Das Haus der Spione/Der jüngste Spion der Königin- Nicole C. Vosseler

  • @ Cait


    das freut mich so, dass es Dir so gut gefallen hat! :hop


    Der Reiz an dem Buch (abgesehen davon, dass es toll war, mal ein Jugendbuch zu schreiben) war für mich, etwas über die Zeit Elisabeths I. zu erzählen, das eben noch nicht so bekannt war.



    @ €nigma


    Zitat

    Original von €nigma
    Mein Sohn hat sich glücklicherweise schon mit der Tudorzeit befasst, weil ich (süchtige Anglistin :-) ) ihn damit angesteckt habe. Letztes Jahr war ich mit ihm im Kino ("Elizabeth") und er hat auch kurz vor Deinem Buch zwei andere Tudor-Romane von Carolyn Meyer ("Ich, Prinzessin Elisabeth von England" und "Das Gift der Königin") gelesen. Mit den ganzen Frauen von Heinrich VIII kennt er sich gut aus, ebenso mit Elizabeth, die ihn noch mehr fasziniert als Heinrich.


    Oh, das verstehe ich gut, genau so ging's mir in seinem Alter auch! :-]
    Die Tudors, vor allem Elizabeth, waren damals mein Einstieg in die Wunderwelt der Geschichte :anbet


    @ €nigma und Cait


    Ich bin eigentlich kein Fantasy-Leser, aber bei den Recherchen zu Dee und dem Haus in Mortlake habe ich doch auch ständig Assoziationen zur Fantasy-Literatur gehabt. Mag sein, dass Zeitzeugen ihre Beschreibungen des Hauses selbst fantasievoll ausschmückten - ein Wunderwerk, das man einfach bestaunen musste, war es allemal.


    Lustig, da fällt mir ein: ich habe in letzter Zeit mehrfach darüber gelesen, dass das Fernrohr, von Lipperhey 1608 erfunden, von Galilei 1609 nachgebaut, 400. Geburtstag feiere. Es gibt aber Berichte darüber, dass John Dee schon lange davor eines besessen haben soll - woher auch immer er das gehabt haben mochte... :-)


    Bei der Arbeit an diesem Buch habe ich mir einmal mehr eine Zeitmaschine gewünscht; Mortlake zu Dees Zeiten hätte ich mir so ungeheuer gerne angeschaut!


    Und dem Aussehen nach war Dee ja auch der Prototyp des weißbärtigen Magiers à la Dumbledore & Konsorten; ich verlinke grad mal noch das Portrait von ihm auf meiner Website: klick!


    Ich kann mir schon vorstellen, dass der historische Dee (wie z.B. die Gestalt des Merlin) einer langen Reihe von Vorfahren der "modernen" Fantasy-Magier-Gestalten angehört.


    @ Delphin


    Das war gleichzeitig die Schwierigkeit als auch der Reiz an dem Stoff: dass ich eigentlich "nur" die Lücken in den historischen Fakten gefüllt habe und Nicholas und Lenora da reingesetzt habe.


    Über den Namen "Henri Fagot" könnte man glaube ich eine kleine Abhandlung schreiben. :lache
    Wirklich draufgebracht hat mich meine Freundin Anne über genau die Assoziation, die Du offenbar auch hattest. Ich hatte daran erst mal gar nicht gedacht, war verblüfft und hab recherchiert.


    "Fagot" ist im Französischen wie im Buch erklärt ein Reisigbündel oder ein bärbeißiger Mensch; und "sentir le fagot", das Reisigbündel zu spüren zu bekommen, meint jemanden, der der Ketzerei verdächtig ist.


  • Ja, das mit den Reisigbündeln wusste ich auch. Mein American Heritage Dictionary schlagt als Ursprung auch Latein vor, oder griechisch phakelos, was anscheinend auch Bündel heisst (da frag ich mich grad, ob unsere "Fackel" den gleichen Ursprung hat. :gruebel)


    Zitat

    Das war gleichzeitig die Schwierigkeit als auch der Reiz an dem Stoff: dass ich eigentlich "nur" die Lücken in den historischen Fakten gefüllt habe und Nicholas und Lenora da reingesetzt habe.


    Ich war am Ende erstaunt, wie gut das alles passt. Ich mein, Nicholas und Lenora "nur reinsetzen" ist eine Sache, aber es ergab ja eine Geschichte, die so war, als wären sie sowieso schon immer drin gewesen. :wow

  • Ach Nicole,


    ich könnte jetzt wieder stundenlang mit dir über das Buch palavern. :-]


    Zitat

    Original von Nicole



    Muss ich das nun eigentlich spoilern? :gruebel Besser einmal zu viel... :grin


    Zitat

    Bei der Arbeit an diesem Buch habe ich mir einmal mehr eine Zeitmaschine gewünscht; Mortlake zu Dees Zeiten hätte ich mir so ungeheuer gerne angeschaut!


