'Das Haus der Spione' - Seiten 098 - 191

  • Ich bin zwar auch noch nicht ganz durch mit dem zweiten Teil, habe aber aus Neugierde die anderen Beiträge gelesen... :lache


    Mir war ziemlich klar, dass die freche Leonora noch einmal auftaucht, schließlich brauchen ja auch die Mädchen eine Identifikationsfigur... und ein Gespann aus beiden Geschlechtern eignet sich ja auch hervorragend für eine kleine Liebesgeschichte ;-)
    Gab es da eigentlich Bedenken wegen der "Political Correctness", Nicole? Du hast ja durchgängig das Wort Zigeuner benutzt.


    Nicholas ist meiner Meinung nach gedanklich etwas langsamer als die Leonora und muss viel erklärt kriegen. Nach den Beiträgen der anderen muss sie ihm wohl noch häufiger auf die Sprünge helfen :-).


    Die Szene mit dem Magus, als er sie überrascht, fand ich keinesfalls gefährlich, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass er Böses im Schilde führt. Also fand ich auch Nicholas' Angst vor dem 'Jüngsten Gericht' unbegründet. Schön war's trotzdem :-]


    :wave bartimaeus

  • Zitat

    Original von bartimaeus
    Gab es da eigentlich Bedenken wegen der "Political Correctness", Nicole? Du hast ja durchgängig das Wort Zigeuner benutzt.


    Also ich persönlich nutze das Wort Zigeuner auch nicht im alltäglichen Leben, aber ich glaube ich hätte ziemlich gestutzt, wenn Leonora als Sinti und Roma-Mädchen beschrieben worden wäre oder Nicholas ihre Familie als solche bezeichnet hätte. Ich - als Leser - finde, dass die Sprachwahl nicht nur der damaligen Zeit angepasst werden kann, sondern durchaus auch sollte, um die Authentizität und Glaubwürdigkeit der Geschichte und der Atmosphäre zu wahren. Und ich schätze mal zu Zeiten von Nicholas und Leonora hatte die Bezeichnung Zigeuner noch nicht DEN negativen Beigeschmack, den sie heute hat (@ Nicole: korrigier mich, wenn ich irre!).

  • Ich denke, daß die "Poltical Correctness" bei uns ohnehin maßlos übertrieben wird. Wenn schon eingeführte Buchtitel geändert, alte Kinderlieder nicht mehr gesungen, und einzelne Wörter durch ewig lange Ersatzformulierungen ersetzt werden, dann stimmt mMn irgendetwas nicht mehr.


    Für mich persönlich hat das Wort "Zigeuner" zwei verschiedene Bedeutungen. Zum einen als - wertfreie - Bezeichnung für eine bestimmte Art von Menschen mit einer bestimmten Lebensart, die ich bisweilen schon um ihre Freiheit beneidet habe; zum anderen als Schimpfwort mit dann durchaus negativem Beigeschmack. Aber wenn man alle Worte, die zwei Bedeutungen haben, aus dem Verkehr ziehen wollte, würde die Sprache doch sehr verarmen.


    Oder auch wieder nicht, wenn alles ellenlang umschrieben werden müßte. ;-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Ich denke, daß die "Poltical Correctness" bei uns ohnehin maßlos übertrieben wird. Wenn schon eingeführte Buchtitel geändert, alte Kinderlieder nicht mehr gesungen, und einzelne Wörter durch ewig lange Ersatzformulierungen ersetzt werden, dann stimmt mMn irgendetwas nicht mehr.


    :write


    Mich selbst hat es auch nicht sgestört, da es keinesfalls negativ sondern wertungsfrei verwandt wurde und es meiner Meinung nach mehr auf die Aussageabsicht denn auf das Wort ankommt. Auch finde ich nicht, dass Zigeuner so stark negativ besetzt ist.
    Ich frage mich nur, auch weil es ein Jugendbuch ist, ob es von Seiten des Verlags Bedenken gab.


