Der Marsch - E.L.Doctorow

  • Gebundene Ausgabe: 416 Seiten
    Verlag: Kiepenheuer & Witsch, erschienen im August 2007,



    Handlung:
    Das große amerikanische Antikriegsepos - ausgezeichnet mit dem PEN/Faulkner Award.E.L. Doctorow erzählt von Liebe in Zeiten der Gewalt, von Idealen im Malstrom der Schlacht und vom Krieg als alles erschlingendem Ungeheuer - gestern wie heute. Ein von der Kritik gefeierter und mit dem PEN/Faulkner Award ausgezeichneter US-Bestseller (.1865, der Amerikanische Bürgerkrieg liegt in den letzten Zügen. General William T. Sherman marschiert mit einer Armee von sechzigtausend Mann durch Georgia, South und North Carolina. Die notdürftig ausgestatteten Rebellen der Südstaaten haben keine Chance gegen die hochgerüstete Union. Und folglich führt Shermans Marsch zum Sieg der Nord- über die Südstaaten und zur Abschaffung der Sklaverei. Doch am Ende ist jeder Opfer des Krieges: einfache Soldaten ebenso wie hochstehende Generäle, befreite Sklaven ebenso wie ihre Unterdrücker, die Bewohner des Nordens wie des Südens.»Der Marsch« eröffnet das eindringliche Panorama einer der schmerzhaftesten Epochen der amerikanischen Geschichte. Mit großem Einfühlungsvermögen folgt er den Protagonisten dieses unfassbaren Dramas und zeigt dem Leser mit ungeheurer Suggestivkraft, mit welcher Wucht jeder Krieg eine zivilisierte Welt in Barbarei und Chaos stürzen kann - aber auch, dass in jedem Chaos der Keim für einen Neubeginn steckt.



    Zum Autor (Klappentext):
    E. L. Doctorow, geboren 1931 in New York City, wo er heute noch lebt. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u. a. den "National Book Award" für das Buch "Daniel" und den "National Book Critics Award" für "Ragtime" und zuletzt den PEN/Faulkner-Award für Der Marsch.


    Weitere Bücher des Autors:
    Billy Bathgate, Das Leben der Dichter, Das Wasserwerk, Ragtime, Sweet land stories.


    Zur Übersetzerin (Klappentext):
    Angela Praesent übertrug u. a. Werke von E. L. Doctorow, Harold Brodkey, John Updike und Toni Morrison ins Deutsche. 1996 erhielt sie den Paul-Celan-Preis und den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis.


    Meine Meinung:
    E.L.Doctorow ist einer der großen amerikanischen Autoren, der sich hier auch ein sehr amerikanischen Thema, die letzten Tage des amerikanischen Bürgerkriegs, annimmt. Es dauert ein wenig bis man in den Stoff hineinkommt, aber dann wird es immer interessanter und fesselnder mit einer sehr großen Vielzahl stark gezeichneter Protagonisten.


    E.L.Doctorow ist nicht der größte Stilist aus der Riege der großen US-Autoren, aber wie er hier eine Form wählt und umsetzt, um die Geschichte fühlbar zu machen, ist beeindruckend.


    Er setzt eine Vielzahl verschiedener handelnder Personen ein, um einen großen Querschnitt und viele Blickwinkel zu bekommen, die großes ganzes bilden.


    Es geht um den Marsch, der von den Nordstaatlern im Feldzug 1868 gegen die Südstaatler unternommen wird und dem sich einige befreite Sklaven anschließen. Der Marsch führt durch Georgia, South Carolina und North Carolina. Durch diese Gebiete verändern sich die Schicksale der Personen.


    Und alles was sich dem Marsch in den Weg stellt, wird vernichtet.


    Es sind viele Personen, ein paar davon möchte ich kurz vorstellen:


    Personal:


    • Pearl, eine sehr hellhäutige, befreite Sklavin, die sich als Trommlerjunge verkleidet dem Marsch von General Sherman anschließt.
    • Mattie, ihre ehemalige Herrin, die den Verlust ihrer zwei Söhne psychisch nicht verkraftet hat und auf dem Marsch jede Leiche untersucht, ob es ihre Jungen sind.
    • General William T. Sherman, leitet dem Marsch mit 60000 Soldaten quer durch den Südosten, exzentrisch, asthmaleidend, ein Fuchs als Stratege und skrupellos im Schlachtfeld
    • Deserteur Will, ein schwacher junger Mann, der verhaftet, aber als Kanonenfutter begnadigt wird.
    • Arlie, ein schlauer Kerl, der Will im Gefängnis kennenlernt. Gemeinsam bilden sie ein Team mit nur einem Ziel: zu überleben.
    • Dr.Wrede Sartorius, ein begnadeter Chirurg, sehr introvertiert, ein Immigrant der sich in den USA nie heimisch fühlte.
    • Emily, die aus Liebe zu Dr. Sherman den Marsch begleitet und sich auch um Verletzte kümmert.
    • Clarke, von der Ostküste stammend, der, nachdem er General Sherman eine Nachricht überbracht hat, von diesem einfach als Leutnant in seine Armee vereinnahmt wird.
    • Josiah Culp, Fotograf, der Portraits im Krieg aufnimmt.
    • Calvin, Assistent von Culp, einer der ersten schwarzen Fotografen in dieser Gegend.
    • Stephen, Soldat, der sich in Pearl verliebt
    • David, ein verwaister, schwarzer Junge
    • Hugh Pryce, Journalist aus London, der sich David annimmt
    • u.v.a.


