Klappentext:
Irgendwo, in einer namenlosen Stadt, ist eine Epidemie ausgebrochen. Mehr und mehr Menschen verlieren aus unerklärlichen Gründen ihr Augenlicht. Der Staat greift ein, die Erblindeten werden in ein leerstehendes Irrenhaus gebracht und müssen dort unter unmenschlichen Bedingungen leben. Soldaten riegeln das Gelände ab und lassen niemanden hinaus. In dieser Situation scheinen die letzten moralischen Skrupel der Insassen dem nackten Überlebenskampf zum Opfer zu fallen.
Meine Meinung:
Überraschenderweise ist das Buch sehr spannend und ich konnte es nicht aus der Hand legen.
Die Fragestellung des Romans ist allerdings nicht sehr originell: Was passiert mit der Moral der Menschen, wenn sie unter Ausnahmebedingungen eingesperrt sind? In dieser Geschichte gibt es eine Gruppe von "menschlichen Menschen" aus deren Sicht die Handlung auch erzählt wird. Viele andere aber verkommen zu Kriminellen oder gar Tieren (obwohl letztere gar nicht mal schlecht wegkommen, im Vergleich zu den Menschen). Überhaupt müssen die Blinden fast alles über sich ergehen lassen, was der Menschheit so einfällt an Grausamkeiten.
Gegen Ende trägt Saramago für meinen Geschmack dann aber zu dick auf. Die dauernden Dialoge, die als solche gar nicht gekennzeichnet sind, drehen sich fast nur noch darum, was Blindheit für die Menschen bedeutet, körperlich und moralisch. Da ist es dann auch egal, dass man kaum noch nachvollziehen kann, wer gerade spricht, es geht nur um den Diskurs, der aber nicht besonders viel hergibt.
Mir hat Die Stadt der Blinden gefallen, weil Saramago es geschafft hat, eine spannende Geschichte zu erzählen und die Fragen der Menschlichkeit darin einzubetten. Ob es dazu nötig war, eine so grausame Grundsituation zu schaffen, weiß ich nicht, das kam mir übertrieben vor. Ebenso wurden mir die Dialoge über Menschlichkeit und Blindheit zu viel, die auch ein Ergebnis vermissen ließen.