Der Brandner Kaspar - Kurt Wilhelm

  • Weil ich ehrlich gesagt nicht wirklich weiß, wo ich dieses Stück "bayerische Kulturgeschichte" hinpacken soll, erstelle ich den Rezi-Thread eben hier.


    Innentext
    Die Geschichte vom alternden Jäger aus dem Tegernseer Tal, der dem Tod, dem "Boanlkramer", mit Hilfe einer Flasche Kirschgeist und eines Taschenspielertricks zwanzig weitere Lebensjahre abluchst, stammt von Franz von Kobell. Richtig populär aber wurde sie erst in der kongenialen Bühnenfassung seines Urenkels Kurt Wilhelm. Auf den Brettern des Münchner Cuvilliés-Theaters hat der "Brandner Kaspar" alle Vorstellungsrekorde gebrochen. Der Roman enthält die Elemente der Theaterfassung - den Pakt mit dem "Boanlkramer", die Tragödie des Marei, die Szenen im Himmel - und darüber hinaus den geschichtlichen Hintergrund, das Lokalkolorit, die Pracht der Hofjagden, das Alltagsleben der kleinen Leute, zu denen ja auch der Brandner gehörte. Damit wird der "Brandner Kaspar" zum Musterbeispiel für jene spezifische Form der bayerischen Literatur, die kunstvoll und volksnah zugleich ist.


    Autor
    Kurt Wilhelm, am 8. März 1923 in München geboren, erhielt für sein Theaterstück "Der Brandner Kaspar" 1980 den Bayerischen Verdienstorden der Bayerischen Staatsregierung. Aber nicht nur damit hatte er Erfolge zu verzeichnen: Als Schauspieler, als Regisseur von Unterhaltungssendungen, mit eigenen Texten für Hörfunk- und Fernsehreihen und nicht zuletzt als Autor ("Brummlg'schichten", "Luise und die Könige", "Paradies - Paradies" u.a.) hat er sich einen Namen gemacht. Wilhelm ist Präsident der "Turmschreiber", einer literarischen Gesellschaft in München, und erhielt schon 1976 deren "Poetentaler".


    Meine Meinung
    Der Brandner Kaspar ist ein armer Häusler. Den einst großen Bauernhof und Besitz der Eltern musste er nach und nach verkaufen, so dass fast nur noch das eigentliche Haus übrig ist. Mit einem Zubrot als Jagdgehilfe versucht er sich und sein Enkelkind Marei über Wasser zu halten. Bei einer der Hofjagden erwischt ihn um Haaresbreite ein Streifschuß des Jägers Simmerl. Der Brandner ist geschockt, aber zum Glück ist ja nicht viel passiert. Was er nicht weiß... dieser Schuß hätte ihn in seinem 73. Lebensjahr töten sollen.


    Als Marei und Florian, Mareis Verehrer, den Kaspar nach Hause gebracht haben und dieser alleine ist, erscheint ihm ein schwarzer Geselle: Der "Boanlkramer", wie man im bayerischen auch zum Tod sagt. Er bittet den Brandner mit ihm zu kommen, nachdem ihm die Lenkung des Schusses misslungen war, doch dieser ist ein Schlitzohr und schafft es, den grimmigen Gesellen abzulenken indem er ihm einen Schnaps, einen "Kerschgeist", einflösst. Solch ein hochgeistiges Getränk ist der Boanlkramer natürlich nicht gewöhnt und schon bald zeigen sich die Begleiterscheinungen. Er lässt sich auf eine Wette mit dem Brandner ein: in wessen Kartenstapel der Grasober liegt, der hat gewonnen. Natürlich schafft es der gerissene Brandner, die Karte in sein Päckchen zu schmuggeln und so muß der Tod ihn auf Erden belassen, für weitere 18 Jahre.


    Doch eines hat der Brandner nicht bedacht: irgendwo muss die Bilanz sich wieder ausgleichen und die 18 Jahre bei jemand anderem eingefordert werden...


