Winterleuchten

  • Hallo,


    nachdem Vandam so eine begeisterte Rezi verfasst hat, habe ich mir Winterleuchten gleich bestellt. Seit ein paar Stunden habe ich das Buch und bin kaum noch davon wegzukriegen. Gut, dass ich erst abends zur Arbeit muss.


    Es ist eine beeindruckende, aufwühlende und sprachlich wunderschön erzählte Geschichte - einfach bezaubernd.


    Ich frage mich allerdings schon die ganze Zeit: warum der Roman in einem kleinen Verlag erschienen, von dem ich ehrlich gesagt noch nie etwas gehört habe? Christine Spindler ist ja keine unbekannte Autorin und hat auch schon Bücher bei großen Verlagen veröffentlicht. Und das hier ist zweifelsohne ihr bestes Buch bisher (d.h. falls der Rest so gut ist wie das erste Drittel). Das hätte sie doch problemlos bei einem großen Verlag unterbringen können. Sag ich jetzt mal ganz laienhaft, denn ich habe von der Verlagswelt keine Ahnung.


    Wenn ich noch in Stuttgart wohnen würde, würde ich sie bei einer Lesung einfach mal danach fragen (Sie lebt in der Nähe von Stuttgart und ich war schon zweimal auf Lesungen von ihr). Na, wer weiß, vielleicht kommt sie ja mal zu einer Lesung nach Berlin. Hier lebe ich nämlich seit kurzem. Die Bücherkisten auszupacken hat fast zwei Wochen gedauert, aber das nur am Rande.


    So, genug gequasselt, jetzt muss ich weiterlesen.


    Liebe Grüße
    Anna-Lisa

  • Ah - freut mich, dass dir der Roman gefällt!


    Ich hab mich auch gefragt, warum das Buch in so einem kleinen Verlag erschienen ist. Ich kenne auch eine ganze Menge Bücher von Christine Spindler/Tina Zang.


    Gefragt habe ich sie nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass dieses Buch einfach in keine Schublade passte, vor allem nicht in die Schublade, in die die größeren Verlage Christine Spindler gesteckt haben.


    Es ist ein tragisch, heiter, ein bissle esoterisch - es ist kein Krimi und kein Jugendbuch (wofür die Autorin sonst bekannt ist) ... Die werden es einfach nicht haben einordnen können und nicht gewusst haben, unter welcher Rubrik sie es verkaufen sollen. Und wenn bekannte Autoren was schreiben, was neben ihrer üblichen Spur ist, zicken die Kunden auch gern.


    Da Christine Spindler mit so kleinen Verlagen angefangen hat, denke ich, dass sie da einfach keine Berührungsängste hat und das Buch, das ihr so am Herzen lag, dort veröffentlicht hat, wo man zusagte.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Hallo Vandam,


    ja, das klingt sehr plausibel. Das Buch passt wirklich in keine Schublade. Und genau das gefällt mir daran, denn genretypische Bücher sind oft viel zu vorhersehbar, vor allem wenn man Bücher in solchem Mengen verschlingt, wie ich das einige Jahre lang gemacht habe (hat sich jetzt etwas "beruhigt").

    Ich bin etwa in der Mitte von "Winterleuchten" und völlig verzaubert von der ganz besonderen Atmosphäre des Buches. Stellenweise ist es wahnsinnig witzig, das kommt immer so unerwartet, dass ich laut loslache. Ein paar Tränen habe ich allerdings auch schon vergossen.


    Aber jetzt muss ich erst mal in die Tanzschule und meine beiden Kurse geben, kann wahrscheinlich erst morgen weiterlesen.


    Liebe Grüße
    Anna-Lisa

  • Hallo,


    hier kommt wie versprochen mein Fazit, nachdem ich das Buch fertiggelesen habe:


    Einfach schön. Wohltuend, zugleich aufwühlend. Sehr lebendig. Vielseitig. Zuweilen höchst erstaunlich.


    Ein Buch, das viele Leser verdient hat ... aber ob es die finden wird? Nicht jeder ist so leseverrückt wie ich und gibt 14,90 Euro für ein Taschenbuch aus ... gut, es ist ein besonders schönes Taschenbuch, großformtig, Hochglanzcover, sehr glattes Papier, angenehmes Druckbild ... aber ich hätte mit dem Kauf sicher gezögert, wenn ich die Autorin nicht bereits kennen und schätzen würde.


    Nun, wer weiß, "Winterleuchten" könnte ein Überraschungserfolg werden, trotz Kleinverlag und teurem Qualitätspaperback (oder wie sich das nennt). Bei "Tannöd" hat es ja auch geklappt, das ist trotz 12,90 für 125 Seiten ein Bestseller geworden.


    Was mir an "Winterleuchten" übrigens am besten gefallen hat:


    Das Ende, und zwar der allerletzte Satz. Das ist der beste letzte Satz, den ich je gelesen habe. Unfassbar schön. Was für ein stimmiges Bild! Aber bitte nicht vorblättern und den letzten Satz lesen, bevor man das Buch gelesen hat! Es muss ganz überraschend kommen. Wenn man dann die erste Szene noch mal liest, fühlt man, wie wunderbar sich alles zusammenfügt.


    Liebe Grüße
    Anna-Lisa

  • Ich gestehe, dass ich eine besondere Vorliebe für ihre Kinder- und Jugendbücher habe, die sie z.T. unter dem Namen Tina Zang schreibt. So viele Personen mit sympathischen Macken findet man sonst kaum wo.


    Es gibt in einem ihrer Bücher einen hinreißenden kleinen Helden, der, wie ich, extreme Orientierungsschwierigkeiten hat. *Das* war mal tolle Identifikationsfigur!


    Und manche Nebenfiguren sind einfach köstlich meschugge. Der Punk-Opa ... der Typ, der anfallsweise ganztätig in Reimen spricht ... die Werbetexterin, die, wo sie geht und steht, die Slogans raushaut, die ihr gerade einfallen. Was zu den abstrusesten Missverständnissen führt ...


    Christine Spindlers Erwachsenenbücher zeigen dann die ernsthafte Seite dieser "Macken". Personen, die aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen oder psychischer Auffälligkeiten Schwierigkeiten mit ihrem Umfeld bekommen.


    Die verschwundene Tänzerin aus ihrem Krimi "Im Rhythmus der Rache" ging mir lange noch im Kopf rum. Die hatte extremen Schlag schräg, und erst ganz zum Schluss konnte man verstehen, warum sie so geworden ist.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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