Der Erlöser - von Jo Nesboe

  • Ullstein Verlag, August 2007, 512 Seiten


    Aus dem Norwegischen von Günther Frauenlob


    Kurzbeschreibung
    In Oslo wird ein junger Mann auf offener Straße ermordet. Robert Karlsen, Offizier der Heilsarmee, wurde das Opfer des berüchtigten kroatischen Auftragskillers Stankic. Hauptkommissar Harry Hole, der gerade andere Probleme hat, hofft auf einen schnellen Ermittlungserfolg. Seine Freundin Rakel hat ihn verlassen und der eigenwillige Kommissar will endlich versuchen, die Beziehung zu kitten. Doch Stankic erweist sich als ebenbürtiger Gegner. Als Hole merkt, dass der Mörder es auch auf Roberts Bruder Jon Karlsen abgesehen hat, beginnt eine atemberaubende Verfolgungsjagd. In wessen Auftrag ist Stankic unterwegs? Was ist das Motiv für die Mordanschläge? Und was spielt sich hinter der makellosen Fassade der norwegischen Heilsarmee wirklich ab? Ein eindringlicher Kriminalroman und ein düsteres Porträt unserer Zeit.
    Beschreibung
    Oslo im Weihnachtslichterglanz, ein kaltblütiger Killer und ein Kommissar, dessen Leben aus den Fugen zu geraten droht. Harry Hole steht in seinem sechsten Fall vor einer ganz besonderen Herausforderung.


    Zum Autor:
    Jo Nesbø, geb. 1960, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er ist der erfolgreichste Autor Norwegens, in 17 Ländern mit seinen Büchern vertreten, darunter die USA und England.
    Jo Nesboe arbeitete viele Jahre lang erfolgreich als Broker und war gleichzeitig Sänger
    der damals populärsten norwegischen Band Di derre. Heute lebt er als Schriftsteller in Oslo und gibt immer noch gerne Konzerte. Sein Debütroman, Der Fledermausmann, wurde als Bester Krimi des Jahres ausgezeichnet.
    Der internationale Durchbruch gelang ihm bereits mit dem dritten Roman Rotkelchen. Inzwischen ist Joe Nesboe der erfolgreichste Autor Norwegens und in 12 Ländern mit seinen Büchern vertreten, darunter die USA und England. Der sechste Roman mit Kommissar Harry Hole, Der Erlöser, wurde in Norwegen über 250000 mal verkauft und war mehr als ein Jahr auf der Bestsellerliste.



    Die Romane von Jo Nesbø (Auswahl)
    Der Fledermausmann, Rotkehlchen, Die Fährte, Das fünfte Zeichen


    Zum Übersetzer:
    Günther Frauenlob, 1965 in Wuppertal geboren, hat neben den Romanen von Joe Nesbø auch Romane von Tom Egeland, Frida Noma, Ragnhild Moe und Andreas Bull-Hansen übersetzt.
    Angaben zum Übersetzer laut Claassen-Verlag:
    Günther Frauenlob wurde 1965 in Wuppertal geboren und studierte Geographie und Hydrologie in Münster und Freiburg. Seit 1996 ist er als Übersetzer für norwegische und dänische Belletristik sowie als literarischer Gutachter tätig. Günther Frauenlob ist Vater von zwei Töchtern und lebt in Waldkirch bei Freiburg.


    Meine Meinung:
    Mit dem in Oslo agierenden, leicht herunter gekommenen Hauptkommissar Harry Hole haben wir wieder einmal einen skandinavischen Serienkommissar, der zwar auch nicht direkt vom Schema des Genres abweicht, den man aber mögen muss.. Obwohl schon der sechste Teil lese ich ihn zum ersten Mal.


    Der Leser ist nahe an Harry und seinen Befindlichkeiten dran, deshalb sind diese Abschnitte noch die interessantesten. Der Rest ist graue, vermutlich realitätsnahe Polizeithrillerroutine.


    Das im Klappentext angekündigte düstere Portrait unserer Zeit sehe ich nicht so ganz, da die Milieuszenen nicht sehr in die Tiefe gehen.
    Harry wird vom Autor in den Mund gelegt, dass er sich trotz seiner Abscheu etwas aus den Junkies macht und ihnen helfen will, aber weder die Drogenabhängigen noch die Obdachlosen werden wirklich portraitiert.
    Daher ist mir die Handlung zu sehr von der Stange und obwohl der Krimi sicher nicht schlechter als andere ist, lässt er mich über weite Strecken unberührt.
    Man könnte den Roman schnell abhaken, wenn es nicht doch immer wieder gut beschriebene Szenen geben würden, z.B. Harrys Auseinandersetzung mit einem bissigen Wachhund oder die Liebesbeziehung zwischen Harry und Martine..
    Ich wünschte, ich hätte den Roman mehr gemocht, aber diese guten Szenen sind rar und so bleibt leider ein Bedauern über gute Ansätze und Potenziale, die nicht ausgeschöpft werden.
    Ohne die gute Hauptfigur, wäre es sicherlich der letzte Roman von Jo Nesboe gewesen, den ich lesen werde.