    So, jetzt bin ich mit dem zweiten Teil durch.
    Die Schnitzeljagd war amüsant, Nicholas' mangelnde Französischkenntnisse ebenfalls. Und durch ihre Begeisterung für Bücher und fürs Französische wird mir Leonora immer sympathiser. Zwischen den beiden scheint sich ja was anzubahnen (s.177)


    Die Königin Elisabeth, hier "die Gute", bzw. die bessere, scheint keine leichte Persönlichkeit zu sein. Die Szene zusammen mit Dr. Dee fand ich wundervoll :-)


    Dr. Dee ist insgesamt vom Typ her der weise, verschrobene Großvater, der von einigen gefürchtet wird, aber ein Herz aus Gold hat. Jedenfalls empfinde ich ihn so. Ob er in Wirklichkeit ebenso war, kann ich nicht beurteilen.


    :wave bartimaeus

  • @ Mimi


    Zitat

    Original von Mimi
    Dieses Buch, wie hieß das gleich, ach so: Das Buch vom Gebrauch & und der Geheimlehre der Zeichen, in welchem nicht nur die Bedeutung von Buchstaben & Zahlen erklärt wird, sondern sogar mittels eines logischen Beweises die Prophezeiungen des sybillinischen Orakels würde ich schon vom Titel her nicht lesen, der klingt so langweilig.


    :grin Darauf bin ich bei der Bücherliste von Dees Bibliothek gestoßen und fand den Buchtitel so herrlich langweilig und verschroben, dass ich den in Übersetzung einfach reinnehmen MUSSTE :lache


    @ bartimaeus


    Zitat

    Original von bartimaeus
    Mir war ziemlich klar, dass die freche Leonora noch einmal auftaucht, schließlich brauchen ja auch die Mädchen eine Identifikationsfigur...


    Mir war das sehr wichtig, dass ich einen Jungen und ein Mädchen als Team habe, damit sich die Leser und Leserinnen aussuchen können, mit wem sie sich identifizieren und wen sie sich an ihrer Seite wünschten, wären sie selbst "in" der Geschichte


    @ Thema "Zigeuner"


    Zitat

    Original von SiCollier
    Ich denke, daß die "Poltical Correctness" bei uns ohnehin maßlos übertrieben wird.


    :write geht mir genauso
    Im Grunde hat dieses Buch ja Einiges an politischer NON-Correctness. Beide Kids lügen, betrügen und klauen, und die Katholiken kommen mehrheitlich auch nicht so gut weg.
    Letzteres hatte mir deutlich mehr Magenschmerzen gemacht, und da habe ich mich schon um etwas Ausgleich bemüht, soweit es im historischen Rahmen möglich war. Deshalb war mir der Dialog zwischen Dee und Nicholas in Kapitel 18 so wichtig, der zeigen soll, dass es nicht einfach nur "gut" und "böse" gibt, und ich war froh, dass Phelippes, obwohl Protestant, auch nicht gerade ein Engelchen war und ich das auch zeigen konnte :grin .


    Zitat

    Original von bartimaeus
    Ich frage mich nur, auch weil es ein Jugendbuch ist, ob es von Seiten des Verlags Bedenken gab.


    Hatte ich mich zuerst auch :grin, war aber von Verlagsseite aus überhaupt kein Problem. Einzige Bedingung war von Anfang an, dass der Roman eben "jugendfrei" ;-) sein würde, und das war von der Thematik und den Protagonisten her ja auch gar nicht schwierig.


    Zitat

    Original von milla
    Also ich persönlich nutze das Wort Zigeuner auch nicht im alltäglichen Leben, aber ich glaube ich hätte ziemlich gestutzt, wenn Leonora als Sinti und Roma-Mädchen beschrieben worden wäre oder Nicholas ihre Familie als solche bezeichnet hätte. Ich - als Leser - finde, dass die Sprachwahl nicht nur der damaligen Zeit angepasst werden kann, sondern durchaus auch sollte, um die Authentizität und Glaubwürdigkeit der Geschichte und der Atmosphäre zu wahren. Und ich schätze mal zu Zeiten von Nicholas und Leonora hatte die Bezeichnung Zigeuner noch nicht DEN negativen Beigeschmack, den sie heute hat


    genau so ist es! :-)


    Es ist nicht so, dass ich mir nicht anfangs auch Gedanken gemacht hätte, ob ich den Begriff nun verwenden "darf" oder nicht, auch wenn ich ihn selber nicht negativ assoziiere. Aber damals war das einfach die gängige Bezeichnung für Angehörige dieser Volksgruppierung.


