Harmonie. Bis die von Teheran und den Aufständen gegen das korrupte Regime des Schahs ausgehende Unruhe im Land auch sie erreicht. Im Hintergrund droht bereits der Krieg mit dem Irak, während Aga Djan hilflos mit ansehen muss, wie um ihn herum Familienmitglieder und Freunde ermordet, ins Exil gezwungen oder zu wütenden Fundamentalisten werden. Völlig verändert begegnen ihm alte Bekannte wieder und bestätigen am Ende, dass das Paradies, aber eben auch die Hölle immer die anderen sind.


    »Hier gehen Schönheit und grausame Unmenschlichkeit, Freiheit und Unterdrückung, Freude und Wut Hand in Hand.« (De Telegraaf)


    Über den Autor:
    Kader Abdolah, 1954 im Iran geboren, studierte Physik in Teheran und war aktiv in der Studentenbewegung. 1988 floh er aus politischen Gründen mit seiner Familie nach Holland, wo er heute in der Nähe von Amsterdam als freier Autor lebt. Das Haus an der Moschee ist sein fünfter Roman auf Niederländisch, außerdem hat er eine Kolumne in der Tageszeitung De Volksgrant, für die er 1997 mit dem Dutch Media Prize ausgezeichnet wurde. Der Name Abdolah ist ein Pseudonym, das der Autor aus den Namen zweier ermordeter Freunde gebildet hat.


    Meine Meinung:
    Mit großen Erwartungen bin ich an diesen iranischen Familienroman herangegangen.
    Überraschenderweise gelang es mir in der ersten Hälfte des Romans nicht so richtig, Zugang zu ihm zu finden. Die einzelnen Familienmitglieder bleiben mir seltsam fremd, da sie im einzelnen kaum entwickelt werden.
    Natürlich wird das traditionelle Frauenbild zum wiederholten Male erzählt. Eine geradlinige Handlung wird zunächst nicht geboten, außer halt der Familiengeschichte.
    Es dominiert die Ruhe vor dem Sturm.
    Die zweite Hälfte baut eine ungemütliche Atmosphäre auf und ein paar skurrile Abschnitte lassen dann doch aufmerken. Z.B. das Kapitel Eidechse, um ein behindert geborenes Kind, dass aufgrund einem schwachen Rücken nicht sitzen kann und auch nicht sprechen. Er bewegt sich tierhaft und ungewöhnlich und erhält deshalb den Spitznamen Eidechse. Er bildet schicksalhaft eine Fehlentwicklung im Land ab, der eine Anklage an das Regime zeigt und dann auch Opfer wird. Das Kapitel Opium zeigt ebenfalls einen Verfall des Landes unter einem unmenschlichen Regime, indem sich auch die Personen der Familie verändern, z.B. Sinat, die die veränderten Verhältnisse zu einem unmenschlichen Machtmissbrauch nutzt.
    Die Veränderungen unter dieser Schreckensherrschaft sind mit Beklemmung zu lesen.
    Der Abschnitt, in denen Aga Djan vergebens versucht seinen ermordeten Sohn zu beerdigen, zeigt eine allgemeine Verzweiflung.
    Diese beklemmenden Szenen und die politischen Wechselspiele mit Schah, Ayatollah Khomeni, Bombenanschläge und Krieg mit dem Irak lassen den Roman eine Wirkung entfalten, die verstörrt.
    Stilistisch ist der Roman oft poetisch. Das zeigt sich auch an den eingebundenen Gedichten und an den Kapitelüberschriften wie z.B. Die Gärten der Wonne, Er ist das Licht Licht über Licht. während die meisten Kapitel angenehm schlicht und selbsterklärend betitelt sind: Die Kuh, Die Berge, Die Mudschaheddin, Paris, Teheran.

    Trotzdem gleitet am Leser einiges ab, da die Protagonisten dem Leser zu distanziert bleiben.


    Dass der Roman in den Niederlanden so ein Publikumserfolg und Bestseller, wurde, erschließ sich mir nicht ganz, denn manchmal ist er schon etwas sperrig und anfangs schwer zugänglich, aber sein Ziel den Zustand des Landes vor und während der Regierung des Regimes des Ayatollah aufzuzeigen, ist dem Autor wirklich gelungen.