Kurzbeschreibung
(zur deutschen Ausgabe; bei amazon geklaut)
Der neue Roman von David Lodge: Autor, Autor. Über Henry James und die Risiken, Schriftsteller zu sein.
„Wir arbeiten im Dunklen - wir tun, was wir können - wir geben, was wir haben. Unser Zweifel ist unsere Leidenschaft, und unsere Leidenschaft ist unsere Aufgabe. Der Rest ist der Wahnsinn der Kunst.“ Henry James
Der Roman kreist um Henry James‘ Freundschaft mit dem genialen „Punch“-Cartoonisten und Illustrator George Du Maurier, um die enge Beziehung von James zur amerikanischen Autorin Constance Fenimore Woolson. Obwohl früh erfolgreich und anerkannt, gerät James 1880 in eine Krise. Seine Bücher verkaufen sich immer schleppender, da wechselt er das Fach und wird Dramatiker, während sich sein Freund Du Maurier, dessen Augen immer schlechter werden, als Romancier versucht. Die Folgen sind für beide völlig verblüffend: Du Maurier landet mit „Trilby“ den Bestsellererfolg des Jahrhunderts; der Bühnenautor Henry James fiebert ängstlich der Premiere seines Stücks „Guy Domville“ entgegen …
Mit einer Fülle farbiger Gestalten - darunter Flaubert, Edmond de Goncourt, Wilde, Stevenson, Kipling, Rider Haggard, H.G. Wells, G. B. Shaw, Stephen Crane, Joseph Conrad, Guy de Maupassant, Agatha Christie - entsteht ein Panorama der literarischen, künstlerischen und gesellschaftlichen spätviktorianischen Ära in England wie in Europa, als der Kultur-Mix aus Kommerz, Skandal, Erfolgsanbetung und Publicity beginnt, das nächste Jahrhundert zu prägen.
Ein Roman über die Berufung zum Schriftsteller, über den Autor als Sinnstifter in einer entgötterten Welt, über artistische Besessenheit, die Hoffungen, Träume, Triumphe und Enttäuschungen all derer, die sich entschlossen haben, von der Kraft ihrer Einbildung ihr Leben zu gestalten und zu verdienen.
Und es ist das einmalig einfühlsames Porträt eines großen Autors, der zu seinen Lebzeiten zwar Anerkennung unter Kennern, aber keine Popularität erreicht, der nicht das Geringste von seinem Liebesleben preisgeben und doch einige der kenntnisreichsten Romane über die Liebe geschrieben hat.
Über den Autor
(der englischen Ausgabe entnommen, von mir übersetzt und mit Angaben aus wiki ergänzt)
David Lodge wurde 1935 in London geboren. Er unterrichtete am Fachbereich Englisch der Universität Birmingham von 1960 bis 1987, als er aus der Lehrtätigkeit ausschied, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Als emeritierter Professor für Englische Literatur der Universität Birmingham lebt er auch heute noch in Birmingham. Er ist Mitglied der Königlichen Gesellschaft für Literatur, Träger mehrerer Literaturpreise. David Lodge wurde mit dem Orden eines "Commander of the British Empire" für seine Verdienste um die Literatur ausgezeichnet und ist außerdem ein "Chevalier de l'Ordre des Arts et des Letters" (frz. Ehrenzeichen).
Sein Werk umfasst bislang 14 Romane, mehrere Bücher über das Schreiben (darunter auch eines über das Schreiben von "Author, Author"), 2 Theaterstücke und vier Drehbücher für Fernsehproduktionen (inkl. 3 Adaptationen einer eigenen Romane).
Meine Meinung
Eines vorab: ich mag Henry James' (1843-1916) Romane und Novellen nicht. Ich habe im Laufe der Jahre so ziemlich alles von ihm gelesen (freiwillig oder nicht), und obwohl ich seine Meisterschaft im Aufbau von plots und seinen Stil durchaus zu schätzen weiß, finde ich seine Bücher kalt, wirken sie auf mich gefühl- und leblos.
Vielleicht gerade deshalb war ich neugierig auf einen Roman ÜBER diesen Autor. "Author, Author" erschien gleichzeitig mit dem hochgelobten "The Master" / "Portrait des Meisters in mittleren Jahren" von Colm Toíbín (Rezi hier) , und über eine Rezension des letzteren stieß ich auf Lodges Buch. Da ich viel gelobte, viel rezensierte Bücher erst mal links liegen lasse, entschied ich mich für Lodge.
Erstmal.
Die Kurzbeschreibung oben fasst den plot hervorragend zusammen, sodaß ich nur wenig hinzufügen möchte.
Die Rahmenhandlung spielt 1915/16, als Henry James (gebürtiger Amerikaner) in England im Sterben liegt. Schwerpunkt des Romans sind aber die 1880er Jahre, Henry James' Sehnsucht nach Ruhm und Anerkennung als Schriftsteller, seine Träume vom Durchbruch, auch als Theaterautor - und seine Enttäuschung darüber, dass ihm das versagt bleibt.
Wir erleben den Menschen Henry James mit seinen Macken und Spleens, seinen Hemmungen, im Umfeld seiner Freunde und seinen zaghaften Versuchen, sich zu verlieben, die ebenfalls zum Scheitern verurteilt sind. Trotzdem ist er keine bemitleidenswerte Gestalt in diesem Roman, sondern im Gegenteil wohltuend menschlich, verglichen mit dem steinernen Monument in der Literaturgeschichte, das er heute ist.
Soweit ich das beurteilen kann, ist der Roman akribisch recherchiert, nimmt Bezug auf James' Werke und setzt ihn auch in den Kontext der damaligen Künstler-Szene und seinen Kreis aus Freunden und Verwandten. Er ist psychologisch tiefschürfend, und spätestens nach der letzten Seite des Buches habe ich verstanden, WARUM Henry James so schrieb, wie er schrieb, WARUM mir seine Bücher so kalt und emotionslos erscheinen. Freiwillig werde ich sicher nichts mehr von James lesen - aber jetzt macht es für mich Sinn, weil ich den Eindruck habe, dass ich die Gründe hierfür verstehe und den Schriftsteller wie den Menschen dahinter.
Zusätzlich finden sich darin ganz wunderbare Gedanken über das Schreiben und das Leben eines Schriftstellers, die allein deshalb die Lektüre lohnen.
Ich finde es sehr schade, dass David Lodge
a) grundsätzlich relativ unbekannt ist und
b) sein Buch gänzlich im Schatten desjenigen von Colm Toíbín verschwand,
denn dafür ist das Buch einfach zu gut.
Es imitiert auch sprachlich James' Stil, ist aber (wie ich ganz subjektiv finde) trotzdem auch im Original "süffig" und gut zu lesen. Ich finde zwar, dass es sprachlich-literarisch nicht ganz an Toíbín heranreicht - aber "Author, Author" ist mir trotzdem irgendwie "lieber", liegt mir mehr am Herzen. Und ich glaube, ich hätte "The Master" nicht so genießen können, wäre mir "Author, Author" nicht eine ebenso hilfreiche wie lesenswerte Brücke dazu gewesen.
Deshalb gebe ich beiden 10 Punkte - Toíbín für seine Kunst, Lodge für sein Einfühlungsvermögen.