    Wobei die Zigeuner ("gypsies" in den englischen Quellen - diesen Begriff hätte ich lieber verwendet, hätte aber komisch im Text ausgesehen) schon schräg angeguckt wurden, da wollen wir mal nichts beschönigen, und das habe ich auch im Text angedeutet, aber das ist etwas völlig anderes als die negative Wertung, wie sie im Nationalsozialismus entstand.


    Die heute "Roma" genannte Volkszugehörigkeit ist allerdings nicht einheitlich in Herkunft, Dialekt und Traditionen. Unter den Oberbegriff "Roma" fallen noch andere Zugehörigkeiten wie "Sinti" oder "Kalderash" und einige mehr. Wozu die "Zigeuner" gehörten, die sich damals in England aufhielten, ist unbekannt - ob es überhaupt Roma waren. Also konnte ich auch Leonoras fiktive Sippe der Fincos nicht genauer zuordnen, was ich gerne gemacht hätte, wäre es möglich gewesen, und so wie ich es geschildert habe, entspricht es auch den historischen Quellen (die leider dürftig genug waren).


    Außerdem bin ich mir sehr wohl bewußt, daß ich mit den Schilderungen der Zigeuner im Buch (Lebensunterhalt als Kesselflicker, Musikanten und Wahrsager; das Lagerfeuer, die Wagen, die Kleidung etc.) gängige Klischees bediene. Nur: nach allen Quellen WAR das damals so (und wie ich an einer Zigeuner-Szene gesehen habe, die ich gerade im aktuellen Roman geschrieben habe, war das auch im 19. Jahrhundert in England nicht anders).


    Ich glaube, man muß sich entscheiden, ob man POLITISCH korrekt schreibt oder HISTORISCH und "menschlich" (hinsichtlich der Charaktere) konsistent. Beides scheint mir unvereinbar, weil PC eben ein Konstrukt der allerjüngsten Moderne ist (und sicher auch diskussionswürdig, weil m.E. nicht automatisch das Gegenteil von Vorurteilen).

  • @ bartimaeus


    Zitat

    Original von bartimaeus
    Dr. Dee ist insgesamt vom Typ her der weise, verschrobene Großvater, der von einigen gefürchtet wird, aber ein Herz aus Gold hat. Jedenfalls empfinde ich ihn so. Ob er in Wirklichkeit ebenso war, kann ich nicht beurteilen.


    Wirklich "beweisen" kann ich das auch nicht, aber so ist das Bild, dass ich mir von ihm in den Jahren gemacht habe, die ich mich mit Biografien von ihm und mit seinen Schriften beschäftigt habe. Und ich finde es eine Schande, dass ihm sein Ruf als Schwarzmagier bis heute nachhängt. :fetch


    Ich häng Euch hier mal ein Portrait von ihm an....

  • Zitat

    Nicole
    Ich glaube, man muß sich entscheiden, ob man POLITISCH korrekt schreibt oder HISTORISCH und "menschlich" (hinsichtlich der Charaktere) konsistent.


    Bitte historisch und "menschlich" konsistent schreiben! Mir persönlich ist historische Korrektheit, soweit wir das heute noch feststellen können, grundsätzlich wichtiger als die den Tagesmoden und -strömungen unterworfene "political Correctness", das gilt bei mir auch im Falle religiöser und Glaubensthemen.


    Bei den Konflikten Katholiken ./. Protestanten habe ich auch bisweilen geschluckt, weiß jedoch, daß das damals so war und mit sehr harten Bandagen gekämpft wurde. Ich würde es darum für falsch halten, das anders darzustellen, nur damit es ins heutige "Friede-Freude-Eierkuchen" - Wunschschema paßt. Die Vergangenheit ist nun mal nicht mehr zu ändern (solange es keine Zeitreisen gibt), und es muß erlaubt sein, das dann auch so darzustellen, wie es denn war.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ SiCollier


    Zitat

    Original von SiCollier
    Bitte historisch und "menschlich" konsistent schreiben! Mir persönlich ist historische Korrektheit, soweit wir das heute noch feststellen können, grundsätzlich wichtiger als die den Tagesmoden und -strömungen unterworfene "political Correctness", das gilt bei mir auch im Falle religiöser und Glaubensthemen.