    Diese Geschichte ist eigentlich schon fast wieder ein Klassiker. Den meisten wird sie durch die Verfilmung "Der Brandner Kaspar und das ewig' Leben" mit Fritz Strassner, Toni Berger (unvergesslich auch in der Bühnenfassung als Boanlkramer) und Gustl Bayrhammer bekannt sein. Der Stoff ist eigentlich zeitlos, denn der Kampf mit den Mächten der Ewigkeit und der Unvermeidlichkeit des Todes ist eines der ewigen Themen die die Menschheit beschäftigt. Bayerisch schlitzohrig aber auch dramatisch breitet sich die Geschichte vor uns aus, wobei in dieser Fassung die große Frage nach einem Leben nach dem Tod eine sehr tröstliche und versöhnliche Antwort erfährt (schön wärs wirklich).


    Zusätzlich zu den aus der Verfilmung bekannten Szenen gibt es hier einen tieferen Einblick in das Leben des Brandner, vor allem nach seinem Pakt mit dem Boanlkramer bis zu seinem 75. Geburtstag. Wie er versucht sein Erbgut von den Schulden zu befreien und nach und nach wieder Land hinzu zu kaufen. Wie die Leute auf seine plötzliche Tollkühnheit und Todesverachtung reagieren und wie der zweite Bürgermeister, der Senftl, versucht, ihm immer wieder Steine in den Weg zu legen


    Der Erzähltext ist hochdeutsch, die gesprochene Rede jedoch in Mundart verfasst. Für alle diejenigen, denen die bayerischen Ausdrücke nicht bekannt sind (ich gestehe, auch ich war bei dem einen oder anderen überfordert), bietet der Anhang jedoch eine "Übersetzung der bayerischen Wörter" sowie der "Lateinischen Kalauer" die im Himmel fallen.


    Was soll ich noch groß sagen? Alles was man an der Bühnenfassung liebt und mehr. Man merkt, dass es von der gleichen Quelle stammt, die Sätze sind häufig wortwörtlich wiederzufinden, man hört förmlich die Stimmen der Figuren ("Ein Gefäääääß." :rofl). Die Liebenswürdigkeit und der Humor treffen auch hier voll ins Ziel und ich freue mich wirklich sehr, dieses Buch damals vom Mängelexemplar-Tisch für 1 Mark gerettet zu haben. Ich schließe mit einem meiner Lieblingssätze: "Geh, lach halt auch amal, himmlische Z'widerwurzen, kumm!" ;-)


    10 von 10 Punkten

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Ich liebe dieses Buch!!! Neben den Büchern von Ludwig Thoma ist das in Bayern absoluter Kult. Menschen die kein bayrisch können, wird dieses Buch allerdings schwer fallen.


    Die Aufführung des Stück hab ich vor einem halben Jahr in München gesehen und ich war von den Socken. Vor allem Maximilian Brückner als Boandlkramer war grandios :anbet :rofl


    :wave

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat. - Marie von Ebner-Eschenbach

  • Zitat

    Original von Lili_Morinstal
    Vor allem Maximilian Brückner als Boandlkramer war grandios :anbet :rofl


    Ist das der neue junge, der auch vor ein paar Monaten in einer TV-Fassung zu sehen war? Den fand ich auch super, neu, anders und trotzdem traditionell. ^^


    Edit: Hab grad ein Bild nachgeschlagen, das isser. Ja, den fand ich auch wirklich genial.

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  • Ja, das ist er. Vorallem die Szene wo er den betrunkenen spielt. Ich hab wirklich Tränen gelacht. :rofl :rofl


    :wave

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  • Ach, der Brandner Kaspar. Das Buch habe ich vor einigen Jahren gelesen, und nehme es immer wieder mal zur Hand, nur so einige Sätze oder Abschnitte zu lesen. Es findet sich immer was zum Schmunzeln oder Lachen.


    Die Theateraufführung mit Gustl Bayrhammer und Toni Berger sehr ich mir auch immer wieder mal an, gibt es ja zum Glück auf DVD (die ist allerdings sehr lieblos gemacht).


    Edit. Schreibfehler korrigiert

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Die Theateraufführung mit Gustl Bayrhammer und Toni Berger sehr ich mir auch immer wieder mal an, gibt es ja zum Glück auf DVD (die ist allerdings sehr lieblos gemacht).


    Wir haben zuhause auch die DVD. Ich hät nur gern die neue Fassung auch auf DVD, die gibt es aber anscheinend noch nicht :cry


    :wave

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  • Vielen Dank für die Rezension, Paradise Lost!