    Oh, das kann ich absolut verstehen! Du hast mir zwar wunderbare Bilder geliefert, aber ich wäre sehr gern selbst dort mal stöbern gegangen. diese unzähligen Zimmer und jedes etwas anderem gewidmet... Spannend!

  • @ beo


    Zitat

    Original von beowulf
    Also von den römischen Fasces vermutlich? Den Rutenbündeln der Liktoren..


    so weit bin ich auf der Suche nach dem Ursprung des Wortes gar nicht zurückgegangen, aber das klingt für mich plausibel. Danke! :-)


    Ich habe noch "fagus" ausgegraben, die Buche, das Buchenholz.
    Brennt Buchenholz nicht besonders gut? :gruebel


    @ Delphin


    Zitat

    Original von Delphin
    griechisch phakelos, was anscheinend auch Bündel heisst (da frag ich mich grad, ob unsere "Fackel" den gleichen Ursprung hat. :gruebel )


    klingt so, gell? Frag ich mich nämlich auch... :gruebel


    Zitat

    Original von Delphin
    es ergab ja eine Geschichte, die so war, als wären sie sowieso schon immer drin gewesen.


    Das ist für mich ein ganz dickes Lob, danke! :anbet


    Ich stell mir beim Schreiben eines Romans immer die historischen Fakten wie ein etwas unregelmäßiges Gitter vor, in das ich die Fiktion als bunte Bänder hineinwebe. Mal sind die Gitterstäbe lockerer, mal - wie bei diesem Buch - enger. Mal ist es eine Hilfe, die Fixpunkte und Löcher zu haben, mal ist es zum Haareraufen - weil sich die Geschichte irgendwie einfügen muss und das nicht immer auf Anhieb klappt oder die Gitterstäbe im Weg sind, ich sie aber dort lassen muss, weil unumstößliche historische Wahrheit.


    Oder ich stell's mir vor wie ein Gewebe aus Kett- und Schussfäden aus verschiedenen Garnen. Im Idealfall soll das fertige Gewebe von allen Seiten ein schönes Muster zeigen - aber was jetzt ein historischer Fakten-Faden und was ein Fiktion-Faden ist, das lässt sich nur mit mühseligem Aufdröseln wieder auseinanderdividieren, weil das Gewebe so dicht und einheitlich ist.
    Das versuche ich immer zu erreichen.


    Bisschen Glück, dass die richtigen Einfälle und Quellen zur richtigen Zeit auch da sind, gehört natürlich auch immer dazu. Und ich hab' auch die Erfahrung gemacht, dass da gute Mächte mit am Werk sind, die dafür sorgen, dass das auch klappt. :zwinker


    Wirklich schlimm bei diesem Buch war eigentlich nur der Sommer, den Nicholas am St. Paul's Wharf verbringt - weil in diesen Monaten nichts über die Verschwörung dokumentiert ist, ich aber diese Zeitspanne irgendwie dennoch mit Erzählung überbrücken musste.
    Und ein, zwei kleinere historische Lücken (z.B. was die Briefe am Schluß angeht), bei denen ich mir einen Wolf gesucht habe, um nicht doch noch eine Quelle aufzutun, die mir diese Lücke stopfen könnte, ehe ich sie mit Fiktion fülle.
    Insgesamt war es vom historischen Hintergrund her sicher das schwierigste Buch, das ich bislang geschrieben habe.


    @ Cait


    ich spoiler das jetzt mal nicht... :-)


    Ja, das mit Dee ist schon seltsam - und eigentlich auch bedrückend, dass ein vor weit über vierhundert Jahren abbekommener Ruf so lange nachwirkt, bis in unsere doch so aufgeklärte und - wie es heißt - so nüchterne Zeit.
    Ich bin Dee auch in einem Hokuspokus-Buch begegnet, vor bald zwanzig Jahren und war seither immer irritiert, dass es zwar Literatur über Dee gibt, Dee aber nicht in Literatur über Elisabeth auftaucht. Jedenfalls nichts, was über eine kurze Erwähnung hinausgeht.


    Mich reizt immer das Unbekannte, Unbeleuchtete, in Vergessenheit geratene der Geschichte, und gerade bei einer Epoche wie dieser, über die schon so viel geschrieben wurde, war es spannend, mit Dee, der Throckmorton-Verschwörung und dem Mann hinter "Henri Fagot" gleich drei solch wenig beleuchteter Aspekte ein bisschen ins Licht zu holen.