    Darum bemühe ich mich immer. Natürlich immer mit dem

    Zitat

    soweit wir das heute noch feststellen können


    im Hinterkopf. Ich habe lieber immer mehrere historische Werke aus unterschiedlichen Jahren zur Hand, um auch mehrere Perspektiven anschauen zu können.
    Mir ist es wichtig, dass sich die Leser darauf verlassen können, dass auch alles an historischen Fakten und Zusammenhängen stimmt in meinen Büchern - oder mit mindestens einer Quelle belegbar ist.
    Natürlich kann ich mich als Mensch nicht als gänzlich außen vor betrachten, wenn ich schreibe; allein unbewußt fließt schon viel von mir ein. Aber genau so oft komme ich bei jedem Roman an Punkte, an denen ich etwas schreiben muß, was mir selbst, meinen Vorstellungen bzw. meiner Weltanschauung zuwiderläuft - und schreibe es dann trotzdem, weil es historisch richtig ist, oder weil die fiktive Person eben so ist wie sie ist und ich sie so auch sein lassen muss.


    Zitat

    Original von SiCollier
    Bei den Konflikten Katholiken ./. Protestanten habe ich auch bisweilen geschluckt, weiß jedoch, daß das damals so war und mit sehr harten Bandagen gekämpft wurde.


    das ist auch wirklich das an dem Roman, bei dem ich als Privatperson manchmal einen Anflug von schlechtem Gewissen verspüre, immer noch. Aber als Autorin habe ich wiederum ein sehr gutes Gewissen, weil ich weiß, daß ich gründlich recherchiert und alles dementsprechend dargestellt habe.
    Und als "beide" habe ich ein sehr gutes Gewissen, was die Äußerungen John Dees zu diesem Thema angeht - weil das doch der Darstellung etwas an Schärfe nimmt, wie ich denke, und weil ich überzeugt bin, dass es in seinem Sinne ist, nach allem, was von ihm überliefert ist. :-)


    Zitat

    Original von SiCollierDie Vergangenheit ist nun mal nicht mehr zu ändern (solange es keine Zeitreisen gibt), und es muß erlaubt sein, das dann auch so darzustellen, wie es denn war.


    :write :-)

  • Zitat

    :@ Wurm4471:
    Seite 173, Sir Francis Walsingham zu Nicholas und Leonora: "Bücher", sagte er nach einer kleinen Pause, "Bücher sind im Grunde nur tote Buchstaben. Leben wird ihnen erst eingehaucht, wenn ihr aufmerksam der Stimme des Verfassers lauscht. Wenn ihr sie als Verbindung zwischen Menschen begreift. Dann erst könnt ihr wahres Wissen erlangen:


    Das Zitat fand ich auch schön. Da ist was wahres dran.


    Zitat

    @ bartimaeus:
    Dr. Dee ist insgesamt vom Typ her der weise, verschrobene Großvater, der von einigen gefürchtet wird, aber ein Herz aus Gold hat. Jedenfalls empfinde ich ihn so. Ob er in Wirklichkeit ebenso war, kann ich nicht beurteilen.


    Das sehe ich genauso. Aber wo ich das Bild von ihm sehe, welches Nicole hier reingestellt hat, so hatte ich ihn mir wirklich nicht vorgestellt. :staun
    Da wirkt er direkt unheimlich, streng und mürrisch.


    S.143 Leonora ringt ihrem Vater ein Versprechen ab, ihr oder einem Freund, in der Not bedingungslos zu helfen. Ich glaube der Vater ist sich noch nicht bewusst, auf was er sich da einlässt. :-)
    Ich gehe nämlich stark davon aus, dass Leonora oder Nicholas noch die Hilfe des Vaters benötigen werden. Ich lass mich mal überraschen.


