Nachdem der Regisseur Stephen Norrington einen Überraschungserfolg mit dem Film "Blade" gelandet hatte, standen ihm berauschend viele Türen offen. Und was macht er? Er dreht sich um und dreht einen Independent-Film:
Herausgekommen ist The Last Minute aus dem Jahr 2001. Ein Film, den man nicht gleich versteht, der aber einiges an guten Dialogen und schrägen Charakteren zu bieten hat. Mit vielen internen Andeutungen einzelner, scheinbar isoliert wirkender Szenen auf die Haupthandlung (der schwarze Hund, der Spiegel mit dem Mädchen aus dem Off), wird der Effekt erreicht, sich wie die Hauptfigur zu fühlen: in einer völlig aufregenden, aber verwirrenden Umgebung gelandet zu sein und erst wieder die Orientierung finden zu müssen.
Billy Byrne (fabelhaft: Max Beesley) ist angesagt - er ist der Mann der Stunde. Während alles auf die letzte Minute zuläuft, hat er so viel an Möglichkeiten offen. Jeder will ihn. Doch dann wendet sich das Blatt und alles ist vorbei. Und plötzlich ist er auf einem Trip durch eine Welt, die noch viel absurder ist, als das Showgeschäft: der Alltag ohne Geld und Perspektive, geschweige denn einem Plan. He had it all. Then he had f*#k all.
Das Besondere hier ist die Umsetzung: der Film scheißt auf vermeintliche Authetizität und trifft dadurch mitten ins Schwarze. Es wird nicht versucht eine Karikatur von Medien und Welt darzustellen, was die ganze Szenerie eigentlich erst absurd gestaltet. Denn es ist inzwischen nicht mehr nötig, zu parodieren. Die Charaktere leben von ihrer Unzugänglichkeit und Eigenheit. Es sind Charaktere, die es nicht nötig haben, sympathisch gezeichnet zu werden. Weil sie andere Sorgen haben als den Zuschauer: die Zeit. Denn die rennt ihnen in Gestalt des großen schwarzen Hundes davon. Besser gesagt - verfolgt sie und holt sie unabänderlich ein. Und dabei ist nichts wertvoller als auf dem Zug der Zeit zu sein. Don't waste time. Or, it will waste you.
Heimlicher Star des Films ist allerdings Jason Isaacs (muarrrrr) als Dave 'Percy' Sledge. Der singende, elegante und psychopathische Drogendealer reißt einfach jede Szene, in der er auftaucht. Daher: Schaut euch den Abspann an bis: zur letzten Minute.
Ein Film, der besser wird, je öfter man ihn sieht.
Das DVD-Menü ist eine Fundgrube für Filmfreaks. Harmlos aussehend, sucht man sich durch ein ganzes Labyrinth an Verlinkungen mit immer mehr Hintergrundmaterial. Die beste und spannendste DVD-Menü-Gestaltung, die mir bisher unter gekommen ist.