    Ich weiß nicht, ob ich's mir zutrauen würde, die gesamte Lebensgeschichte Dees in einen Roman zu packen.
    Ich habe immer reichlich Hemmungen, über jemanden zu schreiben, dessen überlieferte Biografie solch eklatante Lücken an wichtigen Stellen aufweist wie diejenige Dees. Da wild rumzufiktionalisieren - das widerstrebt mir aus Respekt vor der historischen Gestalt.
    Dann gibt's praktische Probleme: was macht man mit seinem Werk, den "angelic conversations", dem seltsamen "Enochian alphabet", was zusammen wohl ein genialer Code war - aber heute immer noch unentschlüsselbar.
    Und: ein solcher Roman hätte wie nix tausend Seiten, weil Dee so viel gemacht und erlebt hat, dass es für mindestens drei Menschenleben ausgereicht hätte.


    Vielleicht mach ich's aber doch noch. Kurz vor der Rente oder so. :grin


    Und was Mortlake betrifft: ich könnte heulen, wenn ich daran denke, dass nach Dees Rückkehr aus Böhmen das Haus verwüstet, die Bibliothek geplündert und ein Teil abgefackelt war.
    Aber es heißt ja, auf dem Grundstück läge nicht nur Dee begraben, sondern auch in letzter Sekunde noch gerettete Schätze aus dem Haus verbuddelt... :zwinker

  • Hallo Nicole,


    Zitat

    Ich bin Dee auch in einem Hokuspokus-Buch begegnet, vor bald zwanzig Jahren und war seither immer irritiert, dass es zwar Literatur über Dee gibt, Dee aber nicht in Literatur über Elisabeth auftaucht. Jedenfalls nichts, was über eine kurze Erwähnung hinausgeht.


    In den Romanen, in denen Dee auftauchte, trat er wirklich in der Regel leider nur am Rande auf, oder wurde sogar nur erwähnt. Ich finde es schade, da er sicherlich eine große Rolle in Elzabeths Leben gespielt haben wird, wenigstens in ihren jungen Jahren, aber auch später. Aber wenn die Quellenlage über Jahre so schlecht ist, ist es vielleicht auch verständlich, dass sich die meisten Autoren mit einer namentlichen Erwähnung begnügen.


    Zitat

    Mich reizt immer das Unbekannte, Unbeleuchtete, in Vergessenheit geratene der Geschichte, und gerade bei einer Epoche wie dieser, über die schon so viel geschrieben wurde, war es spannend, mit Dee, der Throckmorton-Verschwörung und dem Mann hinter "Henri Fagot" gleich drei solch wenig beleuchteter Aspekte ein bisschen ins Licht zu holen.


    Und genau über so etwas lese ich am liebsten! :-] Klar ist es auch spannend, bestimmte Aspekte der Geschichte aus verschiedenen Sichten zu lesen, aber mich freut es immer sehr, wenn ein Autor sich an ein Thema heran wagt, das bisher kaum behandelt wurde. Ich hoffe, Du bleibst dabei und lässt Dich nicht von Deinen Vorstellungen abbringen. :-)


    Zitat

    Ich weiß nicht, ob ich's mir zutrauen würde, die gesamte Lebensgeschichte Dees in einen Roman zu packen. Ich habe immer reichlich Hemmungen, über jemanden zu schreiben, dessen überlieferte Biografie solch eklatante Lücken an wichtigen Stellen aufweist wie diejenige Dees. Da wild rumzufiktionalisieren - das widerstrebt mir aus Respekt vor der historischen Gestalt.


    Vermutlich hätte ich ähnliche Hemmungen und ich schätze Deine Einstellung dazu. Ich lese zwar auch gerne Romane, in denen Lücken über historische Persönlichkeiten durch Fiktion gefüllt werden, allerdings (kommt natürlich immer auf die Umsetzung an) haben socleh Bücher oft einen leicht negativen Beigeschmack. Auch frage ich mich im Nachhinein immer, wie war es wohl wirklich? Aber ein Roman über wichtige und belegte Phasen seines Lebens? ;-)


    Zitat

    Und: ein solcher Roman hätte wie nix tausend Seiten, weil Dee so viel gemacht und erlebt hat, dass es für mindestens drei Menschenleben ausgereicht hätte.


    Ach Du, das stört mich nicht im geringesten. Wünsche mir ja insgeheim von Dir einen richtig dicken Wälzer! :lache


    Zitat

    Und was Mortlake betrifft: ich könnte heulen, wenn ich daran denke, dass nach Dees Rückkehr aus Böhmen das Haus verwüstet, die Bibliothek geplündert und ein Teil abgefackelt war. Aber es heißt ja, auf dem Grundstück läge nicht nur Dee begraben, sondern auch in letzter Sekunde noch gerettete Schätze aus dem Haus verbuddelt...


    Ich habe das im Wiki gelesen und war sehr bestürzt. Das schöne Haus, die ganzen Schätze... :cry
    Mich berührt es immer sehr, wenn solch bedeutende Orte zerstört werden...


