Paul Auster: Reisen im Skriptorium

  • Ein alter Mann wacht in einem weißen Raum auf. Nichts um ihn herum scheint ihm bekannt. Einige Gegenstände im Zimmer sind sogar mit Namenskärtchen versehen. Was ist mit ihm geschehen? Gedächtnisverlust? Der Sprung in eine Parallelwelt? Oder das Leben nach dem Tod? Immer wieder kommen Leute in sein Zimmer, deren Fotos aus jüngeren Jahren auf dem Tisch liegen. Und alle machen sie ihm Vorwürfe: Sie erinnern ihn daran, dass er sie einmal leichtfertig gefährliche Dinge hat tun lassen.


    Paul Auster, einer der Großmeister der amerikanischen Schreiberzunft, beschäftigt sich in seinem neuen Buch auf ernsthaft-ironische Weise mit seinen zahlreichen Romanen und seiner Rolle als Autor. Immer wieder begegnet er Figuren aus seinen Büchern, seien es Daniel Quinn und Fanshawe aus der "New York-Trilogie", Benjamin Sachs aus "Leviathan", Peter Stillman aus der „Stadt aus Glas“ oder Anna Blume aus dem "Land der letzten Dinge". Und es geht (wieder einmal) um die Kunst des Romane-Schreibens an sich, denn Mr. Blank, der Held, soll selbst hier noch ein unvollendetes Manuskript fertig stellen.


    Vielleicht liegt es an Austers 60. Geburtstag und dem Gedanken, alt zu werden, dass er sich noch einmal ausgiebig mit seinem Verhältnis zum Schreiben und zu seinen Protagonisten beschäftigt – wie viel vom Autor steckt in seinen Helden, und welche Projektionen bekommen seine wehrlosen Figuren auf den Leib geschrieben? Es wird wohl kaum ein Zufall sein, dass es auch in dem unvollendeten Manuskript um einen Mann namens Sigmund geht, der sich mit dem Innersten des Menschen beschäftigt - Freud und Leid der Psychoanalyse lassen grüßen.


    Ein Buch für erfahrene Paul Auster-Leser und für alle, die sich für das Leben hinter dem Schreiben interessieren.

  • Hi,
    ich rate dir mit einem anderen Buch anzufangen (Stadt der verlorenen Dinge = Science Fiction Endzeit-Stimmung) oder für Brooklyn Revue (hat mir sehr gut gefallen). Denn erst wenn um die Firguren weiss, macht das letzte Buch mehr Spaß.


    Liebe Grüße Sisch

  • Ich habe noch nicht allzuviel von Paul Auster gelesen, konnte daher die hier auftretenden Figuren nicht kennen, was aber nicht weiter gestört hat - die Intention von "Reisen im Skriptorium" war auch so klar und nachvollziehbar. Ich fand dieses dünne Büchlein sehr interessant, fesselnd und lesenswert, sowohl stilistisch als auch inhaltlich. Generell mag ich die Art und Weise, wie Auster Geschichten in Geschichten verschachtelt, und auch seine Art von Humor sagt mir zu.
    Während mich der vielgepriesene Updike ein ums andere Mal inhaltlich enttäuscht, ist Paul Auster eigentlich bislang immer ein zufriedenstellendes Lesevergnügen gewesen.

  • Dies war mein erstes Buch von Paul Auster.


    Hätte ich vorher mal hier reingeschaut, wäre es sicher nicht meine erste Wahl gewesen.


    So habe ich mich tatsächlich das ein oder andere Mal zwingen müssen, weiterzulesen, bin auch ab und zu an der Langeweile entlanggeschrappt, und war letztendlich wirklich erst auf der allerletzten Seite sicher, dass es sich genau darum handelt, wovon ich etwa ab Mitte des Buches ausgegangen bin.


    Andererseits war es vielleicht auch nicht schlecht, dass ich es als Erstes gelesen habe, denn sonst wäre vermutlich noch mehr Spannung abhanden gekommen.


    Der ganz große Wurf war es für mich jetzt nicht, aber auch nicht schlecht.


    Immerhin hat Paul Auster mir nun ganz genau beigebracht, was Prosa ist.


    7 Punkte von einer im Allgemeinen geübten, in Sachen Auster aber ungeübten Leserin.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“