Jahrhundertsommer - Kerstin Duken

  • Zur Autorin: lt. Verlagsseite
    Kerstin Duken, geboren 1966, lebt und arbeitet als selbständige Werbetexterin in Berlin. 2004 gründete sie die Firma "sailormade yachting" mit. Ein Unternehmen, das sich mit Design, Bau und Vertrieb von Segelyachten befasst.
    "Jahrhundertsommer" ist ihr literarisches Debüt, das von der Jury des BRIGITTE-Romanpreises (darunter die Schriftstellerinnen und Schriftsteller Juli Zeh, Brigit Vanderbeke und Wladimir Kaminer) mit dem BRIGITTE-Romanpreis 2007 ausgezeichnet wurde. Der Preis wurde zum vierten Mal vergeben. Mehr als 1600 Manuskripte wurden zur Bewertung eingereicht.


    Meine Meinung:
    2002. Iris wohnt in Berlin, ist in der Werbebranche tätig, hat Freunde, versteht sich gut mit ihren Eltern, kleidet sich gerne gut und geht gerne aus. Alles in allem hat sie ihr Leben stabil im Griff. Doch dann passiert das Unerwartete. Iris wird überfallen. In wenigen Minuten wird ihr Leben verändert. Während das Land WM und Hitzerekorde feiert, wird fühlt sich Iris wie im tiefsten Winter. Kerstin Dukens Debütroman „Jahrhundertsommer“ berichtet insbesondere wie Iris die Zeit danach erlebt, beginnend von der vollkommenen Handlungsunfähigkeit, Auto-Aggression, über die ersten Schritte zurück in ein normales Leben, bis zu dem Punkt, an dem Iris beginnt, ihr Leben wieder selbst zu gestalten. Dazu müssen aber noch einige Jahrhundertsommer und eine weitere WM ins Lande gehen und selbst dann bleiben Narben zurück.


    Der Leser erlebt diesen verzweifelten Kampf um Leben, Überleben und Lebensfähigkeit aus der Sicht von Iris. Erfordert der Roman zunächst ein wenig Einlesen in die Sprache, erscheint sie im Weiteren als wenn eine Freundin Ihnen ihr Leben offenbart: mal am Tisch sitzend, mal auf dem Fensterbrett die Beine baumelnd und den Blick hinausgerichtet – immer ganz nah und trotzdem aus einer leichten Distanz, weil ihre Geschichte gar nicht anders erzählbar ist. Schnell sind die 284 Seiten des Romans gelesen. Aber zweifellos nicht am Stück, zu verstörend und erschreckend ist die Geschichte von Iris und ihrem Kampf um ein „normales“ Leben.


    Die psychologische Vielschichtigkeit von „Jahrhundertsommer“ ist beeindruckend und so wundert es auch nicht, dass Kerstin Duken mit ihrem Roman unter mehr als 1.600 Einsendungen für den Brigitte-Romanpreis 2007 als Gewinnerin, ausgewählt und prämiert von einer hochkarätigen Jury (u. a. Wladimir Kaminer, Juli Zeh, Birgit Vanderbeke), hervorging.

  • Ein durchaus empfehlenswertes Buch, das einen aber auch sehr mitnimmt. Wie oft hätte ich Iris gerne geschüttelt und angebrüllt "jetzt hör' doch mit dem Sch... auf und fang endlich wieder an zu leben". Auch wenn es nicht so dick ist. Ich konnte es nicht in einem Zug durchlesen.

  • Hab es auch direkt auf meine Liste gesetzt. Aber sagt: Gibt es das nur bei Weltbild oder im Club derzeit? Bei amazon steht doch noch nicht erschienen :gruebel?

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Komisch, in Pelicans Anhang steht "Noch nicht erschienen"und wenn man es auf amazon anklickt doch *grübel*. Na werde heute mal bei Thalia vorbeischauen und Ausschau nach ihm halten.


    Hab ja auch sonst nichts zu lesen :bonk :bonk :help :-).

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Das Buch war genau 7 Stunden auf meiner Wunschliste, dann hat es sich regelrecht in meine Hand geschmissen :lache. Immer diese aufdringlichen Bücher die so schreien :grin.

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Jahrhundertsommer - Kerstin Duken


    Kerstin Duken kann erzählen, ohne Frage!
    Sie setzt in ihrem Debütroman ihr Thema konsequent mit stilistischen Mitteln um.
    Dass dabei ihre Protagonistin Iris nach einem Überfall in Berlin nicht gewillt ist, die offensichtliche Opferrolle einzunehmen, macht den Roman zu etwas Besonderen, denn wer ist schon an Betroffenheitsliteratur interessiert.


    Gleichzeitig entwickelt sich daraus als Konsequenz eine Kühlheit im Erzählton und Distanz zur Hauptfigur. So schwankte ich beim Lesen zwischen Anteilnahme und Gleichgültigkeit und die Lektüre verlor erheblich an Spannung.


