Buchpreise - Haben die Autoren darauf Einfluß?

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    Kulturförderung ist aber, und da wirst du mir zustimmen, keine Aufgabe der Literaturagenten.


    So isses. Es mag Einzelfälle geben - es gibt immer Einzelfälle -, also literarische Agenten, die es als ihre (Haupt-?)Aufgabe sehen, den Literaturmarkt zu prägen. Den meisten aber dürfte das weitgehend egal sein, und mir ist es das, als Autor, der einen Agenten "hat", auch. Er ist derjenige, der meine Manuskripte verkauft, die Bedingungen aushandelt, sich nach weiteren Verwertungsmöglichkeiten umschaut usw. Mehr oder weniger will ich von ihm nicht. Er entscheidet nicht, was ich als nächstes schreibe. Und er redet mir auch nicht in die Projekte hinein, jedenfalls nicht ungefragt. Was nicht heißt, daß wir nicht über meine Projekte reden. Aber er beeinflußt sie weder inhaltlich, noch in irgendeiner anderen Form. Allerdings ist durchaus möglich, daß er sagt: Das kann ich nicht verkaufen.


    Manch einer scheint die Tätigkeit eines Agenten mit Mäzenatentum zu verwechseln. Das hat aber nichts miteinander zu tun. Eine literarische Agentur ist ein Dienstleister im Auftrag der Autoren. Natürlich beeinflußt sie durch ihre Klientenauswahl den Buchmarkt, denn Agenturen wählen sich ihre Autoren aus, nur selten umgekehrt. Das aber dürften die meisten von ihnen im Hinblick auf die zu erwartenden Umsätze tun. Es ist ein Geschäft, in erster Linie.


    Was alles nicht heißt, daß sich Agenten nicht freuen, wenn sie es geschafft haben, ein bestimmtes Buch, das ihnen persönlich sehr am Herzen liegt, zu vermitteln. Und tatsächlich gönnt sich manch eine Agentur Klienten, die wenig marktkonform schreiben. Aber das ist eine Ausnahme.

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    Original von Tom
    Eine literarische Agentur ist ein Dienstleister im Auftrag der Autoren. Natürlich beeinflußt sie durch ihre Klientenauswahl den Buchmarkt, denn Agenturen wählen sich ihre Autoren aus, nur selten umgekehrt.


    Hm, aber als Autor schreibt man ja - sofern man einen Agenten möchte - erstmal selbst die Agenturen an. Klar, ob der Autor genommen wird, ist eine andere Frage, aber zuerst einmal wählt er die, bei denen er gern unterkäme, selbst aus.

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    Original von Tom
    Hallo, Leserättin.


    Das ist die Theorie. In der Praxis ist es häufig wie bei der Verlagssuche. Man schreibt alle an, und der eine, der positiv antwortet, ist es dann. Wenn einer positiv antwortet.


    Hallo Tom,


    in der Regel ist das so. In der Praxis gibt es auch (mir bekannte) Ausnahmen ;-)


    Liebe Grüße,
    Marcel

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    Original von Tom
    Ja. Es gibt immer Ausnahmen. Aber de facto suchen sich die Agenturen ihre Autoren aus, nicht umgekehrt. Und ich rede auch von neuen Autoren. Erfolgreiche Belletristiker können aus dem vollen schöpfen.


    Tom, aber um die Ausnahmen geht es mir. Natürlich kann man versuchen, den Literaturbetrieb auf einige allgemeine Regeln festzuklopfen und das als pragmatische Wirklichkeit zu verkaufen. In der Praxis bedeuten diese Regeln aber lediglich Wahrscheinlichkeiten. Ich sehe in ihnen hauptsächlich den Wunsch nach Berechenbarkeit, (Re)produzierbarkeit von Erfolg etc. Ähnlich sieht es bei Schreibregeln aus. Oder liege ich da komplett falsch?