    Die Schnitzeljagd fand ich auch klasse. Ohne Hilfe von Leonora hätte Nicholas sie bestimmt nicht gelöst. Und dann die schlechten Französischkenntnisse. Die hätte er ohne sie auch nicht verbessern können. Daher denke ich, dass sie sich bei seinem Auftrag hinterherschleichen wird und ihm ihre Hilfe anbietet.


    Was mich wundert ist, dass Dr. Dee nichts gegenüber Leonora unternimmt. Er hat sie zusammen mit Nicholas in seinem Arbeitszimmer überrascht und später bestimmt auch mal in der Bibliothek gesehen. :gruebel


    Die Szene wo Dr. Dee einen Brief an die Königin mit 007 unterschrieben hatte, da war ich erst ganz erstaunt. Ich fand es merkwürdig, das passte irgendwie nicht in die Zeit und in das Buch (war gedanklich natürlich bei James Bond). Aber nach der schönen Erklärung, dass die zwei Kreise für die Augen der Königin stehen und sieben seine Glückszahl ist, da fand ich es wieder passend.


    So, nun werde ich mal weiterlesen will doch wissen wie es weitergeht. :-)

  • @ Vivian


    Zitat

    Original von Vivian
    Das sehe ich genauso. Aber wo ich das Bild von ihm sehe, welches Nicole hier reingestellt hat, so hatte ich ihn mir wirklich nicht vorgestellt. Da wirkt er direkt unheimlich, streng und mürrisch.


    Das ist leider das einzige Portrait von John Dee, das erhalten geblieben ist und entstand vermutlich über zehn Jahre nach den Ereignissen im Buch. In diesen zehn Jahren ist auch so einiges passiert, was ihm sicher ganz schön zugesetzt hat. :-(
    Ich hatte mir das Portrait in groß ausgedruckt und aufgehängt (bzw. habe es noch - irgendwie habe ich es noch nicht über mich gebracht, das Bildmaterial zum Buch abzuhängen), und da wirkt es doch auch ein bisschen anders.
    Ich glaube aber schon auch, dass tatsächlich auch etwas Unheimliches, Ungreifbares von ihm ausging ... :-)

  • Wie schön, dass Leonora wieder da ist - und gemeinsam mit Nicholas lernt! Dr. Dee mag ich wirklich gern. Und gut gefällt mir auch, wie die historischen Informationen verpackt werden.


    Liest sich nett, aber so richtig gefesselt war ich auch in diesem Abschnitt noch nicht, kann aber nicht mal genau sagen, warum...


    Zur "political correctness": ich fand "Zigeuner" sehr treffend und auch nicht abwertend.

  • Das Buch habe ich natürlich schon lange durchgelesen, aber die letzten Wochen waren arg stressig, daher hier mal einige verspätete Kommentare.


    Zunächst zur "political correctness" - die hat in historischen Romanen nichts verloren, finde ich, das passt einfach nicht zum entsprechenden Zeitgeist.


    In diesem Teil der Geschichte taucht also Leonora wieder auf. :-] Die Protagonistin ist ein wunderbares Gegenstück zu Nicholas, und die Art, wie die beiden sich versöhnt haben, fand ich wirklich niedlich. :grin Hier tritt wieder das zutage, was mir vorher schon so gut gefallen hat. Beide sind letzten Endes Kinder, und sie handeln ihrem Alter entsprechend. Nichts finde ich schlimmer, als jugendliche Helden, die kleine Erwachsene sind und ständig altklug daher kommen.


    Die Szene in dem verbotenen Raum war aber arg spannend. :wow Aber jetzt weiß Nicholas, woran er ist und was auf Mortlake passiert. Schön fand ich auch, wie John Dee zu ihm sagte: "Ach, Nicholas ... dass du nicht einfach feige das Weite suchst, ist natürlich Ehrensache."