    Hat da noch niemand gebuddelt? ;-)

  • @ Cait


    Zitat

    Original von Cait
    Aber wenn die Quellenlage über Jahre so schlecht ist, ist es vielleicht auch verständlich, dass sich die meisten Autoren mit einer namentlichen Erwähnung begnügen.


    Bei Dee kommt noch eins erschwerend hinzu: er hat sich auf einem solch hohen Niveau mit total abgefahrenen Sachen beschäftigt, dass es unglaublich schwer sein dürfte, das auch nur ansatzweise so weit nachzuvollziehen, um das dann in einem Roman umzusetzen. Um zu erzählen, wie Dee gearbeitet hat, was in ihm vorging - dazu müsste man sich wirklich jahrelang intensiv mit der Kabbala beschäftigen, mit Philosophie, Mathematik etc. Und selbst dann würden noch Dinge übrig bleiben, die sich nicht enträtseln ließen, weil uns heute der gedankliche Zugang fehlt.
    Spannend wär's allerdings schon *träum*


    Zitat

    Original von Cait
    Ich hoffe, Du bleibst dabei und lässt Dich nicht von Deinen Vorstellungen abbringen. :-)


    Ich hatte bislang das unwahrscheinliche Glück, dass ich die Geschichten, die ich unbedingt erzählen wollte, auch genauso WIE ich sie erzählen wollte, veröffentlichen konnte. Da kann ich natürlich immer nur hoffen, dass mich dieses Glück nicht verlässt... Aber soweit ich das in meiner Glaskugel sehen kann, sieht's für die nächsten zwei, drei Jahre mal ganz gut aus. :zwinker


    Zitat

    Original von Cait
    Aber ein Roman über wichtige und belegte Phasen seines Lebens? ;-)


    Zitat

    Original von Cait
    Wünsche mir ja insgeheim von Dir einen richtig dicken Wälzer!


    :lache


    Ich schließ für die Zukunft sowieso nie was aus. Mir ist's immer am liebsten, ich habe schon zwei, drei künftige Projekte gedanklich entwickelt und den Segen des entsprechenden Verlags eingeholt - da kann ich mich immer schon aufs Schreiben freuen, wenn ich gerade mit dem aktuellen Manuskript ringe.
    Aber was drüber hinausgeht - da warte ich mal ab, was noch so kommen mag.


    Aber so einen 800 oder 1000 Seiten-Wälzer - davon träume ich tatsächlich im stillen Kämmerlein (und ich habe auch eine Idee, bei der das passen könnte...:engel ). Mal schauen, was die nächsten Jahre so bringen. :-)


    Zitat

    Original von Cait
    Hat da noch niemand gebuddelt?


    Nur die Baufirma, die den Apartment-Komplex drauf gestellt hat. :grin


    ...aber mich würd's schon total reizen, mich da mal mit Bagger, Schaufel und Sieb ans Werk zu machen; allein nur , um herauszufinden, ob es den Geheimgang, über den ich gelesen und den ich im Roman verwendet habe, tatsächlich gegeben hat. :chen

  • Liebe Nicole,


    ich harre dann der Dinge und hoffe, dass es irgendwann einen schönen, dicken schinken von Dir gibt. ;-) Und hier gibt es nun auch endlich


    Meine Meinung


    Gelegentlich lese ich zwar ein Jugendbuch, aber meist mit Protagonisten, die mindestens sechzehn sind und das Thema noch nicht in einem Roman für Erwachsene verarbeitet wurde. Weder Nicholas mit seinen dreizehn Jahren, noch das Thema Elizabeth I. passten somit in mein Beuteschema. Über Elizabeth I. lese ich unheimlich gerne, aber hierzu ist die Auswahl an historischen Romanen recht groß, so dass ich vermutlich unter „normalen“ Umständen kein Jugendbuch darüber gelesen hätte. Aber der Name Nicole C. Vosseler verspricht Spannung, sehr gute Recherchearbeit und hohe Qualität, außerdem hatte ich ihre anderen Romane bereits mit großer Begeisterung verschlungen. Also blieb mir ja gar keine andere Wahl, als es mit „Das Haus der Spione“ aufzunehmen. Und Nicole C. Vosseler hat mich nicht enttäuscht, im Gegenteil, meine Erwartungen wurden bei weitem übertroffen.


    Sprachlich ist der Roman angenehm leicht und flüssig geschrieben. Hin und wieder deutet die Sprache durch ihre Schlichtheit und gelegentliche Modernität auf einen Jugendroman hin, wirkt dabei aber nicht oberflächlich oder trivial. Mich hat Nicole C. Vosseler mit ihrem Ton angesprochen und problemlos in die Zeit Elizabeths I. versetzt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Jugendlichen genauso ergeht. Die Seiten lesen sich quasi von alleine und ich musste mich jeden Abend zwingen, das Buch nicht in einem Rutsch zu beenden, sondern nochmal auf den Nachttisch zu legen.


