Kein aufwendiges Equipment, keine irre Lightshow, keine ausflippende Teenies und Junggreise – das alles gab es am gestrigen Abend nicht. Und seien wir ehrlich, gepasst hätte es auch nicht.
Marcel Magis zu Gast in Hamburg.
Das war Literatur zum Anfassen, Literatur zum Zurücklehnen, Literatur zum Genießen und Literatur zum „um sich daran zu erfreuen“.
Das Literaturcafe Mathilde in Hamburg begrüßt den Eintretenden freundlich durch ein liebevoll zusammengesuchtes Mobiliar, bequeme Sitzmöbel wechseln sich mit unbequemen Holzstühlen ab. Und man findet in diesem Cafe auch die von vielen so geschätzte „literarische Enge“, und wenn drinnen gelesen wird, dann muss man halt schon mal sehr dicht zusammenrücken.
Glücklicherweise aber war dieser Abend angenehm mild und so konnte Marcel auf der etwa 30 cm hohen Holzterrasse (wirkte wie eine kleine Bühne) uns etwas vorlesen. Wunderbar der „Bühnenaufbau“. Vor dem Lesesessel ein kleiner Beistelltisch, eigentlich zu klein, um darauf wirklich etwas lagern zu können. Das notwendige Leselicht spendete eine Wohnzimmerstehlampe aus den Fünfzigern (?), die flugs aus dem Gastraum auf die Bühne gestellt worden war.
Nach meiner Zählung hatten sich 47 Zuhörer eingefunden. Die saßen auf einem kleinen Areal (auch von Einigen Garten genannt) vor der Bühne und schauten erwartungsvoll auf den Autor.
Im ersten Teil seiner Lesung las Marcel Magis aus „Mein Leben mit Mitsu“, einer Geschichte von Liebe, Sehnsucht und Nudelsuppe. Kaum waren die ersten Sätze gelesen, fand man sich in einer anderen Welt wieder. Die Sätze begannen irgendwie „zu leben“, sie wurden zu Bildern. Lesen ist halt nicht gleich lesen!
Dieses hat Marcel Magis eindrucksvoll unterstrichen.
Er schaffte es, eine ganz besondere Atmosphäre herzustellen. Offenbar hat er dieses Buch zu seiner Lesestimme geschrieben. Vielleicht sollte man manche Bücher nicht allein lesen, sondern sie sich vorlesen lassen.
Marcel liest mit einem ganz leichten Augenzwinkern das auch von kleinen Traurigkeiten nicht wegzuwischen ist, dazu kommt eine Stimme, von der man sich wirklich gern durch das Buch führen lässt. Das er zudem ein unheimlich sympathischer Kerl ist, versteht sich fast von allein.
Dann kleine Pause, Gelegenheit sich mit dem fürchterlichen ASTRA einzudecken und sich auf den zweiten Teil der Lesung zu freuen.
Und hier erlebte man fast so etwas wie einen „anderen“ Marcel Magis. Er war nach wie vor unheimlich sympathisch, das ist jetzt auch nicht das Ding.
Nun begann er nämlich uns aus seinen Kolumnen vorzulesen.
Junge, Junge hat dieser Mensch Humor!
Aus dem Schmunzeln wurde so manches Mal ein lautes Lachen. Welche Fülle an lustigen und tragikkomischen Einfällen. Kein Slapstick aber wirklich wunderbare Situationskomik. So zu schreiben kann man wahrscheinlich auch gar nicht lernen – entweder man kann es oder man kann es nicht.
Und dazu dieser wirklich verschmitzte Gesichtsausdruck des Vorlesers. Da passte wirklich alles.
Übrigens, erst nach drei Zugaben dürfte Marcel Magis (in eingeweihten Kreisen auch als Nudelsuppe bekannt) seinen Lesesessel verlassen.
Es war ein anregender und erregender Abend. Es war eine Lesung die wohl keine Wünsche offen ließ, allenfalls vielleicht den, dass man noch bestimmt viel mehr hätten hören wollen. Rund 1.787.998 Hamburgerinnen und Hamburger werden sich in den Hintern beißen, weil sie diese Lesung verpasst haben – allerdings, wäre auch sie gekommen, hätte es vielleicht ein kleines Platz- und Stuhlproblem gegeben.
Natürlich nimmt man aus einem solchen Abend auch etwas mit. Ich habe für mich mitgenommen:
Wenn Marcel Magis irgendwo liest, dann sollte man alles stehen und liegen lassen, auch weite Wege nicht scheuen um ihm zuzuhören. Es lohnt sich! Meine Hand drauf!
Herzlichen Dank lieber Marcel für einen wirklich wunderbaren Abend!