Alles hat seine Zeit - Karl Ove Knausgård

  • Luchterhand Verlag, Gebundenes Buch, 640 Seiten
    August 2007 erschienen


    Originaltitel: En Tid for Alt (Ute av verden)
    Originalverlag: Aschehoug
    Aus dem Norwegischen von Paul Berf


    Handlung:
    Rückseite:
    Ist das, was im Alten Testament geschrieben steht, wirklich passiert? Wie schaut es aus, das Göttliche? Hat es die Engel gegeben? In seinem hymnisch gefeierten Roman stellt Knausgard die großen universalen Fragen und bewegt sich anhand der Geschichte der Engel durch die großen alttestamentarischen Erzählungen: über Kain und Abel, Noah und die Sintflut, über Sodom und Gomorrha, gelangen wir nach einem Zwischenstopp im spätbarocken und schließlich aufgeklärten Europa schließlich auf eine Insel vor der norwegischen Küste – bei einem modernen, schuldbeladenen Menschen, der die Einsamkeit sucht und die überwältigende Schönheit des Lebens findet ...


    Zum Autor: (Laut Random House)
    Karl Ove Knausgård wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor seiner Generation. Als erster Debütant überhaupt bekam er den Norwegischen Kritikerpreis verliehen. »Alles hat seine Zeit« war nominiert für den Nordischen Literaturpreis und wurde ausgezeichnet mit dem Publikumspreis des Norwegischen Rundfunks. Knausgård lebt mit seiner Familie in Malmö.


    Zum Übersetzer:
    Paul Berf, geboren 1963 in Frechen bei Köln, lebt nach seinem Skandinavistikstudium als freier Übersetzer in Köln. Er übertrug u. a. Henning Mankell, KjellWestö, Aris Fioretos und Selma Lagerlöf ins Deutsche. 2005 wurde er mit dem Übersetzerpreis der Schwedischen Akademie ausgezeichnet.


    Meine Meinung:
    Der Autor beginnt den Roman in einem essayistischen Stil, bis er nach kurzer Zeit ins Erzählen kommt. Und dann wird es wirklich rasant. Engel, fiktive philosophische Autoren über die Natur der Engel, Kain und Abel, Noah u.v.m. tauchen auf und wieder ab. Am Ende wird es dann wieder sehr essayistisch.


    Eine durchgängige Handlung gibt es eigentlich nicht und leicht sind die vielen ungewöhnlichen Szenen auch nicht zu deuten. Und das über 600 Seiten lang. Obwohl sich der Roman an Bibeltexten orientiert und diese eigenwillig interpretiert, dient das Ganze nicht einer religiösen These. Theologische Diskurse brauchen also nicht geführt werden.


    Für den Leser erschließt sich die Lesefreude fast ausschließlich aus der ungewöhnlichen Sprache, die suggestiv, kraftvoll und ganz eigenwillig daher kommt und sich so sehr vom üblichen unterscheidet, dass es ein echtes Erlebnis ist. Deshalb wird der Roman von einigen Wenigen wohl geliebt und von der Mehrheit abgelehnt werden.


    Ganz ist es mir auch nicht gelungen, das Interesse über die gesamte Dauer aufrecht zu erhalten. Aber einige Abschnitte waren schon sehr spannend. Mir hat z.B. der intensiv erzählte Teil, in dem Kain und sein Innenleben im Mittelpunkt standen, am Besten gefallen.


    Im darauf folgenden Noah-Abschnitt ändert sich der Erzählstil, wird kurzfristig noch experimentaler


    M.ehr als Noah wird seine Familie betrachtet. Das Buch erzählt jetzt eine umfangreiche, aufgrund der Vielzahl an Personen nicht leicht zu durchschauende Familiengeschichte.


    Die Naturbeschreibungen im gesamten Roman sind grandios.


    Bestimmt nicht einfach für den Übersetzer, der nach meinem Eindruck meisterhaft die deutsche Sprache nutzt.


    Am Ende erreicht der Roman dann tatsächlich noch die Gegenwart.


    Meine Empfehlung für ein Probelesen ist, nicht in den Anfang, sondern so zwischen Seite 60 bis 100 reinlesen.


    Ich habe es genossen, wie der Autor vorführt, was man mit Sprache machen kann.
    Interpretationsversuche habe ich nur da gestartet, wo es mich interessiert. Das ist für mich eine weitere Stärke, dass der Roman dem Leser so viele Freiheiten lässt.

