Kurzbeschreibung
Muckefuck ist der erste Band der großen Berlin-Trilogie von Georg Lentz: Jugend im Nazi-Berlin. Karl Kaiser, von seiner Mutter liebevoll "Menschlein" genannt, wächst in der Berliner Laubenkolonie Tausendschön auf. Statt in Pfützen oder bei den Kaninchenställen zu spielen, sollen er und seine Freunde als Pimpfe Wichtiges für kriegerische Zeiten, die bevorstehen, lernen. Zum Glück gibt es da den nicht so linientreuen Vater von Karl, der ihn von den NS-Scheren fernhält...
Autor
Lentz wurde 1928 geboren und stammt aus Berlin, Er ist Schriftstelller und Verleger - er gründete mit 24 Jahren in Stuttgart einen Kinderbuchverlag und schrieb mehrere Novellen, Sachbücher und Romane.
1976 erschien der erste Teil seiner autobiographischen Trilogie: "Muckefuck". Danach folgten "Molle mit Korn" (zweiter Band) und "Weiße mit Schuss" (letzter Band).
Aller drei Bände wurden auch in der 10 teiligen Serie "molle mit Korn" verfilmt.
zum Inhalt
Karl Kaiser, lievoll "Menschlein" genannt, wächt bei seine Mutter Minnamartha und Vater Ede zunächst in der Laubenkolonie "Tausendschön" auf. Hier hüpft er mit Feund Gustav durch Pfützen, darf für 10 Pfennige mal Haralds Vater beim Anschnallen der Handprothese helfen. Aber schon seit frühester Kindheit hat Karl Mühe sich durchs Leben zu schlängeln. Da gibt es Laubenkinderm, die ihn quälen sobald sie ihn sehen, Freunde, die ihn mitspielen lassen, aber er immer der Verlierer sein muss.
Und da kann ihm auch seine gutherzige pfundige Mutter, die ständig mit einem Kurzzeitwecker das Leben in gleichmäßige Stücke teilt, die Mottenpost liest und übers Leben staunt während sie Pralinen in sich reinstopft, nicht helfen. Auch Vater Ede mit seinem Taxifuhrpark hat wenig Zeit und so ist Karl schon früh auf sich selbst gestellt. Er versucht aus allem das Beste zu machen und freut sich, wenn er jemanden findet, der ihn bei sich sein lässt. Dies wird sich wohl sein ganzes Leben nicht ändern, scheint es.
Karl freut sich auf die Schule, auf das neue Eigenheim, welches seine Eltern dann plötzlich in der besseren Siedlung bauen wollen. Nun kann alles nur besser werden, glaubt er.
Ein Gewinn für ihn ist in der Tat die Großmutter, die nun bei ihnen leben wird. Hergezogen aus dem "Korridor", gebürtige Ostpreussin. Und die nimmt dann wirklich das Leben in die Hand. Sie organisiert, kocht, schachert, fängt eine Hühnerzucht an und mit ihr sitzt Karl dann später verschüttet in dem Eigenheim. Volltreffer auf G2, wie der Luftschutzbeauftragte gerade noch sagen kann bevor ihr Hab und Gut zusammenbricht.
Überall trifft man nun auf Braungesinnte. Da ist der Gallert, der eine Hakenkreuzfahne schon seit Jahren auf seinem Grundstück hisst und stests darauf achtet, dass jeder vor ihr mit dem richtigen Spruch salutiert. Oder der Spruch beim Kaufmann an der Tür: "Trittst Du hier als Deutscher ein - soll Dein Gruß Heil Hitler! Sein"
Vater Ede hat mit dem Braunen Gesocks nichts am Hut, kann aber Karl nicht von allem fern halten ohne selbst den Kopf zu riskieren. Die ersten Taxi-Konzessionen hat er bereits riskiert. Auch der Großmutter ist alles braune verhasst. So sehr, dass sie eines Tages sogar alle braunen Hühner köpft und verarbeitet und auch alles sonstige Braune aus ihrem Umkreis entfernt.
Das Leben wird immer härter und kärger. Jeder versucht eine neue Möglichkeit fürs Leben und Überleben zu finden und nebenbei auch den Humor der typisch Berliner Laubenpieper zu behalten. Mit Herz und Schnauze lebt sichs halt leichter. Der soziale Aufstieg war wohl doch mehr Schein als Sein.
Als dann die Bomben anfangen auf Berlin zu fallen, der Strom weg ist und die Nächte meist in Splittergräben verbracht werden, wird Karl mit seinen Klassenkameraden erst zur Erntehilfe in den umliegenden Gemeinden eingeteilt und dann als HJ-ler zu einer Flak-Batterie irgendwo in Brandenburg geschickt. Mit seinem neuen Freund "Rabumm" schlägt er sich so durch. Rabumm ist ihm ein guter Freund und eine Stütze von dem er viel lernen kann.
Und so geraten die Jungen dann in den Krieg, wenn auch Waffen-SS-Untauglich da ja zu dürre.
Meine Meinung
Lentz hat einen sehr eigenen Schreibstil. Immer wieder Schachtelsätze. Aber die Neugier lässt einen weiterlesen und dann gewöhnt man sich auch schnell an diese. Eine leise Geschichte eines schüchternen Berliner Bengel. Keine historische Story im Sinne von Geschichtsvermittlung. Eher ein kurzweiliger Roman über das Leben zu der Zeit aus Sicht des kleinen Karl Kaiser. Der sich staunend durchs Leben schiebt. Der die Sorgen und Nöte der Erwachsenen mitunter nicht versteht, sie aber immer mehr erahnt. Dem bösartige Menschen über den Weg laufen, die ihm das Leben zur Hölle machen wollen und der immer wieder auf Menschen mit Herz und Schnauze trifft, von denen er lernt das Leben mit Humor zu nehmen und das Beste daraus zu machen.
Das Buch ist kein Knaller, aber auch nicht langweilig. Es hält einen fest, leise, beschaulich und bringt einen doch immer wieder unvermutet herzlich zum Lachen. Die einzelnen Figuren wachsen einem ans Herz, man will erleben wie ihr Leben weiter verlaufen wird.
Und so packe ich nun den zweiten Teil "Molle mit Korn" aus der Folie und setze mich als Beobachter der einfachen Laubenpieperidylle in die Ecke, denn nun steht er allein im Leben, der Krieg ist vorbei.... Und was wird aus ihm und all den anderen?