    Spionageromane, die in der Zeit von Elizabeth I. handeln, gibt es mittlerweile einige. Nicole C. Vosseler hat es geschafft, sich von diesen allein schon dadurch abzuheben, dass sie sich einer weniger bekannten, aber nicht weniger bedrohlichen Verschwörung zugewandt hat und diese dem Leser phantastisch spannend und verständlich näher gebracht hat. Selbst die kniffeligsten Ereignisse und Zusammenhänge wurden leicht nachvollziehbar erzählt. Ihre fiktiven Figuren, allen voran ihren Protagonisten Nicholas, hat sie grandios mit den historischen Persönlichkeiten und den historisch belegten Ereignissen verwoben. Ihre Handlung passt sich problemlos, nahtlos und vor allem glaubwürdig in den historischen Hintergrund ein und wirkt nie störend oder unplausibel. Die Geschichte ist äußerst spannend und mit viel Humor erzählt, dabei großartig recherchiert und versetzt den Leser in einer aufregende Zeit, in die man problemlos eintauchen kann. Die Ereignisse zogen so an mir vorüber, als wäre ich selbst mit dabei gewesen und ich konnte mir jede Kleinigkeit glasklar vorstellen. Vor allem John Dees Haus hat mich verzaubert und nicht mehr losgelassen. Hier hat Nicole C. Vosseler eine wunderbar mystische und geheimnisvolle Atmosphäre aufgebaut, in der ich mich verlieren konnte.


    Obwohl noch Kinder, hat die Autorin mit Nicholas und Leonore zwei wunderbare Charaktere geschaffen, die laut danach schreien nicht vergessen zu werden und die - wie ich - sicherlich auf eine Fortsetzung hoffen. Es wäre zu schade, diese Figuren nicht weiterleben zu lassen. Ehrlich gesagt, ich hätte nicht damit gerechnet, dass mich Nicholas so in seinen Bann schlagen würde. Aber mit seinem jugendlichen Charme und Charisma hatte er letztendlich leichtes Spiel mit mir. Für ein Kind ist er recht vielschichtig und oftmals nicht so leicht in seinen Beweggründen zu durchschauen, dabei eifrig, wissbegierig und fürchterlich neugierig und nicht zu vergessen, einfach sympathisch und liebenswert.
    Aber nicht nur die fiktiven Figuren konnten mich für sich einnehmen, sondern auch - oder gerade - die historischen Persönlichkeiten haben mich äußerst beeindruckt. Nicole C. Vosseler hat Großes geleistet, als sie z. B. Walsingham, Elizabeth I. und Dee erneut Leben eingehaucht hat. Sie waren greifbar nahe, realistisch, facettenreich und unglaublich lebendig, so als stünden sie direkt vor mir, als könnte ich sie berühren, mit ihnen sprechen. Gerade Dee hat es mir neben Nicholas am meisten angetan.


    Das ausführliche Nachwort der Autorin erklärt die historischen Hintergründe noch tief gehender, als es die Handlung des Romans zugelassen hätte und lässt damit wirklich keinerlei Fragen unbeantwortet. Ich habe es mir großem Genuss gelesen und konnte daraus sogar noch Neues für mich heraus lesen und einiges hat mich regelrecht überrascht. Nach dem Nachwort muss man die Handlung noch einmal mehr bewundern, die sich Nicole C. Vosseler ausgedacht und derart gekonnt und plausibel mit den bekannten Begebenheiten kombiniert hat. Unglaublich, was die Autorin hier geleistet hat.


    Fazit


    „Das Haus der Spione“ (im Januar 2009 unter dem Titel „Der jüngste Spion der Königin“ als Taschenbuch erschienen) ist ein historischer Jugendroman, der den Vergleich mit Erwachsenenliteratur wirklich nicht zu scheuen braucht. Auch für jeden Erwachsenen ist das Buch absolut lesenswert und ein wunderbares Lesevergnügen. Von der ersten bis zu letzten Seite konnte mich „Das Haus der Spione“ restlos begeistern. Und dank dieses Romans und des Nachwortes habe ich in Bezug auf einige historische Persönlichkeiten noch etwas dazu gelernt. Nicole C. Vosseler beweist auch mit „Das Haus der Spione“ ihr großes schriftstellerisches Talent und meiner Meinung nach zählt es neben „Südwinde“ zu ihren bisher besten Büchern.