    Die vielen Personen haben gemeinsam, dass die normalen Regeln des Lebens im Krieg über den Haufen geworfen sind und es herrschen chaotische Zustände. Dem setzt Doctorow einen geradlinigen Stil mit vielen Innenansichten der Personen entgegen.


    Ein großes Thema ist die Isolation des Einzelnen. Die Entscheidungen, die im Krieg getroffen werden und deren Folgen, lassen sich nicht immer einschätzen. Das Chaos führt in die Isolation, alle sind alleinstehend, die Gemeinschaft ist gebrochen.


    Für manche, wie Pearl bedeutet das eine Entwicklung. Erst ist ihre Hautfarbe ein Dilemma der fehlenden Zugehörigkeit. Aber, sie lernt frei zu sein, trifft eigene Entscheidungen und setzt sich durch.


    Für andere bleibt nur Verzweiflung und der Weg in den Tod.


    Die Übersetzung von Angela Praesent, Spezialistin für amerikanische Literatur, kommt mir sehr gelungen vor. Manchmal verwendet sie altmodisch anmutende Worte, die aber nur der Atmosphääre noch beitragen.


    Der Roman entwickelt eine Sogwirkung, der man sich bis zum Ende und darüber hinaus nur schwer entziehen kann.

  • Meine Meinung:


    Der Marsch beschreibt den mühsamen Weg der 60.000 Mann starken Kolonne von Unionssoldaten, die sich im vierten und letzten Kriegsjahr des Amerikanischen Sezessionskriegs 1865 über Georgia und South Carolina nach Nord Carolina begibt. Angeführt von dem genialen Strategen William T. Sherman reißt der Marsch, der sich wie ein riesiger Fluss durch den am Boden liegenden Süden wälzt, Menschen mit sich, die in ihm den Tod finden oder an einen anderen Ort gespült werden, in der Hoffnung, dort ein neues Leben zu beginnen. Die Schicksale, denen wir begegnen, sind unterschiedlichster Natur, ehemalige Sklaven, unverbesserliche Südstaatler, aristokratisch anmutende Südstaaatenladies und zerlumpte Soldaten, sie prallen in dem Mikrokosmos des Marsches aufeinander, ihre Wege kreuzen und verlieren sich oder sind durch einzelne Ereignisse unwiederbringlich miteinander verwoben.


    E.L. Doctorow schreibt in einer nüchternen Sprache, die unter die Haut geht und die noch lange nachwirkt. Keine seiner Personen wird im Vorhinein verurteilt, über jeden kann sich der Leser sein eigenes Bild machen und muss auf eindringliche Weise erfahren, dass es niemals nur Gut und Böse gibt, dass es unabhängig von Hautfarbe, Uniform oder gesellschaftlicher Stellung immer nur um Menschen geht, die versuchen, in unmenschlichen Zeiten zu überleben. Einigen gelingt es, doch alle Beteiligte sind Opfer und ein möglicher neuer Anfang erscheint wie ein zartes Pflänzchen, das vom nächsten Kanonendonner für immer zerstört werden kann. Die zahlreichen Personen begleitet man in wechselnder Folge auf ihrem Marsch, so dass es am Anfang nicht ganz einfach ist, sie auseinander zu halten, hier empfiehlt es sich - zumindest für den Beginn - eine Personenliste anzulegen. Wenn man jedoch einen Überblick über die Figuren bekommen hat, möchte man sich gar nicht mehr von ihnen trennen, so eindringlich gelangen sie in das Leserbewusstsein. Dort sind sie noch über die letzte Seite hinaus verhaftet, sie, die als Beispiele für das Leid einer ganzen Nation stehen und die gesamte Grausamkeit des Krieges, aber auch die nie versiegende Hoffnung auf Frieden und ein besseres Leben auf so plastische Art und Weise darstellen.


    Dafür von mir 10 Punkte!

  • Der mehrfach preisgekrönte Schriftsteller E.L.Doctorow ist gestern leider im Alter von 84 Jahren in Manhattan gestorben.



    Zu seinen bedeutendsten Werken zählen Ragtime aus dem Jahr 1975, das später verfilmt und zu einem Broadway-Musical wurde, sowie der 1989 erschienene Roman Billy Bathgate.