Serenade - Leon de Winter

  • Kurzbeschreibung


    Der Niederländer Leon de Winter, er entstammt einer jüdisch-orthodoxen Familie, schrieb die Geschichte eines Sohnes, der seine Mutter neu für sich entdeckt. Anneke Weiss, Mitte siebzig, lebenslustig und immer bereit, sich in das Leben ihres Sohnes Bennie einzumischen, erkrankt an Krebs. Bennie besteht darauf, ihr die Diagnose zu verschweigen. Anneke lebt wie gewohnt weiter, verliebt sich sogar. Eines Tages ist sie spurlos verschwunden. Bennie vermutet sie auf einer Vergnügungsreise. Aber, als ein Lebenszeichen ausbleibt, macht er sich auf die Suche. Er findet die alte Dame, aber nicht dort, wo er sie vermutet hat.



    Eigene Meinung:


    Leon de Winter ist mit diesem Buch wieder ein Kunstgriff gelungen. Nachdem Bennie Weiss von den Ärzten die Diagnose unheilbarer Krebs für seine Mutter erfährt und die Ärzte ihr noch ein Jahr geben, entschließt er ihr nicht die Wahrheit über ihre Erkrankung zu erzählen. Als sie wieder einen Freund findet und glücklich scheint, glaubt er sich richtig entschlossen zu haben. Doch zehn Monate nach der Diagnose verschwindet seine Mutter.


    Auf nur knapp 160 Seiten erzählt Leon de Winter eine beeindruckende Geschichte. Über einen Sohn, der seine Mutter erst am Ende ihres Lebens richtig kennen lernt. Dabei können vor allem die Figuren überzeugen und bilden die Grundlage für eine interessante Geschichte.


    In bereits gewohnter Weise sind dabei ernsthafte Themen eingearbeitet. Diesmal vor allem Krisenherde und die jüngere jüdische Geschichte.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. 10 Punkte

  • Benjamin Weiss schreibt die Musik zu Werbespots, weil ihm der Mut fehlt, sich an größere Kompositionen zu wagen, aber er hat ein gutes Auskommen mit seiner Tätigkeit. Auch sonst funktioniert sein Leben ganz gut, bis er erfährt, dass die geliebte Mutter an Krebs erkrankt ist und bald sterben wird. Anneke, jene Mutter, erlebt aber gerade zu dieser Zeit ihren zweiten Frühling in Gestalt des eleganten, ein wenig mysteriösen Charmeurs Fred, der 76 Jahre alt ist. Deshalb lässt Ben sie bezüglich der Diagnose im Ungewissen. Doch plötzlich verschwindet Anneke. Gemeinsam mit Fred macht sich Ben auf die Suche und wird in Sarajewo fündig. Dort tobt der Balkankrieg, und offenbar will die Mutter, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat, vor Ort helfen.
    Der sehr kurze Roman ist eine Hommage de Winters an seine eigene Mutter, die 1994 an Krebs starb. Deshalb ist das Buch möglicherweise sehr persönlich geraten, aber es thematisiert längst nicht nur eine schmerzhaft-liebevolle Mutter-Sohn-Beziehung, sondern die Traumatisierung durch Kriegserlebnisse und das kollektive Wegschauen der Welt, die sich bestenfalls oberflächlich engagiert, wenn derlei geschieht. Anneke jedoch möchte konkret werden, um das eigene Erleben zu kompensieren. Sie konfrontiert den Sohn mit seiner eigenen Hilflosigkeit, der dieserart die letzte Lektion von der Mutter lernt und, wenn man so will, erwachsen wird, quasi stellvertretend.
    Ein schönes, leises, scheinbar einfach strukturiertes Buch, das einen starken Nachhall erzeugt.