  • Nudelsuppe : Ich sehe da einen qualitativen Unterschied. Schreibregeln sind eine Basis, von der aus man operiert, ohne sie aus den Augen zu verlieren, was nicht heißt, daß man alles, was dort verankert ist, beherzigen muß. Oft - häufiger, als daß man das "Ausnahme" nennen könnte - besteht gerade in der Mißachtung dieser Basis die Genialität eines Schriftstellers.


    Faktisch ist es so, daß fast niemand, der noch kein Buch veröffentlicht hat, einfach entscheidet, bei einer bestimmten Agentur unterzukommen. Wer die Sache pragmatisch angeht, wird sich zunächst bei seinen favorisierten Agenturen bewerben und dann nach und nach weiter streuen. Wenn derjenige großes Glück hat, sagt die Lieblingsagentur zu. Wenn nicht, wird sich derjenige mit Second oder Third Best zufriedengeben müssen, wenn er überhaupt Zusagen bekommt. Und danach wiederholt sich das Spiel mit den Verlagen. Denn auch wenn der Agent überzeugt ist, heißt das noch lange nicht, daß eine Zusage vom Lieblingsverlag kommt.


    Ja, es gibt Ausnahmen. Ich bin so eine - ich habe eine Agentur angeschrieben, das war mein Favorit, und sie haben mich genommen (übrigens ohne anschließend das Manuskript zu vermarkten, mit dem ich mich beworben hatte :grin). Das war allerdings vor fast zehn Jahren, zu einer Zeit, als das Agenturgeschäft in Deutschland erst nachhaltig zu blühen begann. Heute ist es so, daß ein Vertretungsvertrag mit bestimmten Agenturen einem Verlagsvertrag fast gleichkommt - die Reputation der Agenturen hat deutlich zugelegt. Deshalb ist es inzwischen fast ebenso schwer, an einen Vertretungsvertrag zu kommen, wie an einen Verlagsvertrag. Und deshalb ist es auch in den meisten Fällen nicht (mehr) möglich, sich die Agentur auszusuchen. Es sei denn, man ist wirklich sehr, sehr gut. Vielleicht redest Du von solchen Leuten.

  • Tom


    Das ist genau der Fall, der mich stutzig macht. Ich höre sehr häufig solche Ausnahmen, so dass ich inzwischen annehme, dass sie die Regel sind ;-)


    Die Agentur- und Verlagssuche sehe ich wie eine Beziehung. Die Chemie muss stimmen, die Ziele und das Verständnis von Literatur und Leser zumindest ähnlich sein. Und im Grunde suchen natürlich Frauen ihre Männer aus, auch wenn es manchmal anders erscheinen mag :grin

  • Der Vergleich ist so schlecht nicht. Frag mal einen Heranwachsenden nach Aussehen und Eigenschaften seiner Traumfrau. Und schau Dir zwanzig Jahre später an, womit er verheiratet ist. :grin


    Es ist schön, wenn die Chemie stimmt. Schon bei "Verständnis von Literatur und Leser" habe ich da so meine Zweifel. Mein Agent vertritt einen Haufen Leute, deren Bücher ich nicht lese; bei manch einem dieser Bücher würde ich die Nase rümpfen, würde es mir jemand schenken. Und das ist okay! Jedenfalls so lange, wie er mir Verlage vorschlägt/anbietet, mit denen ich leben kann. Ich kaufe meine Brötchen in der Bäckerei, wo sie am besten schmecken, und keinesfalls dort, wo mir die Verkäufer am sympathischsten sind*. Aber das ist eine Frage der Sichtweise und des Pragmatismus'. Und, nochmal: Die meisten können es sich schlicht überhaupt nicht aussuchen. Weit weniger als ein Prozent der durch die Weltgeschichte gesandten Manuskripte wird bei einem als solchem zu bezeichnenden Verlag veröffentlicht. Und ich wage zu bezweifeln, daß ein Großteil dieses verschwindend geringen Anteils beim favorisierten Verlag erscheint. Ähnlich verhält es sich bei Agenturen.


    (* okay, das stimmt nicht ganz :grin)