The Police, 11. September, Hamburg

  • Der Held des Abends saß am Schlagzeug


    Das muß 1980 gewesen sein, die Veranstaltung nannte sich "Easter Rock Festival", in der Berliner Deutschlandhalle. Es war eines meiner ersten Rockkonzerte überhaupt. Die Lokalmatadoren "Bel Ami" (was ist aus denen eigentlich geworden?), Dave Edmunds und Nick Lowe mit "Rockpile", dann eine grausige Combo, die sich "Flaming Groovies" nannten (wir ließen sie zwei Songs singen, bevor sie von der Bühne gepfiffen wurden) und anschließend noch irgendeine Drei-Mann-Gruppe, die sich wahrscheinlich erst kurz zuvor kennengelernt hatte. Ein Moderator vom SFB (der jetzt RBB heißt) kam auf die Bühne, zog die Stirn in Falten und sagte: "Das war die wahrscheinlich schlechteste Drei-Mann-Band der Welt." Er pausierte kurz. "Und jetzt kommt die beste." Das war "The Police", auf dem Zenit ihres Erfolges. Ein grandioser Abend. Ich habe das gut in Erinnerung, und ich sehe den derwischenden Stewart Copeland noch vor mir, wie er sein gewaltiges Schlagzeug in 128teln malträtierte. Nie wieder habe ich jemanden so mit einer Schießbude umgehen sehen.


    Bis gestern.


    Als die Tour angekündigt wurde, war ich skeptisch. Sting hat nach "The Police" meiner Meinung nach nur noch Fahrstuhlmusik gemacht, seichten Sound für die Cabrios von Vorstadtyuppies. Aber es war mein erstes, deshalb mußte ich wieder hin. Karten gab es kaum für unter hundert Euro, leider auch keinen Gig in Berlin, aber Hamburg ist immer eine Reise wert.


    Nicht ganz ausverkauft, aber trotzdem um die 80.000 Leute. Ich mag Stadienkonzerte eigentlich nicht, aber wir saßen gut. Ja, wir saßen. Warum nicht. Es war ein bißchen kühl, das Bier schmeckte lau, war ja auch nur Holsten. Wir verzichteten auf die Band von Stings Sohn und dadurch - leider - auch auf "The Fratellis", die ich ziemlich okay finde. Als wir gerade Platz genommen hatten und die alternden Pärchen um uns herum betrachteten, viele Herren mit angegrauten Haaren und Frauen mit Umhängehandtaschen, ging das Licht aus.
    Andy Summers ist richtig, richtig alt geworden, er bewegt sich kaum noch, aber das gleichen Sting und vor allem Stewart Copeland locker aus. Natürlich sind auch die inzwischen ziemlich alt (Copeland 52, Sting 56), und große Sprünge mit dem Baß über dem Kopf gab es nicht mehr. Aber dafür einen fantastischen Sound, eine sehr gewaltige, aber stimmige Lichtshow und knapp 1:45 h lang das beste von Outlandos D'Amour bis Synchronicity. Der eigentliche Held des Abends aber saß am Schlagzeug. Auf seiner Website hat sich Copeland darüber mokiert, daß Sting und Summers oft Einsätze verpassen, die Töne nicht so recht treffen und ein paar Sechzehntel hinterherhängen. Das aber war nicht zu spüren. Stattdessen konnte man - vor allem auf den Videoschirmen - einen der besten Rockschlagzeuger der Welt dabei beobachten, wie er nichts von seiner Fingerfertigkeit und seiner Spielwut verloren hat. Großes Tennis.


    Natürlich gab es nichts Neues, aber immerhin meinen Lieblingssong "Next To You" als letzte Zugabe. Das Publikum war verhalten ausgelassen, manch einem merkte man an, daß er außer Songs "Roxanne" und "So Lonely" wenig kannte, sogar bei "Synchronicity 2" grübelnd die Augenbrauen hochzog, und sicherlich würde ich nicht in der kommenden Woche gleich wieder hinrennen. Aber es war weit mehr als ein nostalgischer Abend. Die Stücke sind zeitlos, klingen frisch und haben immer noch mächtigen Drive. Zudem war der Auftritt unprätentiös und, wie soll ich sagen, ergebnisorientert. Wer Star-Gehabe von Sting erwartet hatte, wurde positiv enttäuscht.


    Hat einfach Spaß gemacht.
    Großen.