    Bewertung


    10 Punkte

  • so eine schöne Rezi, liebe Cait :schuechtern


    Danke, tausend Dank für all das Lob; mir bedeutet das sehr viel, gerade weil mich kein Buch zuvor beim Schreiben mit so viel Zweifel und Versagensangst gefoltert hatte wie dieses, neben all der Freude an Charakteren und Schauplätzen.
    (also, bislang... aktuell hocke ich in einem ähnlichen Achterbahn-Parcours.)


    Deine Rezi lässt mich sehr, sehr glücklich zurück.
    Dankeschön. :knuddel1

  • Ich habe mir das Buch jetzt auch geschnappt und bin gerade über die Hälfte hinweg. Das ist wirklich ein Lesevergnügen, besonders die Szene, in der Giordano Bruno auf dem Buch herumtanzt als hätte er den Veitstanz. :lache


    Die Situation in England (Elizabeth - Mary Stuart) finde ich von John Dee anhand der Tarotkarten genial erklärt. John Dee gefällt mir überhaupt ausnehmend gut, ich wundere mich darüber, dass man dieser klugen und etwas "schrägen" Persönlichkeit in Büchern über Elizabeth (von denen ich schon einige gelesen habe) kaum begegnet. Er hat es sicherlich verdient, dass ihm in diesem Buch mal ein Denkmal gesetzt wird.


    Das Einzige, was ich im bisher Gelesenen ein bisschen fragwürdig finde, ist die Tatsache, dass Nicholas nach so kurzem Unterricht in der leidigen französischen Sprache fähig sein soll, sich in den Diensten Henri Fagots für einen Franzosen auszugeben. Französich ist in der Tat eine Sprache, die man als Lateinkundiger ganz gut lesen und schreiben kann, aber verstehen und sprechen...naja :yikes


    Leonora ist mir jedenfalls eine Schwester im Geiste: ich weiß nicht, ob ich so schlau bin wie sie, aber mit dieser Aussage von ihr gehe ich hundertprozentig konform:
    "Wer Bücher verbrennt, gehört gevierteilt!"

  • So, jetzt habe ich das Buch auch durch und kann Caits Beitrag eigentlich nur unterschreiben - und mir damit die Tipperei sparen. :grin


    Normalerweise lese ich (weit vom Jugendalter entfernt) auch keine Jugendbücher mehr, habe es hier aber doch getan, weil mein jüngster Sohn so begeistert war.


    Ich finde den Roman thematisch sehr anspruchsvoll. Selbst als erwachsener Leser mit guten Kenntnissen zur englischen Geschichte konnnte man noch Neues lernen:
    -über John Dee, der in der sonstigen Elizabeth-Literatur kaum vorkommt
    - über die Throckmorton-Verschwörung, die neben dem Babington plot immer reichlich verblasst und
    -über den Unterschied zwischen Kryptographie und Steganographie, Letzteres war mir gar kein Begriff


    Der Sprachstil hat mir sehr gut gefallen, einerseits ein sehr flüssiger und humorvoller Stil, andererseits in Anbetracht der jugendlichen Zielgruppe auch so unkompliziert, dass selbst ich die Zusammenhänge kapiert habe: normalerweise lese ich keine Spionageromane, weil ich bei den ganzen Verschwörungen, Doppelagenten & Co nicht so recht durchblicke.


    Ein lohnendes Leseerlebnis und ich hoffe für meinen Sohn und mich, dass da noch mehr in dieser Richtung nachkommt!

  • @ €nigma


    oh wie schön, dass es Dir auch gefallen hat! :anbet


    Zitat

    Original von €nigma
    Das ist wirklich ein Lesevergnügen, besonders die Szene, in der Giordano Bruno auf dem Buch herumtanzt als hätte er den Veitstanz. :lache


    Das freut mich, dass die Szene so gut ankommt. :-]
    Ich hatte ursprünglich vorgehabt, Nicholas Bruno nur mal so aus der Distanz sehen zu lassen - erwähnen musste ich ihn, weil er sich ja auch tatsächlich zu der Zeit im Haus aufhielt. Dann beschäftigte ich mich intensiver mit Bruno - und dabei juckte es mich einfach in den Fingern, ihm einen solchen Auftritt zu gönnen; ich habe beim Schreiben selbst vergnügt vor mich hingekichert. :lache


    Zitat

    Original von €nigma
    Er hat es sicherlich verdient, dass ihm in diesem Buch mal ein Denkmal gesetzt wird.