    Leonora lernt heimlich zusammen mit Nicholas, wobei Dr. Dee vermutlich ahnt, dass sein Schützling Gesellschaft hat. Die Bibliothek muss wirklich beeindruckend gewesen sein, vor allem, wenn man sie durch Leonoras Augen sieht, die in ihrem Wissenshunger ein Buch nach dem anderen verschlingt. Nicholas hingegen befasst sich weniger mit Büchern, sondern erlernt Fertigkeiten, die ihn auf seine neue Tätigkeit als Spion vorbereiten sollen. Es stellt sich heraus, dass er mit seinen Französischkenntnissen etwas zu dick aufgetragen hat. :grin


    In einer Schnitzeljagt soll Nicholas schließlich sein erlerntes Wissen anwenden, was ihm mit Leonoras Hilfe auch gelingt. Die Wortspiele haben mir gut gefallen mit ihren verschlüsselten Hinweisen und den versteckten Bedeutungen, die noch erschlossen werden müssen, selbst wenn man das Bild oberflächlich durchschaut zu haben scheint. Wunderbar vielschichtig.


    Dann kommt es zur ersten Begegnung mit Walsingham, der in der Tat eine beeindruckende Erscheinung gewesen sein muss. Leonora erstarrt förmlich, als er in der Bibliothek auftaucht, während Nicholas keine Ahnung hat, wer vor ihm steht. :grin Der zweite Teil endet damit, dass Nicholas von Walsingham persönlich noch einmal zu sich gerufen wird und seinen ersten Auftrag als Spion enthält. Auch hier ist wieder schön, wie ungekünstelt Nicholas' Darstellung ist. Er verhaspelt sich und gibt nicht gerade einen glühenden Patrioten ab.


    Übrigens fand ich die Darstellung von Elisabeth sehr interessant. Das elisabethanische Zeitalter wird von mir meist eher stiefmütterlich behandelt, weil es einfach nicht meine Epoche ist, daher gefallen mir die Beschreibungen von Elisabeths Charakter.

  • Die Diskussion ist zwar schon ewig her.
    Aber ich finde es gut, daß im Buch Zigeuner steht. Ich mußte sogar schmunzeln, als ich es das erste Mal las und war mir sehr sicher, hier eine Diskussion dazu zu finden.
    Ich sage auch im realen Leben Zigeuner, denn Sinti und Roma ist offziell auch nicht mehr politisch korrekt, weil diese Bezeichnung eben nicht auf alle zutrifft, es heißt "fahrende ethnische Minderheit".
    Ich tendiere hin und wieder auch scherzhaft zu "buntgekleidete Ganzjahrescamper", wenn ich mich in lockerer Gesellschaft befinde.
    Ich sage aber auch zu einem Schwarzen, Schwarzer, weil er eben genau das ist, schwarz und ein Zigeuner ist nun mal ein Zigeuner. Für mich steckt in diesem Wort keinerlei Wertigkeit, sondern es ist ein Begriff unter dem sich jeder genau das vorstellt, was ich meine, ohne daß ich ellenlange Fremdwörter benutzen müßte oder zu Erklärungen ansetzen müßte.
    In einem Kinderbuch/Jugendbuch mit historischem Hintergrund hätte mich alles andere irritiert.


    Ich persönliche finde das Zigeunerleben übrigens durchaus faszinierend, wenn ich es auch mit einer gewissen ähm dienstlich bedingten Skepsis betrachte.


    Ich finde auch, die Kirche kommt hier allgemein nicht so gut weg, was mir immer mal wieder ein Grinsen ins Gesicht lockt. Ich mag die scheinheiligen Fritzen nicht, weder protestantisch, noch römischkatholisch.... ist für mich alles der gleiche Schmuh... :rolleyes


    Die Schnitzeljagd fand ich grandios, hab bestimmt 5 Minuten in meinen alten Lateinkenntnissen gekramt, ob es das hirtare (Buch grad nicht zur Hand, hoffe ich erinnere mich richtig) nicht doch gibt....


    EDIT:
    Eben ganz vergessen.
    Lag in der Sauna und war fein am Schmökern.
    Da bekam ich mit, daß mich das Kind (so etwa 10-12 Jahre) von der Nachbarliege irrtiert anguckte und mit ihrer Mutter tuschelte.
    "Guck mal Mama. Die Frau liest das Buch mit dem Spionjungen."
    Mutter: "Ja?!?"
    Kind total entsetzt: "Die ist doch schon viel zu alt dafür!"