  • Titel: Alles hat seine Zeit
    Originaltitel: En tid for alt
    Autor: Karl Ove Knausgard
    Übersetzer: Paul Berf
    Verlag: btb Verlag
    Erschienen: April 2009
    Seitenzahl: 640
    ISBN-10: 3442739241
    ISBN-13: 978-3442739240
    Preis: 10.00 EUR


    Zum Klappentext:
    Auf der Suche nach dem Wesen des Menschseins und der Beschaffenheit des Göttlichen: „Alles hat seine Zeit“ entführt den Leser an Orte, an denen er nie zuvor gewesen ist. Sucht nach neuen Blickwinkeln für die Vergangenheit. Stellt die großen alles entscheidenden Fragen nach Schuld und Sühne, Liebe und Hass, Eifersucht und Vergebung. Die Geschichte der Engel – von der Antike über das Mittelalter, bis in die Zeit der Aufklärung – bildet den roten Faden dieses Romans. Zwei fiktive Figuren stehen im Mittelpunkt dieser Geschichte. Antinous Bellori, der im 16. Jahrhundert direkt Kontakt zu Engeln gehabt haben will und später ein Buch über die Natur der Engel geschrieben hat, sowie der italienische Historiker Guido Bergotti, der seinerseits an einer Biographie über Bellori sitzt. Die Engel leben zwischenzeitlich zurückgezogen in den Wäldern und meiden die Menschen.


    Der Autor:
    Karl Ove Knausgard wurde 1968 geboren und gilt als wichtigster norwegischer Autor seiner Generation. Als erster Debütant überhaupt bekam er den Norwegischen Kritikerpreis verliehen. Knausgard lebt mit seiner Familie in Malmö.


    Meine Meinung:
    Knausgard ist mit diesem Buch ein fulminanter Wurf gelungen. Ein wirklich außergewöhnliches Buch. Ein Buch das viel zu schade ist um nur ein einziges Mal gelesen zu werden. Knausgards Gedankengänge, seine überbordende Phantasie sorgen für ein großartiges Leseerlebnis. Er erzählt die bekannten Geschichten aus dem Alten Testament über Sodom und Gomorrha, über Kain und Abel und über Noahs Arche. Die Personen, bekannt aus der Bibel, wirken in ihren Handlungen zeitlos. Knausgard erweitert die Handlungen aus dem Alten Testament, schaut auf die Menschen, beschreibt wie sie zu dem wurden was sie sind, kümmert sich dabei aber nicht um zeitgerechte Darstellungen. Er vermischt die Zeiten und schafft dadurch eine ganz besondere Atmosphäre. Knausgard erzählt völlig unorthodox, verschreibt sich keiner bekannten Stilrichtung, lebt seine eigene schriftstellerische Individualität aus und schafft gerade dadurch, man kann wirklich sagen, ein literarisches Meisterwerk. Endlich mal keiner dieser schlimmen niveaulosen Mainstreamromane – endlich mal wieder ein Buch das auch für die literarische Zukunft hoffen lässt. Solange solche Bücher geschrieben werden, solange lebt die Literatur. Ein großartiges, ein faszinierendes Buch – unbedingt lesenswert.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Danke für die ausführliche Rezension, Voltaire :wave Jetzt freue ich mich um so mehr darauf, das Buch möglichst bald aus dem SUB zu befreien.


    Bin sehr auf deine Meinung gespannt. Selten hat mich ein Buch so euphorisch zurück gelassen. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Vielen Dank für die tolle Rezi, Voltaire :wave
    Die HC-Ausgabe liegt schon ewig hier und ich sollte das Buch wohl doch lesen und nicht im SuB verstauben lassen.

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire


  • Nein, nein diese schöne Rezi ist nicht von mir. Bitte bei Voltaire bedanken :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Zitat

    Original von Lille
    Oh, sorry, Voltaire! Und sorry, Frau Willi! Da hatte ich mal wieder Tomaten auf den Augen :-( Also:Vielen Dank für die schöne Rezi, Voltaire!


    Liebe Grüsse
    Lille


    Ist doch egal wer wann welche Rezi geschrieben hat. Hauptsache ist: Du liest das Buch!!! :wave

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  • "Alles hat seine Zeit" hat mir gut gefallen, auch wenn es mich nicht komplett begeistern konnte. Ähnlich wie Herr Palomar hat mich vor allem auch die Sprache begeistert - sie ist an vielen Stellen poetisch und tief berührend. Aber nicht alle Geschichten von Knausgard konnten mich über die 600 Seiten hinweg wirklich fesseln.
    Am besten gefallen hat mir die Umsetzung der Geschichte über Kain und Abel, über die ich mir viele Gedanken gemacht habe und in die ich auch sicherlich noch einmal hineinlesen werde.
    Der Schwenk in die Gegenwart am Ende hat mich etwas überrascht zurückgelassen, dennoch habe ich es als ein gutes Ende empfunden.


    Insgesamt ein sicherlich aussergewöhnliches Buch, das mir wirklich gut gefallen konnte. Ich würde mich freuen, wenn es irgendwann noch mehr von Karl Ove Knausgard zu lesen geben wird. :-)