    Das berührt mich jetzt sehr, dass Du das schreibst...
    ...weil ich genau das bezwecken wollte mit der Ursprungsidee zu diesem Roman, obwohl mir dieses Ziel immer doch ein bisschen vermessen vorkam


    Zitat

    Original von €nigma
    Das Einzige, was ich im bisher Gelesenen ein bisschen fragwürdig finde, ist die Tatsache, dass Nicholas nach so kurzem Unterricht in der leidigen französischen Sprache fähig sein soll, sich in den Diensten Henri Fagots für einen Franzosen auszugeben. Französich ist in der Tat eine Sprache, die man als Lateinkundiger ganz gut lesen und schreiben kann, aber verstehen und sprechen...naja :yikes


    Ich kann Deine Skepsis durchaus nachvollziehen.
    Französisch war damals in London aber keine so arg fremde Sprache.
    Deshalb hatte ich gleich zu Anfang erwähnt, dass in Southwark viele französischstämmige Hugenotten lebten - so konnte Nicholas mit seiner Wißbegierde schon mal solide Grundlagen aufschnappen, wie er sie auch mit der sehr bescheidenen Geste gegenüber Dee bei ihrer ersten Begegnung bekundete.
    Nur reicht das natürlich nicht für einen solchen Auftrag; deshalb der Crash-Kurs in Mortlake - und mit Leonora, deren Großmutter-Sprache Französisch ist, hat er natürlich eine gute Lehrerin.
    (ich schätze mal, sie hat ihn ordentlich getriezt, bis er's drauf hatte :chen )


    Zitat

    Original von €nigma
    normalerweise lese ich keine Spionageromane, weil ich bei den ganzen Verschwörungen, Doppelagenten & Co nicht so recht durchblicke.


    Da bist Du mir jetzt eine Schwester im Geiste - genauso geht's mir nämlich auch! :lache
    Das stellte für mich auch eine der größten Schwierigkeiten beim Schreiben dar (neben der angemessenen Schilderung der historischen Hintergründe für die eigentliche Zielgruppe): die Verschwörung nachvollziehbar und plausibel zu schildern - und gleichzeitig den Spannungsbogen zu halten.
    Darüber bin ich lange Zeit regelrecht verzweifelt; im Nachhinein war es aber für mich als Autorin eine sehr gute Schule, mich da durchzubeißen.


    Zitat

    Original von €nigma
    Ein lohnendes Leseerlebnis und ich hoffe für meinen Sohn und mich, dass da noch mehr in dieser Richtung nachkommt!


    *freu*
    Hm, also, im Caravaggio jetzt geht es auch um eine Verschwörung :gruebel
    Allerdings gibt es auch viiielll Liiiebe in dem Buch - eine sehr schöne und (wie ich hoffe!) unkitschige Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern (14 und 15).


    Und für die Zukunft - mal sehen... :zwinker

  • :chen
    Ich habs geschenkt bekommen....
    Juppiduh....schalalalalala! :-]


    Und heute hab ich es beendet:
    Nicholas und Leonoaras Abenteuer waren wirklich wunderschön zu lesen. Ein wirklich angenehmer Sprachstil und eine hinreißende kleine Geschichte, die es da zu entdecken gab.
    Viele aufregende Abenteuer besteht der Leser mit dem ungleichen Paar, der kleinen Zigeunerin und dem Findelkind und man kann mitfiebern, mit knobeln und sich durch ein wirklich schön gezeichnetes London treiben lassen. Immer wieder werden sachte kleine historische Informationen oder Hinweise, die erstaunlich belegbar und (aus meiner laienhaften Sicht) korrekt sind, in den Geschichtsfluß eingeflochten, ohne dabei belehrend oder störend zu wirken. Obwohl es mir manchmal ein wenig zu langsam voranging. (Ich bin ein sehr ungeduldiger Leser, das bedeutet also keineswegs, daß es langweilig gewesen wäre) wurde ich durchweg gut unterhalten und hatte meinen Spaß.
    Das Ende klingt für mich sehr deutlich nach einer zu erwartenden Fortsetzung und darauf freu ich mich schon jetzt, denn ich bin brennend vor Neugier, da meine eine wirklich wichtige Frage am Ende des Buches ungeklärt bleibt.
    Woher stammt Nicholas?


    Ich hoffe auf Erhellung in einem zweiten Teil... :grin



    (Nicole, herzlichen Dank für Buch und wunderschöne Widmung. Das war diesmal wirklich genau mein Fall und außer der vielen Flitzerei am Anfang hab ich rein gar nichts zum Nörgeln gefunden.... :lache )


    Ach ja, 9 Punkte, ein Punkt Abzug, weil es mir manchmal nicht schnell genug voran ging... :grin


    Und ich habe die Taschenbuchausgabe mit anderem Titel gelesen:

  • ups, irgendwie ist mir die email-Meldung für neue Posts hier entgangen :schaem


    Freu' mich riesig darüber, dass Du mit dem Buch Spaß hattest, Fräulein Jane! :hop
    Das hatte ich gehofft, und offenbar hat mich meine Intuition da gut beraten...


    Zitat

    Original von Babyjane
    Woher stammt Nicholas?