    Ich habe die Verfilmung mit Toni Berger schon als Kind mit meinen Eltern mehrere Male im Fernsehen gesehen und sehe sie auch heute noch gerne, wenn sie mal wieder gezeigt wird.

  • Der "Brander Kaspar" gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Ich habe (mindestens?) zwei Versionen auch auf Video aufgenommen; u. a. den alten Film mit Carl Wery als Brandner und Gustav Waldau als Portner. Und wenns die neue Fassung auf DVD geben wird, muß es die natürlich auch sein. Obwohl für mich persönlich Gustl Bayrhammer DER Portner schlechthin ist. Über sein "Ja verreck'" lache ich jedes Mal wieder laut auf. :-]

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ronja
    Gern gesehen. ^^ Brander Kaspar ist einfach Kult.


    Zitat

    Original von SiCollier
    Der "Brander Kaspar" gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Ich habe (mindestens?) zwei Versionen auch auf Video aufgenommen; u. a. den alten Film mit Carl Wery als Brandner und Gustav Waldau als Portner.


    Ja, den hab ich auch. Paul Hörbiger ist ebenfalls ein sehr guter Boanlkramer.


    Zitat

    Original von SiCollier
    Und wenns die neue Fassung auf DVD geben wird, muß es die natürlich auch sein. Obwohl für mich persönlich Gustl Bayrhammer DER Portner schlechthin ist. Über sein "Ja verreck'" lache ich jedes Mal wieder laut auf. :-]


    Genau so ist es. Gerade noch so unnahbar und erhoben und dann ganz plötzlich... JA VERRECK! :rofl
    Schön auch als das Martyrium vom Nantwein geschildert wird:
    Petrus: Dann hams ihn halt in Gottes Namen verbrannt.
    Nantwein: Ja... und jetzt werd ich verehrt.
    Petrus und Nantwein: *loslach*

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    - Meister Yoda

  • ich hab als Teenager mehrfach die Aufführung im Cuvilliés-Theater gesehen, damals noch mit Toni Berger und Gustl Bayrhammer.


    War einfach genial die Aufführung.
    Vielleicht solte ich mir das Buch und die DVD doch noch mal organisieren :-)


    Aber müsste es nicht eigentlich Boandlkramer heissen????

  • Jetzt habe ich in allen drei meiner Brandner-Bücher nachgeschaut. Es heißt tatsächlich immer nur "Boanlkramer" ohne "d". Ich habe das schon immer immer mit "d" gelesen und gesprochen! Ohne die Rezi hier wäre mir das nie aufgefallen. Man lernt eben nie aus. :-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • lustig, weil es eigentlich vom Dialekt her Boandlkramer heissen müsste...geht ja schliesslich um die Boandl,also um die Gebeine und nicht um die Boan, die Beine...


    Na ja, ist wahrscheinlich künstlerische Freiheit :grin soll mir auch recht sein, ich weiss ja um was es geht

  • @ Patricia_k34


    Das ist ja ein Ding! Kannte ich noch gar nicht, danke für den Hinweis! :wave
    Das werde ich mir wohl sehr bald zulegen "müssen"! :-)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    So... und um die Verwirrung jetzt komplett zu machen hab ich mal auf der DVD-Hülle nachgesehen... da steht "Boandlkramer". ^^; Kann sich eben jeder das seine aussuchen. *g*


    wiar soll des andersch hoassn?
    a boanlkramer... ist bestenfalls ein bohnenkrämer... äh hin-und-her-räumer


    EDIT: ok, im mühlviertl, das dem niederbayrischen arg artverwandt ist, wär das vielleicht ein Beahnlkramer (der mit den Bohnen)

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Zitat

    Original von MagnaMater
    wiar soll des andersch hoassn?
    a boanlkramer... ist bestenfalls ein bohnenkrämer... äh hin-und-her-räumer


    EDIT: ok, im mühlviertl, das dem niederbayrischen arg artverwandt ist, wär das vielleicht ein Beahnlkramer (der mit den Bohnen)


    Tja, aber im Buch wirds fortwährend ohne d geschrieben. Das ist das schöne bei Mundart. Da gibts keine wirklich korrekte Schreibweise. :chen

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