  • So! ich bin jetzt auch durch :-]


    "Der Erlöser" ist nicht mein erster Fall mit dem Quartalssäufer Harry Hole, ich habe vorher "Kakerlaken" gelesen und kann mich der Meinung von Herrn Palomar nur teilweise anschließen.


    Vielleicht liegt es daran, dass ich vorher den Klappentext nicht gelesen habe und deshalb so ziemlich ohne Erwartungen an das 500 und einen Keks seitenstarke Buch herangegangen bin.


    Ich lese Nesbo gerne, Harry Hole ist zwar keine Ausnahmerscheinung auf dem Krimi und Thrillermarkt, aber weder ein Unsympath, noch ein Langweiler.
    Wie so viele Andere bekannte Polizeihelden (z.B. Rankins Rebus) kämpft er gegen den größten Feind, den Teufel Alkohol.


    Was mir ungemein gefallen hat, war das gewählte Mileu der Heilsarmee, das für mich ein völlig unbekanntes Terrain war, da es doch sehr ungewöhnlich ist.
    Die Charaktere sind, trotz der ungewöhnlichen Umgebung, streckenweise ein wenig stereotyp geraten, aber nicht so sehr, als das es mir den Lesespaß verhagelt hätte. (oder sollte ich sagen verschneit? :grin)


    Übermäßig sozialkritisch habe ich den "Erlöser" nicht empfunden, doch ich sehe auch keine Konzentrierung auf die Drogenszene oder das Obdachlosentum.
    Ich hatte vielmehr das Gefühl, das diese Umgebung gewählt wurde, um die dauernde Präsenz der Heilsarmee zu rechtfertigen. :gruebel


    Zu Deinem Einwand, Herr Palomar, die Junkies werden nicht portraitiert:


    ich hatte die Szene mit Harry so interpretiert, dass er Drogenabhängigen Unverständnis entgegenbringt, aber erst nach der Begegnung mit dem völlig zerstörten Elternhaus und der Begegnung mit dem Vater des Jungen und seinem Eingreifen, das letztendlich alles nur noch schlimmer macht, erkennt er, dass Gerechtigkeit nicht immer gut sein muß, liegt ihm das Schicksal des Jungen und der gesamten Familie an Herzen.
    Das er daran letzendlich nichts ändert oder ändern kann, macht es umso schlimmer.


    Sämtliche Charaktere in Heilsarmeeuniform, die augenscheinlich so Übermenschliches leisten, waren, genauer betrachtet, auch nur normale Menschen mit all ihren Schwächen. In diesem Falle sogar mit erschreckender Dichte von kriminellem Potential, doch jeweils von den unterschiedlichsten Motiven angetrieben.


    Das Ende fand ich überraschend gut und auch mal von der Norm abweichend


    Alles in allem für mich ein sehr spannender, gut erzählter Krimi, der für mich wieder beweist, Harry Hole lebt :lache


    korruptionsfreie Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Elbereth ()

  • Tja, zwei sehr gegensätzliche Beurteilungen, die es mir nicht leicht machen, mich für dieses Buch zu entscheiden. :gruebel Lese erstmal den "Fledermausmann". Dann sehn wir weiter! Trotzdem ein Lob an elbereth und herr Palomar für die ausführlichen Rezensionen. :fingerhoch

  • Auch wenn ich noch nicht so lange bei den Eulen bin, wollte ich mich gerne zu dem Buch äußern.
    Ich fand es klasse und außergewöhnlich. Anbei meine Rezi, die ich bei Buch.de im letzten Oktober hinterlassen habe. Ich kann es nur empfehlen. Fahre demnächst 3 Wochen in dei Provence und habe mich unter anderem mit einigen Nesboe Titeln eingedeckt.


