Blessing-Verlag, 2007, 446 S.
Inhalt:
Auch 3 Jahre nach dem Tod seines an Leukämie erkrankten Sohnes lebt Paul noch immer völlig zurückgezogen in einem Haus auf einer kleinen Insel in der Nähe von Hongkong. Kontakt hat er nur zu Christine, die geduldig darauf wartet, dass Paul ihre Liebe eines Tages erwidert und zu seinem alten Freund David Zhang, einem chinesischen Polizeikommissar. Durch Zufall macht er die Bekanntschaft der Amerikanerin Elizabeth, deren Sohn in China vermisst wird. Sie bittet Paul um Hilfe bei der Suche nach ihm. Der Vermisste wird ermordet aufgefunden und Zhang mit den Ermittlungen beauftragt. Als die Polizei nach kurzer Zeit jedoch bereits einen Verdächtigen präsentiert, dessen Schuld Zhang anzweifelt, beginnt dieser auf eigene Faust zu ermitteln und bittet Paul um Hilfe.
Über den Autor:
Jan-Philipp Sendker, geboren 1960 in Hamburg, war von 1990 – 1995 Amerika-Korrespondent und von 1995 – 1999 Asien-Korrespondent des „Stern“, für den er heute als freier Autor arbeitet. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.
Meine Meinung:
Ein sehr schön gemachtes Buch mit zwei Landkarten zur besseren Orientierung im vorderen und hinteren Buchdeckel. Der Schutzumschlag gefällt mir, er passt zum Buch.
Mit großem Einfühlungsvermögen schildert Sendker die tiefe Trauer, die Paul auch drei Jahre nach dem Tod seines Sohnes noch immer ungemildert empfindet. Er ist noch nicht bereit, sich wieder dem Leben zu stellen, meidet große Menschenmengen und fährt ungern U-Bahn. Die Erinnerung an seinen Sohn ist allgegenwärtig, er spricht mit ihm, als wäre er noch am Leben, er hat ihm ein Kinderzimmer in seinem Haus eingerichtet, seine Gummistiefel und seine Kinderjacke im Flur sind Zeichen seiner Anwesenheit. Auch seine Freundschaft mit Christine ändert daran nichts, daß Paul noch nicht bereit ist, ins Leben zurückzukehren.
Dann bekommt er die Verzweiflung des amerikanischen Ehepaares über den Tod ihres Sohnes Michael hautnah mit. Aber es ist die tiefe Freundschaft, die ihn seit 20 Jahren mit dem chinesischen Polizeikommissar David Zhang verbindet, die Paul schließlich dazu veranlasst, seine selbst gewählte Isolation zu verlassen, um Zhang bei den Ermittlungen in diesem Mordfall behilflich zu sein. Das belastet sein Verhältnis zu Christine, die durch die Erfahrungen in ihrer eigenen Vergangenheit weiß, wie unbarmherzig chinesische Behörden auf ungebetene Einsmischung reagieren können.
Beeindruckend intensiv hat sich der Autor mit China und seiner jüngeren Geschichte beschäftigt. Das China nach der Kulturrevolution spielt eine große Rolle in Zhangs Lebensgeschichte, die nach und nach aufgeblättert wird, je mehr er sich mit dem Fall beschäftigt und der Wahrheit näher kommt. Man begegnet sich im Leben immer zweimal, das trifft auch hier zu. Zhang begegnet einer Person aus seiner Vergangenheit, die er jahrelang erfolgreich aus seinen Gedanken verdrängt hatte.
Die Spannung steigt im letzten Drittel des Buches an und ich habe mich besorgt gefragt, ob Paul und Zhang heil aus der Geschichte herauskommen werden.
Das Ende war so für mich nicht unbedingt vorhersehbar, aber stimmig.
Mein Fazit: Die Entwicklung der Protagonisten und ihre Verstrickung in diese Geschichte sind für mich absolut glaubwürdig und nachvollziehbar.
Mein persönliches Interesse an China hat den Lesegenuss ganz sicher noch erhöht. Wer sich auf einen Spaziergang durch Hongkong begeben möchte, wer sich für das moderne China interessiert und sich auf die chinesische Mentalität einläßt, der ist hier richtig. Ich habe die Orte in Hongkong wiedererkannt, an denen auch ich schon gewesen bin. Ich habe einen Einblick in das Leben in der chinesischen Großstadt Shenzhen und die Denkweise der Chinesen erhalten, der beeindruckend war.
Für mich ein sehr empehlenswertes Buch.