    Dass der Stil der Autorin jung und eigenwillig ist, macht den Roman nicht unbedingt leicht zugänglich.
    Immer wieder gibt es Sätze, die zu kalkuliert wirkten, als wollte die Autorin auch da dem Leser ihre Kunst vorführen, wo es nicht notwendig ist und den Roman nicht vorwärts bringt. In diesen Abschnitten war mir der Roman und sein Stil dann doch sehr fern.


    Obwohl Berlin als Schauplatz sehr wichtig und gut gewählt ist, handelt es sich nicht direkt um einen typischen Berlinroman. Die Szenen der Unsicherheit Iris zwischen Herkunft und gewählten Wohnort, sind einleuchtend geschildert. Ihr Blickwinkel auf Berlin wird durch ihr Erlebnis der Gewalttat eingeschränkt. Eine Form der selbst gewählten Therapie ist der Besuch zahlreicher Gerichtsverfahren, die ebenfalls hervorragend beschrieben sind, und eines Tages wird sie dort den Täter wiedersehen.


    Doch das Ende mit dem Verzicht auf einem spektakulären Finale ist klug gewählt und die letzten Seiten hinterlassen einen guten Eindruck.


    Es gilt, künftige Werke einer neuen Autorin zu beobachten. Ich gebe 7 von 10 Punkten.

  • Ebenfalls gelesen und total begeistert. Ich hatte mir extra ein Lesex. angfordert, da ich nicht wußte ob ich es einkaufen soll, wie verkaufen und wie diese unbekannte Autorin schreibt.


    Der Stil hat mich beeindruckt. Klare, unverblümte Sprache; keine Mitleidsheischerei, sachlich und doch, ich habe das Buch zugeschlagen und das Thema ließ mich nicht los.


    Es kein typischer Berlinroman, wie Herr Polmar schrieb, aber er paßt zu Berlin.

  • Ich lese es z. Zt. und ich frage mich dabei, ob die Autorin eigene Erlebnisse hat einfließen lassen, oder ob sie viele Betroffene befragt hat. Denn vieles wirkt zu authentisch, kann man wirklich soviel Phantasie haben?

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Ich interessiere mich seit längerem für dieses Buch, aber dass es bei Goldmann verlegt wurde, stimmt mich skeptisch. Ist es denn kein typisches Goldmann-Buch?

  • Ich bin jetzt (erst) auf Seite 89, und überlege es beiseite zu legen. Mich nervt total dieses ständige beschreiben ihrer Umgebung :fetch. Ich will nicht wissen wann wo ein Kind auf dem Dreirad fährt, oder wie Leute die im Plattenbau wohnen aussehen. Ich hab mir die Geschichte von der Erzählweise her irgendwie ganz anders vorgestellt :-(.


    Bleibt das so extrem ausführlich?

    LG Katja :wave


    "Die reinste Form des Wahnsinns ist es ,
    alles beim alten zu lassen .
    Und gleichzeitig zu hoffen , das sich etwas ändert."-Albert Einstein ."


    :lesend "FÜNF "- Ursula Poznanski

  • Ich habe heute mit diesem Buch begonnen. Und ich finde es einfach wunderbar. Bin gespannt, wie das Buch enden wird.


    Waldfee : In meinen Augen ist das absolut kein typisches Goldmann-Buch. Ich mag diesen Verlag normalerweise auch nicht so wirklich. Dieses Buch ist es jedenfalls Wert in deinem Einkaufskorb zu landen :)

  • Meine Meinung
    Jahrhundertsommer, ein stilles Buch mit grosser Aussage. Ich habe es geliebt, dieses Buch zu lesen. Schade, dass es nach fast 300 Seiten schon zu Ende war. Ich hätte noch viele hundert Seiten weiterlesen können.


    Iris, die Protagonistin, aus deren Sicht das Buch geschrieben ist, wird eines Abends überfallen. Sie zieht sich zurück. Schmeisst den Job hin, kapselt sich von Freunden und Bekannten ab. Sie verbringt Stunden, Tage, Wochen in ihrer Wohnung im 21. Stock. Langsam bekommt sie wieder vertrauen in die Menschen, vertrauen ins Leben. Der Leser ist immer an der Seite von Iris. Wir erfahren nicht, wie Iris auf andere wirkt, sondern sehen das Leben mit den Augen von Iris.
    Ein Merkmal des Buches sind sicher die langen Sätze. Manche sind so lange wie eine halbe Seite. Doch die stören überhaupt nicht. Nicht ein einziges Mal kommt es einem vor, als wäre der Satz zu lange. Es liest sich sehr gut und einfach.


    Das Buch wird Ende Jahres sicher auf meiner Top-3-Liste stehen. Ein Buch, was man immer mal wieder lesen kann.