    «Ich war begeistert» von HWBrandt (21.10.2007):


    Das Buch erzählt spannend und packend die Storry über einen kroatischen Auftragskiller, der einen Job im hohen Norden auszuführen hat. Die verschiedenen Handlungsstränge entwickeln lange Zeit sehr eigenständig, bevor sie sich am Ende des Buches in überraschender Form wieder zusammen finden.
    Das war mein erstes aber sicherlich nicht mein letztes Buch von Jo Nesbo. Das Buch ist sicherlich nicht für die 4 obligatorischen Seiten vor dem "Einschlafen" gedacht, sondern eher für das "Lesen an einem Stück" geschrieben.


    Fazit: Außergewöhnlich gutes Buch und absolut empfehlenswert.


    HWBrandt
    Oktober 2007

  • HW, hast Du Deine von Dir zitierten Zitate immer schon mal bei buch.de gepostet?? :gruebel


    irritierte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Elbereth ()

  • Hallo Elberet,


    ja ! Das, was ich bisher hier eingestellt habe, habe ich auch schon mal bei Buch.de gepostet. Ist das schlimm ?
    Sag mir doch bitte bescheid. Ich bin erst seit vergangenen Sonntag hier registriert und sicherlich noch nicht firm mit den Benimmregeln.


    Lass es mich wissen.


    VG ;-)

  • Ich bin bei Amazon auf dieses Buch aufmerksam geworden (5 Sterne) und hab gleich mal geschaut, wie den Eulen "Der Erlöser" gefallen hat.
    Aber es gibt keine endgültige Aussage :gruebel
    Dann muss ich mir selbst ein Bild davon machen, ab auf die WL :-]

  • „Der Erlöser“ von Jo Nesbø ist der 6. Fall von Harry Hole.
    Ich fand das Buch grandios.
    Zunächst dachte ich nicht, dass dieses Buch mich so begeistern würde, aber es überzeugte mich auf ganzer Linie!
    Ein sehr spannender und atemberaubender Thriller, der mich jetzt völlig von Nesbøs Kunst zu schreiben überzeugt hat und mich zu einem richtigen Harry Hole Fan machte, so dass ich jetzt am liebsten alle restlichen Krimis der Reihe lesen will.
    Der Krimi ist sehr fesselnd geschrieben. Man merkt kaum wie die Zeit vergeht. Auch das Ende war für mich sehr überraschend.
    Auch lernt man Interessantes über die Heilsarmee in Norwegen und stellt sich auch manchmal die Frage, ob diese Geschichte auch so zu treffen könnte.
    Die Atmosphäre im Buch gefiel mir auch sehr gut. Ein entscheidender Aspekt für mich der ausschlaggebend für mich war, das ich diesem wunderbaren Buch 5 von 5 Sternen geben.
    Gut gemacht Herr Nesbø!


    5 von 5 Sternen!

  • wie unterschiedlich doch die Meinungen sind :-) für mich ein guter Nesbo, nicht überragend aber auch nicht schlecht. Mir ist im Laufe der Teile Harry Hole ans Herz gewachsen. Keine neue Figur im Bereich des Krimis. Der Zweifler, der Aussenseiter, der der mit dem Alkohol kämpft. Aber auf mich übt er einen Charme aus, der mich auch diesen Teil wieder mit Vergnügen hat lesen lassen. Die Geschichte war ebenfalls keine neue, aber wie die Vorgänger schon erwähnten, ist der Geschichtsfaden um die Heilsarmee interessant und lesenswert.


    LG Zen-71

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • die Geschichten sind in sich abgeschlossen, so das man sie auch einzeln lesen kann. Aber! es wird schon oft Bezug auf Personen oder Ereignisse genommen aus den vorherigen Bänden. Wenn man es sich aussuchen kann, dann lieber von Anfang an


    :wave

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Für mich eine überzeugende Story mit interessanten Hintergrundinformationen zur mir bis dahin fremden Heilsarmee und ihrem Wirkungskreis.
    Dabei zeichnet Nesbo überzeugende Charaktere mit Ecken und Kanten, die es einem leicht machen sie auf ihrem Weg zu begleiten.
    Gekonnt gelingt es ihm mögliche Motive und Verdächtige zu präsentieren. Und ich glaube, das hat für mich den Reiz dieses Buches ausgemacht, dem Täter immer dicht auf den Fersen zu sein und dann doch noch überrascht zu werden.


    Solide 7 Punkte.

  • Ich fand den Erlöser nicht ganz so überzeugend wie den Vorgänger. Das Thema Heilsarmee hat mich nicht wirklich interessiert. Aber egal, es ist ein Harry Hole und ich erwarte auch nicht, dass mir alle Teile der Serie gleich gut gefallen. Die Auflösung ist wie immer schlüssig, da läßt Nesbo seine Leser nicht hängen.