    Ich schmunzelte leicht, während auf der Liege neben mir mein Kollege in brüllendes Gelächter ausbrach.... :rolleyes

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Ich persönliche finde das Zigeunerleben übrigens durchaus faszinierend, wenn ich es auch mit einer gewissen ähm dienstlich bedingten Skepsis betrachte.


    Mir ist immer noch eine meiner Reisen durch Südfrankreich in Erinnerung, just um die Zeit, als die Zigeuner dort Richtung Saintes-Marie-de-la-Mer wallgefahrtet sind. Auf allen Straßen Richtung Süden sahen wir Schlachtschiffe mit Mercedes-Stern vorne und supermodernem Wohnwagen hintendran. Am Rand einer Landstraße, mitten in der südfranzösischen Pampa, hatte eine Zigeuner-Familie einen open-air-Verkaufsstand von Steingut eingerichtet, fast so groß wie ein kleiner Supermarkt. Sehr hübsche, richtig provencalische Sachen mit kleinen Fehlern, super-billig, und nach einem netten Plausch habe ich noch einen dicken Nachlass bekommen. :-]


    Zitat

    Original von Babyjane
    Die Schnitzeljagd fand ich grandios, hab bestimmt 5 Minuten in meinen alten Lateinkenntnissen gekramt, ob es das hirtare (Buch grad nicht zur Hand, hoffe ich erinnere mich richtig) nicht doch gibt....


    Das freut mich, dass Dir die gefällt! :-]
    Ich weiß noch sehr gut, dass ich die über Weihnachten geschrieben habe, als draußen auch Schnee lag, das war die perfekte Atmosphäre dafür.
    Dass Nicholas den Zettel in Schnipsel zerreisst - das hat er übrigens bei mir "abgeschaut"; genauso hab ich's nämlich auch gemacht (nur in die andere Richtung) um rauszufinden, wie ich das Lösungswort zu einem Anagramm neu zusammenbasteln kann. :lache


    Danke für die Anekdote aus der Sauna, so klasse! :anbet :lache

  • Ja, das kann ich mir vorstellen.
    Wenn hier mal wieder eine Zigeunerhochzeit oder ähnliches stattfand, war das schon beeindruckend, was die so alles mit sich herum transportieren und vorallem wie aktuell und neu die Fahrzeuge oft sind.


    Außerdem war mir klar, daß du über den Saunateil lachen mußtest, ich fand das gar nicht witzig... zu alt... pah...


    Zu dem Anagramm hatte ich mir auch schon überlegt, wie man das am Besten deichselt beim Schreiben, also ob man lieber erst das Ausgangswort festlegt oder erst herumschiebt, was dann noch paßt....

  • Zitat

    Original von Babyjane
    Außerdem war mir klar, daß du über den Saunateil lachen mußtest, ich fand das gar nicht witzig... zu alt... pah...


    Hey komm, in Bezug auf ein Jugendbuch mit Altersangabe ab 10 oder ab 12 Jahren - da ist das doch eine nette Relation, oder? :zwinker


    Zitat

    Original von Babyjane
    Zu dem Anagramm hatte ich mir auch schon überlegt, wie man das am Besten deichselt beim Schreiben, also ob man lieber erst das Ausgangswort festlegt oder erst herumschiebt, was dann noch paßt....


    Das mochte ich an ein paar Szenen in dem Buch so gerne: dass ich mehr zu tun hatte als "nur" Textarbeit, sondern auch noch ein bisschen "richtig" basteln konnte / musste. Dass dabei ein schöner lateinischer Satz mit einem kleinen Fehler, der gleichzeitig ein brauchbarer Hinweis auf die Vorgehensweise ist, dabei rauskam, war natürlich super! :anbet


    Auch Dees Erklärung mithilfe der Tartokarten habe ich mit einem Satz von meinen Karten (natürlich zur Epoche passendes Faksimile :chen ) nachgestellt und dann quasi "abgeschrieben".

  • Ich habe diesen Abschnitt gerade erst angefangen und will deshalb noch nichts grosses dazu schreiben.


    Nur, dass mir eingefallen ist, Leonora würde sich bestimmt gut beim (de-)chiffrieren der Nachrichten gut machen. Sie hat schliesslich die Bildsprache bei Dr. Dees Aufzeichnungen relativ schnell geknackt.