    Ich hoffe auf Erhellung in einem zweiten Teil... :grin


    Mal schauen, was bei rauskommt, falls ich die 2 nochmal in die Welt hinausschicke :grin


    Vielen Dank für Deine schöne Rezi! :wave

  • Ich hab' das Buch gelesen - wann wollte ich es lesen?! - ich glaube mit 10 Jahren.
    Damals legte ich es schnell wieder weg,da es alles für mich zu schwer war.
    Jetzt greife ich gerne dazu und lese es nocheinmal.
    Mein Vater hat es mir mal mitgebracht & gesagt,die Buchhändlerin wäre begeistert von dem Buch.Ich dann auch.
    Leonora Nicholas,Findelkind & Zigeunerin,ein wundervolles Paar.
    Nicole : Sind Sie Nicole Vosseler?!Ich dachte,ohne zu recherchieren,dem Buche nach & der eigentlich englisch wirkenden Sprache,dass Sie eine Engländerin wären.Wenn ja,ich schwebe in höchstem Respekt mit Ihnen,da ich das Buch verschlungen habe & glaube eine der jüngsten hier bin *schäm* & dass Sie unbedingt weiterschreiben sollen - göttlich!
    Ich schreibe selbst an einem Roman,deswegen bewundere ich Sie auch sehr.Ich weiß,wie schwer dass ist...
    Bei mir ist das Problem etwas fertigzustellen.
    Ein großes Problem...


    mlg
    BunteWelt

  • Hallo BunteWelt,


    ja, stimmt schon, ich bin die Autorin. :wave


    bis Du tatsächlich noch eine SO junge Jung-Eule ?? :wow
    "Das Haus der Spione" ist als gebundenes Buch nämlich erst September 2007 erschienen...


    Das freut mich natürlich sehr, dass es Dir gefallen hat! :-]


    Zitat

    Original von BunteWelt
    Ich dachte,ohne zu recherchieren,dem Buche nach & der eigentlich englisch wirkenden Sprache,dass Sie eine Engländerin wären.


    das ist ein tolles Kompliment, dankeschön! :unschuld


    Zitat

    Original von BunteWelt
    Bei mir ist das Problem etwas fertigzustellen.
    Ein großes Problem...


    Ja, Geduld braucht's schon - das fällt mir auch nicht immer leicht.
    Aber es ist auch eine gute Übung für Geduld und Ausdauer...
    Nicht aufgeben - höchstens mal für eine Weile weglegen, was anderes machen und dann wieder hervorholen.
    Nur Mut! :knuddel1


    EDIT: hab's gerade im Vorstellungs-Thread gesehen - Du bist ja wirklich eine ganz junge Eule! :-]
    So zwei, drei Jährchen hätte ich Dich älter geschätzt...
    Prima, dass Du hergefunden hast!


    Dann mal herzlich willkommen hier im Eulennest, ich wünsch Dir hier viel Spaß! :wave

  • Nachdem ich wirklich lange um das Buch geschlichen bin, hat wahrscheinlich das Titelbild der Taschenbuchausgabe von Joachim Knappe den endgültigen Ausschlag gegeben und ich habe es mir letztendlich doch zugelegt.


    Nach der Lektüre muß ich sagen: das elisabethanische England bzw Queen Bess und ihre Anverwandten sind einfach nicht meins. Punkt. Dafür ist es mir beim Lesen wie Schuppen von den Augen gefallen, wer oder was an meiner Abneigung gegen die Tudors schuld ist: der Herr von Schiller wars mit seiner "Maria Stuart" (Schullektüre :uebel)
    Dabei liegt es nicht an der Zeit, denn die Renaissance ist gleich nach dem 19. Jahrhundert mein bevorzugtes historisches Setting. Ich persönlich bin ja ein totaler Fan von Tycho Brahe, der von 1599 bis 1601 auch am Hofe Kaiser Rudolfs war.


    Die Leistung der Autorin ist nun, daß mir das Buch dennoch wirklich gut gefallen hat.
    Die ausführliche historische Recherche habe ich ja bisher bei all ihren Büchern bewundert und so auch hier. Nicholas und Leonora sind wirklich sympathische Charaktere, die insbesondere für die Zielgruppe viel Identifikationspotenzial bieten dürften. Der Schreibstil ist leicht und flüssig und gegen Ende wurde das Buch wirklich spannend. Daß es eine ganze Weile dauert bis die Geschichte in Fahrt kommt, macht mir persönlich nix aus. Ich bin ja bekanntermaßen auch eher ein Fan der langsameren Erzählweise.


    Letztendlich bin ich froh es gelesen zu haben und bin wahrscheinlich auch beim nächsten Jugendbuch wieder mit dabei. Und sollte dieses Mal das Titelbild gleich von Joachim Knappe sein, dann sogar schon bei der Hardcoverausgabe ;-)

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)